Hallöchen!
bin wieder zurück und wünsche erstmal allen - wenn auch verspätet, nicht weniger herzlich - ein gutes Neues Jahr
also, hier hat sich ja doch schon einiges interessantes ergeben. Ich versuche also mal etwas gezielter zusammenzufassen, was bisher beschrieben wurde, sowie mein Verständnis, wie ich Trag- und Schubkraft zu verstehen versuche.
Ich glaube, bei einer
Fortbewegung ist Trag- und Schubkraft
immer zusammen vorhanden. Solange das Pferd nur still an Ort ist (zb. im Stand oder in der Levade) ist nur die Tragkraft vorhanden, der Körper des Pferdes wird gestützt.
X = Tragkraft, Y = Schubkraft
x + y = 100%
Im Stand: y
= 0 -> x = 100%
Sobald ich eine Vorwärtsbewegung habe, habe ich auch einen Anteil an Schubkraft 
y > 0 Um das Verhältnis von Trag- und Schubkraft zu bestimmen, muss ich zuerst mal die Stützphase anschauen. also der Punkt, wo das Hinterbein auf den Boden aufkommt (auffusst) bis es wieder vom Boden weggeht (abfusst). Ich sehe also den Anteil der Stützphase, wo das Hinterbein unter dem Körper ist als Tragkraft (Pferd wird gestützt). Sobald das Hinterbein aber nicht mehr unter dem Körper ist, sondern den Körper nach vorne schiebt, handelt es sich um die Schubkraft. Wenn ich also jetzt den Beginn einer Vorwärtsbewegung (Schritt, ohne Schwebephase) anschaue, dann wird das Gewicht auf das eine Hinterbein (zb. das linke) verlagert und das andere Hinterbein (das rechte) wird nach vorne geschwungen und fusst auf. Das rechte Hinterbein trägt jetzt als erstes während das linke Bein den Körper nach vorne über das rechte Hinterbein schiebt. Sobald der Körper über die „Nullposition“ (Stand) geschoben wird, fängt das rechte Hinterbein an den Körper vorwärts zu schieben, während das linke Hinterbein abfusst und nach vorne schwingt.
Ich finde es sehr hilfreich, das an sich selber zu spüren, indem man im Zeitlupentempo vom Stand (beide Beine nebeneinander) die Vorwärtsbewegung anfängt und analysiert. Erst wenn das eine Bein vorne ist, fängt das andere an zu schieben. Die Bewegung fängt also nicht mit dem Schieben, sondern mit dem Vorwärtsschwingen des Hinterbeins an!
Deshalb ist für mich dieser Vorwärtsschwung des Beines sehr zentral in der Ausbildung des Pferdes, wichtiger, als das Schieben. Denn das Schieben bestimmt in erster Linie das Tempo des Pferdes. Der Vorwärtsschwung bestimmt aber im Endeffekt, zweierlei: nämlich, wie lange die Tragephase des Pferdes ist (also wie lange das Bein unter dem Körper bleibt und wie gut die Kraft für den Schub umgesetzt wird. Die Tragephase bereitet den Schub vor, denn sie steht bei der Vorwärtsbewegung an erster Stelle! Nicht umgekehrt!
Stelle ich bei der Ausbildung den SCHUB (Y) an erster Stelle (wie an den meisten Orten gelehrt wird) so lege ich Wert darauf, dass der Körper stark vorwärts geschoben wird. Dies wiederum schiebt den Körper nicht nur über die Hinterhand, sondern auch über die Vorhand, kippt das Pferd nach vorne und es rennt dem Schwerpunkt hinterher -> Tempo wird stetig (leicht) erhöht. Meistens wird dabei vom Pferd durch das nach vorne kippen die Anlehnung erhöht (das Pferd „zieht“ in die Hand hinein). Dabei wird das Vorschwingen der Hinterhand und damit das vermehrte Tragen jedoch erschwert, weil das Pferd wie im Schubkarrenprinzip nach vorne unten gekippt wird. Es gilt also:
Y > X, wenn x + y = 100%
Für mich ist dieses Verhältnis unerwünscht.
Bilde ich jedoch das Pferd von Anfang an, darauf aus, dass es das Hinterbein möglichst weit nach vorne schwingt und ich den Zeitpunkt das ABFUSSENS (also das allererste Element des VORSCHWINGENS) beeinflussen kann, dann kann ich sowohl das Verhältnis des Tragens, wie des Schiebens beeinflussen.
Möchte ich nämlich das Pferd nicht nur in Vorwärtsbewegung, sondern auch in Versammlung haben, dann muss ich das Verhältnis so beeinflussen, dass Tragkraft x möglichst gross im Verhältnis zu Schubkraft y ist.
X > Y, wenn x + y = 100%
Also muss ich Schubkraft y verkleinern. Wie mache ich das nun? Da kommt das Timing der Schenkelhilfen ins Spiel: Will ich die Schubkraft vergrössern, dann muss ich in dem Moment treiben, wo das Bein am Boden ist, damit das Bein länger am Boden bleibt und stark hinten hinausschiebt. Will ich aber die Schubkraft verkürzen, muss ich idealerweise in dem Moment, wo das Bein abfussen soll den Impuls setzen. Will ich also das Pferd mehr in Versammlung bringen, muss ich den Zeitpunkt des Impulses einen Tic früher setzen, als das Pferd eigentlich abfussen möchte, um es zum schnelleren abfussen zu bringen. Damit das Pferd nun aber nicht ins trippeln kommt, muss ich VORHER dafür gesorgt haben, dass das Bein weit nach vorne schwingt (deshalb Vorschung an erster Stelle in der Ausbildung)! X soll also von den 100% einen möglichst grossen Anteil haben. Ohne das Erhalten des Vorschwingens, komme ich nur zu kurzen schnellen Tritten, aber nicht zu erhabenen, versammelten Tritten.
Bis jetzt habe ich nur in relativen Massen x und y angeschaut. Schaue ich in absoluten Zahlen (was ich natürlich nicht effektiv kann, nur hypothetisch) x und y an, so ist beim starken Trab x und y maximal, wobei x ≈ y (idealerweise). Beim versammelten Trab bleibt x ≈ y aber das absolute Mass von beiden ist natürlich viel kleiner, weil wir weniger Vorwärtsbewegung haben (weniger Schub nach hinten) sondern, wenn die Schubkraft statt nach hinten nach oben geht, eigentlich würde ich dies am liebsten nicht mehr Schubkraft nennen, sondern als neue Variable z einführen. Diese Variable z soll den Vektor der Kraft beschreiben, die den Körper nicht nur vorwärts, sondern nach oben transportiert. Ich glaube, sie ist sowohl Teil von Trag- wie auch Schubkraft. Also eigentlich wäre die Formel korrekterweise:
X + Y + Z = 100%
Ich glaube nämlich, dass die Kraft nach oben nicht einfach „nur“ Schubkraft ist, denn ob ich in die Luft springe, oder vorwärts springe ist ja ein Unterschied. Dieses Z ist schlussendlich für „Ausdruck“ und „Erhabenheit“ der Bewegung verantwortlich, also einerseits für die Schwebephase als auch andererseits für die „Energie“ in der Piaffe (welche ja keine Schwebephase hat und das Bein auch mehr nach oben statt nach vorne geschwungen wird).
Ich glaube auch, dass dieses Z der am schwierigsten zu beeinflussbarste Teil ist, denn er ist am stärksten von Kraft und Balance abhängig. Während das Vorschwingen v.a. von der Geschmeidigkeit und Balance abhängig ist. Deshalb steht bei mir auch die Geschmeidigkeit und Balance prioritär vor der Kraft in der Ausbildung, wobei natürlich mit zunehmender Geschmeidigkeit und Balance ja auch die Kraft trainiert wird. Aber spezielles „Krafttraining“ kann ich mit dem Pferd erst machen, wenn ich x und y gezielt(er) beeinflussen kann und das Pferd sowohl die Hilfen versteht, als auch den Bewegungsablauf dementsprechend steuern kann (Schubkraft vergrössern und verkürzen bei BEIBEHALTUNG des prozentualen Anteils von der Tragkraft).
Kann man diesem Roman einigermassen folgen…???