kallisto hat geschrieben:Jen hat geschrieben:Das rausheben oder ausfallen ist immer ein Zeichen von Balanceverlust. Das Pferd muss die koordination seiner Gliedmassen und die Verteilung seines Gleichgewichts üben, um mit wechselnden Linien/Gangarten etc. umgehen zu können.
Ich bleibe beim Wort Gleichgewicht, Balance ist für mich ein zu subjektiv benutzter Begriff.
Das verstehe ich nicht. Balance ist nur der französische Begriff für Gleichgewicht. Inhaltlich bedeutet es absolut das Gleiche. Wie Travers der französische Begriff für Kruppeherein ist. Ich benutze den Begriff, weil er kürzer ist und weil wir Schweizer viele französische Wörter in unserem Schweizerdeutsch haben, da es ja eine Landessprache von uns ist. Das ist alles.
Ich schätze mein Pferd durchaus als motiviert und kooperativ ein, allerdings gibt es da auch ein paar Punkte, wo es für ihn zwei Wege gibt: Gewichtsaufnahme oder Heraushebeln. Mal klappt es so, mal so. Bei einem nicht mehr rohen Pferd geht es mir aber auch um die Konstanz, weil wenn das Pferd es sich jedesmal kraftmäßig leicht macht (nicht immer geht es um das Gleichgewicht, da stimme ich Dir nicht zu)
Natürlich geht es auch um kraft und ausdauer, aber wenn du eine hilfe gibst indem du von dem Pferd eine gewünschte Form verlangst, dann wirkst du unweigerlich auf die Balance ein. Egal ob es - zum beispiel - ein vorwärts schicken oder ein Bremsen ist. Das verändert immer die Balance. Nur will ich ja schlussendlich ein Pferd haben, das eben nicht nach vorne kippt, wenn ich es vorwärtsschicke und deshalb muss es seine Balance, seine Körperkoordination anders organisieren, um das gewünschte erfüllen zu können.
,
dann bleibt der Trainingseffekt aus. Und ein Pferd lernt auch den bequemeren Weg ziemlich schnell. Der Wunsch des Pferdes besteht nicht lernen zu wollen, wie es schwerer geht (und das ist nun mal Ausbildung, die vermehrt andere Muskelgruppen anspricht als in natürlicher Bewegung), sondern, wie es einfacher geht. Da komme ich wie beim Reiten über eine gewisse Einwirkung nicht herum.
Wer spricht denn von Longieren ohne Einwirkung??? Eben genau nicht!!! ich kann mich nur wiederholen: über die Hilfengebung gebe ich dem Pferd vor, was es zu tun hat.
Ich kenne zumindestens kein Pferd, welches auf reinem Kappzaum im Halten trotz geschlossenen Stehens nach einer Sekunde die Oberlinie hängen läßt in 10 Meter Entfernung... Warum auch nicht, wenn es möglich ist? Und dieser Anspruch gehört für mich zur Basis. Mit HZ durch viele Übergänge gut erlernbar und ein gefestigter guter Übergang vom Halt in den Schritt ist langfristig möglich. Und nur ein gedehnter Hals, wie man es durch Zupfen relativ schnell erreicht, ist für mich im Halten keine nicht-hängende-Oberlinie.
Das geschlossene Halten MIT einer guten Anlehnung und einem "laufenden Motor" ist etwas vom absolut schwierigsten, was es in der Reiterei gibt. Ich siedle es etwa auf dem niveau einer Piaffe an. ich sehe kaum ein Pferd unter dem Sattel (wo das ganze ja noch "einfacher" ist, da man das Pferd am Sitz hat), das wirklich ein richtig gutes Halten zeigt und nicht einfach mit gebogenem Hals dasteht und - wenn auch nur leicht - hinter dem Zügel oder auf dem Zügel ist. Das ist sehr sehr schwierig! Das gelingt auch nicht einfacher mit HZ, bin ich überzeugt. Nur weil ein Pferd die äussere Form einnimmt, heisst es noch nciht, dass die Muskelaktivität so ist, wie sie sein sollte. Du kannst deinen Arm ausstrecken und von mir auch mit nur ganz leichtem Druck runterdrücken lassen, und trotzdem deine Muskeln übermässig angespannt halten. Genauso das Pferd. Ich will ja nicht einfach eine "Form", ich will dass das pferd die richtigen Muskeln im richtigen Verhältnis zwischen An- und Entspannung benützt. Ich will einen tonus im langen Muskel und dies geht nur mit der entsprechenden Losgelassenheit. Das ist nicht nur abhängig von der äusseren Form.
Es ist kein Wunder, dass ein Pferd es auf reinen Kappzaum lernt, sich gelöst gedehnt in akzeptabler Biegung zu bewegen. Aber das reicht mir nicht, weil das schafft nach etwas Einwirkung jedes Weidepferd/rohe Pferd ohne "Reitmuskeln". Die "gelaufenen" Übergänge" zeigen sehr schnell, wo es bei der Basis noch hapert. Mir geht es aber um einen langfristigen Weg mit mindestens einer gefestigten Basis für jedes Pferd... Der Rest ist Zusatz.
Auch hier kann ich mich nur wiederholen: Ich wünsche ein Pferd, das sehr aktiv in der Hinterhand ist, in einer guten Anlehnung durch den Rücken arbeitet und in einer guten Anlehnung jederzeit die gewünschte Haltung einnimmt, egal ob tiefes v/a oder Arbeitshaltung. mein Pferd ist ja seit längerer Zeit keine Remonte mehr

und ich arbeite mit ihm durchaus sehr anspruchsvoll an der Longe (einfach aus Spass). Aktuell zb. an einem versammelten Galopp zur Vorbereitung einer Galopp-Pirouette. an der einfachen Longe am Kappzaum, ohne HZ. Und glaub mir, ich habe sehr hohe Ansprüche, was das angeht, ich lasse mein Pferd nicht mit durchgedrücktem Rücken um mich herumhopsen.
Das sind auch die zwei Meinungen, die hier generell zum Vorschein kommen. Der Kappzaum hat eine hervorragende stellende Einwirkung, die mir das Gebiß aus Zirkelmitte nicht wirklich ermöglicht. Dennoch wird auch das motivierteste Pferd beginnen bei Bande, Longiergerte, Körperposition und Kappzaum die Grenzen zu testen. Das finde ich natürlich wie unter jedem Reitanfänger. Und das läßt eben das Longieren nur bis zu einem gewissen Niveau zu.
Da stimme ich dir aus eigener Erfahrung nicht zu. Das Longieren am Kappzaum beinhaltet keineswegs einfach ein zuppeln am Kappzaum und damit hat sich's. Nochmal: Man muss sich ein ganzes Repertoire aneignen, ein logisch aufgebautes System an Hilfengebung aufbauen, analog zur Arbeit unter dem Sattel. Das beinhaltet die eigene Körperposition, die Stimme, die Gertenhaltung und -position und die Energie, mit welcher man selber und mit welcher das Pferd arbeitet.
Ich arbeite zur Zeit mit einer 170cm grossen PRE-Stute. Sehr schwieriges Pferd. Hypernervös und extrem schreckhaft, macht sich oft im ganzen Körper steif wie ein Brett und hat dann absolut unkoordinierte Bewegungen. Ich arbeite mit ihr u.a. auch am Kappzaum an der einfachen Longe. ohne HZ. Ich VERLANGE von ihr absolute Konzentration auf mich, ich VERLANGE von ihr, dass sie über die Peitsche in Gurtenlage die Biegung annimmt und nicht mit der Schulter hereinkommt, ich VERLANGE von ihr, dass sie die Biegung vorne hält. ich muss absolut konsequent sein, d.h. ein äusserst präzises Timing haben und nicht nur REagieren, wenn sie sich heraushebeln will, sondern schon im VORAUS agieren. Dieses Pferd ist eine absolute Herausforderung, aber es funktioniert. Das Pferd kann wunderbar v/a (=grösste herausforderung für sie) in allen Gangarten longiert werden. 10m (!) neben dem Reitplatz (keine Halle vorhanden) ist eine Baustelle, wo ein Haus umgebaut wird. Ablenkung also wirklich nicht zu knapp vorhanden. ich weiss also schon, was es heisst, ein Pferd nicht mit "dutzidutzi" zu arbeiten.

Das System aber bleibt gleich! Nur die Anforderungen an das Timing und an die Präzision der Hilfengebung sind einiges höher als "normal".
Ausgenommen die gefühlvolle DL oder Longieren mit abgestimmten HZ+beschriebene Kappzaumeinwirkung. Wobei bei ersterem die rückwärtswirkende Doppellonge eine Gefahr darstellt und dies erst ab einem sehr gefestigtem Niveau möglich ist, wenn das Pferd konstant gebogen auf der Zirkellinie bleibt. Sobald ich ständig korrigieren muss, ist mir eine gefühlvolle Hand nicht möglich. Sehe das ähnlich wie mit Reiten auf Kandare. Die DL deswegen in den Kappzaum zu schnallen, ist für mich keine Lösung, weil er dafür nicht gebaut ist.
LG Susi
nein, da stimme ich dir zu. DL auf Kappzaum ist für mich auch keine Lösung. Aber DL an Trense in normaler V-Verschnallung und äussere Longe über den Rücken geführt ist jetzt nicht ganz so heikel, wie du das darstellst. Sonst dürfte man auch nicht im Sattel die Zügel in die Hand nehmen. Da wird ja sogar noch die eigene Balance von der Bewegung des Pferdes durchgeschüttelt und man muss sich um sich selber in einem viel stärkeren Mass kümmern, als wenn man einfach auf dem Boden steht. DL unterscheidet sich jetzt nicht soooo arg von der einfachen Longe. OK, das Handling muss man gezeigt bekommen, man muss es etwas üben, damit man sich nicht verheddert, aber alles andere ist jetzt keine so grossartige Kunst, wenn das Pferd grundsätzlich longieren kennt. Das ist eher Basis-handwerk, das jeder einigermassen geübte Reiter (und davon gehe ich aus, wenn man ein Pferd selber ausbildet) mit Anleitung recht schnell lernen kann. Und der Schritt von der einfachen zur DL ist nicht mehr gross. Ich find, da muss man jetzt nicht unnötig übertreiben.
