Überstreichen und Zügel-aus-der-Hand-kauen

Rund um die klassische Reitkunst

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Sheitana
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Beitrag von Sheitana »

Jetzt muss ich mich mal gerade einklinken. Mir ist Überstreichen völlig unbekannt, habe noch nie wirklich gehört was das ist ,noch es an einem Beispiel gesehen. Vielleicht habe ich es aber schon mal im Unterricht gemacht, bin mir aber nicht sicher. Also erstmal: Was ist überstreichen?

Mal meine Ideen, was ich denke was es ist. Bitte um Korrektur, wenn ich es falsch verstanden habe.

Also ZadHkl kenne ich nur aus der Reitschule. Ende von der Stunde, Zügel langsam länger werden lassen, dass die Pferde sich strecken können.
Ist Überstreichen dann, dass man - wenn das Pferd in Arbeitshaltung oder Aufrichtung ist - mit der Hand nach vorne geht? Oder geht das nur in Aufrichtung?
Bei dem Pferd eines Bekannten habe ich es so gemacht, dass wenn ich gemerkt habe, dass er locker und nachgiebig wird ein ganz klein wenig mit der Hand vorgegangen bin. Er ist dann mit der Nase der Hand ein Stück gefolgt und ist in der Haltung locker "verharrt"? Hmm, jetzt wo ich das so schreibe glaube ich Überstreichen meint etwas anderes.
Habe es wie gesagt noch nie gehört. Welchen Sinn hat es?

Klärt mich wer auf??? :?
LG
Sheitana
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amara
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Beitrag von amara »

Big Mama: das wäre mir aber neu.... Die FN fordert beide Lektionen, überstreichen UND Dehnungshaltung.

Beim Überstreichen stösst sich das Pferd am Sitz ab. Man hat ja so noch ein paar mehr Hilfen außer den Zügeln. Normalerweise sollte ein Pferd, das soweit ist dass man das Überstreichen abfragt, so am Sitz sein dass es daran erkennt, ob es in Selbsthaltung weitergeht oder ob es sich runterdehnt in die V/A Dehnung. In reality wird es sowieso so sein, dass man beim v/a Dehnen ja langsam den Kopf mit nach unten begleitet gegebenenfalls sogar die Zügel leicht aus den fingern ziehen lässt (v.a. bei Pferden, die damit Schwierigkeiten haben), während man beim Überstreichen schnell nachgibt, so dass der Kontakt sehr schnell ganz aufgelöst ist. Beim Überstreichen behalte ich meine eigene Haltung bei (hoffentlich), während ich beim Einleiten der Dehnungshaltung entlastend(er) sitze. Und so doof sind die 4beiner ja nun dann auch nicht, dass sie das nicht merken, dass es da nen unterschied gibt.
Ach so, damit man beim Überstreichen nicht nach vorne kippen muss/sich nach vorne lehnen muss, gibt man nach indem man die Hände nach vorn oben nimmt - nämlich "dem Mähnenkamm entlang".

Ich kenne das Überstreichen beidhändig und nur innen. Nur innen eher auf dem Zirkel und eher um zu überprüfen, ob das Pferd auch am äußeren Zügel steht. Das beidhändige Überstreichen eher auf der Geraden und eher bei älteren Pferden, die schon sicherer sind.
Julia
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Beitrag von Julia »

Also ich kenne es so, dass beim Überstreichen eine minimale Rahmenerweiterung zugelassen wird es aber schon in erster Linie darum geht zu prüfen ob das Pferd sich trägt, ergo nicht auf der Hand liegt. Es dient einzig dem Reiter um seine Arbeit zu prüfen.Das Überstreichen wird auch nur für wenige Tritte gefordert.Es wird durch nichts eingeleitet sondern die Hand wird einfach nach vorne geführt.Auch der Sitz bleibt unverändert da es tatsächlich nur der kurzen Überprüfung dient. Während ZadHkl ja dem Pferd die Möglichkeit bieten soll sich zu dehnen und es erwünscht ist das es der Hand folgt und den Rahmen erweitert !
Liebe Grüße, Julia
Sheitana
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Beitrag von Sheitana »

cosimolly hat geschrieben:Also ich kenne es so, dass beim Überstreichen eine minimale Rahmenerweiterung zugelassen wird es aber schon in erster Linie darum geht zu prüfen ob das Pferd sich trägt, ergo nicht auf der Hand liegt. Es dient einzig dem Reiter um seine Arbeit zu prüfen.Das Überstreichen wird auch nur für wenige Tritte gefordert.Es wird durch nichts eingeleitet sondern die Hand wird einfach nach vorne geführt.Auch der Sitz bleibt unverändert da es tatsächlich nur der kurzen Überprüfung dient. Während ZadHkl ja dem Pferd die Möglichkeit bieten soll sich zu dehnen und es erwünscht ist das es der Hand folgt und den Rahmen erweitert !
Das habe ich verstanden... :D
LG
Sheitana
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Jen
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Beitrag von Jen »

amara hat geschrieben: Ach so, damit man beim Überstreichen nicht nach vorne kippen muss/sich nach vorne lehnen muss, gibt man nach indem man die Hände nach vorn oben nimmt - nämlich "dem Mähnenkamm entlang".
ja, sowieso dem Mähnenkamm entlang, sorry, dachte das wäre selbstverständlich. hm. mag ja sein, dass ich sehr kurze Arme hab ;) aber wenn ich gerade sitzen bleibe und überstreichen möchte, komme ich gerade mal so ca. eine handbreit nach vorne, nicht mehr, wenn ich die Arme durchstrecke... beim überstreichen ist doch deutlich mehr gefordert, oder nicht?

das beidseitige überstreichen habe ich - wenn ich mich nicht irre - glaube ich das erste mal bei dem klassisch-contra classique video gesehen, bei der Hess-Reiterin mit dem GP-Pferd. Ich war etwas irritiert und fand das da...hm...irgendwie ungelenk. Muss das glaube ich mal nochmals anschauen...
Liebe Grüesslis, Jen
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Julia
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Beitrag von Julia »

Jen hat geschrieben:[
hm. mag ja sein, dass ich sehr kurze Arme hab ;) aber wenn ich gerade sitzen bleibe und überstreichen möchte, komme ich gerade mal so ca. eine handbreit nach vorne, nicht mehr, wenn ich die Arme durchstrecke... beim überstreichen ist doch deutlich mehr gefordert, oder nicht?
hmmmm, das klingt nach sehr,sehr kurzen Armen oder nach einer grundsätzlich falschen Armhaltung. Also wenn ich überstreiche und dazu meine Arme nach vorne schiebe komme ich auf gute 3-4 Handbreit.
Aber ich denke das genaue Maß ist irrelevant da es ja darum geht die Verbindung auf zu geben um zu prüfen ob das Pferd sich trägt.Wenn das bei Dir nach einer Handbreit so ist,Prima, ansonsten :kopfkratz:
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amara
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Beitrag von amara »

Hm, mir gehts da wie cosimolly - wenn ich die Hand nur wenig nach hoch-vorne nehme hängt doch der Zügel sofort richtig durch - 3-4 Handbreit wie geschrieben komme ich da schon nach vorne. Ich habe mir aber diese ätzende Reiterei mit fast durchgestreckten Armen auch ausgetrieben - besser gesagt austreiben lassen... *lalala*
Und selbst wenn man sehr kurze Arme hat - es geht ja nur um das Aufgeben der Zügelverbindung, die ist mit 1-2 Handbreit schon ausreichend weg - wenn das Pferd dann halt nicht plöps sofort zusammenfällt.

Was stimmt ist dass es ein wenig davon abhängt wie sehr dein Pferd schon aufgerichtet ist. Bei praktisch unaufgerichtetem Pferd ist es ja schon nicht wirklich möglich, dem Mähnenkamm nach aufwärts-vorne zu folgen - aber zu dem Ausbildungsstand fragt man im Normalfall ja auch kein Überstreichen wie hier beschrieben ab.

Das beidseitige Überstreichen war schon immer so in der LPO drinnen, soweit ich mich erinnere. Ist wirklcih nichts neues.
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Jen
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Beitrag von Jen »

Wie gesagt, ich kenne mich mit dem prüfungsmässigen überstreichen nicht aus, ab welchem Ausbildungsstand wird es abgefragt? A? Dann hat das Pferd ja noch keine Aufrichtung/Versammlung.

hm, hast du cosimolly od Amara, ein Bild von dir auf dem Pferd, das nimmt mich jetzt wunder, so zum Vergleich betr. Armhaltung/-länge :)

Ganz ehrlich: ich denke nämlich nicht, dass ich soooooo kurze Arme hab und auch nicht, dass ich eine derart verquere Armhaltung habe. der oberarm sollte nämlich locker aus der Schulter runterhängen und am Oberkörper liegen, der Ellenbogen angewinkelt werden und die Hände frei getragen.

hier ein paar Bilder von mir, nicht optimal, aber um einen Eindruck der Armlänge zu kriegen, reicht es ;)

Bild
Bild
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Big Mama
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Beitrag von Big Mama »

Tja, was die FN fordert, und was geritten wird, sind eben zwei Paar Stiefel :P Überstreichen habe ich schon mal auf dem Tunierplatz gesehen, sonst noch nicht. VA habe ich noch auf keinem Tunierplatz gesehen( ich red nicht von Zügel wegschmeißen). Ab welchem Niveau( Klasse) wird das den verlangt? Zugegebener Maßen habe ich mich noch nicht mit der LPO beschäftigt.
Grüßle Big Mama
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Alix_ludivine
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Beitrag von Alix_ludivine »

Ich glaube in der A-Prüfung wird Überstreichen im Galopp auf dem Zirkel gefordert für 3 (?) Sprünge.. Bin mir nicht sicher...

LG Alix
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lalala

Beitrag von lalala »

Beide Lektionen (überstreichen und zadHkl) werden ab Kl. A (beginnende Versammlung) gefordert. Bei den meisten Reitern wird man kein vorgeben der Hände sehen (Angst :roll: ), andere reissen die Hände so merkwürdig hoch, dass immer noch jede Menge Kontakt besteht.

Eigentlich sollte es für die Reiter schon möglich sein, sein Pferd für 2-3 Galoppsprünge am Sitz zu halten.
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amara
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Beitrag von amara »

@Jen: hab hier keine Bilder da, aber ich krame mal (wobei ich bei meinem noch nicht überstreiche, da zu jung). Aber hast du das Klimke-Buch zu Hause?? Auf Seite 109 ist ein Bild vom überstreichen, das Buch hab ich nämlich grad zufälligerweise dabei. Auf dem Foto siehst du genau was der Reiter macht, zwar sind da mM die Zügel zu kurz gefasst, aber man muss wirklich nach OBEN vorne und nicht nur nach vorne.
Dein letztes Bild ist das was ich meine - da brauchst du ja gar nicht an überstreichen denken weil das Pferd einfach viel zu tief ist. Bei den anderen Fotos - wenn du nach oben vorne am Mähnenkamm entlang fährst, hängt doch der Zügel sofort richtig durch. Es stimmt natürlich, dass man das selbst üben muss, denn Arme bewegen ohne dass im Oberkörper was passiert ist ziemlich anspruchsvoll... seufz...
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Beitrag von Julia »

@ jen:
Ich finde Deine Armhaltung i.O. und so wie ich das sehe solltest Du keine Probleme haben (aus einer lockeren Schulter !!!) 3-4 Handbreit vor zu kommen.Es ist vll. eher ein problem aus der Schulter vor zu kommen ohne den Oberkörper mit zu nehmen aber länger sind meine Arme auch nicht :wink:
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Beitrag von Carmen »

Ich dachte eigentlich, Überstreichen wäre so eine Art "Freiheit auf Ehrenwort", nur eben ganz kurz.

Ich bin übrigens auf das Thema gekommen, weil in der Cavallo ein Artikel zum Überstreichen stand. Da wird A. Beran zitiert und m.E. erfolgt auch eine Gleichsetzung mit "Descente de main". Fand ich auch logisch.

Ich meine auch, dass es in A im Galopp für eine Pferdelänge auf dem Zirkel verlangt wird. Ich glaube, nur mit der inneren Hand, aber das weiß ich nicht genau.
Ich bin mir nicht sicher, ob eine Beurteilung des Schwierigkeitsgrades einer Lektion in den FN-Aufgaben immer richtig vonstatten ging, so dass ich mir durchaus vorstellen könnte, dass in A da mehr verlangt wird, als Pferd und Reiter eigentlich leisten können.
"Es gibt schon viel zu viele Pferde, die Gefangene sind. Wenn wir unser Pferd lieben, müssen wir [...] ihm so viel wie möglich von seiner Freiheit zurückgeben." Sylvia Loch
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ottilie
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Beitrag von ottilie »

Ich bin übrigens auf das Thema gekommen, weil in der Cavallo ein Artikel zum Überstreichen stand. Da wird A. Beran zitiert und m.E. erfolgt auch eine Gleichsetzung mit "Descente de main". Fand ich auch logisch.
Also Überstreichen und Descente de main haben m.E. soviel miteinander zu tun wie Äpfel und Birnen.
Es geht ja schon damit los, daß Überstreichen ein kurzer Moment ist und Ddm immer länger werden soll...
Außerdem haben wir festgestellt, daß Überstreichen bedeutet, mit der Hand in Richtung Mähnenkamm vorzugehen - grobe Richtung Halsaufwärts. Ddm bedeutet jedoch, daß der Reiter die Hand sinken lässt und den Kontakt aufgibt.

:?:
ottilie
Es grüsst ottilie
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Wo die Kraft anfängt, hört das Gefühl auf (Moshe Feldenkrais)
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