Ja, Grisu, ich denke, du übersiehst einige Dinge, bzw. siehst und beurteiltst sie mit deiner Vorstellung von Weg und Aussehen im Hintergrund.
Vielleicht versuche ich einmal zu erklären, was ich sehe, und wir sprechen darüber ?
Ich sehe ein sehr steifes Pferd mit tiefen Halsansatz, schleppender gerader HH und einem deutlichen Maulfehler. Desweiteren sehe ich einen Teenager, der sich nach Möglichkeiten bemüht.
Darübehinaus habe ich die Information :
älteres Pferd, vorher Im Schulbetrieb, mit Dreieckszügeln ausgebunden, sehr steif und in der Vorhand blockiert.
Vor meinem inneren Auge erscheint ein Pferd, das stumpf, stuckesteif mit heruntergebundenem Kopf und Sperriemen auf der Vorhand im Schulbetrieb seine Runden dreht.
Stuckesteif, so wie diese Stute es hier nach zwei Jahren Vorarbeit von einem mittelmäßigen Reiter zeigt, bedeutet für mich Ursprungssituation
warscheinlich ( warscheinlich, weil ich es nicht weiß, aber aus der Erfahrung heraus darauf tippen würde- ich habe auch einige solcher Pferde"typen" im Unterricht) :
vollständig verspannter Hals, Genick und Maul. So wie sich das Maul der Stute hier jetzt zeigt : mit Maulfehler Sperren, Zunge hochziehen und ggf. Stoßen in den Zügel, ein Pferd das - wenn nicht ausgebunden wie eine Giraffe läuft.
Natürlich geht das Pferd in diesem Zustand nicht schwungvoll über den Rücken. Wie soll das gehen ? Das Pferd in die Verfassung zu bringen, daß es über den Rücken gehen
kann / können wird, ist die Zielsetzung im Unterricht von Frau BB. ( nicht unbedingt bei jedem Ausbilder der EdL- aber bei BB weiß ich, dass es so ist

) .
Was muß dafür erreicht werden ? Das Pferd muß lernen sein Maul zu lösen. Dafür werden die Abkauübungen vom Boden gemacht, dafür die Flexionen im Sattel, dafür das Anheben des Genicks.
Das Pferd hat einen massiven Maulfehler, der mit Sicherheit nicht in den 2 Jahren, in denen die Mädels das Pferd haben entstanden ist. Wie schwer es ist, so einen Maulfehler zu korrigieren, brauche ich niemandem, der sich ansatzweise auskennt ,zu erklären .
Dadurch, daß das Maul aber nach den Prinzipien der EdL NICHT mit einem Sperriemen geschlossen wird, kann die Stute ihren Maulfehler deutlich zeigen. Man sieht ihn,
laut !
( Klar könnte man dem Pferd einen Sperriemen dranmachen, wieder Dreiecker draufschnallen und schwupp, würde das Pferd warscheinlich optisch ansprechenderer für das "deutsch-gewohnte Auge" dahergehen, aber die Probleme würden damit nicht angetastet)
Dass dieser Fehler absolut bewusst ist und daß an ihm gearbeitet wird, sieht man in der Arbeit und weiß man ( also in diesem Fall ich

) , wenn man weiß, WIE WICHTIG ein GUTER; RICHTIGER; EHRLICHER Kontakt zum Maul in der EdL ist.
Hier also mein Hintergrund, ich weiß wie wichtig der Kontakt ist, ich sehe den Übungsaufbau und weiß worauf er zielt.
Um einen sauberen Spannungsbogen einzunehmen, muß das Pferd sich im Rumpf tragen und dabei in Dehnungsbereitschaft sein.
Hierfür muß bei einem so in den Boden gerittenen Pferd - nach den Grundsätzen der EdL die Grundbalance verändert werden- das Pferd muß also den Hals anheben, damit den Rumpf über die Beine umverlagern und damit dann vorwärts gehen lernen, darüberhinaus muß das Pferd aus dieser Haltung zuverlässig in die Dehnung geschickt werden können, ohne dabei wieder vornüber zu kippen.
Das ist eine ziemlich kniffelige Angelegenheit, vor allem wenn man ein Pferd wie dieses hat, das mit langem steifen, tiefen Hals, sperrend gegen und über den Zügel möchte und sich in Badewannenhaltung mit heruntergehaltenem Kopf über Jahre zu organisieren gelernt hat.
Wir sprechen hier somit mitnichten von einem nach den Grundsätzen der EdL ausgebildeten unverdorbenem Ausbildungspferd, sondern von - entschuldige meine Wortwahl : einem versauten Schulgaul.
Möglicherweise ein "Rettungskauf" von Reitschülerleins eines liebgewonnen Schulpferdes ?! In Kombination mit Teenagern !
Die Maßnahmen, die zum Erlangen dieser Voraussetzungen für deinen sauberen Spannungsbogen erforderlich sind, sehe ich alle im Unterricht :
Es wird an Aktion- Reaktion gearbeitet, dem Tool für die Erarbeitung einer abrufbahr anweisbaren Dehnungshaltung, es wird von "Leichtigkeit im Kontakt" und über Demi-Arrêt + decente des mains gesprochen, es wird Innen und Konterstellung gewählt, es wird wiederholt auf den Maulfehler hingewiesen : "laß sie nicht schwer werden" " pass auf, daß sie leicht bleibt" .
Es wird an der Balance gearbeitet und an der Bewegulichkeit des Pferdes, aber, das ist halt auch eine ziemlich harte Nuß !
Nun kommt sicher der Einwand,: " immer werden die Pferde als "Korrekturpferde" verkauft !"
Ja, aber (

) leider stimmt das auch sehr, sehr häufig.
Ein Reiter, der seine Reitweise ändert, hat dafür in den meisten Fällen einen triftigen Grund, sehr, sehr oft, kommt er mit einem Pferd nicht mehr weiter, weiß sich keinen Rat mehr. Meist sind diese Pferde wirklich massive Korrekturpferde. Oder er ist frustriert darüber, daß in seiner "Stammreitweise- egal welche das war- der Weg zu grob, zu brutal und damit unbefriedigend für ihn war.
Die wenigsten Reiter und Kollegen , die sich mit der EdL beschäftigen, tun dies - wie ich- aus reinem Interesse an einem anderen Weg.
Möglicherweise sind deshalb auch so viele damit so radikal.
Ganz oft war dieser Schritt für Reiter und Pferde die "Rettung" , daher vertreten sie die Schule auch so vehemment.
Zu den Seitengängen.
Die Seitengänge werden in der EdL genutzt, um Gleichgewicht, Beweglichkeit und Durchlässigkeit zu verbessern- und da der Spannungsbogen in dieser Schule im Grunde keinen wirklichen Ausbildungspunkt ausmacht, bzw. ganz am Ende einer Ausbildung steht, ist die Ausführung der "Lektionen" auch von Nutzen, wenn die Pferde sie NICHT " in der deutschen klassisch-korrekten Definition" ausführen.
Auch auf deutschen Tunieren der schweren Klasse, sieht man sehr häufig fehlerhafte Ausführungen, und dies sogar, wenn das im Rahmen einer Prüfung als "Produkt von Ausbildung"
präsentiert wird.
Warum also, soll in einer Reitstunde, in der Ziel ist ein Pferd zu schulen und auszubilden, bzw. Grundlagen für eine "korrekte" Ausführung zu schaffen, ein Seitengang fehlerfrei gezeigt werden ?
In soweit, ja, auch ich sehe hier ein Pferd, daß sich suboptimal zeigt, aber ich beurteile das völlig anders als du, weil ich es tatsächlich " mit anderen Augen" , aus einem ganz anderen Blickwinkel sehe.
Was ich hingegen sehe, ist eine sinnvoll aufgebaute Reitstunde ( aus Sicht eines Légèretélers

) die genau an den Punkten ansetzt, die es zu bearbeiten gilt.
Hilft dir das weiter?
Gruß S&P
Fehler bitte wie immer großzügig überlesen !