Neues Pferd - Problemkind

Allgemeines rund ums Pferd

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Nola
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Beitrag von Nola »

N'abend allseits!

Und danke euch allen für eure Geschichten und Anregungen! Klar nehme ich auch gerne Tips, so war das eingangs nicht gemeint; ich habe im Stall mittlerweile nur zuviel "warum hast Du denn/nicht..." , "die stellt sich nur an", "die hat ein Problem zwischen den Ohren", "dem Pferd fehlt die passende Einstellung", "steigende Pferde gehen gar nicht" etc. gehört. Eure Reaktionen sind einfach toll! Danke!

Und wenn ich so lese, was eure Pferde und ihr zusammen alles durchgemacht habt... das gibt wirklich Mut! Danke!

Schöner Link/Blog @ Ulrike!


Ich merke, daß ich umdenken muß! Einerseits denke ich auch: wir sind schon erstaunlich weit, was Vertrauen angeht. Andererseits ist in mir noch die Schulpferdereiterin, und "die funktionieren doch auch irgendwie". Und tatsächlich habe ich auf einer Menge Pferde gut genug reiten gelernt, daß ich so ziemlich jedes neue oder bekannte Pferd einigermaßen nett am Zügel durch die Halle reiten (und nein, nicht herunterriegeln oder zusammenziehen) kann, und auch im Wald war ich schon mit vielen Pferden. Und da ging das doch auch! :wink:

Vor kurzem war die Kleine noch Schulpferd und lief mit unpassendem Sattel, aber irgendwie hat das doch auch funktioniert. Und jetzt ist sie meine, auf einmal hakt es hier und dort, und ihr redet von Monaten und Jahren. Ihr versteht, was ich meine? :wink:

Und andererseits: viele Schulpferde bin ich auch über Monate und Jahre geritten, und auch da haben wir uns im Laufe der Zeit immer besser eingespielt.

Kurz: Pferd kaufen und einfach losreiten scheint wohl nicht zu funktionieren. Jedenfalls nicht so ein Pferd. Und genau deswegen habe ich sie letztlich wohl auch gekauft...


@ Kiruna Karmina: Danke für Deine Tips - die Art nehme ich gerne!

So versuche ich das mit dem Führen auch zu handhaben - nach Möglichkeit stets ein durchhängender Strick / Zügel und ein Pferd, das etwas hinter meiner Schulter läuft, Entspannung im eigenen Körper, Anhalten mit Arm/Strick vor Pferd hochhalten (wenn sie nicht so hält)... und manchmal klappt das bereits sehr gut, manchmal eben noch nicht so. Am Anfang ist sie immer gestürmt beim Führen, auf dem Hofgelände und in der Halle ist das quasi weg. Draußen im Wald wird das noch dauern...

Wenn sie stehen bleibt, bleibe ich auch stehen und lasse den Zügel durchhängen, rede ihr gut zu, bis sie wieder mit mir einen Schritt vortritt - auf die Idee, eine Gerte mitzunehmen, bin ich noch gar nicht gekommen! Das könnte ich mal versuchen, dann aber nur mit Begleitperson! Peitsche kennt sie vom Longieren, sonst ist sie nicht gerade ein Pferd, auf dem man eine Gerte braucht... :wink:

Das mit dem Vorbeugen muß ich unbedingt ausprobieren!

Einen Kurs/Trainer bei mir in der Nähe zum Führen / Bodenarbeit wüßte ich jetzt nicht. Ich frage natürlich Leute, denen ich vertraue, und über die Jahre habe ich auf Büchern und dem Fernsehen auch ein wenig über Körpersprache gelernt. Aber wirklich lernen und üben tue ich es jetzt mit meiner Kleinen, und sie ist eine gute Lehrmeisterin!


Danke euch allen und liebe Grüße

Nola
Ovid
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Beitrag von Ovid »

Nola hat geschrieben: Kurz: Pferd kaufen und einfach losreiten scheint wohl nicht zu funktionieren. Jedenfalls nicht so ein Pferd. Und genau deswegen habe ich sie letztlich wohl auch gekauft...
Ich glaube, das funktioniert fast nie. Ich habe mir vor einem Jahr ein wirklich unkompliziertes Pferd gekauft, ein kleiner Shagya-Sonnenschein mit guter Grundausbildung, mit dem ich beim Probereiten auf Anhieb alleine durch unbekanntes Gelände galoppieren konnte, und der mir schon bei der zweiten Begegnung vertrauensvoll überall hin folgte.

Selbst mit diesem total nervenstarken und kooperativen Pferd waren die ersten 3-4 Monate nicht ganz einfach. Am trubeligen Pensionsstall war er auf einmal gar nicht mehr so gelassen wie "zu Hause" beim kleinen Züchter hinterm Haus, sondern stieg auch schon mal am Putzplatz, in unserem Gelände kamen wir anfangs kaum über die erste Straßenkreuzung, in der Halle lauerten in jeder Ecke Gespenster und insgesamt stand er die erste Zeit einfach komplett "unter Strom".

Aber mit der Zeit wurde es immer besser, und er wurde nach einigen Wochen und Monaten wieder das entspannte, souveräne, gelassene Pferd, das er eigentlich ist. Ich habe in der Zeit viel in meinem reiterlichen Umfeld herumgefragt, und fast jeder hatte so eine Phase des "Zusammenwachsens" mit dem neuen eigenen Pferd. Ich fand das auch seltsam, denn bei den diversen Reitbeteiligungen und anderen "Fremdpferden", die ich in den letzten Jahren geritten bin, hatte ich diese Probleme nie so ausgeprägt. Das war meist einfach "Draufsetzen und Losreiten". Da änderte sich aber für das Pferd jeweils nur der Reiter und das restliche Umfeld blieb konstant. Auch meinen Senior kannte ich ja schon lange vor dem Kauf, und wir waren schon gut miteinander vertraut, bis er dann endlich mir gehörte. Ich glaube, wir unterschätzen gerne, was das auch für ein Pferd für eine tiefgreifende Veränderung ist, einen neuen Besitzer und ein neues Umfeld zu bekommen.

Mein Sonnenscheinchen und ich sind inzwischen ein gutes Team, von den zögerlichen Schrittausritten im Januar haben wir uns bis zum Herbst auf Jagdpferdetraining und Schleppjagden hinter der Meute gesteigert :D . Die Ruhe und das langsame Steigern der Anforderungen in den ersten Monaten hat sich echt ausgezahlt. Ich wünsche Dir, dass es mit Deiner Stute auch jeden Tag ein bisschen besser und entspannter wird!
Kiruna Karmina
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Beitrag von Kiruna Karmina »

Nola hat geschrieben:Andererseits ist in mir noch die Schulpferdereiterin, und "die funktionieren doch auch irgendwie".
Jaaaja, da befindest Du Dich wohl in bester Gesellschaft mit nahezu allen Schulpferdereitern, die auf einmal ein eigenes Pferd haben.
Coni
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Beitrag von Coni »

Ovid. ich glaube hier war nicht so sehr der Reiterwechsel das Problem sondern der Stallwechsel, insbesondere wenn die Stute von Geburt an beim Züchter zuhause war, dann ist das ein großer Einschnitt.
Nola
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Beitrag von Nola »

Hallo allseits!

Danke @ Ovid: Dir und Deinem Sonnenschein auch weiterhin alles Gute!

Ich bin ja im gleichen Stall geblieben (wobei irgendwas mit Weidehaltung für nächstes Jahr geplant ist), aber insgesamt ist sie eben erst kurz im Stall, war nur ein paar Wochen im Schulbetrieb, bis ich sie gekauft habe.

Aktuell haben wir schon wieder Probleme - nachdem das Pferd sich nur noch im Genick verwarf, habe ich die Physio noch mal dazugeholt. Blockiertes Kiefergelenk und verschobenes Zungenbein - vielleicht beim Zähne machen oder wobei auch immer ausgelöst... HRMPF!!!

Insgesamt kommen wir immerhin voran; alles in allem läuft sie deutlich besser als beim Kauf. Mache ich eben weiterhin viel am Boden...

LG Nola
Zuletzt geändert von Nola am Mi, 30. Nov 2016 07:18, insgesamt 1-mal geändert.
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ninischi
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Beitrag von ninischi »

Manchmal funktioniert draufsetzen und losreiten schon... dieses Glück hatte ich bei meinem ersten Pony. Die war einfach lieb und nett und voller Vertrauen.

So wie deine Beschreibung klingt, hat es mit deiner Stute im Schulbetrieb doch nicht gerade super geklappt, oder? Und wenn schon...je genauer man guckt und horcht, desto mehr nimmt man das Pferd auch in allen Dingen wahr. Den Gedanken kennen wir doch alle: Warum mache ich mir solchen Stress mit Sattler, Physio, Zähnen, Trainer , Haltung und und und ... und das Pferd von xy läuft einfach. Steht 20 Stunden am Tag in der Box (mein Pferd würde Amok laufen!), wird mit irgend einer Gurke von Sattel drauf rumgejuckelt, ..
ich denke, dass diese Pferde nicht wirklich "einfach laufen". Es macht sich nur keiner die Mühe, so genau zu gucken.

Bezüglich Blüter und Vertrauen habe ich aus der Erfahrung mit meiner Stute auch noch einige konstruktive Tipps:
1. Geduld haben, nicht wegen jedem Rückschritt an sich zweifeln
2. Bei aller Geduld, aller Freundlichkeit und allem Verständnis doch eine Führungsperson bleiben. Nur wenn du Souveränität ausstrahlst, kann sich deine Stute dir irgendwann vertrauensvoll anschließen.
3. Beruhigende Wirkung für das Pferd kann es haben, wenn du selbst schnaubst (ja, dabei kommt man sich anfangs blöd vor ;) ) oder den Widerrist kraulst
4. warte nicht auf den Tag, ab dem das Pferd ruhig bleibt. Soraya wird im April 14 und es gibt immer noch Tage, an denen sie wie eine 2,5-jährige einfach total aufgekratzt ist. So sind Blüter eben. Am besten lebt man damit "einfach".
"Reiten ist die Suche nach Schönheit, Geradlinigkeit und Wahrheit."
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Nola
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Beitrag von Nola »

Danke, ninischi!

Und nein, natürlich hat sie im Schulbetrieb nicht "funktioniert". Sie wäre in zwei Monaten bis einem halben Jahr platt gewesen. Noch dazu, nachdem solche Pferde dann bald nicht wie anfangs nur unter den besseren Reitern laufen, sondern zunehmend auch in Anfänger-Stunden gesteckt werden... Und ich habe so viele Pferde bei uns abbauen, abstumpfen oder kaputtgehen gesehen... Noch so ein Grund, warum ich auch keinen Bock mehr auf die Schulpferdereiterei habe. Denn Du hast schon recht: bei denen wie auch so bei manch anderem Pferd wird einfach nicht so genau hingeschaut. Unser Stall bemüht sich zwar, die Schulpferde rechtzeitig wieder privat zu verkaufen, aber das funktioniert eben auch nicht immer...

Aber daß Du das sagst, beruhigt mich wirklich:
Den Gedanken kennen wir doch alle: Warum mache ich mir solchen Stress mit Sattler, Physio, Zähnen, Trainer , Haltung und und und ... und das Pferd von xy läuft einfach. Steht 20 Stunden am Tag in der Box (mein Pferd würde Amok laufen!), wird mit irgend einer Gurke von Sattel drauf rumgejuckelt, ..
Wenn nämlich sowas dann noch von Reitlehrern kommt "Im Schulbetrieb lief die doch auch, mit unpassendem Sattel, und wieviele Schulpferde haben Blockaden - die stellt sich nur an!" - es ist wirklich anstrengend, alles an sich abperlen zu lassen und noch zu wissen, was und wem man glauben soll. Zumal wenn andere "Autoritäten" auf dem Hof sich dadurch persönlich angegriffen und in Frage gestellt fühlen, daß man nicht ihrer Meinung ist, und ungefragt auf einen einreden. Und ich bin durchaus ein schnell zu verunsichernder Mensch, zumal die Situation natürlich neu für mich ist... aber ich versuche nun einfach, weiter auf mich und mein Gespür und mein kleines Team an Leuten zu vertrauen, und dann wird das hoffentlich!

Und weil ich natürlich dann doch auch an mir als Reiterin zweifle, habe ich schließlich ja meine Bereiterin raufgesetzt, die meinte: "Pferd fühlt sich komisch an, rennt vor dem Schmerz weg, Physio noch mal rufen."

Monolog Ende. Entschuldigung fürs Ausjammern, manchmal ist das echt Nervenkrieg.

Und um mit etwas Positiven abzuschließen: Danke, Ninischi, nochmal auch für Deine Worte zu Blütern! Das klingt sehr stimmig, und das mit dem Schnauben werde ich ausprobieren! (Nüstern-Schnorcheln mache ich sowieso hin und wieder.) Ich brauche auch kein totenruhiges Pferd - ich mag Blüter und Sensibelchen ja, die Art reite ich ja nicht umsonst seit Jahren oder mittlerweile eher Jahrzehnten. :wink:
Und um meine Kleine mal wieder zu loben: gestern sind wir durch lauter (geführte/führende) Kinder und Ponys marschiert, die versuchten, mit Ziehen, Zerren und lauten Rufen die Ponys irgendwie in Trab zu versetzen. :lol: Und meiner Kleinen war das so komplett egal, sie lief am durchhängenden Strick neben mir her.

So, jetzt muß ich hin und longieren!

LG Nola
Kiruna Karmina
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Beitrag von Kiruna Karmina »

Mir fällt noch ein, wenn Du Dich selbst noch nicht traust, möglichst eine/n sehr einfühlsamen Reiter/in drauf zu setzen. Gerade wenn das Pferd sehr empfindlich ist.
Auf mein erstes Pferd wollte unbedingt mal mein damaliger Reitlehrer drauf, weil sie falsch angaloppierte. Ergebnis: Stuti lief nur rückwärts. Der Mann stieg entnervt ab und meinte, da hätte ich mir ja ein sehr schwieriges Pferd angelacht.

Von wegen!
Mit dieser Stute konnte ich nach gewisser Eingewöhnungszeit wirklich alles machen: Dressur, Springen, Jadgreiten, Voltigieren, über Straßenüberführungen, durch Tunnel (neben donnernden LKWs) und an Bahngleisen entlang reiten, Schwimmen gehen, einfach alles. Aber sie ließ sich nie zu etwas zwingen. Es ging nur über Vertrauensaufbau.
Nola
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Beitrag von Nola »

Kiruna Karmina,

ich hoffe auch, daß meine sich so macht! Eigentlich ist sie nämlich ein total mutiges, unerschrockenes und nervenstarkes Pferd - aber eben, zwingen ist nicht!

Ich habe glücklicherweise nun eine super nette, feine Bereiterin, bei der das Pferd richtig nett lief - solange es sich nicht links herum biegen oder angaloppieren sollte. Und dann hat sie sie nicht gezwungen, sondern fein weiter und sozusagen (im positiven Sinne) um die Probleme drumrum geritten.

Ich trau mich schon selbst rauf, habe mittlerweile auch von genug Leuten (RL, Physio, Sattler, anderen Reitern) gehört, daß wir zwei, also Pferd und ich, super zusammenpassen und ich das ganz fein auf ihr mache. Ich mache mir nur einfach mehr Sorgen/Gedanken, weil es halt "meine Kleine" ist. :wink:

Longieren war klasse eben - das Pferd entwickelt sowas wie eine Schwebephase im Trab, läßt den Hals fallen (unausgebunden), galoppiert willig auf beiden Händen an, ohne sich so zu verwerfen (hatte sie vorher auch an der Longe)... Das wird! Physio gestern scheint wieder was gebracht zu haben! :)

Klar mache ich mir tausend Gedanken, weil es ja nun mein Pferd ist - die positiven Momente werden insgesamt mehr, daran halte ich mich jetzt fest und mache in schlechten Phasen einfach stur weiter. Aufgeben ist nicht!

Liebe Grüße und danke

Nola
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ninischi
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Beitrag von ninischi »

Oh ja, das mit der Wichtigkeit eines gefühlvollen Reiters kann ich sehr bestätigen.. Soraya war einmal beim Vielseitigkeitstraining sowas von unglaublich gut drauf: Galoppierte wie ein Uhrwerk, sprang vertrauensvoll ALLES, blieb an von-zwei-Finger-gehaltenen Zügeln bei mir.. ein Traum. Ich war so überglücklich, dass ich meiner Freundin (ritt früher VL und ist sicher keine grobe Reiterin, nur eben auch keine extrem sensible) das Gefühl teilen wollte. Sie stieg auf und Soraya begann nach 1,5 Schritten zu steigen.
Ein Pferd der Extreme.. und es kommt mehr als bei anderen Pferden auf die Chemie an. Eine andere Freundin von mir, die eine technisch viel weniger geschickte Reiterin, aber sehr ruhige, einfühlsame Person ist, konnte sie problemlos reiten.
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Finchen
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Beitrag von Finchen »

Ich denke es hängt schwer davon ab was man will (und das was einem bewusst ist, ist lange nicht immer der tatsächliche Wunsch):

möchte man ein Pferd kaufen um einfach los zu reiten, sucht man mit anderen Kriterien und auch anderer Präzision.

Ist einem das nicht so wichtig, rutschen einige Parameter dafür in den Hintergrund und andere Bedürfnisse werden befriedigt, zB ein Pferd kaufen dass sonst niemand will.

Sich bewusst auf eine anfangs schwierige Konstellation einzulassen bedeutet ja auch Bereitschaft sich und sein Handeln bewusst zu hinterfragen, sich Hilfe zu holen ggf, auch dadurch weiter zu entwickeln, neues zu lernen.

Das ist nicht besser oder schlechter, weder die eine noch die andere Variante!

Problematisch wird es meiner Erfahrung nach dann, wenn man sich gänzlich unbewusst die "besondere Herausforderung ins Haus bzw den Stall holt". Dann gibt es ganz grob unterschieden zwei Wege:

- einer führt über viel lernen, an sich arbeiten, Veränderung dann doch schnell zu "einfach losreiten"

- ein anderer ist mühsam mit viel Ausprobieren, Beiseiteschieben (auch bei Weitem nicht immer bewusst )...

Und auch da gilt keine Wertung, ob es besser oder schlechter ist, diesen oder den anderen Weg oder Varianten davon zu gehen!

Mitunter hadere ich jedoch mit meinem eigenen Anspruch, eben diese Wertung raus zu lassen. Allermeist dann wenn ich die Unverstandenheit der Pferde sehe.
Leider werden mitunter... gar nicht so selten ... Baustellen im Umgang nicht klar erkannt bzw abenteuerliche Gründe dafür benannt, wo einfache klare Herangehensweise mit dem Blick auf die Verständigung und sozialen Ansprüche eines Pferdes schnell beiden beteiligten mehr Zufriedenheit verschaffen könnten.
Da muss ich mich dann wieder ermahnen zu überlegen, ob es denn wirklich "nicht gut" ist, wenn Menschen dann einfach länger tüfteln, ihren Weg suchen, Pferden zu Hauf diverse Traumata unterstellt werden, wo die Reaktionen des Pferdes schlüssig und nachvollziehbar, eigentlich ganz "normal" sind und ebenso zu beeinflussen sind.

Rein die menschliche Sicht betrachtet gibt es denke ich einfach unterschiedliche Situationen/Lebensphasen/Einstellungen etc die zum Kauf dieses einen Pferdes führen. Aber meist findet sich auch auf die Frage "Wieso habe ich mir wieder einen so hektischen/eigensinnigen/sensiblen/verzogenen/tollpatschigen whatever Kandidaten ausgesucht?" mit ein wenig hinterfragen eine plausible Erklärung. :wink:


Meine Pferdegeschichte - nur der eigenen Pferde:

- ohne viel nachdenken mit Bauch als Schülerin vor nun 25 Jahren ein zum reiten baulich nur bedingt taugliches Vollblut gekauft, nervig und angeblich so ängstlich und "bedürftig" - eigentlich aber nur sehr reaktiv, sensibel und unglaublich verzogen bzw verkannt

- vor gut 15 Jahren der eigene Jungspund recht spontan ohne gezielte Suche aber nach Finden mit Berücksichtigung der beim ersten Pferd gemachten rein praktischen Fehler mit Verstand und Bauch entschieden, Volltreffer was den Bauch angeht, ziemlich gut bzgl Verstand

- Mischung aus beidem letzten Sommer, Bauch wusste seit erstem Kennenlernen vor drei Jahren "mein Pferd", Verstand hat wichtige Dinge wie passt das Pferd zu mir und den gewünschten Zielen bedacht, dafür bei den Faktoren "ich will erst bzgl Unterbringung sicher sein" und "definitiv eine Stute und Absetzer" völlig versagt

- letzte Pferdeentscheidung ohne Suche gefunden bzw sind Pferd und ich einander vermittelt worden, Bauch wie immer bei mir wichtig, ohne geht nichts, wichtige Vernunftentscheidungen hinsichtlich der Pferde ("nur wenn er passender Partner zum Hengst ist" und "grundsätzlich als Reitpferd für mich tauglich") konnten ihren Dienst tun, wenige andere wurden wegen der vorherigen Faktoren ausgeschaltet

Bereut? Absolut keine! Immer wurden vorherige Ziele oder eher Wünsche, Vorstellungen erfüllt. Die auftsuchenden Baustellen haben mir bisher viel Entwicklung in Bereichen ermöglicht. , die sonst noch nicht dran gewesen wären. Andere blieben auf der Strecke, die sind jetzt halt "dran", haben zum Teil genau aus dem Grund die letzten zwei Pferdeentscheidungen mit beeinflusst.

Leben bedeutet Veränderung. Das sehe ich auch in Bezug auf meine Pferdeanschaffungen so. :) Potenzial ist immer da!
"Das Herz mit dem Verstand begreifen zu wollen, ist so ähnlich, wie mit den Ohren sehen zu wollen." Safi Nidiaye
Schimmelchen
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Beitrag von Schimmelchen »

Mein erstes Pferd kam auch aus dem Schulbetrieb. Davor stand er bei einem Händler. Ich habe keine Ahnung, was mit ihm pasiert ist, aber er hatte wirklich Angst vor Menschen. Wenn man am Paddockzaun stand, hat er sich ins weit entfernteste, letzte Eck verkrochen. Er ist gestiegen, hat geschlagen und gebissen; und ich meine wirklich gebissen. Nicht nur ein bisschen gezwickt. Darüberhinaus ging er auch noch lahm. Ich habe ihn dort rausgekauft, weil er mir einfach leid getan hat. Kaum einer in meinem Bekanntenkreis konnte das verstehen, wo es doch Zitat: so viele tolle, gesunde Pferde auf dem Markt gibt. Ich musste mir in der Zeit wirklich viele dumme Kommentare anhören. Der Tierarztes, den ich wegen der Lahmheit geholt hatte meinte nur : "aus dem wird nichts mehr, den kannst gleich weg tun" !

Ich habe anfangs auch auf andere gehört und ihn bestraft, wenn er biss ect. Erreicht habe ich damit genau gar nichts. Bis ich begriff, dass er einfach nur Zeit brauchte, die ich ihm dann auch gegeben habe. Er musste wieder Vertrauen zur Gattung Mensch bekommen und das erreicht man nicht durch Bestrafung. Es hat viele Monate gedauert, aber aus ihm wurde ein absolutes Traumpferd. Eine Lebensversicherung im Gelände. Er war sehr auf mich fixiert; ging überall mit mir hin, Fremden gegenüber blieb er aber misstrauisch. Die körperlichen Probleme bekamen wir auch in den Griff; auch hier hat Zeit geben viel geholfen. Einfach mal eine Zeit lang nichts fordern und nur Pferd sein lassen. Viel Weide/Auslauf, Pferdegesellschaft ......

Wenn ich deine Beschreibung so lese, habt ihr doch wirklich schon sehr viel erreicht und seid auf einem guten Weg. Du solltest aber darauf achten, sie nicht zu überfordern. Ein Stall -/besitzerwechsel kann für ein Pferd großen Stress bedeuten. Es kann viele Monate dauern, bis es "ankommt".

Im Umgang mit Pfeden gibt es meiner Meinung nach nichts Wichtigeres als Geduld !
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Beitrag von Ulrike »

Genau, Schimmelchen,


die Vehemenz mit der ein Pferd sich verteidigt auf der Basis von Vertrauensverlust, mit der Tiefe ist es auch "verletzt" worden und schützt sich und seinen "Schmerz" über das verloren gegangene Vertrauen.

Tiefes Vertrauen wird durch tiefe Wut o.ä. ersetzt.


LG Ulrike
Nola
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Beitrag von Nola »

Morgen allseits!

Ich saß gerade mal wieder drauf - und es hakt zwar immer noch im Pferd (Rücken/Genick), aber so langsam läuft sie wieder entspannter und läßt sich ein. Linksrum - rechts ist sowieso kein Problem.

Und so schön gekaut wie heute hat sie bei mir noch nie - Sperriemen raus findet sie eine tolle Idee! (Und der war vorher schon stets nur lose verschnallt.)

Der Hufschmied ist auch zufrieden, wie sich der orthopädische Beschlag auswirkt - es geht also wieder aufwärts! :D


@ Ninischi: Es ist toll, daß ihr beide euch gefunden habt - schön zu lesen, wie Du über Dein Pferd schreibst! Und mal wieder der Beweis: nicht alle Pferde lassen sich zwingen - und warum auch??


@ Finchen: Da habe ich ja noch ein paar Pferde vor mir... :lol:
Ich denke es hängt schwer davon ab was man will (und das was einem bewusst ist, ist lange nicht immer der tatsächliche Wunsch):

möchte man ein Pferd kaufen um einfach los zu reiten, sucht man mit anderen Kriterien und auch anderer Präzision.

Ist einem das nicht so wichtig, rutschen einige Parameter dafür in den Hintergrund und andere Bedürfnisse werden befriedigt, zB ein Pferd kaufen dass sonst niemand will.

Sich bewusst auf eine anfangs schwierige Konstellation einzulassen bedeutet ja auch Bereitschaft sich und sein Handeln bewusst zu hinterfragen, sich Hilfe zu holen ggf, auch dadurch weiter zu entwickeln, neues zu lernen.

Das ist nicht besser oder schlechter, weder die eine noch die andere Variante!

Problematisch wird es meiner Erfahrung nach dann, wenn man sich gänzlich unbewusst die "besondere Herausforderung ins Haus bzw den Stall holt".
Ja, das klingt stimmig! In meinem Fall war mir vorher tatsächlich nicht ganz bewußt, was auf mich zukommt, denn im Schulbetrieb lief sie ja irgendwie. Nach dem Kauf kamen dann erst mal die ganzen Probleme zum Vorschein...
Nun lassen das Pferd und ich uns beide ein - und mittlerweile glaube ich auch wieder öfters daran, daß sie mal ein schmerzfreies, taktreines und rittiges Pferd wird! Als ich sie gekauft habe, stolperte sie ständig über ihre eigenen Beine, kam vorne nicht aus der Schulter und rollte sich auf - mittlerweile tritt sie immer öfters an die Hand ran. Und auch der Rücken ist sooo viel besser dank passendem Sattel und Physio.


@ Schimmelchen: Wow, so ein Pferd zu kaufen... dazu gehört neben Geduld auch wirklich viel Mut! Schöne Geschichte - da hat das Pferd echt Glück gehabt mit Dir!


Schönes Wochenende euch allen!

Nola
Schimmelchen
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Beitrag von Schimmelchen »

Nola hat geschrieben:
@ Schimmelchen: Wow, so ein Pferd zu kaufen... dazu gehört neben Geduld auch wirklich viel Mut! Schöne Geschichte - da hat das Pferd echt Glück gehabt mit Dir!


Nola
Oder eine äussert positive Einstellung :wink: Er war mein erstes Pferd und hatte irgendwas ganz Besonderes an sich... ich weiß gar nicht, wie ich es ausdrücken soll. Viel. war es auch die Art, wie er einen ansah; sein Blick war irgendwie traurig/hoffnungslos. Als sich herausstellte, dass er für den Schulbetrieb absolut ungeeignet war, sollte er wieder zum Händler. Das konnte ich auf keinen Fall mitansehen. Obwohl die Anfänge schwierig waren und ich bald tägl neue Blutergüsse hatte, habe ich den Kauf keinen Tag bereut. Wir hatten wundervolle 5 Jahre bevor ich ihn auf Grund einer Leberzirrhose einschläfern lassen musste.
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