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Verfasst: Fr, 03. Jun 2011 09:47
von LordFado
Jen hat geschrieben:Vielleicht haben sie es nicht gesehen, sondern gehört? Ich wundere mich manches Mal, was die alten Meister so alles gewusst haben, was man vielleicht durch die Wissenschaft erst heute z.T. beweisen kann. Natürlich manches auch widerlegen, was man gemeint hat zu wissen.
Ich denke, ein grosser Unterschied von damals zu heute war, dass wir heute mehrheitlich Freizeitreiter sind und unsere Ausbildungsmöglichkeiten dadurch schon mal begrenzt sind. Wo gibt es gute Lehrpferde, wo gibt es gute Reitschulen, wo gibt es gute Ausbilder? Kaum jemand von uns hat die Möglichkeit sich auf verschiedenen top-ausgebildeten Pferden intensivst ausbilden zu lassen. Da ist doch das mögliche erreichbare Niveau schon per se begrenzt!
Ich für mich, möchte deshalb einen guten 3-takt Galopp erreichen. Was mir und meinem Pferd auch schon schwerfällt, da er von Natur aus zum schlechten 4-takt neigt. Galopp ist seine schwächste Gangart. Trotzdem erkenne ich an, dass es für einen hervorragenden Reiter mit einem starken, guten Pferd durchaus im Bereich des Möglichen liegt, auch einen guten 4-takt zu reiten, der energisch durchgesprungen ist, aber so stark in den Hanken gesetzt und die Vorhand so erhoben, dass das Hinterbein schlicht früher aufsetzt, weil die Strecke zum Boden kleiner ist und das Pferd das Hinterbein in unnatürlicher Weise hochziehen müsste, um absolut haargenau gleich aufzufussen. Meine Vorstellungskraft ist so gross, dass ich mir das vorstellen kann. Beweisen kann ich es nicht. Es sind einfach schlüssige theoretische Überlegungen. Und seien wir ehrlich, viele Erklärungen in der Reiterei bauen wir auf schlüssigen, logischen Überlegungen auf und können es noch nicht wirklich mit absolut harten Fakten beweisen.
Stimme vollkommen mit Dir überein! Das mit dem hören hab ich weiter vorn ja auch schonmal vermutet - allerdings kann man nur in Kombination mit dem Auge erkennen, ob es dann "guter" oder "schlechter" 4-Takt ist.
Theoretisch klingt mir das auch alles vorstellbar und logisch - nur Theorien kann man eben viele bauen - umsetzbar und anwendbar muss es sein, dazu fehlt mir eben der "Beweis".
Mein Pferd hat übrigens einen guten Galopp, "fühlen" kann ich die Verlagerung Richtung 4-Takt bei starker Versammlung auch, ob ich es auch sehen und hören kann, muss ich mal testen - vermute leider nein. Ob das nun "guter" 4-Takt ist, glaube ich nicht - das ist eher ein rausmogeln des Pferdes und kann durch "erinnern" ans mehr HH-Aktivität wieder "abgeschaltet" werden.
Verfasst: Fr, 03. Jun 2011 09:48
von horsman
dann sind wir jetzt insofern d´accord, dass wir nun wissen, das es zwei Arten von 4-taktigem Galopp gibt, nämlich den auf der Vohand (VF fusst vor dem HF auf) und den auf der Hinterhand (HF fusst vor dem VF auf). Nichts anderes war Eingangs dieser Box mein Anliegen.

Verfasst: Fr, 03. Jun 2011 09:51
von LordFado
ob es den "guten" auch außerhalb der Pirouette gibt, da bin ich mir nicht so sicher! Bei der Pirouette gibts ihn nur aufgrund des nicht vorhandenen "vorwärts" - ob es im "Vorwärts" immer noch funktioniert - das wäre jetzt zu beweisen!
Verfasst: Fr, 03. Jun 2011 09:51
von Jen
LordFado hat geschrieben:
Stimme vollkommen mit Dir überein! Das mit dem hören hab ich weiter vorn ja auch schonmal vermutet - allerdings kann man nur in Kombination mit dem Auge erkennen, ob es dann "guter" oder "schlechter" 4-Takt ist.
natürlich! Die Haltung und die Bewegungsrichtung ist ja ganz anders. Beim Schlechten wird das Pferd vorne eher schwer und geht abwärts in den Boden runter, beim Guten wird das Pferd sich in den Hanken beugen und eine gute, getragene Aufrichtung haben. Das sieht schon sehr anders aus, egal ob das jetzt 3-Takt oder 4-Takt ist.
Verfasst: Fr, 03. Jun 2011 09:55
von Phanja
LordFado hat geschrieben:ob es den "guten" auch außerhalb der Pirouette gibt, da bin ich mir nicht so sicher! Bei der Pirouette gibts ihn nur aufgrund des nicht vorhandenen "vorwärts" - ob es im "Vorwärts" immer noch funktioniert - das wäre jetzt zu beweisen!
Was spricht denn gegen maximale Versammlung im Galopp ohne eine Traverswendung (=Pirouette)?

Verfasst: Fr, 03. Jun 2011 10:00
von LordFado
nix spricht dagegen (in Theorie), nur gesehen hat es offenbar noch keiner (und dafür muss es ja Gründe geben - a) nicht machbar, b) nicht sinnvoll, c) nicht erstrebenswert. d)... ?).
Verfasst: Fr, 03. Jun 2011 10:03
von Phanja
Na ja - ich stell mir einfach die Frage, warum eine Sache (nämlich maximale Versammlung) im Trab offenbar anders gewertet wird, als im Galopp. Die Piaffe ist ja an sich nichts anderes als extrem versammelter Trab. Und da geht meistens auch die Schwebephase verloren. Deshalb wundere ich mich, warum das ganze im Galopp soviel kritischer gesehen wird.
Verfasst: Fr, 03. Jun 2011 10:05
von LordFado
Vorsicht, du wirfst da zwei Sachen durcheinander!
Die Schwebephase im Galopp liegt ja nun bekanntlich nicht zwischen dem Auffußen des diagonalen Beinpaars -und um DAS gehts aber beim 4-Takt-Galopp!
Aber interessanter Ansatzpunkt - denn deiner Theorie nach müsste es ja bei maximaler Versammlung auch im Trab zu Taktänderungen kommen (ist ja schließlich auch ein diagonales Beinpaar) - das ist interessant!
Verfasst: Fr, 03. Jun 2011 10:05
von horsman
LordFado hat geschrieben:nix spricht dagegen (in Theorie), nur gesehen hat es offenbar noch keiner (und dafür muss es ja Gründe geben - a) nicht machbar, b) nicht sinnvoll, c) nicht erstrebenswert. d)... ?).
da trau ich mal durchaus den Berichten von Steinbrecht und auch Oliveira. Ein bißchen was vom Reiten haben die schon verstanden und gesehen.
Verfasst: Fr, 03. Jun 2011 10:07
von LordFado
horsmän hat geschrieben:da trau ich mal durchaus den Berichten von Steinbrecht und auch Oliveira. Ein bißchen was vom Reiten haben die schon verstanden.
und seither keiner mehr? komisch, findest Du nicht?
Verfasst: Fr, 03. Jun 2011 10:09
von Jen
LordFado hat geschrieben:horsmän hat geschrieben:da trau ich mal durchaus den Berichten von Steinbrecht und auch Oliveira. Ein bißchen was vom Reiten haben die schon verstanden.
und seither keiner mehr? komisch, findest Du nicht?
Das würde ich so nicht sagen, aber ich würde sagen, dass die Zielsetzungen sich im Laufe der Zeit geändert haben. Und das beeinflusst natürlich auch das, was ausgebildet werden will.
Verfasst: Fr, 03. Jun 2011 10:11
von esge
Fliehendes Pferd hat geschrieben:@Esge: immerhin haben die Einer eine deutliche Schwebephase

Höhö, z.T. vor allem der Hinterhand...
Jen, genau das ist meiner Meinung nach die ganze Essenz dieser Diskussion hier: Das, was man für besonders erstrebenswert hält, ist heute anders als vor 100 oder 300 Jahren, und vielleicht auch anders als in einem land, wo man auf dem Teller wendbare Stierkampfpferde als Non plus Ultra ansieht.
Soviel zu deiner Frage, Lord Fado, wozu man diesen hochversammelten Galopp den brauchen sollte. Abgesehen vom Stierkampf können sich übrigens auch in modernen überfüllten Reitbahnen mit Teilnehmern ohne Kenntnisse der Vorfahrtsregeln durchaus Momente ergeben, wo man den Galopp seines Pferdes kurzfristig mal auf die stelle bringen können möchte...
Das heutige Erscheinungsbild eines Spitzendressurpferdes - das die Marschrichtung für alle anderen festlegt - unterliegt genauso einer Mode wie die (über)versammelten Pferde eines Pluvinel oder Gueriniere.
Wohin man mehr tendiert, bleibt letztlich Geschmackssache. Mir gefallen die gewaltigen Gänger der Moderne z.T. nicht sonderlich. ich kann das korrekt finden, ich kann die Leistung anerkennen - aber es berührt nicht mein Herz.
Anderen fehlt bei den Ritten , die mich zum Schmelzen bringen, genau dieses gewaltige Gehen und sie halten den Vortrag dann gleich für schwunglos. Was nach heutigen Maßstäben der schlimmste Fehler überhaupt ist. mangelnder Schwung wird oft als schlimmer angesehen als mangelnde Losgelassenheit. Nun ja - DAS halte ich dann nicht mehr für Geschmackssache. Aber vermutlich ist das schon wieder ein neuer Thread... (Nein, nein, macht keinen auf!)
Verfasst: Fr, 03. Jun 2011 10:13
von LordFado
Jen hat geschrieben:LordFado hat geschrieben:horsmän hat geschrieben:da trau ich mal durchaus den Berichten von Steinbrecht und auch Oliveira. Ein bißchen was vom Reiten haben die schon verstanden.
und seither keiner mehr? komisch, findest Du nicht?
Das würde ich so nicht sagen, aber ich würde sagen, dass die Zielsetzungen sich im Laufe der Zeit geändert haben. Und das beeinflusst natürlich auch das, was ausgebildet werden will.
Ja aber genau darum gehts doch hier! Was war denn das Ziel des "guten" 4-Takt-Galopps? Maximale Versammlung, nehme ich an. Und warum sollte das heute weniger erstrebenswert sein als damals und warum im Galopp weniger als im Trab? Irgendwas stimmt doch da nicht.
Verfasst: Fr, 03. Jun 2011 10:14
von Cubano
Jen hat geschrieben:LordFado hat geschrieben:horsmän hat geschrieben:da trau ich mal durchaus den Berichten von Steinbrecht und auch Oliveira. Ein bißchen was vom Reiten haben die schon verstanden.
und seither keiner mehr? komisch, findest Du nicht?
Das würde ich so nicht sagen, aber ich würde sagen, dass die Zielsetzungen sich im Laufe der Zeit geändert haben. Und das beeinflusst natürlich auch das, was ausgebildet werden will.
Yep, das sehe ich auch so. Vor allem, was die Forderung nach dem Erhalt der reinen Gänge angeht…
Verfasst: Fr, 03. Jun 2011 10:18
von LordFado
Cubano hat geschrieben:Jen hat geschrieben:LordFado hat geschrieben:
und seither keiner mehr? komisch, findest Du nicht?
Das würde ich so nicht sagen, aber ich würde sagen, dass die Zielsetzungen sich im Laufe der Zeit geändert haben. Und das beeinflusst natürlich auch das, was ausgebildet werden will.
Yep, das sehe ich auch so. Vor allem, was die Forderung nach dem Erhalt der reinen Gänge angeht…
Das würde ja bedeuten, dass das "alte" Ziel kein gutes war - sonst hätte mans nicht geändert, richtig?
Im Umkehrschluss: "guten" 4-Takt-Galopp gibt es nicht, sonst hätte man ihn als "Ziel" beibehalten.