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Verfasst: Fr, 07. Mai 2010 10:20
von padruga
Also ist es doch so, .. dass wir ... vermehrt lösende Uebungen reiten sollten, damit sie den Rücken loslässt und locker laufen kann?
Das ist immer wieder die Grundbasis, zu der man auch immer wieder zurückkehren muss, wenn die Losgelassenheit flöten geht. Was jetzt genau lösend wirkt für dein Pferd.. (z.B. welche/s Tempo, Übungen, Gangart..) da gibt es keine Allgemeinrezepte.
Es ist halt so, dass wir vorwiegend auf dem Zirkel reiten und an Stellung und Biegung arbeiten. Anfangs geht das gut, aber dann verspannt sie (oder ich?) sich / wird müde (?) und legt sich auf die Hand. … Ist das normal?
So generell spricht ja nichts gegen die Übung, vor allem wenn du schreibst, dass es anfangs gut ist. Wo du halt Detektiv spielen musst, ist dass du rausbekommen musst wann es sich verändert und ins Negative umkippt. Das kann viele Gründe haben, (da müsste man dabei sein um das zu sehen). Oft ist es einfach nur ein zu langes Verharren in einer Übung (mit Ermüdung der Muskulatur) und ein Wechsel zu etwas freierem Gehen oder Zügel Hingeben hilft bereits schon.
Dann lass ich vorne los und treibe nach. Sie wird schneller, ich fange wieder ein. Dann legt sie sich aber wieder auf die Hand usw…

Generell stimmt dein Vorgehen schon. Aber: Wenn dein Quadratpferd sich auf den Zügel lehnt und du dann loslässt und nachtreibst, wird es mit fast 100%iger Sicherheit seine Balance verliere und zu viel Gewicht vorne haben. Als Reaktion läuft es diesem verlorenen Gleichgewicht dann "nach" und wird schneller. ich würde da versuchen die Korrektur des Zügellümmelns "im" Gleichgewicht wieder herzustellen, dann erst aus einer guten Haltung heraus einen "Neustart" machen.
Wenn ich in so ner Phase Schritt reiten will, zackelt sie ständig an. Jemand sagte mal zu mir: manche Pferde können keinen Schritt gehen / lernen das dann auch nicht mehr. Ist da was dran?
Nein, das betrifft nur die Qualität eines Schrittes. Wenn da ein Pferd nicht damit gesegnet ist, kann man diese nur bis zu einem gewissen Grad verbessern. Das hat aber nichts damit zu tun, dass ein Pferd keinen normalen, erträglichen Alltagsgebrauchsschritt kann, sondern zackelt. Für mich wäre das einfach ein deutliches Zeichen für zu starke Verspanntheit des Pferdes (innerlich und/oder äußerlich) oder auch zu starke Zügeleinwirkung. Wenn du bei deinem Pferd die maximal gute Qualität seines Schritts sehen willst, geh einfach mit ihm (und viel Spaß) ins Gelände spazieren (und variiere da ein bisschen im Tempo und schaue ihn dir an)...
Wie erkenne ich denn beim Reiten / Longieren, ob der Rücken wirklich „mitmacht“ oder nicht?
Wenn du es einmal unterm Sattel gespürt hast, erkennst du es immer sofort. Wenn du einen iberischen Typ hast, wird der vermutlich erst mal recht bequem/einfach zu sitzen sein. Wenn er dann gelöst ist, sich leicht an die Zügel dehnt und du danach von hinten etwas mehr Schwung reinbringst, kann es sich erst mal deutlich ungemütlicher unterm Sattel anfühlen. Wenn das Pferd aber dann gut unterfußt und genug Energie von hinten hat, wenn die Muskulatur ausreichend trainiert ist, wenn das Pferd locker und in Dehnungshaltung läuft, wird es plötzlich wieder ruhiger unter deinem Hintern und du sitzt plötzlich wieder bequem (aber "bewegter"). Du merkst wie der Rücken sich bei jedem Tritt nach oben anhebt und du weich in die Bewegung mitgenommen wirst. Ein weiteres Zeichen ist, dass deine ganzen Hilfen besser durchs ganze Pferd durchgehen und nicht irgendwo dazwischen stocken.

Verfasst: Fr, 07. Mai 2010 11:03
von Mondkind
Lilith79 hat geschrieben: Hmm, was sagt denn Dein Reitlehrer zu dem Problem bzw. was sollst Du mit der Arbeit auf dem Zirkel denn erreichen?
Ist das Gruppen- oder Einzelunterricht?
Wie arbeitest Du mit dem Pferd wenn Du alleine und nicht im Unterricht reitest?

Der Reitlehrer sollte Dir ja vermitteln können, warum Du wie mit dem Pferd arbeitest und was Du gegen auftretende Probleme tun kannst.
Ich hab Einzelunterricht.
Wenn ich alleine reite, dann bleibe ich nicht so lange bei einer Uebung, wechsele mehr ab. Reite mehr Uebergänge, lasse das Pferd zwischendurch öfter dehnen. Das klappt irgendwie besser...

Das fehlt mir etwas: zu wissen warum ich was mit dem Pferd mache. Deshalb habe ich mir ja Bücher über Biomechanik besorgt.

Verfasst: Fr, 07. Mai 2010 11:25
von Mondkind
@Padruga:
Klar, für lösende Uebungen gibt es keine allgemeine Richtlinie. Ich hab's für mein Pferdchen herausgefunden dass Schenkelweichen, Trab-Galopp Uebergänge und Stangentreten wunderbar helfen. Ich denke, dass Problem beim RU ist wirklich die fehlende Abwechslung. Das Thema werde ich mal ansprechen.

Ich zitiere Dich mal:
"Generell stimmt dein Vorgehen schon. Aber: Wenn dein Quadratpferd sich auf den Zügel lehnt und du dann loslässt und nachtreibst, wird es mit fast 100%iger Sicherheit seine Balance verliere und zu viel Gewicht vorne haben. Als Reaktion läuft es diesem verlorenen Gleichgewicht dann "nach" und wird schneller. ich würde da versuchen die Korrektur des Zügellümmelns "im" Gleichgewicht wieder herzustellen, dann erst aus einer guten Haltung heraus einen "Neustart" machen."

Genau so ist es! Wie stelle ich die Korrektur im Gleichgewicht wieder her? Zum Schritt zurück, bis sie nicht mehr "lümmelt" und dann erst wieder traben?

Das mit den zackelden Schritten wegen Verspannungen passt doch auch ins Bild. Pferd zu lange in einer Haltung => Verspannen => zackeln

Was Du bezüglich "Sitzqualität" geschrieben hast, stimmt auch 100%.
Ich hatte die letzte Zeit öfter so das Gefühl, wenn das Pferd gelöst war und "der Motor angeschmissen", dass ich wie auf einem Bogen nach oben sitze, mal "angesaugt" und mal "hochgehoben" werde. In diesem Zustand habe ich auch super Uebergänge hinbekommen, nur über den Sitz.
Das wird es dann wohl gewesen sein...

Du kannst echt super erklären. Vielen Dank!

Verfasst: Fr, 07. Mai 2010 12:59
von Jessie77
@mondkind
aus meiner Erfahrung führen die "klassichen" Sitzlongen nicht zu einer wirklichen Besserung beim freien Reiten!
Kann dir nur einen CR Lehrer empfehlen und/oder einen Bewegungslehrer nach E. Meyners!
Viel Erfolg und vor allem Spaß!

Verfasst: Fr, 07. Mai 2010 15:01
von Lala
horsmän hat geschrieben:Im Grunde reitet man jedes Pferd gleich: man guckt wo seine Schwachpunkte sind und überlegt, was dafür am besten hilft.
Ich finde, Horsmän trifft es hier voll auf den Punkt. Jedes Pferd braucht wieder ein anderes Programm, hat andere Schwachpunkte.
Aber hier liegt doch oftmals auch der Grund für Probleme. Wie soll ein, ich nenn das jetzt mal traditioneller, Reitleherer, der (fast) nur Warmblüter geritten und Reiter mit Warmblüter unterrichtet hat, erkennen was ein anderer Pferdetyp für Schwachstellen hat? Klar, Warmblüter sind auch nicht alle gleich, aber vom Typ her doch einheitlicher als wenn man da noch Barockpferde oder Kaltblüter dazunimmt.

@mondkind: Deinen Beschreibungen nach, merkst du ja bereits deutlich was bei euch funktioniert und was eher zu Knorz führt. Entweder kannst du dies dem RL verdeutlichen und er ist bereit darauf einzugehen, oder du wechselst...
Ich habe mal bei einem durchaus sehr kompetenten und sympathischen RL mitte Stunde abgebrochen, weil ich mit meinem Pferd nur noch am Kämpfen war. Er hat das irgenwie nicht mal erkannt, geschweige denn ein Rezept dagegen. Vielleicht hätte es geholfen, wenn er sich mal auf mein Pferd gesetzt hätte, wer weiss.
Seit diesem Erlebnis frag ich den RL als erstes immer nach Erfahrung mit unterschiedlichen Rassen, sehe mir eine Stunde an, nehme ev. eine Probestunde, wenn mir das Gesehene gefällt und lass dann den Bauch entscheiden.

Verfasst: So, 09. Mai 2010 20:53
von Mondkind
Ich mach dem RL ja keine Vorwürfe, dass er sich mit Iberern/Quadratpferden nicht auskennt. Für mich ist es halt bloß schwierig, weil er mir auch nicht auf alles ne Antwort weiß. Z. Bsp. funktioniert ja seine Methode gegen's auf die Hand lümmeln nicht, sondern endet damit, dass das Pferd ins Rennen kommt.
Beim nächsten RU werd ich mit ihm auch über die Unterrichtsgestaltung sprechen.

Was mich trotzdem brennend interessiert: wie mache ich das, die Balance wieder herzustellen - so wie Padruga geschrieben hat?
Kann mir das jemand erklären?

Hier in der Nähe gibt es übrigens ne Reitschule, die nach Feldenkreis unterrichtet. Die machen auch Wochenendkurse. Da werd ich mich mal schlaumachen.

Verfasst: So, 09. Mai 2010 22:09
von padruga
Wie stelle ich die Korrektur im Gleichgewicht wieder her? Zum Schritt zurück, bis sie nicht mehr "lümmelt" und dann erst wieder traben?
Ich denke da hat jeder ein bisschen eine andere Art das Gleichgewicht wieder herzustellen. Und kommt auch sehr auf das Pferd darauf an. Meine Art wäre es, dem Pferd einfach nicht zu gestatten, sich auf den Zügel zu lehnen, indem ich ihm einfach keinen Widerstand biete oder nur kurzzeitig, unvorhersehbar oder wechselnd/einseitig. Ich halte also möglichst nicht dagegen. Meist ist es aber so, dass man bereits etwas verpasst hat WENN sich das Pferd schon auf den Zügel lümmelt. Es ist sinnvoll, den Punkt davor schon zu finden und zu schauen was das begünstigt (und eben daran dann arbeiten). Sehr oft ist man als Reiter selber schuld daran. Bei kurzen Pferden macht sich z.B. falsches Leichttraben viel massiver bemerkbar z.B. wenn man so aufsteht als ob man von einem Stuhl aufstehen würde und sich hochwuchtet, so wie man es meistens überall sieht, ist das eine ganz massive Gleichgewichtsverschiebung auf dem Pferd ,welche dieses Pferd ganz leicht aus seinem Gleichgewicht bringen kann. Grundbedingung ist also erst mal ein völlig ausgewogenes Sitzen. Mit einseitiger Schiefe des Reiters- habe ich das Gefühl- kann ein Pferd wesentlich besser noch umgehen (es wird dann halt auch einfach schief...) als mit diesem vor und zurück. Sensible Pferde kompensieren dies eben oft indem sie schneller werden.
Der andere Punkt ist, das Pferd möglichst wenig zu stören. Je weniger man da oben macht, umso eher finden die Pferde oft selber ins Gleichgewicht. Man zeigt ein bisschen... oder man lockert ganz leicht den Hals wenn man Verspannungen fühlt.. aber nur ganz sachte und leicht, eher "anfragend, vorschlagend". Viele Pferde nehmen das dann ganz gerne freiwillig an (da sie ja selber das Gleichgewicht suchen).
Ob es sinnvoll ist in den Schritt zurückzukehren wenn das Pferd im Trab sein Gleichgewicht verliert: Meistens, aber nicht immer. Manchen Pferden tut es gut, wenn man sie einfach mal auf ihre Art traben lässt, sie wenig stört, wenig verlangt, keine engen Wendungen fordert... dann pendelt sich das bei Manchen gut von allein ein. Bei denen ist nur wichtig, dass man selber als Reiter nicht stört und vor allem eine innere Gelassenheit, Akzeptanz und Ruhe ausstrahlt, sich also nicht von irgendeiner Hektik anstecken lässt.
Die andere Variante wäre zurück in den Schritt, da Lockerheit und Gleichgewicht herstellen und das Antraben einfach gut vorbereiten: Auch da ist oft weniger mehr:
- Anfragen mit dem Gebiss ob das Maul und der Hals locker sind,
- Erst antraben, wenn du das Gefühl hast, dein Pferd ist a) locker, b) im Gleichgewicht c) der Kopf weder extrem über dem Zügel noch eingekringelt noch sehr tief
- selber ganz still sitzen und darauf achten, dass man beim Antraben sich nicht weiter nach vorne oder hinten lehnt (oft lehnt man sich zu sehr nach vorne um den Rücken zu entlasten).
-Minimalste Hilfen zum Antraben. Eher sanft in den Trab zuckeln lassen, dabei untertourigen Trabbeginn akzeptieren bzw. sogar schätzen
- Sofort bei den ersten Trabtritten für die ersten Tritte ev. den Pferderücken leicht entlasten (Gewicht eher auf die Oberschenkel verlagern, nicht jedoch den Oberkörper nach vorne kippen dabei)
- Sowohl striktes Geradeaus als auch enge Wendungen anfangs meiden.
- usw. Wichtig ist einfach selber sensibel zu werden für die Momente in denen es "kippt" und dann eher vorausschauend zu handeln.
Ein anderer Ansatz wäre zu schauen wann das Pferd denn gut im Gleichgewicht ist und was die Qualität dieser Situation ausmacht. Auch aus dieser Beobachtung bekommt man meist gute Hinweise wie man bei dem Verlust von Gleichgewicht, Losgelassenheit vorgehen kann.
Hoffe das nützt dir ein bisschen, ist etwas schwer so aus der Ferne...

Verfasst: Mo, 10. Mai 2010 13:31
von Mondkind
Vielen Dank Padruga! Dein Beitrag war sehr, sehr informativ.

Einiges habe ich wirklich schon selbst beim Reiten beobachten können. Z. Bsp. dass mein Pferd eher auf die Vorhand kommt, wenn ich selbst mit hängenden Schultern "vorneüberkippe". Das passiert oft gegen Ende der Stunde, wenn ich selbst müde (Körperspannung!) werde. Oder wenn ich während des Reitens zu sehr auf meine Hände schaue. Daran werde ich künftig arbeiten.

Die letzten Male habe ich beim Reiten wirklich arg darauf geachtet, dass ich das Pferd nicht störe und mit der Bewegung sitze. Das macht einen grossen Unterschied. Ich war mir wohl nicht bewusst, wie sensibel mein Pferd tatsächlich ist. Allerdings habe ich auch freudig festgestellt, mit wie wenig "Einsatz" sie zu reiten ist. Bremsen über Sitz+Atemtechnik klappt z. Bsp. super. Lenken geht über kleinste Gewichtsverlagerung.

Ich habe viel hier im Forum gelesen und das Buch "Bausteine Dressurreiten". Dabei sind mir echt ganze Lichterketten aufgegangen. Ich versuche das jetzt nach und nach umzusetzen. Es ist schwierig...
Aber schon mal ein Lichtblick, wenn man weiss, woran man arbeiten soll.

Verfasst: Sa, 21. Aug 2010 13:16
von Annie
Mondkind hat geschrieben:Vielen Dank Padruga! Dein Beitrag war sehr, sehr informativ.
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finde ich auch

Was ich noch ganz hifreich finde sind kurze Reiteinheiten die weder Pferd noch Mensch ermüden (geistig wie körperlich)
Mein Lipi befindet sich auch in der Basisausbildung und nimmt 20-25 min. viel motivierter an als 45 min Einheiten. Und letztendlich möchte ich ein Pferd das motiviert am nächsten Tag zur arbeit kommt.
lg.