Pladoyer für die Besinnung auf die klassischen Prinzipien

Rund um die klassische Reitkunst

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C.Dingens
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Beitrag von C.Dingens »

esge hat geschrieben: ohne die Diskussion hier hätte ich mehr verlangt und weniger gekriegt.
Das ist übrigens ein Satz den ich mir in meinem Stammbuch ganz dicke angestrichen habe.

"Weniger wollen mehr bekommen" Denn wenn ich nicht immer so stoisch will und Ziele verfolge bin ich alles in allem entspannter.
grisu
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Beitrag von grisu »

esge hat geschrieben:Das ist in der Tat ein Privileg.

Aber vielleicht sollte man das klassische Vorgehen für Pferde auch auf ihre Besitzer vielmehr anwenden: von hinten angemessen treiben aber dabei vorn Luft lassen. Vielleicht laufen auch Pferdebesitzer dann schneller in der Spur? :wink:
Das ist sicher so - nur hab ich die Nerven nicht mehr :?
Zudem habe ich nun einen freiberuflichen Job mit zwar anspruchsvollen Kunden, aber ohne weitere lebende Wesen. An die verpulvere ich jetzt meine übriggebliebene Geduld und Menschenfreundlichkeit, manchmal ist das Ergebnis am Ende sogar prima - und lass mich gut dafür bezahlen.

Und ich habe ja noch ein paar Schüler, bei denen es genau so ist, wie du es beschreibst.

Aber zu einem (für mich) grundsätzlichen Problem bei Beritt. Du kennst das vielleicht auch, dass man sich fragt: Wie sinnvoll ist das jetzt für das Pferd, was ich hier mache?

Ein Beispiel: Du bekommst ein Pferd in Beritt, das tatsächlich ein klassischer Schenkelgänger ist.
- Du arbeitest ihn, er lässt immer mehr los und gibt den Rücken her.
- Der Besitzer lässt sich nicht ganz so intensiv auf den Reitunterricht ein, wie besprochen, denn das Pferd läuft ja jetzt einigermaßen auch bei ihm.
- Das Pferd entwickelt sich weiter, beginnt zu Gang zu entwickeln.
- Der Besitzer ist begeistert und schrubbt fröhlich auf dem Tier rum.
- Weil das Pferd jetzt über den Rücken geht und sich nicht mehr so wirkungsvoll fest machen kann, wie zuvor, ist es dieser Reiterei nun hilflos ausgeliefert.

Was war nun meine Leistung für das Tier? Krass gesagt: Ich habe dem armen Kerl seinen festen Rücken weggenommen, den er hatte, um seinen Reiter im wahrsten Sinne des Wortes "ertragen" zu können.

Zugegeben ein krasses Beispiel. Aber ein Grund, warum ich mir heute sicher sein möchte, dass der Besitzer mitarbeiten wird, bevor ich beginne, ein Pferd zu reiten.
Zuletzt geändert von grisu am Fr, 31. Jan 2014 08:55, insgesamt 1-mal geändert.
saltandpepper

Beitrag von saltandpepper »

esge hat geschrieben:Das ist in der Tat ein Privileg.

Aber vielleicht sollte man das klassische Vorgehen für Pferde auch auf ihre Besitzer vielmehr anwenden: von hinten angemessen treiben aber dabei vorn Luft lassen. Vielleicht laufen auch Pferdebesitzer dann schneller in der Spur? :wink:
:lol: :lol: :lol:

Aber du hast absolut recht : Genau wie bei den Pferden ist es wichtig, für jeden Schüler, die passende Ansprache zu finden...
Das hilft auf alle Fälle.

Grisu, wenn man den Luxus genießt, sich seine Schüler aussuchen zu dürfen ( den ich GsD. inzwischen auch für mich beanspruchen kann) , sondiert man ja schon im Vorfeld- eben die von esge erwähnten 2-3 Schnupperstunden.
Ich kann esges Erfahrung mit Schüler und Großbaustellen nur bestätigen, auch meine sind engagiert, motiviert und begeisterungsfähig- und können sich auch an den kleinschrittigen Erfolgen erfreuen.
"Rückfälle" habe auch ich kaum erlebt.
Und zum Forum : ich finde ein Forum ideal, um sich selbst zu sortieren, Ideen, Überzeugungen und Erkenntnisse verständlich ( meist :wink:) , strukturiert zu formulieren - Formen für Erklärungen zu finden, und die anderer Schreiber zu lesen, schult und fördert- gerade wenn man Unterricht gibt.
Dann hat man die Chance manche "verwandte Seelen " zu finden, echten kollegialen Austausch und man fühlt sich durch die Berichte anderer nicht so als "Einzelschicksal".
Und manchmal lernt man sich sehr klar abzugrenzen und für sich klar zu bekommen, was man auf keinen Fall möchte. 8)
Foren finde ich per se klasse, auch wenn sich viele Schreibe darin tummeln, mit denen ich mich im echten Leben ganz gewiss nicht auseinandersetzen würde...
saltandpepper

Beitrag von saltandpepper »

grisu hat geschrieben:
esge hat geschrieben:Das ist in der Tat ein Privileg.

Aber vielleicht sollte man das klassische Vorgehen für Pferde auch auf ihre Besitzer vielmehr anwenden: von hinten angemessen treiben aber dabei vorn Luft lassen. Vielleicht laufen auch Pferdebesitzer dann schneller in der Spur? :wink:
Das ist sicher so - nur hab ich die Nerven nicht mehr :?
Zudem habe ich nun einen freiberuflichen Job mit zwar anspruchsvollen Kunden, aber ohne weitere lebende Wesen. An die verpulvere ich jetzt meine übriggebliebene Geduld und Menschenfreundlichkeit, manchmal ist das Ergebnis am Ende sogar prima - und lass mich gut dafür bezahlen.

Und ich habe ja noch ein paar Schüler, bei denen es genau so ist, wie du es beschreibst.

Aber zu einem (für mich) grundsätzlichen Problem bei Beritt. Du kennst das vielleicht auch, dass man sich fragt: Wie sinnvoll ist das jetzt für das Pferd, was ich hier mache?

Ein Beispiel: Du bekommst ein Pferd in Beritt, das tatsächlich ein klassischer Schenkelgänger ist.
- Du arbeitest ihn, er lässt immer mehr los und gibt den Rücken her.
- Der Besitzer lässt sich nicht ganz so intensiv auf den Reitunterricht ein, wie besprochen, denn das Pferd läuft ja jetzt einigermaßen auch bei ihm.
- Das Pferd entwickelt sich weiter, beginnt zu Gang zu entwickeln.
- Der Besitzer ist begeistert und schrubbt fröhlich auf dem Tier rum.
- Weil das Pferd jetzt über den Rücken geht und sich nicht mehr so wirkungsvoll fest machen kann, wie zuvor, ist es dieser Reiterei nun hilflos ausgeliefert.

Was war nun meine Leistung für das Tier? Krass gesagt: Ich habe dem armen Kerl seinen festen Rücken weggenommen, den er hatte, um seinen Reiter im wahrsten Sinne des Wortes "ertragen" zu können.

Zugegeben ein krasses Beispiel. Aber ein Grund, warum ich mir heute sicher sein möchte, dass der Besitzer mitarbeiten wird, bevor ich beginne, ein Pferd zu reiten.
Ja, solchen Frust hatte ich früher auch oft. Heute nehme ich Beritt nur an, wenn ich auch den / die anderen Reiter unterrichte, oder diese Unterricht von einem Kollegen haben, dessen Arbeit ich schätze und von dem ich weiß, daß er mit meinem Beritt kompartibel ist.

Bei Pferden mit schwachem Reiter, gestalte ich den Beritt auch immer so, daß das Pferd nicht "schutzlos" ist, bzw. daß ich keine Dinge "installiere", die das Pferd in Kombi mit seinem Reiter in Verzweiflung stürzen.

Die Entwicklung darf nicht völlig auseinanderlaufen.
Zuletzt geändert von saltandpepper am Fr, 31. Jan 2014 09:23, insgesamt 1-mal geändert.
grisu
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Beitrag von grisu »

saltandpepper hat geschrieben:
Ja, solchen Frust hatte ich früher auch oft. Heute nehme ich Beritt nur an, wenn ich auch den / die anderen Reiter unterrichte, oder diese Unterricht von einem Kollegen, dessen Arbeit ich schätze und weiß, daß er mit meinem Beritt kompartibel ist.

Bei Pferden mit schwachen Reiter, gestalte ich den Beritt auch immer so, daß das Pferd nicht "schutzlos" ist, bzw. daß ich keine Dinge "installiere", die das Pferd in Kombi mit seinem reiter in Verzweiflung stürzen.

Die Entwicklung darf nicht völlig auseinanderlaufen.
Puh, ich bin ja schon froh, dass ich mit diesen Bedenken nicht allein bin. Manchmal komme ich mir schon ein bisschen überempfindlich vor.
saltandpepper

Beitrag von saltandpepper »

grisu hat geschrieben:
Puh, ich bin ja schon froh, dass ich mit diesen Bedenken nicht allein bin. Manchmal komme ich mir schon ein bisschen überempfindlich vor.
:lol: nein, kein Einzelschicksal ! :lol:
AdrWgl
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Beitrag von AdrWgl »

saltandpepper hat geschrieben:[...]gestalte ich den Beritt auch immer so, daß das Pferd nicht "schutzlos" ist, bzw. daß ich keine Dinge "installiere", die das Pferd in Kombi mit seinem Reiter in Verzweiflung stürzen.[...]
Was kann ich mir darunter vorstellen? Hast du dafür ein Beispiel?
saltandpepper

Beitrag von saltandpepper »

AdrWgl hat geschrieben:
saltandpepper hat geschrieben:[...]gestalte ich den Beritt auch immer so, daß das Pferd nicht "schutzlos" ist, bzw. daß ich keine Dinge "installiere", die das Pferd in Kombi mit seinem Reiter in Verzweiflung stürzen.[...]
Was kann ich mir darunter vorstellen? Hast du dafür ein Beispiel?
z.B. werde ich mit einem Pferd, dessen Besiitzer/ Reiter indifferente Schenkeleinwirkung im Galopp hat, keine fliegenden Wechsel erarbeiten, bis der Reiter das angemessen begleiten kann.
esge
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Beitrag von esge »

C.Dingens: Ich war selbst überrascht, als dieser Satz meiner Tastatur entschlüpfte. Und fand ihn dann auch selbst so richtig gut und wahr. Genau so war es tatsächlich auf dem Halbblüter gewesen - und wird mir in nächster Zeit wohl Leitlinie für die kleine Granate und andere Pferde sein. :P
Im Grunde ja nichts weiter als "Wenig verlangen, oft wiederholen, viel loben" (Ich vergesse leider immer, von wem das ist)
Nur wenig ist manchmal noch viel weniger, als man schon für wenig hält. Und dann kriegt man plötzlich viel mehr. Erstaunlich.
Loslassen hilft
saltandpepper

Beitrag von saltandpepper »

esge hat geschrieben: Im Grunde ja nichts weiter als "Wenig verlangen, oft wiederholen, viel loben" (Ich vergesse leider immer, von wem das ist)
Nur wenig ist manchmal noch viel weniger, als man schon für wenig hält. Und dann kriegt man plötzlich viel mehr. Erstaunlich.
Ich meine von Freddy Knie sen.

Und ja, so isses. :trink1:
horsman
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Beitrag von horsman »

nee, Knie sen. nicht.
Glaube eher Faverot de Kerbrecht, aber vermutlich hat´s schon irgend ein Indianer im 11. Jahrh. schon mal vor sich hin gemurmelt, nur war grad kein Reitlehrenbuch-Verlag zur Stelle :lol:
First a relaxed mind, then a relaxed horse.
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Gawan
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Beitrag von Gawan »

Im Original « Demander souvent, se contenter de peu, récompenser beaucoup »
(etwa: oft nachfragen, sich mit wenig zufrieden geben, viel belohnen; 'demander' hat ein weites Bedeutungsfeld, das von 'um etwas bitten' über 'fragen' und 'beantragen' bis zu 'verlangen' reicht)
Wird verschiedenen Franzosen zugeschrieben, auf die Schnelle habe ich im Internet Baucher, Faverot de Kerbrecht und Etienne Beudant gefunden.
"Der Reitlehrer sei unser eigenes Pferd" SGS
(und der Schüler zeige Geduld, Demut und Hingabe)
Draussen bin ich 4:0 unterwegs, in der Halle 3:1, manchmal 1:3.
geolina
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Beitrag von geolina »

hallo,

dann einfach ein hoch auf die franzosen *ggg*.

stimmt s&p, foren erweitern den gesichtskreis und man "redet" MIT leuten, die man sonst nur von weitem belächelt hätte (sorry, aber ist ja so).

in meinem stall - so ein typischer fn stall - wäre ich nie über einige leute oder ansichten gestolpert und hätte nie was riskiert und einfach probiert. klar haben mir einige dinge erst milde lächler und dann aber auch nachahmer eingebracht. mittlerweile sind doch 4 pferde mit hufschuhen und ohne eisen zu beobachten (und gelten nicht mehr als gequälte tiere, weil man ihnen ordentlichen hufschutz vorenthält), sitzschulungen sind bekannt (wenn auch immer noch belächelt *g* und man macht sogar ab und an mit), die meisten kennen nun sogar leute wie den hinrichs oder ph.k., b.b. und finden verladetraining ne gute art, wenn anschreien alleine doch nicht hilft, alle pferde sind ganztags außen, es gibt mehr als einen kapp zum longieren ...

man kann also sagen, dass foren, auch wenn sie ab und an über das ziel hinausschießen und allgemein auch mal so zum schießen sind (vor lachen, oder weil man einige vom pferd holen will), durchaus einen guten zweck erfüllen.

alex :lol:
irgendwann wird`s schon nach reiten aussehen - irgendwann ...
maulfrei :o)

Beitrag von maulfrei :o) »

Habe endlich mal wieder etwas Zeit - und freue mich über die stellenweise sehr produktiven Diskussionen hier! :)

Toll finde ich, dass hier im Forum durchaus mehrere (mehr, als ich erwartet hätte!!) Pferdemenschen mit einem ähnlichen Blick/Gefühl/Zielsetzung bezüglich NvdS anzutreffen sind, worüber ich glücklich bin :)
:trink1:
Dass sich in diesem Forum auch UserInnen befinden, über deren "Diskussions-Unkultur" ich ziemlich erschüttert bin, trübt zwar den Lesespaß, aber zum Glück brauche ich darauf ja nicht einzugehen - und werde es auch nicht.

Ich denke, NvdS als besonders wichtiges Prinzip spiegelt auch eine bestimmte Einstellung zum Partner Pferd wieder.
Wer hdS toleriert oder bewusst einsetzt, teilt diese Einstellung schlicht nicht!

Total nervig finde ich es, wenn als Beispiele für NvdS Pferde mit hochgezogenem Kopf und weggedrücktem Rücken angeführt werden.
Darum geht es hier nicht, ebensowenig wie um extreme Rollkur...
...sondern es geht um prinzipielle Nuancen!
Es tauchte ja die Frage auf, warum etwas NvdS nicht so negativ gesehen wird wie etwas NvdS.
Das liegt einfach daran, dass NvdS dem Naturell eines Pferdes entspricht, so läuft es von Natur aus (wenn man vom Imponiergehabe einmal absieht). Wildpferde oder -um beim Reiten zu bleiben - auch Distanzpferde laufen ihre hunderte/tausende Kilometer in dieser Haltung und MÜSSEN auch so laufen, alles andere würde sie massiv verschleißen. Eine solche Haltung ist i.d.R. zwanglos, nichts wird überdehnt oder mittels Druck zu erreichen versucht... Dass Freizeitpferde, die bei losem Zügel NvdS entspannt mit "losem Rücken" im Gelände geritten werden, zwar auf der Vorhand laufen, dies aber nahezu schadlos überstehen, während die Dressurpferde viel eher an Verschleißerscheinungen leiden, ist erwiesen.

Die Dressur erhebt den Anspruch, die Bewegungen des jeweiligen Pferdes VERBESSERN zu wollen, durch die Dressur soll das Pferd sein Gewicht etwas von der Vorhand weg auf die Hinterhand verlagern und mehr Kadenz und Ausdruck erlangen - und zudem sollen Gleichgewicht und Takt verbessert werden...Im Optimalfall soll das Pferd durch die Dressur auch Selbstbewusstsein/Stolz ausstrahlen...
Aber WIE möchte man denn das Gleichgewicht verbessern, wenn man den Pferden mittels hdS-Position die Balance erschwert? NhdS bringt das Pferd mehr auf die Vorhand, damit ist auch der Takt in Gefahr...
Das macht doch keinen Sinn? :?
Und Selbstbewusstsein und Stolz ist genau das Gegenteil dessen, was das Reiten hdS bewirkt :(

Und alles NUR, damit das Pferd den Rücken aufwölbt...

...und an dieser Stelle behaupte ich mal ganz ketzerisch, dass hier nur die allerwenigsten überhaupt erkennen können, ob der Rücken eines Pferdes losgelassen ist oder ob er oben festgehalten/festgestellt/nur in Teilbereichen schwingt. Auch bei einem Pferd mit Schwung im Rücken oder leichtem Senkrücken ist es schwer, zu sehen, ob der Rücken schwingt oder nach unten gedrückt wird.
Ich schließe mich dabei mit ein und nutze daher häufig die Zeitlupen- und Stopptastenfunktion :wink: Denn tatsächlich ist die jeweilige im Trab gezeigte "Rücken-Amplitude" von Pferd zu Pferd individuell verschieden.
Bei meinem Pferd lässt sich beim Reiten übrigens ganz einfach merken, ob er den Rücken festhält: Bei festgehaltenem Rücken hebe ich regelrecht durch die ungefederten Stöße ab :wink: egal ob mit Sattel oder ohne.

Apropos Trab...

...und hier bin ich wieder bei meinem Ausgangsthread:
Auch jetzt aktuell werden wieder im "Ritte..." Thread Videos von Pferden eingestellt, die einen andressierten "Zirkustrab" zeigen.
Ein Trab, bei dem die Vorhand showy angehoben wird, der Oberam im Trab nach oben gehoben wird, zum Auffußen aber wieder zurückgeführt wird - das Pferd fußt nicht dorthin, wohin es zeigt - hat keinerlei gymnastischen Nutzen (außer den, die Schulterfreiheit zu erhöhen - wie ein Spanischer Schritt...). Die Parallelität des diagonalen Vorder- und Hinterbeines geht verloren, der Takt ist dahin...
Ich sehe Spann- bzw. Schwebetritte statt eines echten Schwunges und einen festgehaltenen Rücken. Hervorgerufen durch ein Reiten GEGEN die Hand. Hierbei ist die Kombi aus Kandare und Sporen sehr hilfreich...
Dazu passt, dass die Kandarenzügel heutzutage nicht mehr durchhängen wie früher (übrigens auch auf den alten Olympia- und sonstigen Videos zu sehen), sondern ganz viel anstehen - bzw. regelrecht Zug auf dem Zügel ist, häufig sieht man heutzutage auch Schweiß/Schaum am Hals - dort, wo die Zügel quasi in/gegen den Hals drücken.... Ein absolutes No-Go.
Bei Pferden, die so showy traben, ist davon auszugehen, dass sie hdS bzw. mit einem Reiten "gegen die Hand" ausgebildet wurden - denn beim Reiten vdS mit leichtem Kontakt besteht gar nicht die Möglichkeit, die Pferde so "zusammenzuschieben"...
Dass dann z.B. bei Auftritten oder einem öffentlichen Training auch die Zügel lockerer gehalten werden können, hat schlicht damit zu tun, dass sich die Pferde an diese Gangmechanik gewöhnt haben.

Hier sind wir bei noch 2 Aspekten, die ich gerne noch einmal genannt hätte:
1. Ein Pferd kann problemlos hdS gezwungen werden - das geht supereinfach!! :(
Aber ein "Nase vor" lässt sich nicht erzwingen, es gibt weder Hilfszügel dafür, noch kann man dies mit Druck erreichen... :wink:

2.. Das Pendeln des Schweifes, früher auch ein Indiz für ein losgelassenes Pferd, kann heutzutage bei vielen GP-Pferden nicht mehr als Indiz dafür genommen werden - denn "Dank" häufig viel zu viel ausgeübten Druckes und dem damit ausgelösten "Learned-Helplessness-Syndrom" beim Pferd lässt dieses viel Leid kommentarlos über sich ergehen - es ist schon erstaunlich, wieviel Druck im Maul und Sporenstiche vom Pferd einfach so hingenommen werden. :(

@esge: Ich finde es schön, wie du uns an deinen Gedanken teilhaben lässt! :)
@S&P: Vor zig Seiten hattest du mich übrigens richtig verstanden :) im Gegensatz zu C.Dingens...
@Rapunzel: Über diesen Videolink http://www.youtube.com/watch?v=UpHpvGnyR9o von dir war ich sehr erstaunt - ich kenne dich ja nicht und habe bestimmt tw. einen falschen Eindruck von dir :wink: Mir gefällt es sehr gut! :) Schön zwanglos, wie es sich für ein Jungpferd beim Einreiten gehört...Das Pferd probiert dabei diverse Kopf-Hals-Positionen aus, hier vermisse ich ein deutliches LOB seitens der Reiterin im richtigen Moment - das würde dem Pferd helfen, zu verstehen, was genau die Reiterin von ihm möchte...
Der zweite Link http://www.youtube.com/watch?v=ZjK8HO8n_8M gefällt mir nicht so (aber tolles Pferd!). Ständig treibende Hilfen (mit Sporen!), das Pferd wird bewusst auf die Vorhand geritten (mit zu viel Tempo gegen den Zügel) und gerät dabei natürlich auch mehrfach hdS. Nicht zwanglos - nicht schön. Hier stehen die (sportlichen) Interessen des Reiters vor denen des Pferdes.
@Phanja: Bezüglich der aktuellen "Ritte"-Thread-Diskussion unterschreibe ich komplett bei dir und auch bei Esge!! Habe leider jetzt keine Zeit mehr, dort auch etwas zu schreiben.....
@geolina: Es war kein Schock, sondern FRUST! :wink: Das ist ein Unterschied...

Und PS: Es zeigt sich auch in diesem Forum, wie unglaublich schmal der Grad zwischen 1."gelegentlich aus Versehen vorkommendem hdS", 2."toleriertem hdS", 3."absichtlich kurzfristig eingesetzten hdS" und 4."auch über längeren Zeitraum aktiv gerittenem hdS" ist....Klingt alles ähnlich, keiner hier reitet aktiv Rollkur...
...und trotzdem liegen zwischen den Aussagen meiner Meinung nach Welten.
In der Reitweise - sowie in der Einstellung zum Pferd.
Wiebs

Beitrag von Wiebs »

Maulfrei, ich finde, du hängst dich immer noch viel zu sehr daran auf, wo die Nase des Pferdes ist und lässt dabei hintenunter fallen, dass an der Nase noch ein ganzes Pferd hängt.

Jedes Pferd hat individuelle Problemzonen, die durch sein Exterieur, sein Interieur oder/und im Zusammenhang mit seiner Vorgeschichte zustandekommen, und die eben ALLE auch so individuell zu bewerten sind. Wenn ich nun eine Baustelle mehr im Fokus habe als die andere und in diesem Zuge über ein hds (durch Verkriechen bspw.) vielleicht mal hinwegsehe, um an anderer Stelle mein Ziel zu erreichen, ist das nicht pauschal als negativ zu bewerten. Wichtiger ist immer, das Pferd als GANZES im Auge zu haben und immer auch zu wissen, wo man mit dem, was man gerade tut, hin möchte.

Ein Großteil der hier Diskutierenden hat viel Erfahrung mit vielen verschiedenen Pferden gemacht - da kann man denke ich voraussetzen, dass sie es merken, ob der Rücken wirklich schwingt und der Brustkorb angehoben wird.

Danke aber für den Anstoß dieser Diskussion, denn ich habe im Laufe dieses Threads viele Denkanstöße gehabt! :)
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