Anlehnung gebisslos ?

Rund um die klassische Reitkunst

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horsman
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Beitrag von horsman »

@Max
das Missverständnis was skywalker / ich mit dem Ausdruck "klemmen" hatte ist ja bereits aufgeklärt (s.o.)
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Motte
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Beitrag von Motte »

skywalker hat geschrieben:
Ah ok, ich dachte da an mein Pferd, und der wird fest (in/an der Hand) und klemmt gleichzeitig. Da hört wirklich das vorwärts u.U. sogar ganz auf (was eine der angenehmen Eigenschaften diees Pferdes ist: Unverständnis, Unwille, genauso wie Balanceprobleme äußern sich in einer Lösungsstrategie: "Ich bleib mal stehen" - definitiv angenehmer für den Reiter als Flucht *g*), aber nicht hinter dem Zügel - und das ist gut zu lösen mit Max's "vorwärts" (wobei ich in meinem Fall in dieser Situation dann die Zügel mal wegschmeiße, um dann wieder ganz neu Anlehnung zu suchen).
Jetzt mal ne ganz konkrete Frage: Warum treibst du in dem Moment nicht mal darüber hinweg bei durchhaltender Hand?
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Rosana
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Beitrag von Rosana »

skywalker hat geschrieben:
Rosana hat geschrieben:
skywalker hat geschrieben:@ Rosana: Dein Beispiel macht mir Mut, es jetzt einmal eine Zeitlang mit dem Glücksrad zu versuchen, Anlehnung zu erarbeiten. Du reitest so bei Dr. Ritter? Respekt, was sagt er denn dazu?
Freut mich, dass ich ermutige! :D

Ich bin bisher nur einmal bei Herrn Ritter geritten, da hat er gesagt, dass er das Glücksrad nicht toll findet, ...
Hat er das irgendwie begründet?
Ja, er fand die Zäumung vor allem zu unpräzise. Er meinte, möglicherweise könne ich damit das meiste auch erreichen, aber ich würde es mir unnötig schwer machen. Genaues Reiten braucht genaue Hilfen. Und er vermutete, ich würde damit mehr Kraft/Druck aufwenden müssen - letzteres kann ich bisher allerdings nicht bestätigen.
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Rosana
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Beitrag von Rosana »

Zum Thema "klemmen" (oder neuen Thread dazu aufmachen?): Rosana neigt(e) auch zum klemmen, bis meine RL mir den tatsächlichen Grund deutlich machte: ICH klemme. Wenn ich im Sitz fest werde, mit den Oberschenkeln klemme oder mit den Waden anfange zu quetschen, reagiert sie mit klemmen. Das heißt für mich jetzt: Wenn sie klemmt, bei mir alles auf locker und gehen LASSEN...
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padruga
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Beitrag von padruga »

Und er vermutete, ich würde damit mehr Kraft/Druck aufwenden müssen - letzteres kann ich bisher allerdings nicht bestätigen.
Doch, mit Trense ist eine weitaus feinere Einwirkung möglich. Allein schon deshalb, weil auf der Zunge x Millionen mal mehr Nervenzellen sitzen. Und die zusätzlich noch hochsensibel auf haptische Reize reagieren. Die hast du niemals in dieser Form auf der Nase. Probiers aus: Lege die Spitze deines kleinen Fingers in den Mund auf die komplett entspannte Zunge. Ein leichtes Zucken von der Stärke eines halben Fliegenbeins ist bestens zu spüren, auf der Nase musst du dafür mindestens die 10-20 fache Stärke dazu verwenden.
Als zweiter Punkt kommt die bessere Kommunikationsmöglichkeit mit Hilfe eines Gebisses dazu: Und die kann wirklich im 10g-Bereich liegen, wenn ich leise und sachte anfragen kann im Maul: "Na, alles o.k. bei dir?" und Pferd antwortet mit feinstem, nicht sichtbarem, aber in den Fingern spürbarem Murmeln. Ein minimales, von außen nicht zu sehendes leichtes Bewegen der Zunge, so als erinnere es sich an ein Bonbon, das da ja noch auf der Zunge liegt. Das liegt noch weit unterhalb der Stärke von "Bonbon lutschen" aber geht qualitativ in die Richtung. Diese Feinheit schätze ich sehr, weil man damit wesentlich reichhaltigere Informationen austauschen kann. Telefonkabel. Auch wenn sich die Stimmung beim Pferd verändert, merkt man dies zu allererst über die Bewegungen im Maul. Man merkt es an der Art der Bewegungen/Reaktionen der Zunge, ob es beispielsweise anfängt sich etwas unwohl zu fühlen und kann dann rechtzeitig reagieren noch bevor es anfängt sich auch äußerlich zu verspannen.
horsman
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Beitrag von horsman »

Rosana hat geschrieben:Zum Thema "klemmen" (oder neuen Thread dazu aufmachen?): Rosana neigt(e) auch zum klemmen, bis meine RL mir den tatsächlichen Grund deutlich machte: ICH klemme. Wenn ich im Sitz fest werde, mit den Oberschenkeln klemme oder mit den Waden anfange zu quetschen, reagiert sie mit klemmen. Das heißt für mich jetzt: Wenn sie klemmt, bei mir alles auf locker und gehen LASSEN...
Ja, auch ein wichtiger Hinweis, finde ich. Kann ich aus eigener Erfahrung auch bestätigen. Ich für meinen Teil muss dazu sagen, dass mich die ständiger Aufforderung meiner Reitlehrer doch mehr zu treiben, mehr mit dem Bein dran zu bleiben usw., zu diesem Fehlverhalten verleitet hatte.
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skywalker

Beitrag von skywalker »

Motte hat geschrieben:
skywalker hat geschrieben:
Ah ok, ich dachte da an mein Pferd, und der wird fest (in/an der Hand) und klemmt gleichzeitig. Da hört wirklich das vorwärts u.U. sogar ganz auf (was eine der angenehmen Eigenschaften diees Pferdes ist: Unverständnis, Unwille, genauso wie Balanceprobleme äußern sich in einer Lösungsstrategie: "Ich bleib mal stehen" - definitiv angenehmer für den Reiter als Flucht *g*), aber nicht hinter dem Zügel - und das ist gut zu lösen mit Max's "vorwärts" (wobei ich in meinem Fall in dieser Situation dann die Zügel mal wegschmeiße, um dann wieder ganz neu Anlehnung zu suchen).
Jetzt mal ne ganz konkrete Frage: Warum treibst du in dem Moment nicht mal darüber hinweg bei durchhaltender Hand?
Tue ich, bzw. versuche ich, aber in solchen Momenten klemmts echt so sehr (sicher, weil ichs nicht rechtzeitig bemerke um es in den Anfängen abzufangen), da sind Maul und Schenkelgegend gleichermaßen "tot". Ein bisschen wie ein Computerabsturz ;-) . Da hilft dann nur noch Strg+Alt+Entf (d.h.: Übung abbrechen, Kontakt wegschmeißen, Schenkel neu installieren [= Vorwärts], und dann Neustart).

@ Rosana: DAS ist ein guter Hinweis und trifft sicher bei mir zu. V.a. ist es ein Teufelskreis: Bemerke ich dass er zu klemmen beginnt, klemme ich, er noch mehr, ich noch mehr. Und wahrscheinlich hilft das oben beschriebene Notstopp + Neutstart-Programm mir genauso wie ihm, um wieder locker zu werden und dann neu zu beginnen (oder auch die Übung ganz oder für diesen Tag besser sein zu lassen)
horsman
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Beitrag von horsman »

jo, skywalker

dauernd gegen eine "bremsende" Hand anzutreiben ohne das zu bekommen was man will (nämlich ein Vorwärts), macht die Schenkelhilfe mittelfristig "tot". Deshalb muss man sich immer die Frage stellen: was hindert mein Pferd daran im Vorwärts zu sein. Nur/wenn man sich sicher ist, dass es nicht die Hand ist, sollte man den Schenkel gebrauchen. Und zwar nur leicht und recht kurz (0,5-2 sek.) . Kommt darauf keine prompte Reaktion auf die vortreibende Schenkelhilfe, erneut leichten Schenkeldruck und binnen sehr kurzer Zeit (max. 1 sek.) mit Gerte kombinieren. Man muss auf eine Aktion immer eine Reaktionen einfordern, sonst macht man sich zum blossen Mitfahrer.

Wenn man das Gefühl hat, dass es doch die Hand ist, die das Pferd "bremst", egal wie locker oder fest man die Zügelspannung grad empfindet, dann immer das Zügelmass etwas länger lassen (erst mal nur durch öffnen der unteren 3 Finger), damit nicht zuviel Unruhe in das System Hand/Maul) kommt und dann erst die treibende Vorwärtsreaktion einfordern, bzw. ev. bewirkt schon das leichte Nachlassen der Hand ein mehr an vorwärts.

(Nur für die, die es interessiert: dies steckt mE hinter der "Formel": Hand ohne Bein, Beine ohne Hand)
Zuletzt geändert von horsman am Fr, 12. Aug 2011 14:27, insgesamt 8-mal geändert.
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Gawan
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Beitrag von Gawan »

Kleine Ergänzung zur Frage nach den x Gramm bei der Zügelführung. Hier
http://www.hsh-fritz-stahlecker.de/file ... Zuegel.pdf
gibt es eine Berechnung dazu, danach landen bei einem mit 4 cm durchhängenden Trensenzügel auf der Pferdezunge 200 g, bei einem "geraden" Zügel (Durchhang 0.5 cm) 2 kg.

Soviel zur Zügelführung mit 10 g ...
"Der Reitlehrer sei unser eigenes Pferd" SGS
(und der Schüler zeige Geduld, Demut und Hingabe)
Draussen bin ich 4:0 unterwegs, in der Halle 3:1, manchmal 1:3.
skywalker

Beitrag von skywalker »

Danke Gawan! Genau so einen Test hätte ich gehofft zu finden, und eigentlich gibt er genau das wieder, was ich vermutet hätte. Allein die Zügel ohne Durchhang anstehen zu lassen, braucht in meinem Empfinden sehr sehr viel Kraft.

ich wollte (und will!) padruga nicht anzweifeln, dass sie wirklcih so fein ist mit ihrer Hand, um 10g Zügeldruck einzusetzen (damit erwarte ich auch nicht, dass der Gesamtdruck 10g beträgt, sondern dass er sich nur um 10g verändert, z.B. *hausnummer* 100g, bei Einwirkung dann 110g.

Wenn ich mir jetzt so eien Digitalwaage vorstelle und dass ich mit dem Finger da drauf drücke, bis sie genau 10 g anzeigt und das dann länger aushalte - für mich unvorstellbar, dass es gleichmäßig 10g bleiben. So ruhig kann man die Finger kaum halten ... und wenn ich mir jetzt noch vorstelle, dass das ganze system in bewegung kommt! (also als Versuch: nun die Waage bewegen und versuchen mit dem Finger mit exakt 10g dranzubleiben).

Also für mich ist das unvorstellbar, ganz ehrlich. Will aber niemandem absprechen, dass er es doch kann.

Und dieser Test wäre für mich auch ein Beweis, dass an einer 8m langen Longe schon überhaupt keine Anlehnung möglich ist - ich meine, in dem Fall kommt ja dann sogar schon der Wind etc. ins Spiel ...
Rapunzel
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Beitrag von Rapunzel »

Na ja, aber zwischen "Druck" und "Schmerz" besteht ja ein gewaltiger Unterschied. Ich meine, wenn ich mir mit meinem Finger oder einem Löffelstiel oder Ähnlichem auf die Zunge drücke, kann ich da schon deutlich mehr als nur Grammzahlen an Druck draufbringen, ohne dass das wehtut. Nur wenn ich die Zunge gegen die Zähne drücke, wird´s unangenehm. Und starker Druck veranlasst einen unwillkürlich, Gegendruck aufzubauen. Und ganz eindeutig ist ein stetiger Druck wesentlich angenehmer als "Gefuckel", sprich, das, was ein springender Zügel kommuniziert.
Motte
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Beitrag von Motte »

skywalker hat geschrieben:Danke Gawan! Genau so einen Test hätte ich gehofft zu finden, und eigentlich gibt er genau das wieder, was ich vermutet hätte. Allein die Zügel ohne Durchhang anstehen zu lassen, braucht in meinem Empfinden sehr sehr viel Kraft.

ich wollte (und will!) padruga nicht anzweifeln, dass sie wirklcih so fein ist mit ihrer Hand, um 10g Zügeldruck einzusetzen (damit erwarte ich auch nicht, dass der Gesamtdruck 10g beträgt, sondern dass er sich nur um 10g verändert, z.B. *hausnummer* 100g, bei Einwirkung dann 110g.

Wenn ich mir jetzt so eien Digitalwaage vorstelle und dass ich mit dem Finger da drauf drücke, bis sie genau 10 g anzeigt und das dann länger aushalte - für mich unvorstellbar, dass es gleichmäßig 10g bleiben. So ruhig kann man die Finger kaum halten ... und wenn ich mir jetzt noch vorstelle, dass das ganze system in bewegung kommt! (also als Versuch: nun die Waage bewegen und versuchen mit dem Finger mit exakt 10g dranzubleiben).

Also für mich ist das unvorstellbar, ganz ehrlich. Will aber niemandem absprechen, dass er es doch kann.
Und was schliesst du jetzt daraus?
skywalker hat geschrieben: Und dieser Test wäre für mich auch ein Beweis, dass an einer 8m langen Longe schon überhaupt keine Anlehnung möglich ist - ich meine, in dem Fall kommt ja dann sogar schon der Wind etc. ins Spiel ...
???
Die Longe dient ja auch nicht der Anlehnung!
horsman
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Beitrag von horsman »

@skywalker

Die Stahleckerzahlen sind aufschlussreichen, weil sie zeigen, dass auch der sehr leicht anstehende Zügel (ich nenn das mal Halbspannung) schon genügen kann um ein Pferd "am Zügel" zu habe. Und nein, der Zügel soll nicht "springen", er soll aber auch nicht dauernd einen in der Hand unangenemen Zug ausüben, der einem als Reiter Kraft abverlangt. Für kurze Momente des Durchhaltens (im Bereich um 1 sek.) ja - kein Problem. Reagiert das Pferd auf dieses "mahnende" Durchhalten nicht mit Nachgeben (was man ja fühlt) war das Durchhalten nicht angebracht und verkehrt sich zum ziehen. Dieses "Durchhalten" fühlt man übrigens im Gesäss zurück, sofern die Schultern über die Arme (Ellenbogen am Körper) die Hände korrekt fixieren und die Arme kein nicht dem Reiterrücken gekoppeltes Eigenleben entwickeln.

Diese Messungen sollten einen aber jetzt nicht dazu verleiten ,vor lauter Angst nie mehr als jemals 10 gramm (oder so) auf die Zügel zu bekommen, die Zügel nicht zu benutzen. Dann müßte man das reiten mit Zügeln in der Hand wohl aufgeben. Verlass Dich doch ein bißchen auf den Gefühl in deiner Hand und deinem im Arm: ist es angenehm weich und leicht ist es korrekt, ist es unangenehm hart oder fest und stramm ist es schlecht. Wo der Kopf des Pferdes ist, ist dafür zunächst mal völlig nebensächlich. Dabei die Hände nicht verkrampfen, weil Du ja sonst deine eigene Verkrampfung schon schnell unangenehm fühlst.
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padruga
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Beitrag von padruga »

Skywalker, ja natürlich, du hast mich richtig verstanden, es ist nicht der Gesamtdruck von 10 Gramm gemeint, sondern nur dass Veränderungen um 10 Gramm reichen um im Maul etwas bewirken zu können (darum mag ich diese ganzen "Maulbearbeitungstechniken" auch überhaupt nicht).
Ich bin außerdem auch deiner Meinung, dass Dauerverbindung von stets exakt gleichbleibender Stärke eine Illusion ist.
Und auch mal Horsmän Recht gebend:
...dass auch der sehr leicht anstehende Zügel (ich nenn das mal Halbspannung) schon genügen kann um ein Pferd "am Zügel" zu habe
Seh ich auch so
Und in diesen Fällen kann es durch o.g. Schwankungen auch dazu kommen, dass der Zügel leicht durchhängt, obwohl die Verbindung immer noch gegeben und weich ist und das Pferd auch die Tendenz beibehält, sich an den Zügel zu dehnen.
Dieser dann nicht durchgängig straff erscheinende Zügel wird dann gern als schlackernder Zügel kritisiert, ist aber nicht immer nur negativ zu sehen. Kontrolle bietet der Blick auf Gang, Rücken, Oberlinie und erhaltener Dehnungsbereitschaft.
Zuletzt geändert von padruga am Fr, 12. Aug 2011 18:31, insgesamt 1-mal geändert.
gimlinchen
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Beitrag von gimlinchen »

danke schön an ALLE, diese diskussion ist für mich toll zu lesen.
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