Wie bringe ich ein Pferd ins Gleichgewicht?

Rund um die klassische Reitkunst

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Carmen
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Beitrag von Carmen »

Zum Beispiel das Pferd belohnen, wenn es bei mir ist. Clickertraining ist hilfreich. Ich habe übrigens auch schon einen Hengst ausgebildet. Ganz blauäugig bin ich nicht. :wink:
"Es gibt schon viel zu viele Pferde, die Gefangene sind. Wenn wir unser Pferd lieben, müssen wir [...] ihm so viel wie möglich von seiner Freiheit zurückgeben." Sylvia Loch
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ottilie
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Beitrag von ottilie »

WARUM könnt Ihr das nicht in dem entsprechenden Fred diskutieren?
Ich würde da ja auch gerne noch mehr drüber lesen, aber es paßt hier nicht rein und ist nur zugemischt worden...
Es grüsst ottilie
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Cubano
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Beitrag von Cubano »

Könnte das vielleicht jemand in den Jungpferde-Thread verschieben? Interessant sind die Standpunkte ja auf jeden Fall.
Carmen, ich halte Dich auch nicht für blauäugig :wink:
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ottilie
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Beitrag von ottilie »

Ok, ich hab das Wesentliche rüberkopiert - alles echte deutsche Handarbeit :!:
Verschieben geht nämlich leider nicht. Also bitte jetzt wieder weiter im Thema Gleichgewicht.
Es grüsst ottilie
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Belfigor
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Beitrag von Belfigor »

Eines meiner Pferde konnte beim Schmied nicht auf 3 Beinen stehen, man hatte den Eindruck, dass das Pferd drohte umzufallen, war echt schwierig mit der Stute... Das Pferd war durch seine ganze Vorgeschichte - sowohl seelisch als auch körperlich - im wahrsten Sinne des Wortes sehr aus dem Gleichgewicht geraten... "Typ" Durchgänger.

Durch Zufall hatte ich zu dem Zeitpunkt die Möglichkeit dieses Pferd mit den Geitner Dualgassen zu arbeiten, war neugierig und ich habe das Pferd 6 Wochen lang - wie im Geitnerbuch beschrieben - durch die Gassen longiert: danach war das Problem beim Schmied vollständig behoben, Pferd hatte keine Balanceschwierigkeiten mehr und der Schmied meinte auch, dass das Pferd sich die Hufe sehr gleichmäßig abgelaufen hätte, daher wohl geradegerichtet - damit meine ich quasi "im Gleichgewicht" - sei...

Mittlerweile habe ich die Gassen nur noch wenig im Einsatz, zu der Thematik hier fiel mir das nur wieder ein.

In einem persönlichen Gespräch sagte Herr Geitner dann mal zu mir, dass das "Geheimnis" der Gassen weniger bis gar nicht in den Farben liegen würde, sondern einfach darin, dass durch korrektes Legen der Dinger einfach der Mensch eine optische Orientierung erhalten würde, er also die Hufschlagfiguren korrekt ausführen würde, im klassischen Sinne.
"Die Wahrheit kann man nicht verbrennen, denn sie ist das Feuer."
saltandpepper

Beitrag von saltandpepper »

Jen hat geschrieben:S&P, he, jetzt bitte nicht unfair werden! Meine Aussage war auf die Diskussion allgemein gemünzt. ...

Deshalb bevorzuge ich einen Ansatz, der zuerst das störende "eliminiert" und dann für das neue auch Platz lässt. Klar, das ist in den Anfängen eher mühsam, weil man das Gefühl hat, von Grund auf neu reiten lernen zu müssen. mann, nur schon einen Schritt-Trab übergang oder eine simple Volte reiten wird zur Herausforderung! :D Aber wenn man den Dreh raus hat, dann kann das eine völlig neue Dimension eröffnen! Und da ist es plötzlich nicht mehr so wichtig, dass die Hand aktiv auf das Gleichgewicht des Pferdes einwirkt, weil man andere Prioritäten einräumt. ....

Ich akzeptiere es völlig, dass du es anders machst. Ich würde es sogar gerne mal sehen, dass es funktionieren würde! Leider habe ich bis jetzt auch eher schlechte Beispiele gesehen, weshalb ich das für mich als keine Alternative für die normale Ausbildung angesehen habe. Korrektur durch einen erfahrenen Reiter und in Ausnahmefällen: ja! Aber als "die Regel": für mich nein.
Jen, das war nicht unfair. Daher hatte ich vornan gestellt : "WENN ...auf mich gemünzt war..."
Wenn es das nicht war, beziehe es nicht auf dich.
Alles was du zum Thema Sitzen geschrieben hast, unterschreibe ich, aber..
DARÜBERHINAUS gibt es eben die Möglichkeit, die Sache anders aufzuziehen und im Alltag eines Reitlehrers findet man leider sehr häufig solche Beispiele wie das von morimur aufgeführte vor.
Ein ganz typisches Beispiel dafür, daß die Realität oft den gewünschten und theoretisch sinnvollen Weg überholt und Situationen schafft, die andere Wege erfordern.
Nun kann ich an einem Ideal festhalten und dem hilflos gegenüber stehen, oder aber ich suche nach Alternativen. Und WENN ich die Alternativen beherrsche, DANN kann ich sie sinnvoll nutzen und werde es logischerweise auch tun.

Um wieder zum Thema zurückzukommen, nämlich dem Gleichgewicht bzw. den Techniken, mit denen man Gleichgewicht beeinflussen kann:

Hier verhält es sich doch ganz ähnlich. Als Ausbilder wählt man doch für das Pferd den Weg, der ihm am besten hilft, die gestellten Aufgaben zu meistern. Warum um alles in der Welt, soll ich eine Technik ungenutzt lassen, die bei unendlich vielen Pferden sehr, sehr hilfreich ist, nur weil ich mich in iregendwelchen Dogmen verheddere?

Es gibt unendlich viele Möglichkeiten das horizontale und die vertikale Gelichgewicht eines Pferdes zu beeinflussen und somit seine Geschicklichkeit im seinem eigenen Umgang damit zu schulen und zu fördern. Dazu zählt z.B. Geitners Dual-Geschichte, Frau Teschens Longierschule, die diagionale Hilfegebung der FN/ bzw. die der klassischen deutschen Schule. Die indirekte Zügelführung wie sie Westernreiten, z.T. bei Branderup und auch bei PK gelehrt werden. Ja sogar die Schulterschubsereien der diversen Horsemanshipper zählen dazu.

Was ist wichtig und was ist richtig ?

Für mich und ich spreche jetzt ausdrücklich nur für mich ( ! ) , ist wichtig, zu erkennen, WIE die einzelnen Techniken funktionieren, und warum. Das Wirkungsprinzip.
Dass nämlich all diesen Techniken im Grunde genau dieselben Auswirkungen auf den Pferdekörper haben.
Also muß ich verstehen lernen, was will ich beim Pferd bewirken, WIE funktioniert das Pferd und DANN kann ich, wenn ich die Wirkungsweise der einzelnen Technik verstanden habe und soviel Geschick darin entwickelt habe, sie angemessen anzuwenden, diese ganz individuell nutzen. Oder aber ich entscheide mich für einen Weg, der mir ganz persönlich am meisten liegt und den ich somit am geschicktesten anwenden kann.

Und damit kommen wir zum - was ist richtig ?
Richtig ist das, was ich so anwenden kann, daß es dem Pferd hilft und das, was das Pferd gerade braucht. Also muß ich lernen zu erkennen, was das Pferd braucht und damit die funktionelle Anatomie als Hintergrund verstanden haben . Und ich muß selbst die technische Seite so gut ausführen können, daß ich eine gute Technik angemessen anwenden kann.

Was für eine Technik das dann ist, ist in meinen Augen eher nachrangig und unterliegt ganz dem individuellen Geschmack des Ausbilders.

Es gibt viele Wege, eine Pferd so zu beeinflussen, wie ein / alle Pferd/-e eben funktionieren/-t.
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Klara
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Beitrag von Klara »

saltandpepper hat geschrieben:Und ich muß selbst die technische Seite so gut ausführen können, daß ich eine gute Technik angemessen anwenden kann.

Was für eine Technik das dann ist, ist in meinen Augen eher nachrangig und unterliegt ganz dem individuellen Geschmack des Ausbilders.
Dem stimme ich 100 Prozent zu.
LG
Maren
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Jen
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Beitrag von Jen »

@S&P

ich denke, so weit auseinander sind wir nicht. ;) Ich kann deinen Beitrag eigentlich voll unterschreiben. Aber möchte hinzufügen, dass ich nicht einfach an einem Ideal festhalte. Ich bin da eigentlich recht flexibel und habe die Einstellung, dass man nicht dümmer wird, wenn man sich mit möglichst vielen Wegen beschäftigt. Aber ich möchte auch den Weg finden, der für den jeweiligen Reiter UND Pferd tragbar ist. Wie nun schon mehrmals geschrieben blende ich die Technik der Hohen Hand keinesfalls aus. Aber für mich ist es ein derart machtvolles Instrument, dass es von der "Schärfe" her vergleichbar mit einer Kandare oder einem Schlaufzügel ist. Und da muss ich mich doch fragen, ob ich einem Reitschüler, wie von Morimur beschrieben, so ein Instrument "gefahrlos" in die Hand geben kann. Ich für mich kann es nicht verantworten. deshalb würde ich so einen Fall ganz anders angehen (und ja ich hatte auch schon solche ähnliche Fälle) und die Reiterin halt erst vom Pferd runterholen und ein paar Basics vom Boden her erarbeiten. Denn so wie ich am Boden arbeite, hat dies immer einen direkten Zusammenhang, mit der Arbeit unter dem Sattel. Es darf nicht losgelöst voneinander betrachtet werden. Und da würde ich erstens dem Pferd die Chance geben, unabhängig von der Reiterin einen Gehorsam und eine Grundlosgelassenheit zu erreichen. Denn da gehe ich absolut mit Esge einig, dass dies das Wichtigste ist, was ein Freizeitpferd mit durchschnittlichem Reiter als Grundlage haben muss. Am (halb-)langen Zügel, und gedehnter Oberlinie in allen Gangarten lenkbar sein. Ein Pferd das vom Boden aus gelernt hat, sich im Schritt und Trab einigermassen der Bahnfiguren-linie entsprechend zu biegen und das v/a von alleine zu suchen ist i.d.R. meist rel einfach nachreitbar, ohne grossartige manipulation. Die wichtigste Manipulation ist hier jeweils: nachgeben. Der Vorteil vom Boden aus: der Reiter kann so erstens die grundsätzliche Hilfengebung verstehen und vom Boden aus üben und zweitens das Gespür schulen für die Stärke der nötigen Hilfe und drittens die Erkenntnis, dass das Pferd nicht grob manipuliert werden muss, um einigermassen anständig v/a zu gehen. Wir sprechen hier nicht von hoher Dressur! Sondern ich spreche hier von der Grundschule für Freizeitreiter zur "Unschädlichkeit" des Reitens. Mir würde es für diese Grundausbildung nicht in den Sinn kommen mit "hartem Geschütz" aufzufahren. Das hat doch nichts mit Verteufelung der Technik zu tun. Ich erachte es einfach als nicht nötig. Das ist alles. :)

Natürlich kann es immer mal Ausnahmefälle geben. Das sind dann aber eben Ausnahmen. Da kann es sicher vorübergehend mal sinnvoll sein, wenn ein guter Reiter eine Technik anwendet, die er auch sicher beherrscht. Ich finde es einfach immer etwas zweifelhaft, wenn so etwas starkes als Normalfall angewendet wird. Genauso wie ich es auch ablehne eine (blanke) Kandare reinzutun, weil es dann einfacher geht oder weil es der Ausbilder vormacht. Oder einen Hilfszügel systematisch zu verwenden oder oder oder...

Was die höhere Ausbildung angeht seid ihr mir sicher Welten voraus. Da fehlt mir, ausser mit meinem eigenen Pferd, die Ausbildungs-Erfahrung. deswegen begnüge ich mich einfach mal mit einem System und versuche dieses zu verstehen und auf der Basis der oben angesprochenen Grund-Grundausbildung, verstehe ich die absolute Notwendigkeit einer solchen Technik auch für die höhere Ausbildung als Regelfall einfach nicht. Sorry. Aber da ist halt auch das Problem, dass ich mit eigenen Augen einfach auch noch keine Beispiele gesehen habe, bei denen ich gesagt habe: Wow, so würde ich es auch gerne haben wollen, DAS will ich lernen. Nicht mal bei PK auf seinem eigenen Pferd (und zwar live, nicht dvd) hat mich das gepackt. Nochmals very sorry. ;) WENN ich aber so Beispiele (und zwar keine Bücher, sondern reale, lebendige Beispiele) kennenlernen könnte, dann möchte ich es überhaupt nicht ausschliessen, mich in diesem Bereich vermehrt weiterzubilden. und ja, Morimur zb. hat mich mit ihrem (seinem?) reiterlichen Lebenslauf sehr neugierig gemacht und ich würde sie (ihn?) sehr gerne mal im richtigen Leben kennenlernen. Oder auch dich S&P... :)
Liebe Grüesslis, Jen
***
Das Maul des Pferdes ist kein Bremspedal! Martin Plewa
saltandpepper

Beitrag von saltandpepper »

Jen, wir sind überhaupt nicht auseinander, wenn ich deine Worte lese. Nur im Hinblick auf die Technik der Légèreté. :wink: Man muß jede Technik IMMER !!! einem Anfänger so vermitteln, daß sie für das Pferd tragbar ist. D.h., man muß sie u.U. modifizieren. U.U. stehen viel Vorübungen an, bevor ich eine "hohe Hand" einsetze. Und auch der Einsatz einer " hohen Hand" - will sagen einer Hand, die statt auf hochsensiblen Unterkiefer und Zunge, auf die weitaus weniger empfindliche Lefze einwirkt, will gut vorbereitet sein. Du wirst es nicht glauben, aber eine ( oder auch viele) Mensch-Mensch-Übung ist in meinem Unterricht obligatorisch. Einfach damit ich fühlen kann, wie gut ein Schüler fühlen kann. Die angeleiteten Flexionen an der Hand schulen diese ebenfalls und schaffen auch dadurch, daß sie dem Pferd die Einwirkung mit dem Gebiß erklären und den Reiter schulen, eine Kommunikationsgrundlage.

Oder anders ausgedrückt Jen, alles was du schreibst ist absolut richtig, schließt aber die Technik die Herr Karl vermittelt nicht aus, bzw. ist absolut kein Widerspruch.

Natürlich kann man sie einem Reitschüler oft nicht so vermitteln, wie Herr Karl das mit seinen Schülern tut, denn z.B. meine Schüler sind oft weit unerfahrener und reiterlich lange nicht so weit wie viele Schüler von Herrn Karl. Auch bin ich nicht ein Herr Karl und vermittle natürlich ganz anders- einfach weil ich anders bin, aber die Technik selbst ist für die Vermittlung deswegen in keiner Weise ungeeigneter. Sie ist auch nicht schwieriger zu lernen, als andere Technik, sie ist eben einfach z.T. anders.
Und, sie eine von vielen sehr hilfreichen Techniken, nicht die einzige !

Und Jen, wenn ich schreibe " ich kann an einem Ideal festhalten..." dann meine ich auch "ICH kann an einem Ideal festahlten ..." und nicht " DU kannst an einem Ideal festhalten..."
Hiermit wollte ich ausdrücken, daß ich mich häufig in der Vergangeheit genötigt sah, im Hinblick auf eine sinnvolle Förderung von Pferden und/ oder Reitern unkonventionelle, auf den ersten Blick "ketzerische" Wege zu gehen und damit oft sehr gute Erfahrungen gemacht habe- allerdings auch zugegebenerweise nicht immer..... :?
Ich wollte mitnichten unterstellen, du wärest unflexibel. Wie käme ich dazu, ich kenne dich ja nicht !
padruga
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Beitrag von padruga »

...will sagen einer Hand, die statt auf hochsensiblen Unterkiefer und Zunge, auf die weitaus weniger empfindliche Lefze einwirkt, ...
Ich sehe den Wurm noch woanders begraben, nämlich nicht nur in der "Technik" sondern schon oft in den Grundannahmen. Nur als Beispiel, wenn man der festen Überzeugung ist, dass die Einwirkung auf die Lefzen für das Pferd angenehmer ist, (ich habe eher die gegenteilige Erfahrung gemacht) und deshalb diese vorzieht und pauschal bei jedem Pferd anwendet, verschenkt man sich schon einen großen Brocken an Leichtigkeit und Freiwilligkeit beim Pferd. Genauso wenn man ein junges Pferd nicht erst mal -als Reiter so wenig wie möglich störend- sein Gleichgewicht selber wieder finden lässt sondern es sofort zu manipulieren versucht um es ins Gleichgewicht zu bringen. Auch da wird schon viel zu viel gemacht und das Leichte eher zerstört als gefördert. Ich bein kein Freund von dieser Reittheorie "vom Groben zum Leichten", sondern schätze gerade bei jungen Pferden diese hohe Sensibilität und Bereitschaft, die es erlaubt, ziemlich schnell auf diesem leichten Niveau zu bleiben. Da besteht meiner Meinung nach die Kunst dabei, eben NICHT gleich ins Nähkästchen der Techniken zu greifen, sondern mehr an sich selber zu arbeiten (nicht stören, nicht zu früh eingreifen, ...)
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Cubano
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Beitrag von Cubano »

padruga hat geschrieben:
...will sagen einer Hand, die statt auf hochsensiblen Unterkiefer und Zunge, auf die weitaus weniger empfindliche Lefze einwirkt, ...
Ich sehe den Wurm noch woanders begraben, nämlich nicht nur in der "Technik" sondern schon oft in den Grundannahmen. Nur als Beispiel, wenn man der festen Überzeugung ist, dass die Einwirkung auf die Lefzen für das Pferd angenehmer ist, (ich habe eher die gegenteilige Erfahrung gemacht) und deshalb diese vorzieht und pauschal bei jedem Pferd anwendet, verschenkt man sich schon einen großen Brocken an Leichtigkeit und Freiwilligkeit beim Pferd.
Guten Morgen,
das sehe ich ähnlich und ich habe mit meinem Schimmel genau die gleiche Erfahrung gemacht wie Padruga schreibt: Er reagierte auf die hohe Hand (die übrigens von einem Profi angewendet wurde) extrem maulig und ungehalten. Was in meinen Augen nur zeigt, dass man sich in der Ausbildung von Pferden besser von Dogmen aller Art verabschiedet.
saltandpepper

Beitrag von saltandpepper »

padruga hat geschrieben:[Ich sehe den Wurm noch woanders begraben, nämlich nicht nur in der "Technik" sondern schon oft in den Grundannahmen. Nur als Beispiel, wenn man der festen Überzeugung ist, dass die Einwirkung auf die Lefzen für das Pferd angenehmer ist, (ich habe eher die gegenteilige Erfahrung gemacht) und deshalb diese vorzieht und pauschal bei jedem Pferd anwendet, verschenkt man sich schon einen großen Brocken an Leichtigkeit und Freiwilligkeit beim Pferd. Genauso wenn man ein junges Pferd nicht erst mal -als Reiter so wenig wie möglich störend- sein Gleichgewicht selber wieder finden lässt sondern es sofort zu manipulieren versucht um es ins Gleichgewicht zu bringen. Auch da wird schon viel zu viel gemacht und das Leichte eher zerstört als gefördert. Ich bein kein Freund von dieser Reittheorie "vom Groben zum Leichten", sondern schätze gerade bei jungen Pferden diese hohe Sensibilität und Bereitschaft, die es erlaubt, ziemlich schnell auf diesem leichten Niveau zu bleiben. Da besteht meiner Meinung nach die Kunst dabei, eben NICHT gleich ins Nähkästchen der Techniken zu greifen, sondern mehr an sich selber zu arbeiten (nicht stören, nicht zu früh eingreifen, ...)
Da hast du absolut recht. Eine hocheffektive Technik zu haben, befreit in keiner Weise davon, hart an sich arbeiten zu müssen. Daher schreibe ich auch bei allem, was ich in Richtung Technik schreibe immer "angemessen " hinzu.
Das bedeutet nämlich genau, das man die Mittel eben so einsetzt, daß sie dem Pferd nutzen, aber es nicht stören oder übergehen. Selbstverständlich ist die innere Achtsamkeit dem Pferd gegenüber das WICHTIGSTE !!!!, in allem, was ich an ein Pferd herantrage.
Schließlich möchte ich nicht das Pferd "bereiten", sondern MIT ihm arbeiten.
Gehe ich mit diesem Hintergrund an eine Technik heran. Egal welche, laufe ich eben nicht in Gefahr, das Pferd zu vergewaltigen und die Technik GEGEN es einzusetzen. Und es ist doch eigentlich ( sollte es meiner Meinung nach zumindest sein) die verdammte Pflicht für mich als Ausbilder, eben auch diese Idee von MIT dem Pferd und FÜR das Pferd zu vermitteln.
Gehe ich mit dieser Einstellung an die Ausbildung eines Pferdes und vermittle diese Einstellung auch meinen Schülern, so verkommt eine effektive Technik eben nicht zur entmachtenden Waffe, mit der ich meine Interessen durchsetzen kann, sondern sie wird zum effektiven, dem Pferd klar vermittelndnen und feinen Ausbildungsinstrument. Einer helfenden, sinnvollen Kommunikationsgrundlage. HILFEN eben !

Das ein Pferd im Maulwinkel unempfindlicher ist, als auf der Zunge, ist keine Annahme, sondern rührt daher, daß dort weit weniger Tastzellen zu finden sind. Das ist eine Tatsache.
Wenn dein Pferd die Einwirkung dort nicht als gut empfunden hat, sind wir genau an dem Punkt, den du einforderst : hier ist der Punkt erreicht, an dem man AN SICH SELBER arbeiten muß. Denn hier ist die Technik dann eben nicht angemessen eingesetzt. Dafür kann aber die Technik an sich sich nichts , sondern die Unfahigkeit des Reiters sie dem Pferd so zu präsentieren, daß es sie helfend nehmen kann.

Wenn ich mich entschließe, eine Technik einzusetzen- ganz gleich welche, ist DAS PFERD der Indikator, ob ICH SELBST sie schon gut genug ausführen kann, damit es daraus Nutzen zieht.
Ist das nicht der Fall , so muß ich eben an mir arbeiten. Oder aber, ich mag nicht daran arbeiten, weil ich die Mühe und Zeit nicht auf mich nehmen mag und dann bleibe ich eben in meiner mir vertrauten Technik, in der ich schon gut bin.
Der Vorteil ist, ich mache dann weniger Fehler, der Nachteil ist, ich lerne nichts Neues kennen.
Was ich wähle, ist eine freie Entscheidung des Einzelnen.
Aber dafür kann die Technik nichts !
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Beitrag von padruga »

Das ein Pferd im Maulwinkel unempfindlicher ist, als auf der Zunge, ist keine Annahme, sondern rührt daher, daß dort weit weniger Tastzellen zu finden sind. Das ist eine Tatsache.
Nene, falsch geschlussfolgert ... 1.Tatsache ist nur, dass in den Maulwinkeln WENIGER Tastzellen sind. Das heißt in der Folge, dass MEHR Einwirkung nötig ist als an Punkten wo eine hohe Tastempfindung herrscht (wie auf der Zunge, wo ein minimalstes Fingerzucken schon viel mehr Nervenzellen erregt!)
2. In den Mundwinkeln ist das Pferd nur empfindlicher was das Schmerzempfinden betrifft weil es sich dagegen nicht wehren kann, sondern nachgeben (Maul aufmachen) MUSS. Bei Einwirkung auf die Zunge kann ein Pferd viel mehr Gegenmaßnahmen ergreifen und sich dagegen schützen. Wir sprechen hier ja vom Trensengebiss, oder? (Bei einer Kandarenstange mit hoher Zungenfreiheit die voll auf den Laden liegt, ist es natürlich anders.)
Wenn dein Pferd die Einwirkung dort nicht als gut empfunden hat, sind wir genau an dem Punkt, den du einforderst : hier ist der Punkt erreicht, an dem man AN SICH SELBER arbeiten muß. Denn hier ist die Technik dann eben nicht angemessen eingesetzt. Dafür kann aber die Technik an sich sich nichts , sondern die Unfahigkeit des Reiters sie dem Pferd so zu präsentieren, daß es sie helfend nehmen kann.
Räusper... :wut: du unterstellst mir somit Unfähigkeit, weil mein Pferd eben auf der Zunge feiner reagiert als in den Mundwinkeln?? Hä?
Ach ja, du erklärst es ja hier:
Wenn ich mich entschließe, eine Technik einzusetzen- ganz gleich welche, ist DAS PFERD der Indikator, ob ICH SELBST sie schon gut genug ausführen kann, damit es daraus Nutzen zieht.
Ist das nicht der Fall , so muß ich eben an mir arbeiten. Oder aber, ich mag nicht daran arbeiten, weil ich die Mühe und Zeit nicht auf mich nehmen mag ....
Weißt du was diese Logik impliziert? Technik VOR Pferd!
Mal ein blödes Beispiel: Bin ich z.B. der Meinung, dass "in die Flanken mit den Sporen stochern" der beste Weg ist damit das Pferd rückwärts geht, und es klappt nicht, wäre das bei deiner Argumentation nur ein Zeichen dafür, dass ich das Flankenstechen halt noch nicht gut genug beherrrsche und daran noch arbeiten muss. Oder auch: Würde ich erkennen dass Flankenstechen nicht geeignet ist dafür hieße das nach deiner Argumentation dass ich halt einfach die Mühe und Zeit nicht auf mich nehmen möchte weiterhin an mir bzw. dieser Flankenstechtechnik zu arbeiten.
Wenn ich mich entschließe, eine Technik einzusetzen- ganz gleich welche, ist DAS PFERD der Indikator, ob ICH SELBST sie schon gut genug ausführen kann, damit es daraus Nutzen zieht.
Das sehe ich nicht so. Genau das ist nämlich das große Dilemma der ganzen Reitweisen, egal ob FN oder SdL oder sonst was. Wenn das Pferd nicht auf die Technik anspringt, wird nicht geschaut ob diese vielleicht völlig fehl am Platz ist bei dem Pferd, sondern der lieben Technik willen so lange an sich selbst und am Pferd gearbeitet, bis es "passend gemacht" ist. Energie-und Motivationsverschleiß pur.
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Cubano
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Beitrag von Cubano »

padruga hat geschrieben:
Wenn ich mich entschließe, eine Technik einzusetzen- ganz gleich welche, ist DAS PFERD der Indikator, ob ICH SELBST sie schon gut genug ausführen kann, damit es daraus Nutzen zieht.
Ist das nicht der Fall , so muß ich eben an mir arbeiten. Oder aber, ich mag nicht daran arbeiten, weil ich die Mühe und Zeit nicht auf mich nehmen mag ....
Oder aber es liegt schlicht und ergreifend daran, dass ich akzeptiere, dass mein Pferd mit dieser Technik nicht klarkommt und ich als Reiter mir überlegen muss, wie ich sonst erreichen kann, was ich gern möchte.
saltandpepper

Beitrag von saltandpepper »

Pardruga schreibe ich so mißverständlich, oder WILLST du mich mißverstehen ? Du hast mir jetzt im wahrsten Sinnes jedes einzelen Wort sinngemäß genau um 180 ° im Mund herumgedreht / bzw. auf dem Papier. :(
Wie war das mit dem Pinguin mit dem Schild, auf dem "dagegen" steht ? :kopfkratz:

Offenbar macht es keinen Sinn zu schreiben, wenn dann sowas dabei herauskommt. Lassen wir es also.
Macht ja nix, schönen Sonntag noch.
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