Medusa888 hat geschrieben:
Also, viele von uns kommen aus der FN-Reiterei: hinten drücken und vorne gegenhalten. Da wird getrieben, bis der Schweiß aus allen Poren fließt.
Bitte - ist es vielleicht möglich nicht immer in die Kiste mit den schwarzen Schafen zu greifen ? In den Richtlininien wird kein hinten drücken, vorne gegenhalten beschrieben.
Ich komme auch aus der FN-Reiterei und hatte immer das Glück, genau dies nicht gelehrt zu bekommen.
Der Tipp von Bemelmans ihn mal ein wenig mehr zu ärgern ist in meinen Augen auch nicht so schlimm, wie es scheinbar teilweise gesehen wird. In meinem letzten Lehrgang mit Desmond O'Brien wurde ich beim Leichttraben angewiesen jedesmal, wenn ich aufstehe mein Pferd mit der Gerte anzuticken. Dadurch wird das innere Hinterbein entsprechend aktiviert - für mich mit fühlbarem Erfolg.
Solange aber die Grundlagenarbeit nicht stimmt und das Pferd gelernt hat in Balance zu gehen, kann ich versuchen hinten zu aktivieren, so viel ich will - ich werde nicht das gleiche Tempo halten können.
Liebe Grüße, Sabine
Ideale sind wie Sterne, man kann sie nicht erreichen, aber man kann sich an ihnen orientieren
"Sei du selbst die Veränderung, die du dir wünschst für diese Welt" Mahatma Gandhi
Ich find im Bemelmanns Video hat das Timing nicht gestimmt, die Reiterin war nur gut genug, das alles aufzufangen, leicht und erst recht balanciert wurde das Pferdchen nicht. Erst als sie Galopp Schritt Übergänge ritten.
Diese Art zu unterrichten, kann auch ganz schön in die Hose gehen, sehr schön zu sehen beim Unterricht von C.Hess auf der Klassik contra Classique DVD. Da kann die Reiterin das geforderte Anticken des Hinterbeines vorne nicht gefühlvoll auffangen und das ganze entwickelt sich in ein Spiessrutenlauf.
Ich habe nichts gehen anticken, aber das Timing ist immens wichtig. So sollte Josa ja auch immer zu einem bestimmten Zeitpunkt treiben. Und das macht einen riesen Unterschied aus, meiner Meinung nach.
Zu treiben, wenn das Pferd vorne auf der Hand liegt, bringt eigentlich gar nichts, da das Pferd in diesem Moment das GGW schon nach vorne hin verloren hat...
Jetzt bin ich mal frech und behaupte: Das ist ja ein sehr kniffliges Thema, die Hilfen exakt einzusetzen, das erfordert schon ein sehr gutes Gefühl für die Bewegung des Pferdes und der Eigenen, und oft ist es auch eine Gratwanderung. Die Übergänge zwischen richtig aus der Hinterhand geritten und vorderlastig gehen doch auch oft ineinander. So kann allein eine zum falschen Zeitpunkt gegebene Parade, das gerade eben noch gesetzt galoppierende Pferd im Trab auf die Vorhand fallen lassen.
Um dies korrekt zu lernen langt ein Reiterleben nicht aus!
Wenn ich von mir aus gehe, ich glaub ich lerne es nie.
Wir versuchen uns durch Seitengänge und Biegungen, sowie Übergänge dem Ganzen zu nähern. Nur grad ist der reitplatz seit 4 Wochen zu
Reiten: Das Zwiegespräch zweier Körper und zweier Seelen, das dahin zielt, den vollkommenen Einklang zwischen Ihnen herzustellen.
Medusa888 hat geschrieben:Genau das Gleiche mit den treibenden Hilfen: zum falschen Zeitpunkt eingesetzt, beispielsweise wenn das "angetriebene" Hinterbein in der Stützphase ist, ist Kraftverschwendung, macht den Reiter müde und stumpft das Pferd nur ab.
Ich bin der Meinung mal gelesen zu haben, das Treiben in der Stützphase das Pferd dazu bringt, mehr Schub zu entwickeln. In der Schwebephase damit es mehr untertritt (Tragen). Stimmt das?
Ich habe mich jetzt mit der "Vollendeten Reitkunst" bewaffnet und zitiere mal die Stellen, die mir bei dem Thema so vorschweben:
Zitat. "Wer das sinnvolle Zusammenwirken zwischen Treiben und halben Paraden versteht und fühlt, für den ist es nicht mehr schwer, nur so weit zu treiben, dass das Pferd nicht das Übergewicht nach vorn bekommt, sondern vorwärtsgehend in der Balance bleibt, und mit der halben Parade nur so weit durchzukommen, dass es nicht das Übergewicht nach hinten bekommt, sich dabei verhält oder stehen bleibt, sondern auch in der Balnce und damit in der flüssigen Bewegung bleiben kann."
"Wer treiben kann, kann reiten - ein geflügeltes Wort aus dem Reitunterricht. Unverstand und die menschliche Veranlagung zur Gewalttätigkeit haben die irrige Auffassung verbreitet, dass Kraft zum Treiben unerlässlich sei."
"Wir fühlen, dass die in diesem wechselseitigen Rhytmus gegebene Schenkelhilfe abwechselnd das Hinterbein trifft und zum Vortritt anregt, das sowieso gerade vorgeführt wird, dass also unsere Hilfe in die natürliche Bewegung des Pferdes fördernd eingreift, sie aber nicht stört."
"Die energische Hilfe im Moment des Abfußens, die in diesem Falle der bewegung vorgreift, beschleunigt den Takt, der verwahrende Schenkel noch nach dem Aufsetzen des Hinterfußes verlangsamt ihn. Ganz wichtig, um Pferde "musikalisch" zu machen."
"Wie mühelos und elegant dagegen schiebt der linke Schenkel das gerade gerichtete und frisch vorwärts schreitende Pferd nach rechts vorwärts-seitwärts, wenn er seitwärts treibend, eben eine Spur zurückgelegt, jeweils in dem Moment einwirkt, in dem das linke Hinterbein vorschwingt. Dieses Bein tritt dann ohne Widerstand vor das rechte, und die Seitwärtsbewegung ist im Flusß, sie bleibt natürlich und rhytmisch. Genau so zeitgerecht und elegant fängt der rechte Schenkel die Seitwärtsbewegung nach einigen Tritten auf, und zwar gerade dann, wenn das rechte Hinterbein im Vorführen begriffen ist."
Dieses sind wirklich nur Auszüge, aber hier wird viel über den richtigen Zeitpunkt der Schenkelhilfen ausgesagt. Das Buch ist übrigens erstmals schon 1959 erschienen.
...nur zur Ergänzung des bereits geschriebenen (insbes. zum Thema Geraderichtung etc.) ein praktischer Tipp:
Die HH aktiviere ich, indem ich zunächst das Pferd in der Bewegung zurücknehme und dann aktiviere, manche nenne es auch "die HH schnell machen". Man könnte auch sagen, man nimmt das Pferd über Kreuz und Sitz sowie halben Paraden zurück und macht es dann über das treibende Bein fleißig. Das Zurücknehmen führt zu einer gewissen Trägheit der Masse, so dass beim anschließenden Treiben nicht das ganze Pferd nur einfach vor geht (schneller wird), sondern eben nur die HH tiefer unter den Körper tritt.
Das "ärgern" soll eigentlich "nur" dazu führen, die Aufmerksamkeit des Pferdes zu erhöhen und erweist sich auch als sehr nützlich, insbesondere dann, wenn das Pferd eben nicht 100%ig bei seinem Reiter ist (weil es ihn nicht ernst nimmt, weil es abgelenkt oder gelangweilt ist etc. etc.).
Beim Aktivieren der HH ist es sehr wichtig, dass das Pferd auf die treibende Hilfe reagiert, bevor der Pferdekörper komplett wieder nach vorne strebt und damit die Veränderung des Schwerpunktes nach hinten nicht gelingt.
Steffen hat geschrieben:...nur zur Ergänzung des bereits geschriebenen (insbes. zum Thema Geraderichtung etc.) ein praktischer Tipp:
Die HH aktiviere ich, indem ich zunächst das Pferd in der Bewegung zurücknehme und dann aktiviere, manche nenne es auch "die HH schnell machen". Man könnte auch sagen, man nimmt das Pferd über Kreuz und Sitz sowie halben Paraden zurück und macht es dann über das treibende Bein fleißig. Das Zurücknehmen führt zu einer gewissen Trägheit der Masse, so dass beim anschließenden Treiben nicht das ganze Pferd nur einfach vor geht (schneller wird), sondern eben nur die HH tiefer unter den Körper tritt.
Danke! Das ist wunderbar erklärt. Notiere ich mir gleich für das Wochenende im Reit-Hinterkopf.
"Reiten ist die Suche nach Schönheit, Geradlinigkeit und Wahrheit."
Nuno Oliveira
"Reiter und Pferd sind zu einer geistigen und körperlichen Einheit verschmolzen, sind zwei Herzen und ein Gedanke- die wunderbare Alchemie des Reitens hat aus den zweien in Wahrheit eins gemacht. Solche Kunst ist klassische Kunst!"
Seunig