nachdem ich mich wieder etwas beruhigt habe, setze ich nochmal zu einem Kursbericht an…
Diesmal aber vorgeschrieben, damit nicht wieder was in die Binsen geht

Also, nachdem uns die allgemeine Dobmania im Sommer akut infiziert hat, beschließen greta j. und ich, uns zum Kurs mit DOB und Eckart Meyners anzumelden. Nach langer Zeit des Wartens ist es endlich soweit – der 5. September ist da. Wir reisen aus verschiedenen Richtungen an, nicht ohne vorher noch ein großes Reitsportversandhaus zu besuchen und Geld dazulassen… Man gönnt sich ja sonst nichts – oder besser gesagt den Pferden

Ich habe nicht minutiös mitgeschrieben und kann daher den theoretischen Teil sicher nur fragmentartig nachzeichnen. Hauptsächlich habe ich mir „Schlagwörter“ notiert, die mir wichtig erschienen. Also dann, los geht’s:
In Aufkirchen angekommen gibts den idealen Kursbeginn – die Technik streikt und versagt wohl wegen der unzähligen Umstellungen den Dienst

Es gehen übrigens Gerüchte, dass Kursteilnehmer nur deswegen nach Aufkirchen fahren, weil die Verpflegung dort immer so lecker ist… Was ich nur bestätigen kann

Die Herren Profis lassen sich jedenfalls von der widerspenstigen Technik nicht aus dem Konzept bringen und quatschen einfach drauf los. Außerdem werden gleich Übungen eingebaut, damit wir sehen können, wie einfach es ist, mehr Beweglichkeit zu erhalten (bspw. dass man den Kopf weiter drehen kann, indem man seine Augen auf verschiedene Arten bewegt - also erst Drehen, dann Augen bewegen, dann wieder drehen).
EM stellte gleich zu Anfang klar, dass es im Bereich Bewegung keine Aussage wie richtig oder falsch gibt – alles ist individuell. Er untermauerte diese Aussage mit Beispielen aus der Leichtathletik und dem Skisport, wo versucht wurde, Athleten auf eine bestimmte Ausführung von Bewegungen zu trainieren, und diese dann immer schlechter wurden. Erst als sie wieder so agieren durften wie ihr Körper das wollte, konnten erneut Bestleistungen erzielt werden. Seit ca. 3 ½ Jahren arbeitet Heike Kemmer mit EM zusammen – mittlerweile sei sie so geschmeidig, dass sie Bonaparte nicht mehr störe… Denn DAS sei Ziel des ganzen – das Pferd nicht zu stören. Zu jeder individuellen Biomechanik kommt ja noch das Pferd dazu. Und Reiten ist nicht Sitzen, sondern Bewegung. Dies sollte dazu führen, dass der Reiter, wenn man ihm das Pferd unter dem Hintern wegziehen könnte, auf beiden Füssen stehend landen sollte. Dann spricht EM von einem balancierten Sitz. Die Folgerung daraus ist, dass man nicht auf dem Hintern sitzt, sondern auf dem Sitzbein-/Schambeindreieck.
An dieser Stelle äußerst EM Verwunderung darüber, warum es keinen speziellen Frauensattel gibt, da das Becken einer Frau anatomisch ganz anders ist als das eines Mannes.
Da muss ich Desmond wohl beim nächsten Mal drauf ansprechen, ob er nicht ne Marktlücke füllen will.
Eine weitere Feststellung von EM ist, dass das Problem einer Bewegung nie an der Stelle sitzt, an der man sie sieht, jedoch immer dort korrigiert wird. Dies wird bei den aktiven Teilnehmern an dem Kurs klar, die mit verschiedenen Übungen konfrontiert werden:
- Handanlegen durch den Meister himself
- Übungen ohne Geräte
- Übungen auf dem Balimo, mit Flexibar oder Sitzkissen
entweder sitzend, liegend oder stehend – in allen möglichen und unmöglichen Positionen
Die Zusammenhänge, welche Körperteile miteinander korrespondieren, hab ich mir nicht aufgeschrieben, da ich sie zum einen sicher nicht behalten könnte, zum anderen die Aufzählung bei weitem nicht vollständig wäre (wozu wäre EM sonst seit über zig Jahren mit dieser Thematik beschäftigt) und es sowieso bei jeder Person eigene Baustellen gibt.
Bei der Beurteilung der aktiven Reiter wurde die Aussage EM’s deutlich, dass es kräftig gegen den Baum gehen kann, wenn man versucht, nach einer äußeren Form zu reiten (siehe Beispiele der Sportler weiter oben). Wichtig ist, das Pferd in seinem Bewegungsablauf nicht zu stören. Denn: die große Masse bewegt die kleine, und erst im Lauf einer Einheit kann sich das dann umdrehen, so dass der Reiter darauf einwirken kann, wie Bewegungen ausgeführt werden – wenn man von harmonischem Miteinander ausgeht. Eine gute Form muss nicht gut aussehen, aber kann gutes Reiten bedeuten und dem Pferd entsprechen.
Auffällig war, daß bei fast allen Reitern die Bügel um 2 Löcher gekürzt wurden - mit "gestrecktem" Becken ist kein schwingender Sitz möglich, das Aussehen des langen Beines wird jedoch - zumindest turniermäßig - häufig gefordert.
Auch ich reite seit dem Kurs mit kürzeren Bügeln


Sehr schön fand ich folgenden Satz:
Versuche, auf die Schwingungen des Pferdes einzugehen, dann wird es auf Dich einschwingen

EM hat ja bekanntermaßen viele Bücher zu diesem Thema geschrieben, nächstes Jahr wird es wieder eins mehr – mit neuer DVD. Er hat oft betont, wie wichtig es sei, erst mal einen Gesamteindruck von Pferd und Reiter zu bekommen und dann erst zu analysieren, wo denn das Problem liege. Wichtig war ihm immer, wie gut Pferd und Reiter miteinander harmonisieren und ob der Reiter den Eindruck macht, sich auf dem Pferd wohlzufühlen. EM hat es wirklich bei jedem Teilnehmer geschafft, eine positive Veränderung herbeizuführen. Diese war mal mehr, mal weniger deutlich zu sehen, und einige Male glaubte man am Reiter eigentlich nichts zu erkennen – aber das Pferd lief ganz anders – gelöster, entspannter, lockerer, es wurde abgeschnaubt, auch die Halshaltung hat sich zum Teil verändert.
Und viele Reiter haben bestätigt, dass sie sich viel leichter fühlen würden, das alles ganz einfach sei, dass sie endlich mal das Gefühl hätten „im“ Pferd zu sitzen.
Selbstverständlich hat das Ganze einen gewaltigen Hasenfuß: die eigene Faulheit.
Denn nur durch einen solchen Kurs können Gewohnheiten nicht abgestellt werden, denen wir tagtäglich durch Arbeit/erlernte Bewegungsstereotypien etc. ausgesetzt sind. Wer also nicht mehrmals wöchentlich Übungen macht, wird wohl dauerhaft nicht DEN Erfolg erzielen können…
Zu den Übungen allgemein fällt mir grade noch ein, dass EM darauf hinwies, dass man die jeweilige Übung, die man gerade macht, variieren muss – schneller, langsamer, Richtungswechsel und ähnliches. Ansonsten erreicht man nicht den gewünschten Erfolg (bitte fragt jetzt nicht nach der Begründung… hab ich verpennt). Der Körper muss durcheinander gebracht werden, damit alte Muster überwunden werden können.
Zumindest hält meine Euphorie soweit an, dass ich mir zwei dieser Sitzkissen bestellt habe, weil ich denke, dass man hier auch mal kurz was damit machen kann (und sei es nur beim Zähneputzen drauf zu stehen) und sie daher auch öfter hernimmt, als wenn man immer mit einem halbstündigen Programm konfrontiert ist, das man zu absolvieren hätte. Lieber mal zwischendrin eine kurze Koordination als gar nichts. In der Arbeit sitze ich auch schon auf einem Luftkissen. Und ich mache jeden Morgen im Bett die „Zupfübung“ für den Schulterbereich, das kostet mich eine Minute, die ich dann sogar noch genießen kann.
Für die Interessierten: Man nimmt einfach den Muskel vom Hals zur Schulter zwischen Daumen und Zeige/Mittelfinger und massiert /zupft daran entlang. Im Bett deshalb, weil die Schwerkraft dann außer Gefecht ist und die Schultern ganz entspannt auf der Matratze liegen können. Das gleiche kann man dann am Frühstückstisch mit den Streckern (?) am Oberschenkel machen – einfach die Beine abheben, und den Strang, der sich dann heraushebt zwischen Leiste und Oberschenkel, bearbeiten. Sind zwei Zonen, die bei vielen Reitern zu fest sind

Außerdem hab ich mich zu einem TaiChi-Kurs angemeldet. Ich war sowieso auf der Suche nach einer Ergänzung zum Reiten, und laut EM sind all jene Sachen gut fürs Reiten geeignet, die auch einen fließenden Bewegungsablauf hätten. Mal sehen, wie es wird und ob es gefällt.
Und das alles zusammen ist ja schon eine ganze Menge, finde ich. Wenn ich es durchhalte

Ansonsten muss ich nächstes Jahr wieder hinfahren und meine Motivation erneuern

Schwingende Grüsse von
ottilie