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Verfasst: Mi, 27. Jan 2010 15:34
von esge
Hm, ich glaube, du denkst da zu einbahnig "deutsch", Cubano.
Wenn der Rücken locker schwingt und man dann die Tragkraft schult, brauchts keinen Schub. Piaffen, die aus schubbetonten Gängen "rückwärts" erarbeitet werden, gefallen mir eigentlich im Endergebnis nie. S. Turnierpiaffen.
Bei uns werden die Piaffen aus dem Schritt, ggf aus dem sehr langsamen rückenschwungtrab im Wechsel mit RRW erarbeitet. Dazu brauchts keinen Schub.
Umgekehrt können aber Pferde jenseits der so gelernten Piaffe manchmal die schubbetonten Gänge "nachträglich" erlernen.
Verfasst: Mi, 27. Jan 2010 17:04
von Cubano
Saludos,
Hmmm, da habe ich aber ein Verständnisproblem: Schubkraft ist doch nichts, was ein Pferd per se lernen muss – Schubkraft bringt es durch den natürlichen Bewegungsablauf mit. Beim Reiten geht es ja nur darum, diesen zu kanalisieren, sprich z.B. Geraderichtung kraftvoller und gleichmäßiger (Stichwort natürliche Schiefe, tragendes und schiebendes Hinterbein) zu machen.
Deshalb ist es für mich nur logisch – deutsch hin oder her

– zunächst die Schubkraft zu entwickeln, dann die Tragkraft. Am Ende steht dann die Federkraft, also das von Ottilie beschriebene vorwärts-aufwärts der HH.
Aber: Schubkraft-Entwicklung ist eine Sache, die man in der der Grundausbildung des Pferdes ohnehin macht – Stichwort fleißiges Vorwärts beim Jungpferd. Wie man danach weiter verfährt, kommt wohl entscheidend aufs Pferd an. In der Tat gibt es z.B. Exemplare, mit denen man erst eine Piaffe, und dann einen MT entwickeln kann.
Nachtrag: Dass die sogenannten Turnier-Piaffen so scheußlich aussehen, wie sie das bisweilen durchaus tun, liegt m.E. nicht daran, dass sie schublastig sind, sondern daran, dass vorn zu sehr festgehalten wird - bis die Kruppe nach oben hüpft, um genau zu sein.
Verfasst: Do, 28. Jan 2010 08:47
von esge
Hm, bei näherem Nachdenken bemerke ich, dass Schubkraftentwicklung überhaupt nicht auf meiner persönlichen Ausbildungsskala steht.
Ein locker schwingender Rücken, Fleiß, Beweglichkeit in alle Richtungen und peu a peu mehr und merh Versammlung - daraus ergeben sich nach und nach bessere, größere Gänge von allein.
Die Jagd nach der Schubkraft - hm, was genau will man eigentlich damit? Ein Pferd das tragen kann, kann dann auch schieben. Je nach Anatomie werden die einen immer das eine besser können als die anderen.
Verfasst: Do, 28. Jan 2010 08:56
von Cubano
Guten Morgen,
also ich denke auch nicht, dass man Schubkraft explizit entwickelt – s. mein Posting von gestern. Aber: Ich halte sie eben für die Entwicklung der Federkraft für wichtig. Denn das ist nun mal eine Kombination aus Schub- und Tragkraft. Ohne Schub würde theoretisch die HH mehr nach oben abfußen, mit Schub nach vorn-oben.
Und: Ohne Schubkraft bekommt man keinen locker schwingenden Rücken, weil die Bewegung nicht von hinten nach vorn fließen kann.
Verfasst: Do, 28. Jan 2010 12:24
von Janina
Das ist doch schlicht und einfach eine Frage des Muskeltrainings.
Jedes Pferd kann grundsätzlich "schieben" und "tragen"
Wir wollen nun aber die berühmte Hankenbeugung, also das Nachfedern in den großen Gelenken des jeweils gerade tragenden HB und hierfür müssen genau dieselben Muskeln tätig werden wie beim "Schieben", nämlich die Streckmuskeln.
Ob man nun über Schubkraft zur Tragkraft kommt oder umgekehrt, hängt aber mit Sicherheit vom jeweiligen Pferd ab. Ein Pferd, das von Natur aus das "Tragen" anbietet, wird höchstwahrscheinlich über vermehrtes Training in "tragenden Lektionen" zu besserer Schubentwicklung kommen, umkehrt gilt dies genauso (und so erklärt sich ja auch, warum hier üblicherweise Letzteres gelehrt und praktiziert wird, schlicht weil das deutsche Warmblut generell (natürl. auch nicht immer) mehr zum "Schieben" neigt).
Verfasst: Do, 28. Jan 2010 12:38
von sinsa
Diese Diskussion gab es doch schon mal sehr ausführlich.
Aber mal ganz in kleinen Schritten und stark vereinfacht: Schub bedeutet einfach nur vorwärts. Hat man ein junges Pferd, kann es aber sein, dass es mit Reiter erstmal gar nicht vorwärts geht, weil schon dafür die Ballance und damit auch die Kraft fehlt. Also muß das junge Pferd mit Reiter erstmal vorwärts um so den Schub mit Reiter zu erlernen. Im weiteren Verlauf der Ausbildung kommt dann das Laufen mit Reiter unter Einsatz von Schubkraft, was soviel bedeutet wie dass das Pferd nicht nur vorwärts läuft, sondern dabei auch in der Lage ist, seine schönen Gänge und Takt zu zeigen. Es kann dann also z.B. Übergänge Schritt/Trab, ohne sich raushebeln zu müssen etc.. Das ist dann Schubkraft. Denn das Pferd geht nicht nur vorwärts (Schub) sondern ist dabei auch in der Lage den Reiter zu tragen (Kraft).
Verfasst: Do, 28. Jan 2010 16:24
von Cubano
Janina hat geschrieben:
Wir wollen nun aber die berühmte Hankenbeugung, also das Nachfedern in den großen Gelenken des jeweils gerade tragenden HB
Moins,
Nö

Was mich angeht, will ich keineswegs nur die Hankenbeugung, sondern unbedingt auch die Schubkraft. Zum einen, weil die Schubkraft die Muskulatur aktiviert, die für einen schwingenden Rücken hauptverantwortlich ist. Zum anderen, weil es ohne Schubkraft keine Anlehnung gibt, sondern ein auseinandergefallenes Pferd Und nicht zuletzt deshalb, weil Schubkraft für Raumgewinn verantwortlich ist – ohne den Einsatz der Schubkraft wird nach meiner Meinung schlicht nicht von hinten nach vorn geritten.
Verfasst: Fr, 29. Jan 2010 14:57
von Janina
Wer hat denn was von "nur Hankenbeugung" geschrieben?
Zum "schwingenden Rücken":
Schon Heuschmann hat sich mit solchen Ausdrücken ziemlich verhaspelt

(ich erinnere mich da an seinen Versuch den "anderen" Zustand als "losen Rücken" zu beschreiben, seitdem hat man aber auch nichts mehr von gehört...)
Wie genau definiert der "schwingende Rücken" sich und wieso wird er nur beim Training der Schubkraft zum "Schwingen" gebracht, aber nicht beim Training der Tragkraft (wenn doch dieselben Muskeln aktiviert werden)... Das finde ich interessant!
Und über die "Anlehung" können wir auch gerne diskutieren. Wobei andererseits vlt. auch nicht, denn für mich ist sie schlicht nicht Ziel der Pferdeausbildung, sondern vorübergehendes Mittel zum Zweck, wohingegen die "Versammlung" quasi das "Ziel" ist. Wenn man da einen unterschiedlichen Ansatz hat, muss man das wohl einfach mal so stehenlassen.
Verfasst: Fr, 29. Jan 2010 17:38
von esge
Nö, ich hatte schon weiter oben geschrieben, dass in guten Piaffen - was ja nun explizit eine Übung zur Steigerung der Tragkraft ist - der Rücken des Pferdes schwingt.
Ich glaube, eigentlich hat hier niemand gesagt, dass der rücken nur beim Fördern der Schubkraft zum Schwingen kommt.
Es gibt allerdings PFerdetypen, nämlich häufig die langrückigen, die in der Tat eher in den schiebenden Gängen zum Schwingen finden. Erstmal, jedenfalls. Kurzrückige Pferde hingegen finden im Schub selten zum Schwingen. die müssen oft eher etwas latschen, um zum Schwingen zu finden. Erstmal, jedenfalls.

Das sind übrigens die, denen Heuschmann den "losen Rücken" angedichtet hat, eben weil er SChwingen ohne Schub nicht auf einen Nenner kriegte. Ist man in der WB-Szene so eher nicht gewöhnt, denke ich.
Verfasst: Sa, 30. Jan 2010 08:07
von Cubano
Guten Morgen,
Heuschmann hat ja den "losen Rücken" ganz anders definiert, als ihm damals vorgeworfen wurde – nämlich den Rücken, der sozusagen zwanglos arbeitet und den man z.B. in der Doma Vaquera sehen will – dort kann nämlich niemand etwas mit dem schwingenden Rücken anfangen, den man in der Doma Clasica, also der "FEI-Dressur" sehen will…
@Janina: Das ist gut auf den Punkt gebracht mit den unterschiedlichen Zielsetzungen. Für mich ist in der Tat die federnde, leichte Anlehnung mit dem Pferd, was ans Gebiss zieht, das Ziel. Und auch nicht allein die Versammlung, sondern auch die Verstärkung. um das mal an zwei Polen festzumachen. Deshalb lege ich wahrscheinlich auf Schub- genauso viel Wert, wie auf Tragkraft.
@Esge: Hmm, da ist meine Erfahrung mit meinem halbwegs kurzrückigen Iberer eine andere. Der findet tatsächlich über das berühmte fleißige Vorwärts zum Schwingen. Reite ich den zunächst mal "latschig", bleibt nämlich die HH irgendwo stecken. Allerdings bedeutet fleißiges Vorwärts für mich den berühmten Tick über dem Wohlfühltempo des Youngsters – zu viel vorwärts und zu viel Schub bewirkt nämlich genau das Gegenteil, den oben festgestellten Rücken.
Verfasst: Sa, 30. Jan 2010 09:08
von esge
Es kommt sicher auf weit mehr an, als nur darauf, ob ein Rücken kurz oder lang ist. Ich habe jetzt ja zwei Kurzrücken-Lusoponys. Davon hat das eine eine gut, das andere eine weniger gut gewinkelte Hinterhand. Das mit der gut gewinkelten HH könnte ich vermutilch auch im flotten Tempo zum Schwingen bringen. Bei dem reite ich aus anderen Gründen vorerst eher sehr ruhig. Bei Saltim gings einfach überhaupt nicht.
Aber ich halte die Furcht vor der latschenden Hinterhand immer für enorm übertrieben. Unterschätzt wird hingegen, wie leicht ein oben festgehaltener Rücken sich nach "schwung" anfühlen kann. Landauf, landab sehe ich diese Rücken und die Leute freuen sich, wie tolle Schubkraft ihre PFerde haben und was für einen tollen Schwung und dass die HH doch so aktiv sei. Nix isses, Augenwischerei isses und das zeigt sich, wenn es an die Versammlung geht.
Aber es hat halt jeder seine HObbys...

Verfasst: Sa, 30. Jan 2010 10:59
von Cubano
Moins,
esge, irgendwie haben wir eine komplett unterschiedliche Definition von vorwärts. Das bedeutet für mich nicht "flott", oder gar "eilig", sondern schlicht und ergreifend "fleißig" Und fleißig und ruhig schließen sich für mich überhaupt nicht aus.
Aber vielleicht ist es tatsächlich auch so, dass die Bilder in deutschen Hallen so aussehen, wie Du sie beschreibst und daher Deine Definition rührt. So hat halt jeder seine Hobbys, gell

Verfasst: Sa, 30. Jan 2010 15:25
von Traumdauterin
wo das einmal angesprochen wurde...was unterscheidet denn einen losen und einen schwingenden rücken? lose hat für mich einen etwas negativen touch und klingt nach durchhängend und schlurfender hinterhand. ich hab den begriff aber auch so noch nicht gehört. und sollte ein schwingender rücken nicht auch zwanglos in dem sinne sein, dass die muskulatur locker ist?
Verfasst: Sa, 30. Jan 2010 19:42
von esge
Das ist schwer zu beschreiben. Wenn du dir ein Video von Anja Beran anschaust und dann eines von einem gut gerittenen (!!!) Sportpferd, verstehst du es vielleicht.
Und genau da liegt auch der unterschied zwischen dem, was Cubano anstrebt und dem, was ich anstrebe. Ohne Wertung. Es sind einfach zwei unterschiedliche Ziele. bei dem einen Ziel ist Schubkraft wichtig, beim anderen nicht. Die HH wird bei Beran (Ich nehme sie jetzt nur als Beispiel, weil es diese Videos gibt - sie steht für mich stellvertretend für eine Oliveira-like Schule) über die Piaffe aktiviert. Die Piaffe wird sehr früh gelehrt. Das forcierte Vorwärts als Schwungentwickler entfällt. Die Rücken schwingen locker durch, aber die Gänge der Pferde bleiben lange Zeit unauffällig und unspektakulär. Erst das "fertige" Pferd wird Kadenz und somit Aufmerksamkeit bekommen.
In der Schwung- und schubbetonten Schule werden die Gänge der Pferde früher ansehnlich. Dafür tun sich diese Pferde - meiner Meinung nach - bei der Lastaufnahme später schwerer.
Verfasst: Sa, 30. Jan 2010 21:19
von silence
Hallo und Aufwiedersehen,
hier ein kleine Botschaft aus einer anderen Welt:
"$&§" &)=?&%§""&()?`)&% , (/%§§&(=)//&/&/%§"$ =)(&&)"
Jean-Claude Racinet
Ich übersetze für Euch:
" Ein Pferd aus zu bilden ist, die Schubkraft der Hinterhand zu töten" Jean-Claude Racinet ( 35 propositions insolentes pour comprendre l'équitation- Verlag: Favre).
Was JCR damit meinte ist dass die Ziehkraft der HH viel wichtiger ist als die Schubkraft.
Macht Euch nix daraus: es ist außerirdisch...
