1. Einheit am Samstag:
Blinky und ich betreten die Halle und zeigen uns Marion in allen drei Grundgangarten. Marion ist gelinde gesagt entsetzt. Sie kenne Blinky mit viel mehr Ausdruck und Elan. Der Kopf sei hingestellt, der Rücken nicht da und die Hinterhand schaufele nur nach hinten raus. SO schlimm hatte ich es nach meinem eigenen Gefühl nicht erwartet. Schuld bin – natürlich – ich, weil ich mitten in der Bewegung stoppe und ihn so auf die Vorhand knalle.
Ich werde vom Pferd zitiert und in meine Einzelteile zerlegt. Führe ich eine Bewegung mit dem Becken aus, geht diese nicht durch den ganzen Körper, sondern hört am ersten Rippenbogen auf, der Kopf ist starr. Marion legt Hand an (schön, wenn der Schmerz nachlässt…) und lässt mich Übungen zur Mobilisierung ausführen.
Das Reitgefühl ist danach ein völlig anderes. Nun gilt es, Blinkys Hinterbein nach vorn zu holen und ihn im Genick offener zu bekommen. Ich soll im Leichttraben immer wieder zulegen und sobald er sich eng macht, das innere Hinterbein touchieren. Und ja nicht mit den Händen rückwärts einwirken. Blinky ist überrascht über die neue Konsequenz und mogelt sich lieber in den Galopp, der dafür schön durchgesprungen und rund ist *grins*. Dann ist die erste Einheit schon zu Ende. Und mit ihr mein Selbstwertgefühl. Der Gedanke, meine Entscheidung wieder zu reiten rückgängig zu machen, spukt in meinem Kopf und bedrückt mich.
2. Einheit am Samstag:
Ich bleibe auf dem Pferd und wir arbeiten weiter am aktiven Hinterbein in allen drei Grundgangarten. Es fühlt sich nach Reiten an. Und gut. Trotzdem bleiben die Zweifel an meinen reiterlichen Fähigkeiten.
Beim Abendessen arbeitet mein Körper auf Hochtouren. Ich kann kaum sitzen, weil die komplette Hüftmuskulatur schmerzt. Im Auto hänge ich mehr über dem Lenkrad, als ich im Sitz sitze. Für Sonntag befürchte ich einen üblen Muskelkater. Gottseidank bleibt er aus. Scheinbar ist das Schlimmste am Samstagabend überstanden.
1. Einheit am Sonntag:
Marion will piaffieren. Ich bin erstaunt. Aber froh, dass ich einfach nur still im Sattel sitzen und nichts machen muss. Sie touchiert Blinky und immer wieder sind richtig geniale Reprisen mit 3, 4 superguten Piaffetritten dabei. Meine Jubelschreie schallen durch die Hitze der Halle und es hagelt Leckerlis fürs Pony.
Dann geht’s ans Kurzkehrt im Schritt. Wir brauchen ein Weilchen, bis wir den Dreh raushaben. Der Ansatz einer Traversvolte wird sofort unterbunden. Die Vorhand soll kreuzen, die Hinterhand mittreten. Beginne ich mit einer Traversvolte, gibt’s Knoten in den Füßen. Als das auf beiden Händen gut klappt, will Marion das im Galopp sehen. Mein entgeisterter Gesichtsausdruck spricht Bände. Aber wir versuchen es. Sie würde es nicht verlangen, wenn wir es nicht könnten. Immer wieder haut mir Blinky ab, weil ich zu viel will und mit dem Becken schiebe. Marion greift zu drastischeren Mitteln und hält mich hinten am Hosenbund fest *grins* hilft mir aber dabei vom Boden aus, indem sie Blinky touchiert. Zum ersten Mal seit langem bekomme ich eine Ahnung davon, was Bergauf-Galopp wirklich bedeutet.
Witzigerweise bietet er zwischendrin ein paar absolut geniale Piafftritte an, weil so versammelt galoppieren ja viel anstrengender ist *grins* An diesem Punkt hören wir mit viel Lob fürs Pony auf.
Als ich dann die Videos sehe, bemerke ich erst, wie viel ich auf dem Pony herumwerkel. Das erinnert mich an diesen Buchtitel „Reiten ist ganz leicht…“ Es ist wirklich eine Kunst, das Richtige zum richtigen Zeitpunkt zu tun.
2. Einheit am Sonntag:
Normalerweise ist das immer unsere schlechteste Einheit, weil die Luft raus ist. Nicht so an diesem Tag. Als ich mit dem Sattel um die Ecke biege, steht Blinky hochmotiviert Gewehr bei Fuß. Wir beginnen wieder mit Piaffe. Bzw. Marion und Blinky beginnen damit

Dann geht es wieder an den versammelten Galopp. Mit Marions Anleitung komme ich zu einem bombastischen Reitgefühl. Blinky galoppiert am lockeren Zügel auf einem DinA4-Blatt, Rücken oben, Hanken gebeugt. Ich habe ihn sowas von am Sitz. Schritt-Galopp-Übergänge sind kein Thema mehr. Marion ist hochzufrieden mit uns. Genau so will sie uns sehen. Mit diesem Ausdruck und Schmelz.
Sie ermutigt mich, bestätigt mir mein Talent (ich hätte Quick Step bei ihr schon so toll geritten…) und fordert mich auf, mich wie ein mündiger, fühlender Reiter an die weitere gemeinsame Arbeit zu machen. Auch ohne sie. Ich kann es nämlich, ich muss es nur zulassen. Immerhin habe ich innerhalb von nur 2 Stunden Blinkys wirkliches Potential ans Tageslicht befördern können - und das schaffe ich laut ihr auch weiterhin alleine. Mit Freudentränen in den Augen verlassen das beste Pony der Welt und ich daraufhin die Bahn.
Das war der erste und wahrscheinlich auch der letzte Kurs, den ich selbst organsiert habe. Das Wetter war zum Baden ideal, die Halle glich eher einer Sauna. Die mentale Doppelbelastung Reiten und Organisation (und alle Teilnehmer zufriedenstellen wollen) war einfach zu viel. Trotzdem hat sich der Kurs in jeder Hinsicht gelohnt. Wir waren eine tolle Truppe, hatten viel Spaß und alles klappte, wie es sollte.
Fazit: Ein anderer Trainer als Marion kommt für mich einfach nicht in Frage. Sie arbeitet mit so viel Motivation und gleichzeitig so viel Sensibilität mit dem Reiter, fordert, aber überfordert nicht. Sie weist den Weg und erzieht – Reiter wie Pferd. Immer fair. Und ich bin sehr froh, dass ich sie gefunden habe!