Kurs Bent Branderup 11/12.02. Mannheim

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Josatianma
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Kurs Bent Branderup 11/12.02. Mannheim

Beitrag von Josatianma »

Am Freitag Spätnachmittag mache ich mich mit der lieben Claudia auf den Weg nach Mannheim. Hier steht am 11./12.02.2017 ein Kurs mit Bent Branderup an. Deshalb sind meine beiden Rösser derzeit etwas unterbeschäftigt. Aber gut, ich schiebe das mal noch in Richtung "Winterpause". Und da ich ja trotzdem im Sinne pferdischer Fortbildung unterwegs bin, werden sie auch davon profitieren. Wink

Bent Branderup. Ihn und die von ihm entwickelte Akademische Reitkunst (www.bentbranderuptrainer.com/) wollte ich immer schon einmal gerne live erleben. Ich bin gespannt auf einen Menschen, der das Thema Reitkunst durch die Jahrhunderte sehr eingehend studiert hat und versucht, das alte Wissen von Reitmeistern wie Pluvinel und de la Guérinière in die heutige Zeit zu adaptieren und nachzubilden. Sein Buch "Die Reitkunst - Über die Ausbildung des Pferdes" war auch eines der ersten Bücher, die ich überhaupt über Reitkunst gelesen habe.

Der Samstag beginnt mit einer einstündigen Theorieeinheit, in der er viel über die Biomechanik des Pferdes erzählt, die notwendige Verschiebung der Lastaufnahme auf die Hinterhand, um eine freie Vorhand zu erhalten, was durch Diagonalität zu erreichen ist (z. B. Lastaufnahme durch das linke Hinterbein = Freiheit der rechten Schulter). Immer wieder fließen Zitate von Reitmeistern ein oder Anekdoten aus eigenem Erleben und Erklärungen mit vielen Beispielen, die es uns ca. 40 reitenden und zuschauenden Teilnehmern einfach machen, seinen Ausführungen zu folgen. Ich fühle mich gleich gut aufgehoben und in vielem bestätigt.

Dann gehts in die Reithalle. Puh, kalt! Claudia und ich sind froh, direkt in der Nähe eines Heizpilzes zu sitzen. Es nehmen insgesamt acht Pferd-/Mensch-Paare teil, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten: von zwei Isländern über einen Knabstrupper und Pferden mit viel Vollblut bis hin zum Warmblut und Queerbeet-Mix ist alles dabei. Gearbeitet wird in halbstündigen Einheiten. Am Vormittag steht für alle Teilnehmer zunächst Hand- bzw. Bodenarbeit auf dem Plan. Branderup legt viel Wert darauf, daß die Basis am Boden stimmt und dem Pferd hier schon aus verschiedenen Positionen des Menschen vom Boden aus (vor, neben, seitlich, hinter dem Pferd) erklärt wird, was man später im Sattel von ihm erwartet. Das Hauptziel ist das Erreichen einer vollendeten Balance und Geraderichtung. Viel zum Einsatz kommt hierbei die Gerte, die mal den Zügel, mal den Schenkel (je nachdem, wo sie eingesetzt wird) ersetzt, sofern die Körpersprache des Menschen nicht ausreichend ist. Die teilnehmenden Pferde sind meist schon weiter ausgebildet und kennen den Gerteneinsatz, so daß sie meist gar nicht touchiert werden müssen. Es reicht z. B. schon, wenn der Mensch die Gerte über den Rücken in Richtung äußere Hinterhand zeigen läßt, um das Pferd in den Travers zu locken.

Travers ist auch der Seitengang, unter dessen Zuhilfenahme am meisten gearbeitet wird. Schulterherein wird seltener verlangt. Da diese Art der Arbeit für die Pferde sehr anstrengend ist, wird zunächst auch hauptsächlich im Schritt gearbeitet und die halbstündigen Einheiten oft nicht gänzlich ausgenutzt. Die Atmosphäre ist sehr ruhig und hochkonzentriert, manchmal schon fast meditativ - was mir gut gefällt. Angefangen wird auch erst, wenn das Pferd ruhig und zu konzentrierter Mitarbeit bereit ist - eine absolute Voraussetzung für Branderup. Und erst, wenn eine Grundlage erarbeitet ist, wird zum nächsten Schritt übergegangen. Er selbst versteht sich während des Unterrichts als Supervisor. Das setzt voraus, daß man bereits in der Lage sein muß, sehr selbständig zu reiten und zu arbeiten. Er legt allergrößten Wert auf ein aktives Hinterbein und gutes Vorwärts (was nicht mit Tempo gleichgesetzt werden darf!) und immer wieder abzufragende Dehnungsbereitschaft (wenn auch diese nicht so intensiv, wie ich das anderswo kenne - das Pferd darf sich nur soweit dehnen, wie es nicht auf die Schultern kommt).

Nach Mittagessen und einer nochmaligen einstündigen Theorieeinheit stehen dann die gerittenen Einheiten auf dem Programm. Ich bin froh, Claudia neben mir zu haben, die sich mit der Akademischen Reitkunst schon intensiver beschäftigt hat und auch bereits einen Kurs bei Branderup mitgeritten ist, so daß ich ihr während der Einheiten viele Fragen stellen kann. Jedenfalls ist der Kurs schon insoweit ein Highlight, als ich meinen Blick schulen kann - und mich oft bestätigt sehe: da denke ich noch, oh, da müßte man jetzt dieses oder jenes machen, schon kommt die gleiche Anweisung von Branderup oder er erzählt eine genau dieses Thema aufgreifende Geschichte. Das freut mich, zahlen sich mein pferdisch investiertes Geld und die viele Zeit langsam aus. Smile Einzig die "action" kommt mir etwas zu kurz, da hauptsächlich im Schritt gearbeitet wird. Eine Überprüfung, ob das Erarbeitete auch in einer höheren Gangart nachvollziehbar ist, fehlt mir da.

Auch der Sonntag Vormittag beginnt mit einer einstündigen Theorieeinheit, in der Branderup allerdings mehr auf seine Sicht und Einstellung zu Pferden grundsätzlich zu sprechen kommt. In der anschließenden wieder halbstündigen Abschlußeinheit für jeden Teilnehmer darf sich jeder selbst heraussuchen, was er arbeiten möchte. Hier werde ich auch etwas mit mehr "action" entschädigt, weil auch mal Trab und Galopp auf dem Programm stehen. Den Abschluß macht nochmals ein halbstündiges Statement von Bent Branderup.

Fazit: ich würde jederzeit wieder zuschauen wollen, wenn es sich in der Nähe ergibt. Für meine 95,00 EUR für beide Tage inkl. Getränke an beiden Tagen und Mittagessen am ersten Tag habe ich viel Input bekommen. Mitreiten wollte ich eher nicht, weil ich nicht glaube, daß es für mich und Kurti und Amor in dieser doch sehr intensiven Form der Arbeit etwas ist. Aber ich werde sicherlich das ein oder andere einmal ausprobieren, sowohl am Boden, als auch im Sattel. Branderup findet ich toll, sowohl was er an - enormen! - Wissen hat und pädagogisch vermitteln kann, als auch als Mensch. Er war jederzeit fröhlich, locker, unterhaltsam, offen für Fragen, nie überheblich und sehr geerdet. Ich habe mir auch gleich sein neues Buch "Die Logik hinter den Biegungen" gekauft (und signieren lassen *gg*), welches das Thema Biegungen auf der Basis von Steinbrechts Gymnasium thematisiert.


AUTOR: -Tanja-
xelape

Beitrag von xelape »

Find ich gut.. danke für den ausführlichen Bericht!!!
Filou:XO
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Beitrag von Filou:XO »

Wieso krieg ich sowas nie mit *schnief*
Da wäre ich zu gerne hin
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