Manfred hat geschrieben:
Nun darauf zu hoffen, dass er sich dennoch dort anlehnen wird, erscheint mir genauso fragwürdig, als darauf zu warten, bis er seinen Kopf von alleine runter nimmt.
Da bleibt doch nur das stimmliche Lob z. B. in Verbindung mit dem Komando "Kopf tief", um ihm zu sagen, dass es genau das ist, was er tun sollte.
Nein, Manfred, eben nicht! Wenn du deinem Pferd die korrekten Hilfen beibringen würdest, sich korrekt zu biegen und ihm mit eben diesen Hilfen hilfst ins Gleichgewicht zu kommen, dann wird der Hals von alleine fallen und das v/a mit aktiver Hinterhand und Spannungsbogen ist KEIN Zufallsprodukt mehr. Das heisst, du änderst aktiv etwas an der Situation und du kannst aktiv das v/a herbeiführen, indem du das Pferd dazu ausbildest und gymnastizierst. ABER das bedingt eben die richtige
Hilfengebung!
Manfred hat geschrieben:Wie gesagt, Einsatz von HZ nur dann, wenn andere Hilfen vom Pferd nicht angenommen werden, der Körper und der Geist jedoch OK sind.
Diese Hilfen müssen dem Pferd ja auch erst beigebracht werden. Genauso wenig, wie wir erwarten können, dass das Pferd einfach so irgendwann mal freiwillig piaffiert, wird es einfach so freiwillig eine korrekte Basis-Haltung einnehmen, weil dies "Arbeit" bedeutet.
Im alten Forum habe ich mal einen Beitrag geschrieben, wie ich das Longieren aufbaue. Ich werde es jetzt hierhin kopieren, damit du dich nicht durch den ganzen thread kämpfen musst. Vielleicht verstehst du dann besser, was ich meine.
Es braucht eine seriöse Vorbereitung, die dem Pferd die Hilfengebung klar macht: Was bedeutet es, wenn es zb. eine Parade am Kappzaum bekommt, was bedeutet eine Gertenhilfe auf Schenkellage, was bedeutet sie auf Schulterhöhe etc. Dazu gibt es zb. vorübungen:
Bevor das rohe Pferd anlongiert wird, ist das erste, was es lernt, ein Nachgeben auf den Kappzaum. Das heisst: ich zupfe leicht, es senkt den Kopf, Lob.
Weiter geht die Übung so, dass ich nicht einfach mit Kopf senken zufrieden bin, sondern ein bisschen Stellung verlange und über die STellung eine Biegung herstelle, die durch den ganzen Körper gehen soll. Das geht nur, wenn das Pferd willig, ohne Muskelverspannungen meinem leichten Zupfen folgt. Wichtig: ich halte das Pferd NIE in einer Position fest, sondern das Pferd lernt die Position selber zu halten. Das braucht natürlich Kondition, v.a. dann wenn es in Bewegung geschehen soll. Wenn das Pferd ganz durchlässig ist, dann kann ich die Position seines Kopfes und das Ausmass der Biegung jederzeit auf den Millimeter genau bestimmen.

Jetzt hat das Pferd gelernt, wie seine Antwort auf das Zupfen aussehen soll. Jetzt kommt das Antreten. Dabei wird zuerst wieder Stellung/Biegung verlangt und ein Antreten verlangt. Solange die Stellung/Biegung korrekt ist, wird das Pferd auch nicht über die Schulter fallen, ansonsten ist die Biegung nicht korrekt und das Pferd löst sich entweder mit dem Kopf nach aussen und fällt über die innere Schulter herein oder Hals abknicken und fällt über die äussere Schulter aus. Das heisst: Was hier passiert ist ein Symptom und keine Ursache. Also Ursache beheben: erneut korrekte Stellung/Biegung fordern. Im ersten Fall ist es einfacher, da man mit der Gertenhilfe die innere Schulter anheben kann, was hilft das Pferd wieder geradezurichten.
Im zweiten Fall ist es diffiziler. Entweder man fängt wieder von vorne an oder bremst es in eine niedrigere Gangart runter oder man macht spezielle Übungen zur Schulterkontrolle, wie zb. Schlangenlinie (Führperson läuft rückwärts, Pferd folgt, Führperson hebt jeweilige Schulter auf Gertenzeig an, Pferd nimmt immer neue Biegung ein) oder Volte verkleinern/vergrössern, wo das Pferd lernt immer die Distanz zur Führperson einzunehmen, wie die Longe vorgibt. Hat er das gelernt, wird er auch nicht einfach so ziehen.
Am Anfang arbeitet man nahe am Pferd:

Mit der Zeit geht man immer weiter weg:
bis man in "normaler" Longierposition sich mitbewegt (extra ein Bild von hinten: Pferd ist perfekt spurtreu, kein Ausfallen über die Schulter oder der Hinterhand)
Man kann das Pferd in einer Arbeitshaltung arbeiten lassen
oder es sofort dehnen lassen.
oder Spielereien einbauen, wie ein span. Trab


Wichtig ist ein ruhiger Takt, damit das Pferd sein Gleichgewicht finden kann. Hat es in dem ruhigen Takt seinen korrekten Bewegungsablauf gefunden, darf man auch etwas mehr Schwung verlangen. Verlangt man zu früh zu viel Schwung, treibt man das Pferd auf die Vorhand oder über die schulter weg, weil das pferd nicht in Balance ist. Jedes Pferd hat sein individueller Takt/Tempo/Schwung, wo es sein Gleichgewicht am besten findet. Dies sollte dann mit fortschreitender Ausbildung immer stärker beeinflussbar werden. Das Problem ist meiner Meinung nach, dass oft zu früh da beeinflusst wird und das Pferd sein Gleichgewicht nicht finden kann und deshalb diese Symptome wie Kopf hoch oder über Schulter ausfallen zeigt. Da helfen aber auch HZ nicht, sie vertuschen nur die symptome, arbeiten aber nicht an der Ursache.
Dass dies auch wirklich funktioniert und sogar bei exterieurmässigen Schwierigkeiten, wie ein angeborener Unterhals zeigte Niran eindrücklich. Hier Fotos von ihm als Fohlen:


mit 2.5jährig: zwar schöne Gänge, aber den Kopf immer zuoberst. Ein Verhalten, das sich im Alltag sehr oft zeigte, auch zb. beim Spazierengehen. Er lief ständig rum, wie eine Giraffe, sein Unterhals ist ziemlich gut trainiert.
und mit 3.5jährig, in seiner 4. Ausbildungswoche (nur an der Longe mit Kappzaum gearbeitet): immer noch deutlich das Missverhältnis zu sehen:
und hier in der 7. Ausbildungswoche (Longieren am Kappzaum): schon deutliche Fortschritte in der Stabilisierung der v/a-Haltung, langsame Veränderung der Muskulatur, was jedoch immer noch einiges an Arbeit bedeutet!
Es ist also durchaus möglich sogar ein Unterhals-Pferd OHNE Hilfszügel korrekt zu arbeiten!
