Finchen, das Thema Balance vor Bewegung versuche ich mal zu erklären, und zwar "ganz deutsch":
Stell Dir vor, Du hältst mit Deinem Pferd, es steht unbeweglich am Zügel, und Du möchtest gleich im Schritt wieder anreiten. Dein Pferd "lümmelt" also nicht, sondern ist auch im Halten "aktiv" (es wartet auf Deine Hilfen zum Anreiten, auf die es promt reagieren wird). Möglicherweise verteilt sich im Halten jedoch das Gewicht eher auf der Vorhand. Wenn Du jetzt anreitest, wird das Anreiten ebenfalls tendenziell eher auf der Vorhand erfolgen.
Und jetzt kommt das, was der Baucherist unter "Balance vor Bewegung" versteht: Du bringst das Pferd im Halten auf die Hinterhand (siehe Video vom Baucher-Projekt, oder auch bei den Videos von PK, da sind diese Gewichtsverschiebungen im Halten nach hinten oder auch zur Seite sehr schön zu sehen). Erst dann, wenn das Pferd im Halten die HH stärker belastet, reitest Du an, und diese Gewichtsverteilung wird (zumindest in den ersten Schritten) so bleiben. Das Pferd wird diese Gewichtsverteilung möglicherweise nicht lange halten können. Dies korrigiert der Baucherist wieder durch erneutes Anhalten, Gleichgewicht herstellen, wieder anreiten. Richtig ausgeführt, sollte das Pferd immer mehr Tritte im richtigen Gleichgewicht ausführen können.
Und im übertragenen Sinn funktioniert das auch im Gang (und ist nicht typisch Baucher, eher typisch gutes Reiten): bevor Du eine Lektion beginnst oder einen Übergang reitest, bringst Du das Pferd in die richtige "Position"/"Balance" (oder wie auch immer Du das nennen willst): Wenn Du z. B. aus dem Trab angaloppierst, wird die Qualität der ersten Galoppsprünge von der Qualität des Trabs unmittelbar vor dem Angaloppieren abhängen.
Ich finde nichts Verkehrtes bei dem Prinzip "Balance vor Bewegung" - wenn man es nicht zu wortgetreu ausführt, sondern im etwas übertragenen Sinn sieht. Zu viel Arbeiten im Schritt und Halten ist brandgefährlich! Und bevor mich jetzt jemand möglicherweise falsch einstuft: ich bin rein reiterlich "urdeutsch" und altmodisch, für mich ist noch immer Dr. Klimke das Maß aller Dinge. Trotzdem habe ich mich mit Baucher beschäftigt, und es hat meinen Horizont erweitert, auch wenn ich für mich das ausschließliche Arbeiten nach dieser Lehre völlig ausschließe, weil mir die Gefahren zu groß sind.
Zum Video bei Anchy: ich meine aus meinen theoretischen Baucher-Studien folgendes erkannt zu haben: Baucher versucht, die HH durch Animieren zum seitlichen Übertreten dazu zu bewegen, mehr Last aufzunehmen. Irgenwie scheint es mir so, als habe JCR dieses versucht, indem er eine Art VH-Wendung im Gang angelegt hat (auch wenn es nur sehr schwer, wenn überhaupt, zu erkennen ist).
Eigentlich auch nicht wirklich was Neues, denn das Arbeiten mit im Gang schwenkenden VH- und HH-Wendungen aktiviert tatsächlich die HH - wenn man nach dieser Arbeit daraus antrabt, wird der Trab tatsächlich kadenzierter (wenn man es richtig gemacht hat). Dr. Ritter hat in dem Kurs, bei dem ich Zuschauer war, bei einigen Reitern damit gearbeitet.
So, nun schlagt mich!
