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Verfasst: Sa, 27. Aug 2011 15:34
von Cubano
Bino hat geschrieben:Soll das heißen, dass die lehrbuchmäßige Form nur etwas für bestimmte Augenblicke, für die Prüfung ist?
Nö. Zumindest für mich nicht. Für mich heisst das, die lehrbuchgemäße Form ist ein erstrebenswertes Ideal, was aber in der täglichen Arbeit nicht immer zu erreichen ist. Und: Ja, ich glaube auch daran, das tiefes Einstellen durchaus in einigen Situationen angebracht ist, sofern es 1.) nicht mit Zwang passiert und 2.) als Übergangssituation gewertet ist. Wenn man sich das Pferd bei JB mal anschaut: Zufrieden, geschmeidig im Rahmen seiner Möglichkeiten, HH und Rücken sind da – damit sind für mich die meisten Punkte des Lehrbuchs erfüllt. Und auch ich mache diese Erfüllung ganz sicher nicht an wenigen cm HdS fest. Weil das in meinen Augen Ideologie ist und nicht reiterliche Realität. Darüber hinaus kann die unbedingte Forderung nach VdS auch eine Kehrseite haben: Der Balanceakt zwischen VdS und Rücken weg und VsS und Rücken da ist m.M. nach verdammt schmal. Da ist mir ggf der Rücken wichtiger als das Lehrbuch.

Verfasst: Sa, 27. Aug 2011 15:38
von chantesse
IK:
es sei noch erwähnt, dass das Pferd mit Null Fehler durchs Gelände ist und somit souverän den 1. Platz hält. Wollen wir mal das beste für's Springen morgen hoffen.

Mir gefällt an dem Ritt sehr gut die Tour SH Trab und daraus Traversale, wunderbar leicht ist das geritten. Dann finde ich genial gut, das Trab - halt - Rückwärts -Trab, insbesondere die Parade zum Halt ist wirklich perfekt.

Dass das Pfer linke Hand ganze Bahn im Galopp schief ist, ist mir auch aufgefallen. Da es danach auf Volte abwendet und dann im Kontergalopp weiter, hab ich mir überlegt, ob das vielleicht sogar Absicht war, das Pferd an der langen Seite so travers-artig zu reiten. Könnte das sein?

Sporen im Schritt ist nicht schön, stimmt, aber ich finde gemessen an dem Rest des Rittes sogar, dass man da unter dem Gedanken "es ist Wettkampf" das insofern tolerieren kann, weil sie da versuchte, um der Punkte willen ein besseren starken Schritt rauszureiten. Wenn das das schlimmste wäre, was man unter "Wettkampf, wir reiten robust" vermelden müsste, wäre die Turnier-Welt sicher etwas netter.

Dass das Pferd müde gewesen sein könnte, ist sicher nicht der Fall, der ging ja heute noch Gelände und morgen Springen, wäre äußerst tragisch, wenn der dann schon in der Dressur zu erschöpft wäre... *smile*.

Verfasst: Sa, 27. Aug 2011 15:39
von Max1404
Bino hat geschrieben:Soll das heißen, dass die lehrbuchmäßige Form nur etwas für bestimmte Augenblicke, für die Prüfung ist? Hauptsache das Pferd geht vdS, wenn ich es will, wenn es "drauf ankommt"?
Nein, das habe ich auch nie behauptet. Ich habe mir lediglich in den vergangenen Tagen die Finger wundgetippt, um zu erklären, warum man manchmal im Verlauf der Ausbildung kurzzeitig so arbeiten muss, und dass das nichts Schlimmes ist. Wenn man es kann. Wer es kann, arbeitet auch nicht ständig so, sondern nur kurzfristig.
Die Gefahr dabei ist doch, dass viele Reiter es dann nicht mehr schaffen, das Pferd vor dem Bein und im Gleichgewicht zu behalten.
Da sind wir uns doch einig, wer es nicht kann, lässt besser die Finger davon und reitet nach Lehrbuch und überlässt das Ausbilden besser denen, die's können. :wink:
Man kann doch die Haltung auch variieren, ohne dass das Pferd zu tief kommt.
Das geht aber nur über ständiges Variieren der Zügellänge. Und das will man ja auch nicht immer. Wenn ich an stark versammelnden Lektionen, wie z. B. Galopptraversalen oder an der Pirouettenarbeit bin, dann kann ich nach der Lektion, in der das Pferd in Aufrichtung geht, kurz für einige Tritte tiefer einstellen oder überstreichen, um eine minimale Entspannung und Belohnung zu geben, ohne jedoch die Zügel so verlängern zu wollen, dass die Nase auch mit längerem, tiefer eingestellten Hals stets vdS bleibt. Weil ich in diesem Moment eben noch keine Pause wünsche, sondern vielleicht nur eine kurze Entspannung, bevor ich noch einmal eine Wiederholung der eben geübten Lektion reite. Erst danach reite ich vielleicht eine Verstärkung (klar: mit Rahmenerweitung) und gönne dem Pferd dann erst eine Entspannungspause im Schritt am langen Zügel. Wäre ich bei dieser Arbeit ständig damit beschäftigt, die Zügel nachzugreifen, aus der Hand kauen zu lassen, und wieder nachzugreifen, um bloß niemals hdS zu kommen, dann käme ich niemals richtig zum Arbeiten.

Verfasst: Sa, 27. Aug 2011 18:38
von Finchen
Hat sich jemand der Kritiker des zu tiefen Einstellens denn eigentlich mal die Mühe gemacht zu addieren, wieviel Anteil diese leicht hdS-Haltung in der gezeigten Reiteinheit tatsächlich hat? Die Betonung liegt doch immer wieder auf "zeitweise", "nur kurz", "übergangsweise" etc., sprich wir reden sicher nicht von wochenlangem Reiten in so einer Haltung um das dann dem Ausbildungsweg zuzuschreiben! Ich denke das sollte unterschieden werden.

Und wieder mal die Frage an jeden Kritiker:
könnt ihr alle von euch behaupten eure Pferde in guter Art auszubilden (ich rede nicht vom ständig nur in Trinker-der-Lüfte-Art marschierendem Distanzpferd als Beispiel) und keine solchen Momente zu "produzieren"?

Verfasst: Sa, 27. Aug 2011 21:14
von dornröschen
Was für ein toller Ritt von IK, für mich ein wahrer Augenschmaus. Anlehnung und Durchlässigkeit von Abraxxas finde ich beispielhaft. Da möchte ich mir gerne eine Scheibe abschneiden können :D
Fehlerguckerei finde ich da irgendwie kleinkariert. Zurücklehnen und geniessen und sich freuen, dass es doch noch schönes Reiten gibt....


amara hat Folgrndes geschrieben:
IK ist bei Gott keine Dauertreiberin, ich war schon auf ihrem Kurs. Also wirklich nicht. Es gibt aber *oh oh* erstens Reiter/Pferdepaare, bei denen es unglaublich schwer fällt noch ruhigere Beine zu haben...
maurits hat Folgendes geschrieben:
Ich sehe bei IK auch keinen "im Dauereinsatz klopfenden Schenkel" sondern eine Reiterin, die in der Bewegung mitschwingt wie kaum ene andere und die Bewegung korrekt über den Absatz abfedert und "durchlässt".
Mag für den einen oder anderen befremdlich wirken, da die Tendenz in der "alternativen Reiterei"(als klassisch mag ich das nicht bezeichnen) dahin geht, in schwunglosen Gängen in Schönheit erstarrt im Sattel zu thronen. Da bewegt sich dann beim Reiter nichts und beim Pferd auch sehr wenig.
Schließemich Max und Cubano an, Danke Amara und Maurits, Ihr spreht auch mir aus der Seele.

Der Zweitplatzierten der Dressur, unser aktueller Weltmeister, hat auch einen Augenschmausritt abgeliefert, leider mit kleinem Fehler zu Beginn...

http://www.youtube.com/watch?v=_7grW9f4 ... detailpage

Ich finde beide Ritte toll.

Viele Grüße,
Daniela

Verfasst: Sa, 27. Aug 2011 22:08
von Alkasar
Noch einmal kurz zu JB...
Cubano hat geschrieben: Und zur rückwärts wirkenden Hand. Nein, ich habe meine Hände auch nicht auf den Oberschenkeln, aber es gut durchaus Momente, in denen diese "Ausbinderhand" Sinn macht.
Ich würde das nicht als "Ausbinderhand" bezeichnen. Gegen eine Hand die mal aushält habe ich gar nichts. Und ich sehe auch einen Unterschied zwischen dem zentimeterweisen nachfassen des Zügels und dem rückwärts ziehen über eine doch sehr große Distanz.

Insgesamt ist das Reiten von JB ja sehr schön, keine Frage.

Verfasst: Sa, 27. Aug 2011 22:45
von Anchy
Mich hat die zeitweilig rückwärts arbeitende Hand von J.B schon anfangs sehr irriertiert. Fast schon wollte ich wegklicken :shock: Allerdings muß ich sagen, das Ergebnis ist ein gutes und die Hand wirkt auch immer weich und nachgebend.

Ich denke, genau wie P.Ks hoher Handeinsatz kann auch dies für manche Pferde der Weg sein.

Allerdings zum Riegeln und Rollkur eine Gratwanderung. Er weiß was er tut.

Ein Augenschmaus ist das mitnichten, kann es auch nicht sein, es ist eine Unterrichtseinheit, das sieht halt nicht immer schön aus.

Anchy

Verfasst: Sa, 27. Aug 2011 22:56
von Cubano
Alkasar hat geschrieben:
Ich würde das nicht als "Ausbinderhand" bezeichnen.
Das nennt man aber tatsächlich so. Weil die Hand auf den Oberschenkeln eben die Wirkung hat, wie hoch verschnallte Ausbinder.
Was mich angeht, wende ich sie nicht an, weil mir persönlich diese einfach zu starr ist. Aber das liegt mit Sicherheit an meinen reiterlichen Fähigkeiten…

Verfasst: Sa, 27. Aug 2011 23:19
von Alkasar
Aha, das wusste ich nicht, dass das so heißt. Wieder was gelernt.

Verfasst: So, 28. Aug 2011 07:31
von Meg
IK und Michael Jung 1A!!! Auch der Geländeritt von Michael Jung den man sehen kann, krass sag ich nur, da habe ich so einen Respekt vor! Zu sowas kann man ein Pferd einfach nicht zwingen, da ist Mitarbeit nötig und das spiegelt sich in der Dressur wider, finde ich!

Ich wünschte normale Dressurturniere würden auf Trense geritten, da würd sich schon die Spreu vom Weizen teilen, daher sehe ich so gerne die Bundeschampionate.

Hier noch ein kleiner persönlicher Augenschmauss, dass Pony habe ich gestern auf Youtube entdeckt, so ein süsses tolles Pony (war wohl nur schon sehr müde am Ende)
http://www.youtube.com/watch?v=ZBjpZKDhlHg

Verfasst: So, 28. Aug 2011 12:08
von Finesse
Meg hat geschrieben:Ich wünschte normale Dressurturniere würden auf Trense geritten, da würd sich schon die Spreu vom Weizen teilen, daher sehe ich so gerne die Bundeschampionate.
Das verstehe ich jetzt nicht ganz.
Wenn mich nicht alles täuscht, verfechtest Du doch seit Jahren das Reiten auf blanker Kandare als alleiniges Ziel der reiterlichen Kunst.
Und manch ein von Dir im Netz eingestelltes Video legte höchst eindrücklich Zeugnis darüber ab.

Reitest Du nicht mehr auf blanker Kandare und wenn ja warum dieser Sinneswandel?
Von überzeugtem "l'art pour l'art" , Piaffe-Contests und Ritterprüfungen zu den Bundeschampionaten.
Respekt!

Verfasst: So, 28. Aug 2011 12:24
von maurits
zumindest setzt das Reiten auf Kandare im herkömmlichen Turniersport einen gewissen Ausbildungsstand von Reiter und Pferd voraus, was ja bei den ganzen "anderen" Reitweisen vollkommen anders gehandhabt wird.
Da reiten ja selbst Leute auf Kandare, die nicht in der Lage sind, auch nur einen Trabtritt auszusitzen.

lg
maurits

Verfasst: So, 28. Aug 2011 15:59
von Colloid
dornröschen hat geschrieben: Der Zweitplatzierten der Dressur, unser aktueller Weltmeister, hat auch einen Augenschmausritt abgeliefert, leider mit kleinem Fehler zu Beginn...

http://www.youtube.com/watch?v=_7grW9f4 ... detailpage
Das gefällt mir besser, als Frau Klimke. :wink:

Zu JB: Also ein AUGENSCHMAUS ist das für mich absolut nicht. Und jeder mag seine Methoden haben, gut finden muss ich sie nicht. :wink: Mich würde die Muskulatur dieses Pferdes sehr interessieren, insbesondere der Teil unter dem Sattel, so wie er (ungestört) Schritt geht, würde ich ein hübsches Loch hinter der Schulter vermuten... :engel:

@Maurits: Jau, L, oder was man so nennt... :wink:

Verfasst: So, 28. Aug 2011 16:55
von horsman
fairerweise muss man aber erwähnen, dass dies Pferd nicht von J.B. ausgebildet wurde, sondern vom Stefanie Meyer und er dies Pferd lediglich paar mal zur Korrektur reitet. Langfristige Ausbildungsfehler gehen also eher nicht auf seine Kappe.

Verfasst: So, 28. Aug 2011 18:06
von maurits
Colloid hat geschrieben:
@Maurits: Jau, L, oder was man so nennt... :wink:
da lässt sich jetzt drüber streiten, ob das klassische Kandarengereit von Hinz und Kunz so viel besser ist, ich meine eher, dass ich in jeder ländlichen L bessere Bilder zu sehen bekomme als das was sich vermeintlich klassisch orientierte da so zusammenschrubben. Vermutlich kenne ich aber nur die falschen Turniere. :wink: