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Verfasst: Do, 04. Nov 2010 15:12
von Medusa888
marquisa hat geschrieben:Aber.....ich durfte bereits einige Male Livevorstellungen der Spanischen Hofreitschule beiwohnen und hatte sehr oft dieses Gefühl der "laufenden Pferde" wie Cubano es beschreibt.
Auch bei wesentlich jüngeren Pferden fehlt mir der Grundschwung über den Rücken,die Elastizität,die ich bei Fuego finden kann.
esge hat geschrieben:
Der überspannte Rücken, wie man ihn heute fast zu hundert Prozent im Sport sieht, wird vielfach als "tätiger" Rücken gesehen. Fakt ist, dass ein oben festgestellter Rücken biomechanisch auch nicht korrekt ist. Macht aber diesen "tollen Schwung".
Wo liegt denn nun die Wahrheit? Ich frage einfach mal ganz blöd. Ich
will einen schwingenden Rücken. Ich habe irgendwann mal gelernt, dass die "richtige" Bewegung sich schlicht auch richtig anfühlt. Und eigentlich habe ich immer auf mein Gefühl vertraut. Jetzt schreibt Esge, toller Schwung ist falsch. Ich begreife es leider nicht.
Verfasst: Do, 04. Nov 2010 15:37
von marquisa
Dieses Gefühl ,welches man auf einem überspannten Rücken erhält,glaube ich auch zu kennen.
Es zeichnet sich durch eine erhebliche Schwingunsamplitude aus,es fühlt sich an,als würde der Schwung durch den langen Rückenmuskel erzeugt und dabei nicht durch tätige Hanken abgefedert.Das Gefühl dieses aktiven Anhebens ist sehr dynamisch,aber angespannt.
Der gesunde,schwingende Rücken jedoch ermöglicht dem langen Muskel als Bewegungsmuskel uneingeschränkte Bewegungsfreiheit;er spannt sich positiv an uns ab,der Schwung fühlt sich nicht so wuchtig an,da das Pferd aus tätiger Hanke arbeitet,wodurch die Abwärtsbewegung des Körpers sanft abgefangen wird und der Aufwärtsschwung ebenso "leise" erfolgt,eben ohne dieses "Flitzebogengefühl". Es sitzt sich wesentlich angenehmer.
Verfasst: Do, 04. Nov 2010 16:56
von Cubano
marquisa hat geschrieben:Ich muss dem Paar Krzisch/Siglavy Mantua meinen allergrößten Respekt zollen.
Aber.....ich durfte bereits einige Male Livevorstellungen der Spanischen Hofreitschule beiwohnen und hatte sehr oft dieses Gefühl der "laufenden Pferde" wie Cubano es beschreibt.
Auch bei wesentlich jüngeren Pferden fehlt mir der Grundschwung über den Rücken,die Elastizität,die ich bei Fuego finden kann.
Danke, mir geht das ebenso. Mir geht das darüber hinaus auch bei sehr vielen Videos so, die ich in Richtung Reitkunst zu sehen bekomme. Darunter auch die von Marius Schneider, die hier im Thread zu sehen sind. In meinen Augen liegt das an den Prioritäten, die innerhalb der Ausbildung gesetzt werden. Schwung im Ausbildungssinn, wie z.B. ich ihn für unabdingbar halte, spielt da einfach keine entscheidende Rolle.
@Medusa: Ein korrekt schwingender Rücken nimmt den Reiter in der Bewegung mit. Bei einem überspannten Rücken hat man das Gefühl, man sitzt auf einer straff gespannten Trommel – das ist sozusagen der Unterschied zwischen "schwoing" und "doing"

Verfasst: Do, 04. Nov 2010 16:58
von Catja&Olliver
Zwei Filmchen wo die Lipizzaner noch wirklich klassisch geritten sind. Mir gefallen sie viel besser als heute:
http://www.archivioluce.com/archivio/js ... §ion=/
http://www.archivioluce.com/archivio/js ... §ion=/
PS: die Videos sind aus den Jahren 1932 und 1935
Verfasst: Do, 04. Nov 2010 20:48
von esge
Nein, Schwung ist natürlich nicht falsch. Nur falscher Schwung. Ich will, man glaubt es kaum, auch Schwung. Aber einen Schwung, der von Schwingen kommt. Und Schwingen beinhaltet, dass der Rücken hoch UND runter geht in der Bewegung.
Aber Marquisa hat das schon schön erklärt.
Verfasst: Fr, 05. Nov 2010 12:58
von marquisa
Hm,interessant!
Das sind natürlich ungemein tolle Aufnahmen und sicherlich als Kulturgut anzusehen.
Auf mich macht das Gezeigte jedoch einen konträren Eindruck:
Zu häufig zeigen sich die Pferde für meinen Geschmack in absoluter Aufrichtung (nicht relativ),ich empfinde den Rücken teilweise als weggedrückt,die HH nicht mehr angeschlossen und unter den Schwerpunkt schwingend.
Dort vermisse ich stellenweise die für mich essentiellen Anzeichen der Losgelassenheit,auch geht in dieser Kopf-Halsposition die Stellung und Biegung in den Wendungen oftmals verloren.
Macht auf mich ein wenig den Eindruck eines historischen Showreitens,analog zum modernen Dressurzirkus,nur eben in einer anderen Ausrichtung.
Bin mal gespannt,wie die anderen dies beurteilen.

Verfasst: Fr, 05. Nov 2010 16:01
von xelape
Marquisa - die alten Aufnahmen sehe ich ähnlich..
Wirklich gefallen im Sinne von "Augenschmaus" tut mir das nicht.
Vor allem beim zweiten Video - marschieren sie am Ende "besonders schön"...
Verfasst: Fr, 05. Nov 2010 18:39
von knowi
Auch wenn's leider nur ein ganz kurzer Ausschnitt ist, für mich wirklich sehr schönes Reiten:
http://www.youtube.com/watch?v=RgU5fxcm ... re=related
Verfasst: Fr, 05. Nov 2010 18:56
von Rosana
Und was sagen die Experten: Schwingt da jetzt der Rücken oder nicht?
Verfasst: Fr, 05. Nov 2010 19:00
von Max1404
@marquisa: sehe ich genau so.
Faszinierend, die Hände in Höhe der Brustwarzen

Verfasst: Fr, 05. Nov 2010 19:05
von Max1404
@rosana: ich finde schon, dass der Rücken schwingt. Aber auch nur in geringem Maße, dies jedoch angepasst an die wenig kadenzierte und leicht laufende Bewegungsmechanik des Pferdes. Ein Warmblüter mit mehr "Gummi" würde (aufgrund der anderen Gangmechanik) viel stärker im Rücken schwingen.
Verfasst: Fr, 05. Nov 2010 19:36
von Cubano
Hmmm, Max, als leidenschaftliche Iberer-Besi muss ich Dir da mal widersprechen
Wenig kadenziert und laufend hat in meinen Augen wenig mit der natürlichen Gangmechanik der Iberer zu tun, sondern schlicht mit dem Gereit.
Vor allem übrigens, wenn der Iberer, wie hier im Video, nicht zu den ganz kurzrückigen Exemplaren seiner Rasse gehört. So mal am Rande: Es ist übrigens interessant, WIE sich mehr Durchschwung und Kadenz z.B. bei meinem Schimmelinger im Bewegunsablauf äußert – die Bewegungen gehen dann von "weit" zu "hochweit"…
Das Video finde ich recht harmonisch, aber auch hier: zu wenig geritten, zu viel laufen gelassen. Besonders deutlich wird das in meinen Augen bei der kurzen Galopp-Sequenz, in der es sehr an Durchsprung mangelt.
Verfasst: Fr, 05. Nov 2010 20:57
von esge
Einige Leute hier sollten mal ihren Blick vom Rücken wegnehmen - wo er magisch festgeklebt scheint - sondern mal mehr auf die Hanken richten. DA spielt nämlich die Musik. Der Rücken muss ein Überträger der Bewegung sein, aber er sollte nicht verantwortlich für die Bewegung sein.
Aber vermutlich fällt das unter Geschmack.
Knowi, mir gefällts. Aber das wundert hier vermutlich niemanden.

Verfasst: Fr, 05. Nov 2010 21:13
von sinsa
@rosana Wie soll der Rücken schwingen, wenn so ein Brett von Hohlkreuz jede, aber auch wirklich jede Bewegung verhindert?
Sorry, aber meine Meinung.
Verfasst: Fr, 05. Nov 2010 21:18
von Priesel
marquisa hat geschrieben:... Der gesunde,schwingende Rücken jedoch ermöglicht dem langen Muskel als Bewegungsmuskel uneingeschränkte Bewegungsfreiheit;er spannt sich positiv an uns ab,der Schwung fühlt sich nicht so wuchtig an,da das Pferd aus tätiger Hanke arbeitet,wodurch die Abwärtsbewegung des Körpers sanft abgefangen wird und der Aufwärtsschwung ebenso "leise" erfolgt,eben ohne dieses "Flitzebogengefühl". Es sitzt sich wesentlich angenehmer.
Kleines Beispiel aus meinem Augenkreis: eine Passage (erst bringt man ihn in Rage...), bei der sich der Reiter an den überdimensionalen Kieffer-Pauschen festhalten muss, um nicht die Leuchtstoffröhren in der Halle zu knacken und gleiches Pferd ein halbes Jahr später in der (gerittenen) Passage grandios zu sitzen und wunderbar anzuschauen.
Meiner saugt mich im Sattel übrigens regelrecht an, wenn er losgelassen geht, aber das ist vielleicht nur mein bescheidenes persönliches Empfinden...