Also, ich hätte jetzt ungefähr zehn Beiträge, die ich gerne zitieren würde, aber dann sitze ich wahrscheinlich ewig und schreibe. Deshalb versuche ich es allgemeiner:
Andrea, die einzige, die immer wieder von vdS als einizigem "Qualitätskriterium" schreibt, bist eigentlich du.

Allerdings wird m. M. n. umgedreht ein Schuh draus: vdS ist nicht immer automatisch richtig, aber hdS ist immer automatisch falsch!
DAS ist der wesentliche Punkt, in dem wir uns hier anscheinend nicht einig sind.
Ich versuche das mit anatomischen Argumenten zu untermauern, weil das meiner Meinung nach etwas ist, das man nicht "umdiskutieren" kann. Vorausgesetzt natürlich, ich habe eine Grundahnung von Anatomie, vor allem der funktionellen Anatomie. Und da bin ich mittlerweile nicht mehr so sicher, ob das bei jedem, der ein paar Muskeln benennen kann, wirklich gegeben ist.
Wenn CT behauptet, eine Dehnungshaltung so wie ich sie mir vorstelle, sei nicht möglich (oder sähe eben so aus wie auf dem Video), weil die Anatomie eines modernen Pferdes dies nicht anders zulasse, so ist das einfach eine Aussage. Die Begründung fehlt mir aber.
Selbstverständlich sieht die Dehnungshaltung in Bezug auf Höhe und Rundung des Halses (damit auch bzgl. der Nasenlinie) bei jedem Pferd je nach Exterieur anders aus.
Und wie ich schon betonte: DER wesentliche Punkt an der Dehnungshaltung ist die Halsdehnung, die Längung desselbigen.
Weshalb übrigens das Beispielvideo von Medusa in diesem Kontext absolut "am Thema vorbei" (sorry, nicht böse gemeint) ist, weil es ein Pferd zeigt, dass seine Oberhalslinie kaum kürzer machen könnte. Deshalb wie ich schon sagte: HAUPTPUNKT ist die Dehnung der Oberhalslinie (vlt. schreibe ich es noch mal, also wenn die Wiederholung hier schon jemanden nervt...

).
Jetzt gibt´s zwei Möglichkeiten, wenn ich den Hals gedehnt habe:
1. Das Pferd "zieht" ans Gebiss (ich mag diesen Ausdruck immer noch nicht, verwende ihn jetzt aber trotzdem, weil er allgemein gebräuchlich ist und zumindest unter uns wohl entsprechend verstanden wird). Woraus folgt, dass der Reiter dem Pferd den Rahmen auch nach vorne vorgeben kann. Genau das kann der Reiter auf dem "Englandvideo" aber nicht, weshalb ich explizit noch mal auf das SH-Video verwies, da ich, wie geschrieben, ihm diese Haltung in der Aufwärmphase in Anbetracht der Gefälligkeit der Arbeit und der Qualität des Pferdes auch gar nicht zwangsläufig "angelastet" hätte.
Jedenfalls ergibt sich die Nasenlinie, wenn das Pferd entspannt, loslässt. Selbstverständlich bei einem Pferd mit mehr Ganaschenfreiheit näher an der Senkrechten als bei einem Norweger (jetzt mal als Klischéebeispiel).
2. Möglichkeit ist nun, dass das Pferd hdS kommt. Wenn da nun ein grundsätzlich ganz guter Reiter draufsitzt, der das Pferd nicht aktiv dorthin zieht, sondern das Pferd eben von sich aus abkippt (siehe Hälse moderner Pferde), dann kann der Reiter durch entsprechend verkürztes Zügelmaß durchaus noch einen scheinbar schönen Kontakt beibehalten. Deshalb ist das aber noch keine korrekte Anlehnung, denn: Sie ist durch Rückwärtswirken des Reiters (in dem Fall nicht durch Ziehen, sondern Verkürzen der Zügel) hergestellt. Man könnte jetzt sagen, das ist ja nun kein Drama, so lange da nicht rumgezerrt wird. Stimmt so weit auch. Problematisch sind zwei Dinge: Damit das Pferd hdS kommen kann, muss es Muskeln kontrahieren, denn wie schön frei die Ganaschen auch sein mögen, sie erleichtern diese Haltung nur, bedingen sie aber nicht.
Und jetzt darf jeder mal einen Tipp abgeben (obwohl eigentlich ist es ja hinreichend bekannt

), welche Muskeln in dieser Haltung bearbeitet werden...
Dann hat man sich auch die Frage beantwortet, ob hdS eine zu akzeptierende Haltung ist oder nicht.
Die zweite Problematik ergibt sich aus der Lage der Ohrspeicheldrüse. Auch das ein Organ, das bei jedem Pferd an derselben Stelle vorhanden ist und das umso mehr komprimiert wird, je mehr das Pferd an die Senkrechte kommt. Kommt es dahinter, entspricht der vorhandene Platz nicht mehr den physiologischen Verhältnissen, was zu Gewebsirritationen führt (bis hin zu Gewebsdegeneration oder akuten Entzündungszuständen). Und letztere sind besonders fies, ich weiß nicht, wer von euch das schon mal hatte. Die Drüse ist jedenfalls von einer festen Bindegewebskapsel umgeben. Entzündet sie sich und es kommt zur Gewebsausdehnung, dann steigt der intrakapsuläre Druck, weil genau diese Kapsel nicht nachgibt und das sind höllische Schmerzen (kann man sich vlt. mit einem Schlag gegen das Schienbein vorstellen, der deshalb so schmerzhaft ist, weil sich das Periost auch praktisch nicht dehnen lässt).
So, und damit nicht wieder auf die bösen Theoretiker geschimpft wird, auch zur Praxis gerne noch etwas: Genau dieses "von alleine eng machen", macht unser Lusoyoungster auch. Es wäre für mich also sehr angenehm zu sagen: "Ja mei, der ist halt jung und so lange er sich im Rücken nicht festmacht oder nach hinten rausschaufelt, ist doch alles gut." Aber genau das ist etwas, über das ich nicht "hinwegreite"

. Ich breche jetzt auch nicht in Tränen aus, wenn er zu eng kommt, aber je nach Ursache wird da sofort dran gearbeitet, denn für mich ist eins ganz sicher: Je geringer das natürliche Potenzial, desto klarer auch die Ursache für das Ausweichen. Ein Pferd wie in dem Englandvideo kann da viel kaschieren, auch bis in hohe Ausbildungsstufen hinein. Spätestens in Lektionen wie der Piaffe wird dann aber deutlich, wo die Probleme liegen (und dann könnte man wieder ziemlich am Anfang der Ausbildung beginnen)...
Beim Iberer wirst du vermutlich schon früher Probleme bekommen, Stichwort Rahmenerweiterung in den Verstärkungen (nur als ein Beispiel), die machen dann nämlich gerne genau das, was der Friese auf dem Video macht.
Und last but not least: Ich denke @Theorie: Wenn man in einem Alter anfängt, in dem man überhaupt nicht in der Lage ist, die theoretischen Hintergründe zu verstehen, kann man sehr viel rein über das Fühlen und Abschauen bei anderen lernen.
Ab einem gewissen Alter ging es mir zumindest so, dass ich alles Mögliche gelesen habe. Irgendwann kam dann, manchmal ein paar Jahre später, das "Aha-Erlebnis" und man wusste auf einmal, wie ein Autor eine bestimmte Sache gemeint haben musste. Viele Standardwerke lese ich auch immer mal wieder ausschnittweise. Ich finde, nur wenn das parallel läuft, bringt es einem wirklich was. Nur auf schönen Worten kann man nicht reiten, aber ohne zu wissen, auf was man achten muss, fühlt man viele Sachen vlt. auch erst später als es eigentlich nötig wäre.
So, und zum Abschluss gibt´s noch einen virtuellen Pokal für alle, die bis zu Ende gelesen haben
edit: @Padruga: Dazu kann ich jetzt tatsächlich nur theoretisch etwas schreiben, da ich diese Erfahrung nicht habe, aber: Hätte man bei so einem speziellen Pferd nicht die HH entsprechend vom Boden aufbauen können, bevor man sich da drauf setzt und eine "Kontrahaltung" akzeptiert? Wäre zumindest mein Ansatz gewesen. Das Pferd am Boden so weit vorbereiten, dass es in der Lage ist, die Haltung einzunehmen und zumindest kurzzeitig zu halten, die es mich entsprchend tragen lässt.
Aber okay, du sagst, das Ausbildungsziel mit der Nase an der Senkrechten hast du so auch erreicht. Genau das war aber mein Kritikpunkt an dem Englandvideo: ER bekommt ihn da scheinbar nicht hin.