Los ging es an diesem Abend mit einer Vorführung quer durch das Westernreiten. Geritten von einer jungen Dame, die wohl sehr erfolgreich im Westernbereich unterwegs ist und auch als Trainerin arbeitet. Sie stellte verschiedene Disziplinen des Westernreitens vor und auch die Organisationen der Westernreiter. Sie ritt während des Vortrages und ich muss sagen, dass ich schon wesentlich bessere Vorstellungen gesehen habe. Nicht nur, dass ihr der äußere Zügel immer länger wurde, so dass er fast am Boden schliff, sie zeigte unter der Ansage eines langsamen Galopps einen astreinen Tra-lopp, bei dem sie leichttrabte – sehr kurios... Im Großen und Ganzen hätte ich mir bei dem Pferdchen mehr klare Gänge gewünscht und bei der Reiterin mehr feinfühligere Hilfen und weniger Glitzer.. (Bluse – Glitzer, Sattelpad – Glitzer, Trense – Glitzer...)




Dann folgte noch eine Vorstellung der kleinen, aber feinen Lipizzanerzucht des Reiterhofs. Es wurden ein Hengst, 2 Wallache (die auch als Schulpferde bis zur schweren Klasse zur Verfügung stehen) und 2 Stuten mit Fohlen vorgestellt.




Dann kam ein Auto..


Nun kamen wir zum richtig interessanten Teil. Klaus Balkenhol begann seinen Vortrag und er wurde herzlich begrüßt, nachdem er am Vortag Geburtstag hatte und trotzdem bei uns in Leipzig vorbeischaute. Es wurde ein Film der Kavallerieschule in Hannover gezeigt und als 4 Pferde in einer Passage aus dem Wald geritten wurden, meinte Herr Balkenhol betont deutlich: „Sehen Sie sich das an – 4 losgelassene Pferde mit der Nase VOR der Senkrechten in einer ausgezeichneten Passage“. Dann wurde noch der Olympiaritt von 1992 in Barcelona von Herrn Balkenhol gezeigt. Herr Balkenhol amüsierte sich über die Beiträge des Kommentators, als dieser bei der Piaffevorstellung meinte, dass da noch mehr geht und Herr Balkenhol wohl verhaltend reiten würde – O-Ton Herr Balkenhol „Die besten Reiter sitzen immer auf der Tribüne“. Die Zuschauer lachten. Dann wandte sich Herr Balkenhol an das Publikum und begann über das Thema der Ausbildung des Pferdes zu sprechen. Die Ausbildung des Pferdes soll „ernsthaft, aber spielerisch“ sein und die systematische Gymnastizierung ist der oberste Grundsatz.
Den Pferden solle die Remontenzeit gelassen werden und sie sollen eine vielseitige Ausbildung mit vielen Geländeritten genießen und nicht zu früh spezialisiert werden. Anhand des Beispieles von Junghengsten zeigte er auf, dass das „Hengstdasein“ doch ein recht schweres Los ist, weil die jungen Burschen mit 2,5 Jahren schon hart arbeiten müssen, damit sie zur Körung daherkommen wie 6jährige. Er stellte als Gegenbeispiel das Körsystem von Dänemark und Schweden vor, wo die Hengste 3- und 4-jährig an der Hand vorgestellt werden und erst 5jährig unter dem Sattel zur abschließenden Körung kommen. Er sprach sich vehement gegen das „wilde Vorwärtsreiten“ in Jungpferdeprüfungen aus, das jetzt anhand von Aufgabenumstellungen unterbunden werden soll.

Inzwischen war eine Reiterin mit ihrer 7-jährigen Hannoveranerstute eingeritten. Sie stellte ihr Pferd auf A-Niveau vor. Bei dieser Vorstellung ging es Herrn Balkenhol vor allem um die Losgelassenheit des Pferdes, um klare schwungvolle Gänge und weiche Übergänge. Das alles erfüllte das Paar problemlos. Es war sehr nett anzuschauen. Anhand dieses Paares erklärte Balkenhol den Sinn des Lösens im Schritt und den Sinn des v/a. Er hat sich sehr für Pausen in den Arbeitseinheiten ausgesprochen und das Thema der Muskelermüdung sehr klar und ausführlich erläutert.
Während dessen stellte die Reiterin ihr Pferd in den 3 Grundgangarten vor und Herr Balkenhol gab mehr allgemeingültige Kommentare. Er korrigierte die Reiterin ab und zu in der Handhaltung, z.B. dass sie ihre Hände nicht so hoch tragen sollte.
Als es um das Thema des v/a ging, kam er auf die Schlaufzügel zu sprechen und deren Hebelwirkung und dass damit ein „Verbrechen an der Natur“ begangen wird. Dazu erzählte er ein Beispiel aus dem Alltag, wo häufig schnell gesagt wird: „Der sperrt das Maul, dann mach einen Riemen ums Maul“ oder „Der geht nicht durchs Genick, dann nimm Schlaufzügel!“ Im Laufe des Abends kam dann die Meinung, dass Schlaufzügel nur in sehr Schlaufzügel-erfahrene Hände gehören, wo ich mich nun wieder frage: WIE man Erfahrung im Handling der Schlaufzügel bekommen kann??
Herr Balkenhol kam dann auf das Thema der Ausrüstung zu sprechen und er fragte sich, warum der flaschenzug-ähnliche Verschluss an dem schwedischen Reithalfter erfunden werden musste. Er hat in Zusammenarbeit mit Frau Tellington-Jones erfahren und getestet, dass ein zu eng geschnallter Nasenriemen das gesamte Pferd verspannt. Bei diesen „Tests“ wurden die Pferde zunächst mit zu eng verschnalltem Nasenriemen und anschließend normal verschnallt geritten. Herr Balkenhol brachte dann sehr eindrucksvoll den Zusammenhang des zu eng verschnallten Nasenriemens und der daraus resultierenden Verspannung des Pferdes und den Griff des Reiters nach diversen Hilfsmitteln zum Ausdruck. Ebenso erwähnte er, dass Trensen mit „dürren Schnüren“ zwar total schick aussehen, sie aber dem Pferd Schmerzen bereiten können. Nicht umsonst wurde das Nackenstück verbreitert, damit die dünneren Halfterriemen DARÜBER verlaufen und dem Pferd nicht punktuell drücken. Schick und zweckmäßig muss Ausrüstung sein und vom Pferd gerne getragen werden, fasste er zusammen. Anlässlich dessen lobte er das Fehlen des Sperrriemens und des schön locker (O-Ton: „Pferdefreundlich“) verschnallten Nasenriemens der Reiterin.






Nach einer halben Stunde Pause mit Bratwurst und Glühwein folgte die nächste Reiterin mit einem 6-jährigen Hannoveraner auf Kandare. Dieses Pferd wird auf L/M-Niveau geritten. Sofort, als die Reiterin die Halle betrat, wurde geriegelt und das Pferd ging ausschließlich hinter der Senkrechten, teilweise mit dem Maul an der Brust. Als er sich dieser Reiterin zuwandte, meinte er, dass sie doch bitte damit aufhören soll „ihr Pferd auf den Kopf zu stellen“ – Applaus vom Publikum... Als nächstes bat Herr Balkenhol die junge Reiterin, die Kandare mehr loszulassen. Dieser Aufforderung folgte sie zögerlich und kaum.




Diesen Ansatz nutzte er gleich, um auf die „Rollkur“ zu sprechen zu kommen. Seiner Meinung nach gibt es einige Leute, die das “tiefe und runde Einstellen“ hervorragend nutzen könnten (das sehe ich kritisch), aber die Gefahr besteht, dass es viele Leute nachmachen und dass diese Art zu Reiten nicht korrekt sei. Die Nase des Pferds gehört schon aus anatomischen Gründen vor die Senkrechte. Weiterhin erzählte er begeistert von der Zusammenarbeit mit Herrn Isenbart und vom Verein Xenophon.
Wie sich herausstellte, hatte die Reiterin einige Probleme, ihr Pferd nicht hinter die Senkrechte zu reiten und auch das Pferd konnte erst mal nichts mit der Aufforderung anfangen. Herr Balkenhol arbeitete mit ihr hauptsächlich an ihrer Handeinwirkung „Loslassen, Loslassen!!“ „Reiten, reiten, reiten – weg mit der Hand!“


Allgemein fiel es der Reiterin schwer loszulassen, im Körper und vor allem im Kopf. Sie klammerte sich gern an den Zügel und „traute“ sich nicht, den Kontakt auszugeben. Das Parieren erfolgte sichtbar zu wenig aus dem Sitz heraus und mit zuviel Hand. Das versuchte Herr Balkenhold zu korrigieren und erinnerte daran, auch im Parieren ans Vorwärts zu denken. Genau wie er immer wieder vorwärts forderte.
Er ließ das Pferd im Schritt am hingegebenen Zügel reiten, was hauptsächlich der Reiterin schwer fiel, und dann daraus antraben – Pferd rollte sich sofort ein. An dieser Stelle erklärte er den Unterschied zwischen Langem und dem Hingegebenden Zügel. Die Reiterin gab dem Pferd nur einen Langen Zügel und er forderte sie auf, die Zügel hinzugeben, also den Kontakt komplett zu lösen.

Beim Galopp bemängelte er das Nicken des Pferdekopfes und die dadurch unstete Anlehnung und ließ die Reiterin Schritt-Galopp-Übergänge reiten, damit sie ihr Pferd besser vorbereitet. Dann wieder Schritt am hingegebenen Zügel – „Weg die Zügel! Noch weg-er die Zügel“ Die Reiterin hatte sichtlich Probleme damit, dem Pferd mal die Zügel lang zu lassen – Pferd fand’s klasse.


Dann ging es in die Seitengänge. Im SH wollte Herr Balkenhol mehr Längsbiegung sehen und als sie dann traversartig die lange Seite entlang ritt, meinte er: „Wenn Du schon sowas machst, dann achte bitte auf die Längsbiegung“.




Als diese Übungseinheit beendet war und das Publikum applaudierte und das Pferdchen leicht nervös loshoppelte, meinte Herr Balkenhol, dass sie solche aufregenden Momente doch nutzen sollte, um die halben Tritte zu fordern, was sie dann auch tat und Herr Balkenhol meinte, dass das Pferd doch mal eine sehr eindrucksvolle Piaffe bekäme. Lustig war, dass das Pferd das offensichtlich gern angenommen hat und es machte bei den nächsten 2 Applausrunden anstatt eines Blitzstarts Halbe Tritte.

Dann wurde ein 12jährige Wallach auf S-Niveau vorgestellt. Als die Reiterin einritt begrüßte Herr Balkenhol sie mit den Worten „Ah noch eine Anky, ähh Anke..“ Ob er damit auf die Kopfhaltung des Pferdes hinwies, oder ob’s ein passender Versprecher war – wir wissen es nicht. Auch mit dieser Reiterin arbeitete er an der Handeinwirkung. Was massiv auffiel war, dass die beiden letzten Reiterinnen ihre Pferde sehr ver/ge-halten ritten. Sobald die Pferde ein bisschen ins Vorwärts gingen, kam sofort die Hand, was von Herrn Balkenhol „abgestraft“ wurde. Die Umsetzung des „Loslassens mit der Hand“ fiel beiden Reiterinnen aber sichtlich schwer. Ich hoffe, dass sie daran mehr arbeiten.
Während die Reiterin die angeordnete Pause im Schritt machte, erzählte er eine Geschichte von einem Ausbildungsstall, in dem der Ausbilder vom einem Pferd berichtet, das sehr toll sei, sich aber immer so festhalten würde. Dieser Ausbilder bat Balkenhol, sich das mal anzusehen. Der bemerkte sofort, dass das Pferd sehr verspannt war und erzählte, dass dieser Ausbilder in seinem Stall für jedes Pferd einen Vorgurt (wir wissen nicht ob er vielleicht einen Schweifgurt meinte) benutzte und alle Pferde mit Schlaufzügel ausbildet, aber keinen normalen, sondern er hätte rollenweise die Gurtschnüre, die eigentlich für Jalousien gedacht waren, gekauft. Ein Schmunzeln aus dem Publikum. Er erklärte kurz, dass der Sattel das Pferd im hinteren Lendenbereich behindert hat und er deswegen so verspannt lief.
Mit dem 12jährigen wurde an der Versammlung im Galopp gearbeitet und an den Galopp-Schritt-Übergängen. Jedesmal, wenn die Reiterin in den Schritt durchparieren sollte, stand ihr Pferd. Herr Balkenhol bemängelte wieder die Handeinwirkung und der 4. Versuch klappte dann halbwegs.
Herr Balkenhol ermahnte noch mal, dass das Pferd Spaß an der Arbeit haben soll und man das Pferd nie bis zur Erschöpfung arbeiten soll. Pause – Entspannen und dann wieder von Neuem los.
Er erklärte, dass leise Anzeichen wie ein Ohrenanlegen, ein „sich Verhalten“ oder ein Schweifschlagen nicht heißen soll, dass man „ den Bock jetzt erst recht zu Leistung zwingt“, sondern dass es ähnlich wie bei uns Menschen im Sport ist: Der eine läuft 100 Meter, der andere 1 km, aber beide sind irgendwann erschöpft und ihre Muskeln beginnen zu schmerzen. Wenn ein einfühlsamer Reiter diesen kleinen Widerstand bemerkt, ist spätestens da der Zeitpunkt, eine Pause am hingegebenen Zügel im Schritt einzulegen, damit sich die Muskeln wieder lösen können.










Als der Reiterin dann die Blumen übergeben wurden, fand Pferd das nicht so lustig und stürmte los und rannte Herrn Balkenhol dabei fast um, was ihn zu dem Kommentar „Ich sag’s doch – Blumen gehören in die Vase“ hinreißen ließ. Damit war dieser Abend als beendet erklärt.
Die Meinungen der Zuschauer waren durchweg sehr positiv. Mir persönlich hat die Vorstellung des ersten Pferdes am besten gefallen. Die anderen beiden machten einen sehr verhaltenen Eindruck und ich habe in allen Grundgangarten das ganz normale „Arbeitstempo“ vermisst und V/A bei den beiden anderen Pferden.
Alles in allem ein sehr gelungener Abend, von dem ich viel mit nach Hause mitnehmen konnte.
Verfasser/ Fotos: Alix_ludivine und Kosmonova