Stellen und Biegen - Wortsalat?

Rund um die klassische Reitkunst

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Juniperus
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Stellen und Biegen - Wortsalat?

Beitrag von Juniperus »

Hab das hier gerade auf FB gelesen und es ist schon spät - ich kann nicht mehr gut nachdenken, aber ist es hier ähnlich wie mit dem Thema Schwung? Wird der Begriff Stellen unterschiedlich aufgefasst?
Ich finde mich inhaltlich (und offentlich ab und an auch reiterlich :-D ) beim letztere wieder und dachte auch, dass Thema Rippenbiegung wäre durch (wobei der Pferd-aktuell-Artikel schon von 2012 zu sein scheint) aber das ein oder andere ist ja doch recht konträr - oder les ich es nur falsch?





http://www.pferd-aktuell.de/3402_1

und

BIEGEN UND STELLEN
Was ist unter diesen zwei Begriffen überhaupt zu verstehen?
Bei der Ausbildung des Pferdes nach klassischen Gesichtspunkten spielen hierbei zur Gymnastizierung des Pferdes zwei Lektionen, nämlich „Stellen“ und „Biegen“ , eine große Rolle.
Dies hat seinen Grund darin, daß diese beiden zur Gewinnung der Geschmeidigmachung des Pferdekörpers und für die Durchlässigkeit der Reiterhilfen einen beträchtlichen Beitrag leisten.
Jedoch besteht heute eine große Unsicherheit darin, was bei der Ausbildung des Pferdes zuerst kommt: Das „Stellen“ oder das „Biegen“ und was unter diesen zwei Begriffen überhaupt zu verstehen ist.
Nachfolgende Abhandlung soll hierbei klärend helfen.
Beide Einwirkungen, „Biegen“ und „Stellen“ beziehen sich auf die Wirbellinie des Pferdes und verfolgen den Zweck, die schwerer beweglichen Teile, nämlich Rumpf und Genick, beweglicher zu machen und die leichter beweglichen, vor allem den Hals, so zu beherrschen, daß ein adäquates Gleichmaß in ihrer Beweglichkeit zueinander entsteht.
Der erste Grad dieser Gymnastizierung wird schlicht „Biegen“ genannt.
Hierbei wird das Pferd auf gerader Linie geringfügig so nach innen gebogen, daß das äußere Hinterbein in Richtung des äußeren Vorderbeines tritt, während das innere zwischen den beiden Vorderfüßen sichtbar wird. Dazu kommt noch eine leichte Biegung des Halses nach innen, sodaß die ganze Übung einen etwas schulterhereinartigen Charakter erhält.
Das Gewicht des Reiters ist leicht nach innen verlagert, der innere Schenkel liegt am Gurt, der äußere leicht hinter diesen. Der innere Zügel führt die Vorhand etwas nach innen und der äußere Zügel begrenzt die seitliche Biegung des Halses.
Der erhöhte Grad dieses Biegens wird „Stellung“ oder „Stellen“ genannt.
Stellen ist also eine Steigerung des Biegens und wird durch die stärkere Einwirkung der äußeren Hilfen - insbesondere durch den zurückliegenden äußeren Schenkel – bewirkt; dies hat zur Folge, daß der äußere Hinterfuß zwischen den beiden Vorderfüßen sichtbar wird, während der innere Hinterfuß in Richtung des inneren Vorderfußes tritt. Dies bedingt eine stärkere Rumpfbiegung gegenüber dem seitlich gebogenen Pferd, sodaß die ganze Übung einen etwas traversartigen Charakter aufweist, ohne daß hierbei der innere Hinterfuß nach innen vom Hufschlag abweichen darf.
Ein weiterer Unterschied zum „Biegen“ besteht darin, daß beim Biegen eine stärkere Halsbiegung als beim „Stellen“ auftritt, während diese beim“Stellen“ eingeschränkt
ist, um die hierbei erforderlich verstärkte Kopfstellung nicht zu behindern.
Zusammenfassung:
1. Das Stellen ist eine Steigerung des Biegens
2. Beim Stellen sind die schwerer beweglichen Körperteile wie Rumpf und Genick mehr beansprucht, die leichter beweglichen weniger.
3. Das Stellen erfordert eine stärkere Einwirkung der äußeren Hilfen, insbesondere des äuß.zurückliegenden Schenkels.
4. Beim Biegen tritt eine stärkere Halsbiegung ein als beim Stellen. Beim Stellen ist die Halsbiegung deshalb eingeschränkt, um die hierbei erforderliche verstärkte Kopfstellung nicht zu behindern.
5. Nur diese Lektion des Stellens, die den ganzen Körper des Pferdes umfasst, trägt rechtens den Namen „Stellen“ oder „Reiten in Stellung“. Alles andere bezieht sich auf die Kopfstellung des Pferdes, wie es bei der Vorhandwendung und beim Schenkelweichen der Fall ist.
6. Das „Stellen“ ist entscheidend wichtig und unabdingbar für das richtige Reiten von engen Wendungen, für den Galopp, für alle Seitengänge und überhaupt für die weitere Versammlung.
7. Ein Stellen des Pferdes nach links oder rechts mit dem Kopf ohne Beteiligung des ganzen Körpers ist sinnlos wie es bereits in einem hippologischen Lexikon von 1961 erwähnt wird und kommt deshalb für den gebildeten Reiter bei einem geradeausgestellten Pferd nicht infrage. Außerdem trägt diese Art des Stellen des Kopfes nach rechts und links bei etwas schnellerer Ausführung den Keim in sich der letztendlich zum verpönten Riegeln führt.
8. Bei den Lektionen „Vorhandwendung“ und „Schenkelweichen“ haben wir es mit einer reinen Kopfstellung zu tun weil hierbei eine Rumpfbiegung entfällt.

Übersicht
BIEGEN, SCHULTERVOR und nach Seunig ERSTE STELLUNG:ein und dasselbe, inneres Hinterbein zwischen den Vorderbeinen sichtbar, verstärkte seitliche Halsbiegung
ZWEITE STELLUNG, KURZ STELLEN GENANNT: Steigerung des Biegens, äußerer Hinterfuß zwischen den beiden Vorderfüßen sichtbar, verstärkte seitliche Kopfstellung nach innen, Halsbiegung eingeschränkt
Kiruna Karmina
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Beitrag von Kiruna Karmina »

Also mich verwirrt der zitierte Text erheblich.

Ich kenne STELLEN nur als ein Stellen im Genick. Beispiel: Schenkelweichen
BIEGEN hingegen als ein Biegen in der gesamten Wirbelsäule (auf gebogenen Linien wie Zirkel, Volte etc. sowie bei den "echten Seitengängen wie Travers und Renvers, die sich daher besonders gut aus gebogenen Linien heraus entwickeln lassen), wobei es dort naturgemäß biegsamere (HWS) und weniger biegsame (BWS) Abschnitte gibt.

Von Stellen als Steigerung des Biegens habe ich nie etwas gehört.
Aber vielleicht gibt es ja auch hier x Lehrmeinungen.
Ulrike
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Beitrag von Ulrike »

Guten Morgen,

Genau, ein Text, der mehr Verwirrung als Klarheit schafft.

Stellen kenne ich auch eher als eine Arbeit im Genick,

Aber, es gibt ja auch die Arbeit in der "ersten Stellung" nach Seunig.

Dort wird das obige Schultervor als Arbeit in der ersten Stellung (der Biegung) beschrieben.
Nachdem, was ich jetzt so aus meinen morgenmüden Gehirnzellen quetsche, dann gefolgt von den weiteren "Abstellungen" vom ersten Hufschlag wie z.B. Schulterherein.

Stellung und Biegung dienen der Geraderichtung des Pferdes, um ein langes gesundes Leben zu ermöglichen.


LG
Ulrike
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Cubano
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Beitrag von Cubano »

Guten Morgen,
Schenkelweichen ist hier ein gutes Beispiel, um die Verwirrung auszudrücken, die auch mich beim Lesen des Textes überkam. :P Hierbei ist das Pferd gestellt, nicht etwa gebogen (was bei vielen Kandidaten mit Gummihals übrigens die echte Herausforderung dieser Übung darstellt). Also ich halte mich da an den alten Merksatz: Es gibt Stellung ohne Biegung, aber keine Biegung ohne Stellung.
„Steinbrecht ist nur schwer für den leichten Geist." (Nuno Oliveira)
Nach der SdA unterwegs :-)
Kiruna Karmina
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Beitrag von Kiruna Karmina »

Cubano hat geschrieben:Also ich halte mich da an den alten Merksatz: Es gibt Stellung ohne Biegung, aber keine Biegung ohne Stellung.
Jou, der ist einprägsam! :)
saltandpepper

Beitrag von saltandpepper »

ich finde den Text wirr bis teilweise auch einfach falsch !
Und Cubi bringt es auf den Punkt!
gimlinchen
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Beitrag von gimlinchen »

genau. immer schade, wenm begriffe entgegen der gängigen übereinkunft verwendet werden
Ulrike
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Beitrag von Ulrike »

Na ja,


ich denke, Stellung und Stellung sind schon auch zwei Dinge, so wie ich das verstanden habe:


reiten in Stellung ist z.B. das Schultervor, da wird das Pferd auf dem ersten Hufschlag in sich gerade dennoch "gestellt", indem das innere Hinterbein der Spur des äusseren Vorderbeines folgt.

Reiten in Stellung ist aber auch bei nach innen gestellten Genick, oder auch nach aussen gestellt, je nach Lektion.


Sehe ich da was falsch?

LG Ulrike
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Tossi
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Beitrag von Tossi »

Nein, der Begriff "Stellung" ist klar definiert und bezeichnet ausschließlich die (laterale) Einstellung des Genicks des Pferdes vollkommen unabhängig von irgendeiner Lektion.

Das "Schultervor" ist lediglich eine Lektion, die mit Stellung des Genicks geritten wird.

"Reiten in Stellung" als Bezeichnung für das Schultervor ist mir nicht bekannt.
Die Schönheit der Dinge lebt in der Seele dessen, der sie betrachtet. (David Hume)
saltandpepper

Beitrag von saltandpepper »

Tossi, das ist die 1. Position : Reiten in Stellung-, Stellung und Ausrichtung des inneren Vorderfußes vor den inneren hinteren.
( 2.= Schulter vor,
3.=Schulter herein.)

Es ist ein Unterschied zwischen : " Das Pferd ist gestellt" und dem "Reiten in Stellung" was eine definierte Lektion darstellt.
So wie auch zwischen ein Pferd "dem Schenkel weichen lassen" ( als Vorgang) und dem "Schenkelweichen" als Lektion in klar definierter Ausführung.
Oder einer "traversalen Bewegung" und der "Traversale" als Lektion in definierter Ausführung:

Ich hasse es, wenn - so wie in dem Text oben- wild alles halbgar durcheinandergeworfen wird !
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Cubano
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Beitrag von Cubano »

saltandpepper hat geschrieben: Ich hasse es, wenn - so wie in dem Text oben- wild alles halbgar durcheinandergeworfen wird !
So ist es.
Ach ja: Frohe Ostern Euch allen! :wink:
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Cubano
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Beitrag von Cubano »

Guten Morgen allerseits!

Nur, weil ich es letztes Mal vergessen habe: Der verschwurbelte Text, über den wir hier diskutieren: WO ist der eigentlich her? Denn von pferd aktuell ist er nicht, auch wenn das im Posting versehentlich so aussieht. Was die schreiben, ist nämlich völlig richtig…

http://www.pferd-aktuell.de/3402_1

:P
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Juniperus
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Beitrag von Juniperus »

Beide Texte sind aus einem gemeinsamen FB-Beitrag, letzterer ohne nähere Angaben und sorgten da eben auch für Verwirrung...
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