Nein, ich meinte nicht automatisch, dass man für sich selbst nur seinen Weg mit Scheuklappen verfolgen soll, weil es nur den einzigen Weg gibt (den die anderen bedauernswerter Weise nicht sehen wollen

) und ich mich damit isolieren sollte. Ein gewisses Herabschauen auf andere Ausbildungsmethoden hat sich leider in der Reiterwelt etabliert. Einige scheinen wie von einem Wahn besessen zu sein, alles zu analysieren, Fehler zu sammeln und auszuwerten und diesen hohen Anspruch auch an anderen wiedererkennen zu wollen. Wer nicht jedes Buch wälzt und bei einem Ausbilder X reitet, sollte sich mal überlegen, was er damit seinen Pferd antut...

Und je mehr man liest und unterschiedliche Ausbilder beobachtet, meint man, dass es einen roten Faden geben muss. Ja, aber der legt nur wesentliche Dinge fest, die je nach Pferd abgestimmt werden müssen. Kein eindeutiges Ja oder Nein. Wie oft liest man richtig: Da müßte man das Pferd erstmal live sehen. Wir haben es mit einem Tier zu tun und nicht mit einem Gerät, was auf Knopfdruck Papier ausspuckt.
Man sollte tolerant mit offenen Augen in die Reiterwelt schauen und auch akzeptieren, dass einige ihren Ausbildungsweg für richtig sehen und nicht versuchen sie ins eigene Boot mit scharfer Kritik zu ziehen. Ja, es sollen Diskussionen und Austausch zwischen den Reitweisen erfolgen. (Hess und PK, Heuschmann und PK) Aber es artet teilweise in Kleinkrieg (mehr von den Lesern, als von den eigentlichen aktiven Personen) aus und viel zu schnell wird unterstellt: Ihr reitet Eure Pferde kaputt und Ihr habt ja keine Ahnung (Arroganz). Das ist nämlich der Hauptpunkt, warum dann jegliche Konversation schnell eingestellt wird und dann Lager entstehen und es gar nicht um die wirkliche Sache (das Reiten) geht. Es macht KEINER grundsätzlich perfekt und KEINER grundsätzlich falsch. Aber es wird viel zu schnell schwarz und weiß gesehen, ohne dass es beiden Seiten was nützt. Bei Klassisch contra Classique fand ich es absolut toll, dass Hess einsichtig war. Sowas ist doch gut und soll auch honoriert werden. Er kann Teile für sich und evlt. in den Richtlinien verbessern. Dabei ist bei PK auch nicht alles Gold was glänzt. Verschiedenste Reiterpaare profitieren von den unterschiedlichen Wegen und Konzepten, die es gibt. Sie öffnen Augen und helfen Dinge von verschiedenen Seiten zu sehen.
Ich erinnere mich an den Vergleich in einem Pferdetausch von Jean-Claude-Dysli und Isabell Werth. Es wurde mit Humor genommen, beide hatten Spaß und von den Erfahrungen profitiert. Isabell Werth verwirrte den Dysliewallach mit ihrer stärkeren Einwirkung und Jean-Claude verwirrte den Dressurwallach, weil er ihn partout nicht sitzen konnte. Das Richtig oder Falsch kam in dem Interview zum Glück nicht zum Vorschein, sondern dass es einfach zwei Wege sind, den jeder für sich selbst entscheiden muss. Dass es wichtig ist, über den Tellerrand hinauszuschauen und Toleranz zu zeigen. Genauso verhindert solch ein Aufeinanderzugehen Extreme, die den Blick fürs Wesentliche ausschalten.
Ich möchte den wenigsten Unterstellen, dass sie nicht das Wohl das Pferdes möchten. Und das einige durch die PFerde ihr Geld verdienen und andere einen motivierten Freizeitpartner suchen ist auch gut und wird sich auch nicht ändern. Dass man zum Teil aufklären muss und sollte, wenn gewisse Grenzen überschritten werden (z.B. Rollkur) ist keine Frage. Über Anatomie kann man sich kaum streiten (und da unterscheiden sich die Ausbildungsgrundsätze am wenigsten), aber was gutes und schlechtes Reiten ist, schon sehr. Ich finde, man kann über einzelne Ausbildungspunkte diskutieren, aber nicht pauschalisieren.
Und damit: Es gibt nicht das DEFINIERBARE GUTE Reiten. Es gibt schöne Momente, wo man staunt und subjektiv empfindet, dass ist ja nahezu perfekt, das kann aber paar Minuten später ganz anders ausschauen und ein anderer würde andere Beispiele für die Note Sehr gut heranziehen. Bilder und Videos kann man auswerten, aber dennoch genügend Distanz zeigen, um die kleine Aussagekraft nicht zu pauschalisieren.
LG Susi