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Verfasst: Mi, 10. Mär 2010 17:05
von horsman
ja nu, wo man nun den Trennstrich zieht, was "klassisch" ist und was nicht, ist müßig zu diskutieren. Auch la G. spricht übrigens vom sinken lassen der Hände, ergo müssen sie auch bei ihm mal höher gewesen sein, denn nur was höher war, kann man auch sinken lassen.
Naja - wie gesagt, müßig zu diskutieren.
Ebenso müßig immer wieder zu wiederholen, dass zu jeder gescheiten Zügelbenutzung IMMER auch ein zügelunabhänger Sitz vorhanden sein muss. So oder so. Dies aber immer nur im Zusammenhang mit hohen Hand zu betonen und dann nicht ebenso für die tief gestellte Hand zu betonen, ist aber mE unredlich.
Verfasst: Mi, 10. Mär 2010 17:18
von Carmen
Warum ist es nicht klassisch? Warum ist Baucher nicht klassisch? Was ist überhaupt klassisch?
Ich könnte überhaupt nicht sagen, was klassisch ist und was nicht. Jedenfalls keine einzelne Hilfe / Korrekturmaßnahme.
Verfasst: Mi, 10. Mär 2010 17:38
von Lilith79
Nakim hat geschrieben:natürlich bleibt die Hand nur kurz oben. Aber in diesem wenn auch kurzem Moment ist die Schulter fest. Und diese Festigkeit hat Auswirkungen auf den Restsitz. Die wenigsten Reiter sitzen so gut, daß sie wirklich zügelunabhängig sitzen. Schon garnicht in schnelleren Gangarten oder Seitensprüngen eines Pferdes.
Also mir erschließt sich diese Argumentation irgendwie wirklich nicht, bei allem Versuch sie nachzuvollziehen (auch wenn ich die "hohe Hand" bisher nur vom Zusehen bedingt kenne). Also weder die Aussage, dass eine hohe Hand im Gegensatz zu allen anderen Handpositionen automatisch zu einer festen Schulter führt, noch die Aussage, dass man sie auf keinen Fall verwenden sollte, wenn man noch nicht wirklich zügelunabhängig sitzt (mit der für mich daraus folgenden Implikation, dass es viel weniger schlimm ist, wenn man tiefe Handeinwirkungen aller Art vornimmt auch wenn man dabei nicht zügelunabhängig sitzt

)
Klar hast Du Recht dass die wenigsten Reiter wirklich zügelunabhängig sitzen, das hat aber ja wohl IMMER Fehler in der Hilfengebung der Hand zur Folge, völlig egal ob die Hand grad mittig, tiefer oder höher ist. Wenn ich mir den Kinder-Reitschulunterricht an meinem Stall angucke, sehe ich ständig Anfänger die den Ponies unbeabsichtig nach rückwärts wirkend im Maul rumziehen oder ruckartige Zügeleinwirkungen geben, weil der Zügel rumschlackert. Warum das jetzt so viel weniger schlimm sein soll als wenn jemand das gleiche mit höherer Hand täte kapier ich nicht --> besser wäre es selbstverständlich auch nicht, aber halt auch nicht schlimmer)
Und was das Blockieren der Schulter angeht: Meiner Erfahrung nach (mit mir selber) ist, dass meine Schultern immer dann blockiert sind ich wenn ich in der Mittelpositor blockiere, dann wird meine Schulter fest und meine Arme nicht mehr locker aus den Schultergelenken nach unten, dann ist auch der Ellbogen fest und vor allem die Handgelenke. Dann ist es auch völlig wurstegal wo ich meine Hände habe, die sind dann überall starr. Dass aber meine Schultern durch eine Variation der Handbewegung fest werden hab ich noch nie erlebt.
Aber wenn mein Sitz in Ordnung ist und meine Schulter locker sind und die Unterarme locker werden, dann kann ich aus dieser Haltung meine Hände auch variabel einsetzen ohne dass irgendwas blockiert.
Und klar sollten nur sehr fortgeschrittene Reiter mit (möglichst) zügelunabhängigem Sitz solche Korrekturmaßnahmen wie eine hohe Hand anwenden, aber genauso sollten ja wohl auch nur sehr fortgeschrittene Reiter mit (möglichst) zügelunabhängigem Sitz überhaupt versuchen ein Pferd in Anlehnung zu reiten (denn wie soll das denn ohne einen zügelunabhängigen Sitz funktionieren??). Wenn Du findest, dass es kaum Reiter gibt die einen zügelunabhängigen Sitz haben und deswegen keiner die hohe Hand einsetzen sollte, denkst Du dann auch das so gut wie kein Reiter es versuchen sollte ein Pferd in Anlehnung zu reiten? Denn meiner Meinung nach wäre das dann nur konsequent.
In der Theorie ist das auch schlüssig, aber in der Praxis dürfte sich dann ja wohl kaum noch jemand aufs Pferd setzen, weil irgendwelche Sitzfehler die immer wieder zu Schnitzern in der Hilfengebung führen, die fürs Pferd unangenehm sind produziert ja wohl jeder noch nicht besonders fortgeschrittene Reiter ständig, mich eingeschlossen.
Verfasst: Mi, 10. Mär 2010 18:00
von esge
Aus meiner Erfahrung kann ich eher sagen, dass eine tiefe Hand die Schultern des Reiters blockiert. Viele Reiter öffnen sich im Brustkorb, wenn man ihnen die Hände hebt UND dabei ausdreht, so dass die Daumen eher vom Pferd wegweisen, die Fingernägel eher gen Hallendecke weisen. Die tiefe Hand läuft viel leichter Gefahr, verdeckt getragen zu werden und damit Brustkorb und Schultern zu verengen.
Was mich einfach immer und immer mehr an diesen Diskussionen stört ist, dass "die hohe Hand" wie eine Art Selbstbedienungsladen verwendet wird. Der Gaul gibt die Rübe nicht her, ach probieren wir mal die hohe Hand. Ja, das funktioniert! Hat aber rein gar nichts mit der klassischen Lehre einer sich hebenden und dann sinkenden, sprich aussetzenden Hand zu tun.
Solange die französische Reitweise (oder wie auch immer man das nennen möchte) auf "die hohe Hand" beschränkt wird, solange werden Missverständnisse a la Heuschmann bei herauskommen.
Verfasst: Mi, 10. Mär 2010 18:43
von Bernie
Aber vielleicht wird die französische Reitweise (ist es das?) auf die Hohe Hand reduziert, weil es in zig Foren zig Threads ausschließlich dazu gibt. Ich habe noch nirgends ein Thema dazu (weder virtuell noch in real life) gelesen bzw. gehört im Gespräch, in dem nicht die hohe Hand im Mittelpunkt steht. Selbst PK hat dies in Verden so demonstriert.
Jeder, der sich mit der Ausbildung seines Pferdes intensiver beschäftigt, wird mal davon hören, ev. unter Anleitung lernen sie einzusetzen als Korrektur oder eben nicht, weil nicht notwendig bei diesem Pferd, aber es fasziniert mich, wie jeder meint, über die Hohe Hand an sich diskutieren zu müssen. Noch nirgends habe ich so viele Themen zu treibenden Schenkelhilfen zB am Gurt gelesen (als Beispiel).
Ich weigere mich zu glauben, dass jedes Pferd, das französisch ausgebildet wird (wenn die Pferde wüssten, wie international es mittlerweile zugeht...englisch war gestern, deutsch und französisch und holländisch...

), diese Korrektur benötigt. Und wenn es nur eine Korrektur ist, warum wird hier soviel Augenmerk darauf gelegt? Ich muss mein Pferd durchaus auch mal mit dem Sporn korrigieren, wenn er meint, auf den Schenkel keine Reaktion zeigen zu müssen. Ist diese Spornkorrektur (ich Böse

) Grund für mich, eine Reitweise darauf zu begründen und es in den Mittelpunkt zu stellen? Denn das können selbst die Anwender nicht abstreiten, dass es bekannte Ausbilder mittlerweile in den Mittelpunkt stellen. Ein Korrekturmittel als Zentrum einer Reitweise?
Stehen die Zügelhilfen an sich und die Hohe Hand an sich von der Priorität her so weit oben?
Rein von der pädagogischen Warte her ist es mehr als interessant. Damit beschäftige ich mich in meinem Beruf.

Und je mehr Augenmerk man auf Fehler und deren Korrektur aufwendet, umso mehr Fehler passieren beim "Schüler" und auch der Ausbilder wird auf die Fehler fixiert. Eigentlich ist es genau anders herum. Finde die positiven, guten Momente und belohne diese positiv und der Schüler wird von selbst sehr viel Energie aufwenden, noch positivere Rückmeldung zu bekommen.
Verfasst: Mi, 10. Mär 2010 19:16
von esge
Bernie, darum lese ich all die Boxen in der Regel auch nicht mehr.... Hier ist es mir mal wieder durchgegangen.
ich denke, es macht Sinn, sich als Reiter mal eine Weile mit seinen Pratzen intensiv zu beschäftigen. Wir sind nun einmal Primaten, und die haben sich evolutionär unter anderem hochgearbeitet, weil iher Vordergliedmaßen sich so feinmotorisch entwickelt haben. Ok, Hirn sollte auch noch dazu gehören, jaaaaa.
Als solche handfixierten Primaten ist es also wichtig, zu wissen, was man mit den liebsten Werkzeugen so anstellt. Denn irgendwas stellen die Hände nun einmal an - gewollt, oder ungewollt.
Und wenn wir mit den Händen in der reiterei nichts bewirken könnten oder wollten, hätte die reitende Menschheit nicht den Zügel erfunden. Es macht also durchaus Sinn, sich mit deren Führung intensiv zu beschäftigen.
Was P.K. betrifft, weiß er meines Erachtens nach einfach nicht, was er mit seinem goldigen Hintern bewirkt, sobald er ihn im Sattel eines beliebigen Pferdes platziert. Darum thematisiert er diesen Aspekt nicht. Vielleicht verbietet ihm auch die gute Erziehung, über seine Kehrseite zu reden?

Und du musst zugeben, Bernie, dass sich unzählige Internetdiskussionen um "die hohe Hand" besser anhören, als ebensoviele um "den effektiven Arsch"

Verfasst: Mi, 10. Mär 2010 19:49
von horsman
also dazu muss ich aber mal sagen, dass der zentrale Punkt bei PK nicht die hohe Hand ist, sondern die Mobilisation des Unterkiefers. Wer sein Buch halbwegs aufmerksam gelesen hat und/oder seinem Reitunterricht mal mit Verstand folgt, sollte das eigentlich auch merken.
Eigentlich dreht sich fast alles an PKs Reitlehre um die Mobilisation und Mobilhaltung des U-Kiefers. Fast alle anderen "verrückten" Punkte, wie zB das trennen und Hand und Bein, Selbsthaltung am Zügel mit einem Minimum an Gewicht, Konzept der main fixe, Vorstellung von Versammlung bis zu den Seitengängen hängen ziemlich direkt damit zusammen.
Verfasst: Mi, 10. Mär 2010 20:25
von Bernie
horsmän: *gähn*
esge, stimmt, über den Hintern redet es sich nicht so blumig. *grins* Ansonsten kann ich Dir nur zustimmen, sehe ich genau so.
Und jetzt bin ich hier wieder weg.

Verfasst: Mi, 10. Mär 2010 21:17
von Filzi
Ich glaube msmccurry ist es um die grundsätzlich hohe Hand als Thema gegangen. Nicht zu Korrekturzwecken, würde ich mal meinen.
Die Trainerin reitet, glaube ich, eigentlich immer mit hoher Hand. Soweit ich mich erinnern kann.
Verfasst: Mi, 10. Mär 2010 21:17
von esge
Bernie, lass uns eine neue Reitlehre starten: Die E-A.-Methode. Natürlich nur mit dem richtigen Sattel und der richtigen Ganzlederbesatzreithose praktikabel. Allein der Utensilienverkauf macht uns reich!
Verfasst: Mi, 10. Mär 2010 21:29
von padruga
Ich bin nicht per se gegen die hohe Hand, und mir ist es auch egal ob sie nun klassisch ist oder nicht. (Und angewendet habe ich sie- auch schon lange bevor ich von PK hörte- durchaus auch gelegentlich mal wenn ich wirklich mal das Gefühl hatte, das es das jetzt braucht). Aber ich MAG sie in meiner Reiterei nicht, weil sie nicht auf Dialog aufgebaut ist, sondern eher Richtung Aktion-Reaktion, um nicht zu sagen auf Zwang. Egal wie fein man einwirkt. Das Pferd hat bei Zug in die Mundwinkel keine Möglichkeiten sich dagegen zu wehren oder nein zu sagen. Es kann den Kopf heben und wird irgendwann immer das Maul aufsperren. Klar ist der Unterkiefer auf diese Weise mobilisiert, aber für mich ist das nicht die "feine Art", keine echte Kommunikation. Bei Einwirkung auf die Zunge, die außerdem wesentlich weicher gepolstert ist, bekomme ich direkte Rückmeldung des Pferdes. Bin ich zu grob kann es etwas dagegen setzen, mir direkt Rückmeldung geben. Reagiert es gar nicht auf sanfte Angebote, hab ich den Draht der Kommunikation einfach noch nicht gefunden und ich muss mich weiter um den Dialog bemühen. Es MUSS nicht reagieren, sondern ich lade es dazu ein, meinem leichten Anvibrieren mit der Hand zu antworten. So entsteht ein feiner Dialog, eine ganz zarte Anlehnung nur, aber eine sehr "innige, private". Bei der hohen Hand kann das Pferd nicht antworten, sondern es muss. Das wird viel schön geredet, so getan als ob die Einwirkung in die Mundwinkel angenehmer sei. Das finde ich überhaupt nicht. Als Korrekturmaßnahme mag es ja o.k. sein, aber die Gefahr, alles ständig sofort korrigieren zu müssen damit, ist viel zu groß... und man außerdem wie vorhin schon geschrieben wurde.. diese Korrekturen meistens auch anders machen kann. Und man viel zu schnell korrigiert statt zu erklären.
Verfasst: Mi, 10. Mär 2010 22:32
von horsman
padruga
auf dem Prinzip Aktion - Reaktion baut jede Reitllehre auf. Ohne dies gäb es keine Reitlehre.
und dann frag ich mal, welche Antwort du bei deiner Handeinwirkung suchst, die du mit Dialog beschreibt. Und wie startest und bekommst du diesen Dialog?
Verfasst: Mi, 10. Mär 2010 22:55
von padruga
Das stimmt schon mit dem Aktion-Reaktion, drum hab ich den Begriff ja auch gebraucht, weil der so gern in aller Munde ist, aber das Ganze einfach auf sowas auch reduziert. Auch Kommunikation ist Aktion- Reaktion. Aber das ist doch nicht alles. Es ist für mich ein Rießen-Unterschied, ob ich erst mal anfrage "ich hätte gern"... dann höre "Hä, wie bitte? Was willste?" und ich dann nochmal höflich frage und erkläre, bis ein "ach sooo" kommt. Ich kann mords Abkauübungen machen um ein lockeres Kiefer zu bekommen, das Gleiche kann ich aber doch auch mit viel viel weniger Einsatz bekommen. Wenn ich ganz leicht im Maul anfrage und bei der kleinsten Reaktion lobe (oder "angenehm" reagiere für das Pferd) bekomme ich den gleichen Effekt. Das Ganze verbunden mit Streckung bzw. ganz leichten Hilfen dafür. Da brauchts doch so viel Aufwand und Energieeinsatz nicht.
Verfasst: Mi, 10. Mär 2010 23:21
von horsman
ich denke, da liegen wir nicht weit auseinander. Falls das Pferd auf leichtem aufkommenden Zügeldruck bei normal getragener Hand eine gute Abkaureaktion gibt, brauch ich auch keine hohe hand und keine Abkauübungen. sowas kann in der praxis sogar durchaus vorkommen. Voraussetzung aber, du machst dem Pferd die angenehme antwort (Abkaureaktion) auf deine frage (leichter Gebissdruck auf Zunge und Lade) nicht dadurch direkt wieder madig, dass du unvermittelt deine Hand ein Stück zurück ziehst. Deshalb ist ja auch die sog. Main fixe so wichtig.
was aber, wenn nichts passiert? wenn das Pferd dir diese angenehme Reaktion nicht gibt, sondern schwer auf der Hand wird und bleibt, nicht abkaut? wie fragst du weiter? oder was änderst du ansonsten, damit sich der gewünschte Dialog wieder ergibt?
Verfasst: Do, 11. Mär 2010 11:06
von minou
Die hohe Hand wird leider von vielen inzwischen als Dominanzmittel mißbraucht. Ein mit hoher Hand in Biegung und Stellung gezwungenes Pferd hat genauso wenig Möglichkeiten da wieder auszukommen wie ein gerollkurtes. So kann man z.B. ein ängstliches Pferd gut an Dingen vorbeizwingen, vor denen es Angst hat.
Auch ein Pferd mit Schmerzen im Hals oder im Genick muß sich auf diese Art und Weise wohl oder übel biegen.