Um es mit einem Wort zusammenzufassen: GENIAL !
Man muss vorausschicken, dass dies für mich der erste „klassische“ Kurs war, an dem ich selbst teilgenommen habe. Bisher habe ich zwar schon bei einigen „klassischen“ Reitkursen zugesehen sowie ganz früher an „englischen“ bzw. in jüngerer Vergangenheit an „isländischen“ Kursen sowie einem Bodenarbeitstag (Fahren vom Boden/Langzügel, Doppellonge) teilgenommen – aber eben noch nie selbst bei einem „klassischen“ Kurs mitgemacht. Die waren mir zum einen immer zu teuer und zum anderen fand ich sie immer irgendwie zu elitär bzw. mich selbst zu „klein“. Ich habe mich nie getraut da mit MEINEN Reitkenntnissen und meinem ISLÄNDER teilzunehmen, auch wenn noch so oft gesagt wird, dass das kein Problem sei.
Also habe ich mit meiner autodidaktischen Reiterei alleine weitergemacht. Habe mich viel von Gelesenem inspirieren lassen und dies und das ausprobiert. Irgendwann bin ich dann über Hilbergers Buch gestolpert und das hat mich fasziniert. Ich hab angefangen, die bebilderte Anleitung nachzustellen und siehe da: Das meiste hat funktioniert! Als dann in fahrbarer Entfernung ein Kurs mit Oliver Hilberger ausgeschrieben wurde, hab ich mich sofort angemeldet und bin erst auf der Warteliste und dann tatsächlich im Kurs gelandet. Mit gemischten Gefühlen, aber doch recht optimistisch bin ich am Freitag angereist und am Sonntag in absoluter Hochstimmung wieder heimgekommen.
Oliver ist einfach super nett, ganz am Boden geblieben und fühlt sich sehr in jedes Pferd-Mensch-Paar ein; die verschiedensten Kombinationen waren im Kurs vertreten, von zwei ungerittenen dreijährigen (Traber und Friese) über Spanier bis hin zu Warmblütern (und einem Isi) war eine abwechslungsreiche Bandbreite an Pferden vertreten; die Menschen waren ebenfalls von Einsteiger über Turnierreiter bis hin zu Barockprofis recht bunt gemischt (irgendwo dazwischen: ich).
Der Kurs umfasste je 4 Einzelstunden (30 Min.) sowie zweimal Theorie in der Gruppe.
In unserer ersten halben Stunde kam ich aus dem Staunen nicht heraus. Oliver sagte mir an, was er gern von uns sehen würde, ich habe mich einfach mal ganz unbedarft auf mein Gefühl verlassen und mir irgendwie einfach vorgestellt, was ich da machen soll: Und fast alles hat geklappt!
Mal sehen, ob ich es noch zusammenbekomme: An der langen Seite Schulterherein, umstellen zum Renvers, halbe Renvers-Wendung (die war recht wackelig, weil noch nie zuvor probiert) bis zur Mittellinie, dann Traversale bis zur gegenüberliegenden Bande. Puh ! So eine Abfolge hab ich noch nie gemacht, Schulterherein natürlich schon mal geübt, auch Kruppherein (Travers), aber Renvers noch nie, schon gar keine Renvers-Wendung und mit der Traversale waren wir auch nicht so sehr auf Du und Du. (Habe ich erwähnt, dass ich die letzten zwei Monate eigentlich nur ausgeritten bin… ?!!!) – Schrittpiroutte? Ich? Fjalli? Oh ja, es geht ! Naja - ansatzweise wenigstens...
Natürlich stehen wir noch ganz am Anfang und müssen noch sehr, sehr viel lernen. Aber ich denke, dass die Handarbeit – so wie Oliver Hilberger sie praktiziert – eine gute Möglichkeit für mich ist, Fjallis Muskulatur zu fordern und fördern, ihn beweglicher zu machen und nicht zuletzt um ihn ein wenig mehr aufzurichten. Und ihn dabei nicht von oben zu stören

Mein Pony arbeitete extrem gut mit, achtete auf kleinste Zeichen von mir (die Umstellung von zB Schulterherein nach Renvers gelingt uns inzwischen ausschließlich durch Drehung meines Oberkörpers, faszinierend…) und beginnt bereits jetzt von selbst bei bestimmten Bewegungsabläufen, z.B. im Renvers, zu „wachsen“ und sich quasi ohne mein Zutun aufzurichten.
Sehr interessant (wenn auch rückblickend natürlich total logisch) war, dass das Pferd sofort mühelos umsetzen konnte, was ich wollte, sobald ich ein konkretes inneres Bild von der Übung hatte. Manchmal war mir ein Kommando zu schnell bzw. ich war unkonzentriert und habe mir nicht wirklich vorgestellt, wie das jetzt gleich aussehen soll – und dann kam nur Kabelsalat dabei raus und das Pony hatte ein Fragezeichen im Gesicht. Hab ich mich dann gesammelt, konzentriert und mir genau vorgestellt, was ich möchte und den Blick in Zielrichtung bzw. auf den gerade am meisten gefragten Körperteil gewendet – dann ging es wie von selbst. Ich bin total fasziniert. Mir war das mit dem inneren Bild ja schon lang bekannt, aber ich glaube heute war der Tag, an dem ich WIRKLICH verstanden habe, was das bedeutet. Großartig.
Großes Lob an den Kursleiter: Er hat es verstanden, sich auf jedes Pferd/Mensch-Paar gut einzustellen und allen während der zwei Tage Erfolgserlebnisse zu verschaffen - verbunden mit dem Ausblick, wie es weitergehen könnte und woran man arbeiten sollte. Oliver kann (finde ich) sehr gut erklären und strahlt eine gewisse natürliche Pferdekompetenz aus, der ich gerne folgen kann. Seine Liebe zu den Pferden und vor allem auch seine Begeisterung für diese Arbeit war einfach mitreißend und motivierend. Kurzum: Ein netter Mensch und noch dazu ein guter Ausbilder.
Fazit: Die Handarbeit ist eine äußerst spannende Arbeit, die meinem Pferd und mir zwar sehr viel Konzentration und Koordination abverlangt, aber auch sehr viel Spaß macht. Ich bin schon seit langer, langer Zeit nicht mehr so motiviert aus der Reithalle gegangen bzw. mit so viel Vorfreude hineinmarschiert.
Und mein Pferd… war mal wieder UNGLAUBLICH.
P.S.: Last but not least ein großes Dankeschön an die Hofbesitzerin für die sehr freundliche Aufnahme und superleckere Verköstigung - und an die Organisatorin für die gute Vorbereitung (und die idiotensichere Wegbeschreibung)


Autorin: Everl