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Verfasst: Do, 08. Mai 2014 12:38
von horsman
das ist die deutsche Abneigung vor der "Pudeldressur", bzw, die Arroganz, dass man sich als Reiter in einem besseren Dunstkreis bewegen würde.

Verfasst: Do, 08. Mai 2014 20:35
von Max1404
Och Leute ... sind wir schon wieder auf diesem Niveau? :roll:

Wenn ich mit meinem Pferd die Piaffe erclickere oder sie durch einen Pfiff oder ein spezielles Wortkommando abrufe, dann ist das nicht erritten. Mag ähnlich aussehen, ist aber für mich wertlos.

Legitim ist für mich jedoch, spezielle Bewegungsabläufe, wie z. B. den spanischen Schritt, zunächst vom Boden mit Gertenhilfe zu erklären, um dann die Ausformung im Sattel mit reiterlichen Hilfen zu vervollkommnen. Aber: Ein spanischer Schritt, den mein Pferd ausschließlich auf das Wortkommando "Hola Muchacho!" ausführt, nicht aber auf meine reiterlichen Hilfen, ist für mich wertlos und "Pudeldressur". Und ja Horsmän, in diesem Punkt gönne ich mir meine Arroganz. Denn schließlich geht es in diesem Thread um die Besinnung auf die klassischen Prinzipien in der Reiterei. :wink:

Verfasst: Do, 08. Mai 2014 20:44
von Rapunzel
Ich persönlich habe eine Abneigung gegen Pudeldressur aus demselben Grund, aus dem ich auch Malen-nach-Zahlen vollkommen beknackt finde. Weil das ganze Prinzip sowas von anti-kreativ und anti-künstlerisch ist, dass ich es gar nicht in Worte fassen kann. Kein Mensch würde behaupten, dass Malen-nach-Zahlen irgendeinen künstlerischen Wert hat oder einen persönlich weiterbringt oder auch nur im Ansatz etwas mit dem zu tun hat, was ein Chagall oder ein Manet gemacht haben, und sei das Ergebnis auch noch so hübsch anzuschauen - oder dass man lernen könnte, ein Künstler zu werden, wenn man nur ganz viele Malen nach Zahlen-Bilder ausgefüllt hat. Im Gegenteil, Malen-nach-Zahlen machen vermutlich nur Leute, die wirklich überhaupt kein bisschen Talent zum Malen haben. Klar, bei beidem werden Farben und Pinsel verwendet, um etwas auf Papier/Leinwand zu bringen, aber da hört die Vergleichbarkeit auch schon auf. Klar, man kann das machen, es schadet auch niemandem (oder doch, insofern, dass es vermutlich jeden kreativen Funken, den man vielleicht in sich hatte, nachhaltig totkleistert) und man kann sich so ein Bild sogar rahmen und aufhängen und stolz drauf sein, dass man die Linien so schön eingehalten hat. Nur hat das halt nullkommanix mit Kunst zu tun. So wenig wie Pudeldressur mit Reiten. Und da ich mir ein Pferd gekauft habe und keinen Pudel, versuch ich lieber reiten zu lernen. Auch wenn das ungefähr so mühsam und anstrengend und zeitweise frustrierend und vor allem Demut lehrend ist wie der Versuch, Künstler zu werden, und wenn man jahrelang um seine eigene Ausdrucksform ringen muss und wenn dabei ganz sicher viel, viel mehr misslungene Bilder herauskommen als bei der Malen-nach-Zahlen-Variante. Weshalb es auch genau das Gegenteil von Arroganz ist, was dahintersteht.

Verfasst: Do, 08. Mai 2014 22:51
von horsman
Auch ich erreite die Dinge lieber, als das ich sie erclickern o.ä. würde. Und sogar der "Hilfenkreislauf" eines durchlässigen Pferdes, also HH-Rücken-Genick-Maul e.v.v., also Reiten mit "Anlehnung" macht mir deutlich mehr Freude, als ähnliche Ergebnisse ohne "Anlehnung".

Dennoch mache ich mir da nix vor, dass die Grundlagen auch dieser Kommunikation mit dem Pferd auf den selben Prinzipien beruhen, wie die des clickern oder der "Pudeldressur" und man tut gut daran, sein Tun diesbezüglich nicht allzu höherwertig anzusehen.

Verfasst: Fr, 09. Mai 2014 07:06
von saltandpepper
Für mich ist die " Wertigkeit" völlig irrelevant. Es sind einfach zwei verschiedene Dinge. Beruhend auf zwei verschiedenen Wegführungen, bewirkt mit unterschiedlichen Mitteln, mit anderer Zielsetzung und in anderer Ausführung- auch mit einer völlig anderen Intention !

Daher völlig müßig, darüber zu streiten, was "besser" ist- es sind einfach zwei paar Schuhe, weil die Parameter andere sind.
Wenn es aber um "Reiten" geht. Kann ich nach meiner Überzeugung sagen, dass eine geklickerte Piaffe nicht dazugehört.
Es gibt Mischformen , ja , die dann je nach Ausprägung der Merkmale der einen oder anderen Variante eben mehr der einen oder anderen zuzuordnen sind.
Für mich hat das überhaupt nichts mit "Arroganz" zu tun, sondern mit einer Entscheidung, ob man das eine oder das andere präferiert.

Und auch das kann je nach Einzelfall sogar komplett variieren. Ich habe z.B. einen Minishetty im "Kundenstamm"- bei dem bevorzuge ich ganz klar die zirzensisch "dressiert" /erarbeiteten Kunststücke :wink: auch eine Stute mit massivem Kissing-Spines-Befund- da machen wir viel mit Touchier- und Appel Arbeit- auch mit Clickern.

Wenn ich persönlich aber die Wahl habe, es zu "erreiten" oder zu "dressieren", dann erreite ich persönlich lieber- bringt mir mehr- macht mir mehr Spaß. Ist für meinen Geschmack die bessere Variante.

Und der reiterliche Nutzen ist natürlich weitaus höher. Denn jeder Form der Erarbeitung mit reiterlichen Mitteln, ist zugleich auch Verfeinerung und Abstimmungsverbesserung derselben.

Wenn ein Pferd auf Clicker "piaffiert" - nutzt mir das erst mal unter dem Sattel gar nichts. Ich muss erst eine Verknüpfung herstellen und diese im Grunde nochmal fast komplett neu erarbeiten/ mit den reiterlichen Hilfen abstimmen.
Andersrum gilt natürlich dasselbe. Ist ein Pferd nur mit reiterlichen Mitteln piaffiert, so wird es auch dem größten Meister der Touchierarbeit, erst nach einer neuen Erarbeitung, seine schönste Piaffe schenken.

Ich finde diese "richtig/falsch-" oder "besser/schlechter- Diskussionen " überflüssig. Es kommt doch immer darauf an " besser" bzw." schlechter" nach welchen Kriterien !
Wenn alle Diskutierenden sich klar machen, dass es nicht um feste Größen, sondern um persönliche Entscheidungen handelt, könnte man sachlicher streiten, finde ich. Ohne Moralkeule, ohne Gutmenschtümelei und ohne Missionarismus.

Verfasst: Fr, 09. Mai 2014 07:10
von Max1404
OK Horsmän, jetzt aber mal richtig ins Eingemachte :wink::

Klassisches Reiten ist also für Dich auch nur Pudeldressur, in der es nur um eine bestimmte Formgebung geht (die nach Geschmack und reiterlicher Gesinnung variieren kann)? Weil auch sie nur auf "Kommunikationssignalen" basiert?

Weshalb diskutieren wir denn hier seit 140 Seiten über das Für und Wider der klassischen Prinzipien des Reitens? Weil man alles auch erclickern kann und das dann noch "Reitkunst" nennt?

Oder weil es eben doch als höherwertig im Sinne des klassischen Reitens anzusehen ist, wenn das Pferd durchlässig auf den Kreislauf der Hilfen reagiert, und die Formgebung jederzeit variierbar ist und nicht starr (wie typisch bei den Lektionen, die als "Zirkuskunststückchen" gelehrt und ausgestaltet werden)? Für mich kommt vor Kunst eben immer noch ein sauberes Handwerk und keine Abkürzung der Ausbildung über Tricks. Reiten nach klassischen Prinzipien ist eben nicht das Lehren von Bewegungsabläufen (ich nenne es bewusst nicht Lektionen!) mittels Stimmkommando, Clickern oder ähnlicher Signale, sondern die Kommunikation mittels reiterlicher Hilfen.

Verfasst: Fr, 09. Mai 2014 07:25
von grisu
Ich sehe es nicht ganz so emotional.

Eigentlich möchte ich nur darauf aufmerksam machen, dass es merkwürdig ist, PKs Vorstellung zu loben und gleichzeitig die Instrumente, die zu seiner Reiterei unverzichtbar dazugehören, abzulehnen.

Ebenso merkwürdig finde ich in diesem Zusammenhang die hochmoralische Position aus der die Kritik erfolgt. Mit der Begründung, dass man dem ahnungslosen Fußvolk keine schöne Reiterei auf Kandare zeigen sollte, weil Menschen, die nicht den absoluten Durchblick haben, falsche Schlüsse ziehen könnten - das empfinde ich dann tatsächlich mal als ziemlich arrogant. :roll:

Ob jetzt jemand seinem Pferd eine "Piaffe" oder etwas was auf den ersten Blick aussieht wie versammelter Galopp aussieht, über andere Wege als das mühsame reiterliche Erarbeiten (vielleicht ebenso mühsam, aber eben anders) "beibringen" möchte und sich daran erfreut, ist mir eigentlich egal.

Nur mag ich mich von jemanden, der diesen Weg geht und von meinem Weg ziemlich eindeutig keine Ahnung hat (auf jeden Fall nicht in der praktischen Anwendung), nicht moralinsauer belehren lassen. Und zwar aus der Position, dass es Menschen gibt, die mit den von mir genutzten Instrumenten rüde umgehen - was ist das denn für eine Begründung?

Ich erkläre auf der anderen Seite ja auch nicht, wie man seinem Pferd Zirkuslektionen beizubringen hat, weil ich zugeschaut habe und Bücher gelesen ... Und ich argumentiere auch nicht, dass so etwas wie das Kompliment nicht gut sei, weil es Menschen gibt, die bei der Erarbeitung grob sind ...

Also nochmal: Jeder kann sich mit seinem Pferd nach seiner Fasson beschäftigen. Wir sind doch hier nicht in einem Wettbewerb, um zu beweisen, wer der tollste ist, sondern lieben es einfach, mit unseren Pferden zusammen etwas zu machen.

Okay ... Vielleicht sehe ich es doch emotional :wink:

Ups, gerade gesehen - zwei andere Frühaufsteher waren hier schon zugange, daher teils überschnitten. :)

Verfasst: Fr, 09. Mai 2014 08:32
von sinsa
Leider recht verspätet, weil ich gerade kaum zum lesen komme, aber das hier
maulfrei :o) hat geschrieben:Captain Kitt schrieb 1936: „Herr Oberstleutnant Gerhard zeigte mir die Arbeit in den Pilaren. Er ließ „Fels“ durch eine leichte Anregung mit der Peitsche piaffieren, nahm mich unter den Arm und sagte lächelnd: „So Captain jetzt gehen wir frühstücken, und wenn wir zurückkommen, wird Fels noch piaffieren.“
Damit ging er mit mir rund um die Reitbahn, ungefähr fünf Minuten lang, während „Fels“ in feierlicher Haltung und hoher Aktion prachtvoll piaffierte.
Durch das Kommando „Halt“, das Pferd stoppend, sagte Oberstleutnant Gerhard zu mir: „Eine wunderbare gymnastische Übung!“ (Zitat aus dem Buch „Kavallerieschule Hannover“ von Carl Friedrich Mossdorf.
würde mich, ehrlich gesagt, nur zu einem Kommentar bringen und der würde lauten: "Was für ein A***!" :evil:
Ich habe keine Ahnung, wie man sich über einen Sporen am Bein von H. Schmidt aufregen kann und dem soetwas unkommentiert entgegensetzt :shock:


Ich reite sowohl gebisslos als auch mit Trense und ich werde die gesamte Diskussion um den grundsätzlichen Einsatz von Gebissen, Gerten und Sporen wohl nie verstehen, denn ich empfinde gerade die Gebisslosen Zäumungen durchaus nicht gerade in jedem Fall für die pferdefreundlichere Variante. Eher sogar für das komplette Gegenteil davon. Aber gut, ich bin eh komisch, denn ich empfinde auch z.B. das Ablegen eines Pferdes auf Kommando - und sei es noch so - angeblich watteweich - erclickert - nicht für etwas, das ich grundsätzlich gerne sehe. Eher im Gegenteil.

Verfasst: Fr, 09. Mai 2014 08:47
von Rapunzel
grisu, danke - ganz vieles in verständliche Worte gefasst, was in meinem Kopf herumquirlte ;-)

Verfasst: Fr, 09. Mai 2014 10:05
von horsman
was ich meinte ist recht einfach:
sowohl die Kommunikationshilfen der sog. "Pudeldressur" wie auch viele(nicht alle) Reiterhilfen, funktionieren nach dem Prinzip der Konditionierung. Allein die Wahl der eingesetzten Hilfe unterscheidet sich.
Das sollte man als Reiter nicht weg ignorieren.

Was dann beim reiten noch dazu kommt wäre das zielgerichtete Ausnutzen von Reflexen (oder, da dies sehr diffizil ist, meist das provozieren von ungewünschten, zielstörenden Reflexen) und ein wenig Physik bzgl. Gewichten und Kräften.

Verfasst: Fr, 09. Mai 2014 11:10
von saltandpepper
Horsemän, ja und nein. Die reiterlichen Hilfen funktionieren auch in weiten Teilen reflektorisch. Der Reiter, nimmt tatsächlich direkten Einfluss auf den Pferdekörper indem er direkt Reflexe anspricht und den Schwerpunkt der verbundenen Körper verändert.
Diese Möglichkeiten hast du in der Freiarbeit nur sehr bedingt- bzw. dann nur über gute Touchierarbeit. Deswegen ist dies für mich auch näher am Reiten, als z.B. Clickern.

Verfasst: Fr, 09. Mai 2014 11:16
von Isomer
Mhh ich glaube hier wird viel durcheinandergewirbelt. Kein Mensch ist in der Lage, eine Piaffe auszubilden allein durch einen Clciker. Dieser Verstärkt nur Hilfen und verdeutlichen dem Tier das die durchgeführte Handlung richtig ist.

Kein Pferd piaffiert weil der Mensch vor dem Pferd steht und sich ein WOlf clickert! Erst durch Gesten, Gerte oder was weiß ich erfolgt eine Kombination. Diese Konditionierung erfolgt auch in der klassischen Bodenarbeit auf Gerte und Körperhaltung. Ob ich jetzt noch weiter gehe und die das Pferd auf ein AUgenkneifen konditioniere ist eine SPielerei die durchaus einen künstelrischen Wert hat da SIgnale minimiert werden. Ich kann das als schön empfinden. Und ich kann das auch als sinnvoll empfinden wenn die Bodenarbeit gut gemacht, und die Piaffe eine schöne Formgebung hat so das sie für das Pferd einen psychischen und physischen Vorteil bringt.

Das Übertragen von Bodenarbeit in den Sattel ist immer Schwierig, da immer die Hilfen sich unterscheiden und das Pferd umdenken muss.

Hilfen sind immer konditioniert manche fallen dem Pferd leichter weil sie durch physikalische Gegebenheiten halt so ablaufen. Hab ich viele konditionierte Hilfen kann ich diese kombinieren das ist mit clicker oder ohne so.

DIe Hauptfrage ist immer ob das Pferd die Bewegung gesund ausführt und die Vorbereitung so war das es zu keiner Überforderung kommt.


Pudeldressur ist für mich wenn nur eine Bewegung ausgeführt wird ohne das es zu einer Verbesserung des Pferdes kommt. Nichts anderes!

Reiten ist aber immer Konditionierung auch wenn einem das noch so unnatürlich vorkommen mag.

Im Sattel wird clickern ja eh schon schwierig und ist sicher das besere Mittel für die Bodenarbeit.

Verfasst: Fr, 09. Mai 2014 11:23
von saltandpepper
Isomer, wir können es bis ins kleinste Detail zerpflücken, es bleibt dennoch etwas anderes.
Und wenn man "Reiten" diskutiert, ist es eben nicht das gleiche.
Ob einem das Konditionieren über Clicker oder über Blinzeln gefällt, oder nicht, ist doch eine ganz andere Sache...
:roll: :roll: :roll:

Verfasst: Fr, 09. Mai 2014 11:38
von Cubano
Unterschreib bei S&P und zwar die beiden letzten Beiträge.
Ansonsten ist es schlicht unrichtig, dass ALLE Hilfen konditioniert sind, s. mein Beispiel der Gewichtshilfe von gestern. Die muss ich einem Pferd nicht beibringen, diese wird es von allein ausführen. Das gilt auch für den Bügeltritt, bei dem ich mir ebenfalls physikalische Gegebenheiten zu nutze mache. Auch darauf wird ein Pferd von sich aus reagieren, da muss ich nichts konditionieren.

Verfasst: Fr, 09. Mai 2014 11:39
von Isomer
saltandpepper hat geschrieben:Isomer, wir können es bis ins kleinste Detail zerpflücken, es bleibt dennoch etwas anderes.
Können wir zerpflücken und ich bin mir sicher das kein Unterschied besteht.

Ein sentimentaler Unterschied, ja sicher aber mehr bleibt am Ende nicht übrig.

Und ja es gibt Reflexe und physikalische Gegebenheiten die ein Tier/Pferd folgt. Und? Wenn ich mir mit dem Hammer aufs Knie hau und mein Knie ausschlägt und auf einer Trommel Beethoven Spiele, macht das keinen Unterschied zu einem konditionierten Auschlagen Hauptsache am Ende kommt Beethoven dabei raus.