Also - inzwischen löse ich vor Beginn der Arbeit mein Pferd immer am Seil oder an der Longe. Check - wie bist du drauf. Check - was sind die Schwierigkeiten heute. Check - was klemmt. Check - erste Spannung raus. Check - DARF ich überhaupt aufsteigen??
Ich löse mein Pferd so, wie er es grade BRAUCHT, und wie ich es gerade KANN und passend zu dem ZIEL, das ich mir dazu gesteckt habe. Was bedeutet, einer von uns zweien ist stets der begrenzende Faktor... und sei es die Lust oder die Situation.
Nach einer anstrengenden Einheit möchte ich z.B., dass er sich dehnt, in allererster Linie soll er sich aber geistig, emotional und körperlich entspannen. Wenn möglich natürlich so, dass es auch noch aktiv was bringt, wenn das nicht möglich ist, ist es ok wenn es aber ansonsten auch nicht schadet. Da semmelt er schon mal in Suchhund-Manier durch die Gegend.
Manchmal gibt es auch immer noch wenige Tage, an denen MUSS ich ihn tief tief tief lösen, was aber so gut wie IMMER emotionale oder geistige Gründe hat. Er ist psychisch dann so im overflow dass mehr einfach nicht geht. Wenn er sich aufregt, würde ich das im Übrigen niemals machen, weil das extrem tiefe ihn sehr, sehr stark aus dem Gleichgewicht bringt, und Aufregung + mangelndes GGW = Katastrophe.
Fakt ist, extrem tief bringt ihn aus dem GGW – das Pferd rennt eh schon UM SEIN LEBEN, (und obendrein um sein Leben gerne, es macht ihm keine Angst mit 900km/h ums 90° Eck zu rennen, ob Kopf unten oder oben, notfalls fallen wir hin, das schätzt er völlig falsch ein, so gut kenne ich ihn nun...), eine extrem gründelnde Art und Weise nimmt dieses Pferd SEHR GERNE aber SEHR ZU SEINEM NACHTEIL ein.
Wozu sollte ich ihn also bitte bis Nase in Sand (!) runterschicken? Ich bin sein Reiter und kann sehen und denken – also sehe ich, DIESEM Pferd schadet das massig. Es ist wichtig, dass ich weiss ich könnte wenn ich wollte, aber ich möchte nicht, dass er lange so rumrennt. Wir beide haben absolut keinen Mehrwert davon. Es reicht hinterm Lenkrad ja auch, dass ich WEISS dass die Bremse funktioniert. Ich MUSS nicht ständig eine Notfallbremsung nach der anderen ausprobieren um zu gucken, ob es noch geht. Ich VERTRAUE ihm da durchaus inzwischen...
Und - Selbst muskulär ist es eher negativ, mal vom Knochengerüst, insbesondere Vorderhand, ganz zu schweigen.
GANZ am Anfang seines Geritten-Werdens MUSSTE ich das Sandfressen schon fast in den Mittelpunkt stellen, weil C. ganz enorme (natürlich mehr geistige) Probleme hatte, ÜBERHAUPT auf die Idee zu kommen NACH UNTEN zu gehen. Wir waren da ganz wirklich auf dem Status: Alles was abwärts ist, ist gut und gibt viiiiel Lob.
Dieses Problem hat er heute ja nicht mehr nonstop. Über diesen Status sind wir GsD hinaus...
Dagegen rückt jetzt in den Mittelpunkt, dass er a) massig an Qualität der Gänge leidet, er b) abartig sein Gleichgewicht verliert und c) seine Muskeln nicht benutzt. Also reite ich jetzt ein ganz anderes v/a zum Lösen. Und das ist mitnichten so tief, und auch nicht mehr so offen im Genick.
Wie das ansonsten - selbst im besten Falle - endet z.B. sieht man ja auch auf dem Video:
http://youtu.be/Un-EhA-zuxM
RESPEKT für dieses Pferd, das sein GGW nicht verliert, meiner würde anfangen zu rasen und umkippen. Aber stattdessen hinkebeint (!) das Pferd irgendwann derart herum (böse Zungen sagen: schaut aus wie schlechtes Reining...) dass ich – obwohl ich kein Begucker von Beinparallelitäten odgl. bin – sogar auf einem VIDEO OHNE Einzelbildanalyse sehen kann, dass DAS ein 4-Schlag-Galopp ist – bzw. prekärerweise zu einem 4-Schlag GEMACHT wird durch die unphysiologische Haltung.
Und das hier ist noch ein gutes Beispiel, das nur einem Pferd besserer Qualität gelingt.
Ich muss aber meine Pferde auch nicht mehr extrem Stretching machen lassen, meine Pferde sind ganztags draußen oder gleich im Offenstall, geritten werden sie wenn überhaupt nur 1h am Tag, das heisst – alleine die Haltung hat den Fokus deutlich verschoben. Weder müssen meine Pferde außerhalb des Reitens ständig im Ständer rumstehen, noch müssen sie 4, 5, 6, 7h unter dem Reiter durchhalten (wortwörtlich DURCH-HALTEN). Ich bin heute – und vor allem die Pferde sind heute – in der glücklichen Lage, andere Schwerpunkte setzen zu können.
Das ist ungefähr der Unterschied zwischen „ich muss ZWINGEND jeden Tag 45km kaufen“ und „ich optimiere 4mal die Woche meine Durchschnittsgeschwindigkeit auf meiner 6km Hausrunde“.