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Verfasst: So, 28. Okt 2012 07:36
von Gast
esge hat geschrieben:
....
Und es dann einfach albern ist, mit "Takt" beginnen zu wollen.
Der Hengst im Video hat zu Zeiten 8 Beine und bewegt jedes davon perfekt koordiniert - aber jenseits jeglicher deutschen Vorstellung von "Takt"
Nicht der Reiter gibt den Takt vor.
Der Takt wird einzig und alleine vom jeweiligen Pferd vorgegeben!
Der Reiter
muß es dem Pferd ermöglichen, seinen eigenen, ihm angeborenen, individuellen Takt zu finden.
Nur so ist das Pferd in der Lage, auch sein Gleichgewicht zu finden.
Das gilt für alle Reitweisen.
Und hat nichts damit zu tun, daß das einer "deutschen Vorstellung" entspricht.
Nur aus einem gefestigten Gleichgewicht heraus ist es einem Pferd möglich, sich so bewegen zu können. Mit dem "Fremdkörper Reiter" oben drauf!
Verfasst: So, 28. Okt 2012 07:47
von Finchen
claustim hat geschrieben:esge hat geschrieben:
....
Und es dann einfach albern ist, mit "Takt" beginnen zu wollen.
Der Hengst im Video hat zu Zeiten 8 Beine und bewegt jedes davon perfekt koordiniert - aber jenseits jeglicher deutschen Vorstellung von "Takt"
Nicht der Reiter gibt den Takt vor.
Der Takt wird einzig und alleine vom jeweiligen Pferd vorgegeben!
Der Reiter
muß es dem Pferd ermöglichen, seinen eigenen, ihm angeborenen, individuellen Takt zu finden.
Aha - aber wenn der Takt vom Pferd vorgegeben wird, wieso wird dann so oft an eingestellten Dressurvideos der fehlende bzw unsaubere Takt kritisiert?
So verstehe ich esges Beitrag, dass in diesem Fall einfach mal Takt nicht hoch aufgehängt werden darf, weil es gar kein "Mangel" ist!
Verfasst: So, 28. Okt 2012 07:58
von Cubano
Guten Morgen,
es kommt doch entscheidend darauf an, was ich reiten will. Natürlich ist Takt im Stierkampfreiten nicht ganz so wichtig wie in der Dressur. Wobei man nicht vergessen darf, dass Takt z.B. in der DV sogar gesondert geprüft wird.
Will ich aber mit meinem Pferd in der Dressurarbeit unterwegs sein, komme ich gar nicht umhin, dem Takt große Aufmersamkeit zu schenken. Richtig ist: Diese Pferde machen genau das einem nicht leicht. Aber in meinen Augen ist das sogar unabdingbar, dass so ein "Feger" erst mal seinen Takt findet. Auch wenn es deutlich länger dauert.
Was Mendoza angeht: Zweifelsfrei ein tolles Video. Allerdings hat das Ganze für mich extrem an Charme verloren, seitdem der Mann vor ein paar Jahren mit einem Dreijährigen in der Arena war, der auch prompt schwere Verletzungen durch einen Stier davontrug – der Zweck heiligt eben doch nicht immer die Mittel.
Verfasst: So, 28. Okt 2012 08:07
von Finchen
@Cubano:
eben - ich glaube VOR dem was wir jetzt im Video sehen können, gibt es bei auch diesem Pferd grade vernünftigen Takt, eine sehr solide Basis...
Und ja, die Hintergrundinfo läßt das Wirken des Reiters tatsächlich eher wenig sympathisch werden.

Ok, bleibt noch das aber tatsächlich vorhandene geniale Zusammenspiel im gezeigten Ritt...
Verfasst: So, 28. Okt 2012 08:32
von esge
Ach, es ist ja so schön, wenn alles so vorhersehbar ist. Ich WUSSTE doch, dass ich damit sofort wieder eine schöne Diskussion über Takt lostreten würde...
Ich bin mitnichten dafür, den Takt zu vergessen. Ich finde es einfach faszinierend, wieviele Bewegungsmöglichkeiten diese Pferde haben - und welche Schwierigkeiten man sich als Otto-Normal-Reiter halt einhandelt, wenn man so ein PFerd nach normalen Maßstäben messen und reiten will. Das muss man mögen oder halt nicht.
Somit ist es genau so, wie Cubano gesagt hat: Pferde, die auf so hohe Beweglichkeit hin gezüchtet wurden wie gewisse Lusitanolinien, sind nicht leicht zu takten. Und ich sage absichtlich: "Sind nicht leicht zu takten". Denn wer bei ihnen warten will, bis der Takt vom Himmel fällt, wird lange warten. Und wer sich nun bei ihrer Ausbildung daran aufhängt, dass der Takt "nicht da ist" wird irre werden.
Besser ist es dann, an den Voraussetzungen zu arbeiten, die es dem Pferd irgendwann möglich machen, getaktet zu laufen. Wer durchschnittliche gute WBs gewöhnt ist, ist gewöhnt, dass ein pferd einfach Takt HAT. Selbst ein junges, noch Gleichgewicht suchendes WB hat i.d.R. mehr Takt als ein Lusitano, der schon ein gutes Stück weiter ausgebildet ist. Somit brauche ich u.U. schon erheblich fortgeschrittenere Lektionen und Abläufe, bis ich überhaupt TAKT von so einem Pferd kriegen kann, um auch nur eine A-Dressur nach deutschen Maßstäben reiten zu können.
Ich stimme aber auch zu, dass gerade dieses Bestreben entschieden dazu beitragen kann, diese Sorte Pferde losgelassener, ruhiger und entspannter zu machen. Was den Pferden extrem nützt, denn Ruhe und Entspanntheit tragen zur Gesundheit bei.
Ganz abgesehen davon, dass von uns vermutlich keiner so einen heißen Ofen wie im Video reiten könnte...
Verfasst: So, 28. Okt 2012 08:50
von Cubano
esge hat geschrieben:
Ich stimme aber auch zu, dass gerade dieses Bestreben entschieden dazu beitragen kann, diese Sorte Pferde losgelassener, ruhiger und entspannter zu machen. Was den Pferden extrem nützt, denn Ruhe und Entspanntheit tragen zur Gesundheit bei.
So ist es. Auch wenn – nein, und gerade WEIL – Ruhe und Entspanntheit bei diesen Pferdetypen bisweilen schwerer zu erreiten sind, als Lektionen und auch oftmals in einer Einheit mit blitzartiger Geschwindigkeit verschwunden sind. Dafür sind diese Pferde bisweilen ruhig und entspannt in Situationen, in denen so manches WB schon im absolut überdrehten Fluchtmodus ist.
@Finchen: „weniger sympathisch" ist auch nett ausgedrückt

Verfasst: So, 28. Okt 2012 09:53
von saltandpepper
Danke, esge !!! Vollumfänglich unterschreibe und ergänze : Gute Ausbildung gibt dem Pferd das, was es von sich aus nicht in der Form mitbringt. Bei einem hypermobilen, vor Energie überschäumendem Luslinger ist das ggf. Takt und Ruhe und bei einem gestandenen sicher taktierendem WB ist es ggf. Flexibilität und Impulsion.
Grüssle + schönes WE
S&P
Verfasst: So, 28. Okt 2012 10:02
von Finchen
@Esge:
nur um sicher zu gehen... ich hatte nicht den Eindruck, dass dir Takt egal ist.

In den gezeigten Sequenzen ist er aber tatsächlich grade mal egal, und das ist völlig gut so.
@Cubano:

Verfasst: So, 28. Okt 2012 11:06
von esge
Finchen, hatte ich genau so verstanden.
Cubano - kein Widerspruch, sondern weitere Ausführung des Gedankens: Wenn ich also eine Ausbildung konsequent immer vom Leichten zum Schweren aufbaue, kann es ggf angebracht sein, so einem Pferd erstmal die "schweren" Lektionen beizubringen (unter Berücksichtigung, dass es sich nicht um Lektionen in fertiger Version und nicht um Selbstzweck handelt) Diese kann ich dann als Werkzeug benutzen, um Takt, Losgelassenheit, Ruhe und Gelassenheit zu erzeugen.
Verfasst: So, 28. Okt 2012 11:07
von esge
saltandpepper hat geschrieben:Gute Ausbildung gibt dem Pferd das, was es von sich aus nicht in der Form mitbringt. S&P
Genau so!!! Hast du wieder schön auf den Punkt gebracht, S&P

Verfasst: So, 28. Okt 2012 11:41
von Cubano
@Esge: Die Frage kann ich Dir nicht beantworten, weil das nicht mein Weg war. Mein hypermobiler Spinner gehört zu den Pferden, die alles Mögliche „anbieten" (z.B. „Piaffe“ statt VhW), bei dem hielt ich es für zielführender wirklich konsequent nur an den Grundlagen zu arbeiten. Was übrigens klar den Nachteil hat, dass er sonderlich viele Lektionen noch nicht kann. Aber es hat den Vorteil, dass er jetzt wirklich sehr sauber im Takt ist (immer mal vorausgesetzt, er findet nix, worüber er sich mal wieder aufregen muss. Denn jeglicher Mangel an Losgelassenheit geht dem blitzartig in die Beine.

). Dazu kam, dass er auch zu den Iberern gehört, die ungaublich flexibel in der Partie Hals-Widerrist sind. Da war dann erst mal alles angesagt, was das Pferd halbwegs stabil macht. Vorher war an die Form der Anlehnung, die ich für weiterführende Arbeit brauche, gar nicht zu denken. Da lag (und liegt) das Augenmerk für mich klar auf: Zug nach vorn bekommen, latente Dehnungsbereitschaft und dergleichen mehr. Und auch dort: Ruhe reinbekommen.
Allerdings weiß ich von meinem ehemaligen RL in Spanien, dass dieser Takt auch an der Hand durch die Piaffe erarbeitete. Aber im Gegensatz zu mir konnte der das auch.

Verfasst: So, 28. Okt 2012 12:15
von esge
Höhö, gerade dieses Stabil-Machen in der Widerristpartie ist für mich aber so ein Fall, wo ich z.B. unbedingt Kenntnisse (im Wesentlichen des Reiters !) über Schulterherein und, Achtung, gaaaaanz bööööse, Schenkelweichen benötige.
Genau UM diesen Zug in die Hand zu kriegen! Den ich auch unbedingt will.
Und wenn ich von Lektionen rede, meine ich nicht immer (

also nicht IMMER

)Piaffe. Die halte ich bei Pferden für sinnvoller, die trotz Zug in die Reiterhand und optisch scheinbar korrekter Dehnungshaltung trotzdem Widerrist udn Rücken nicht hochkriegen. Oder bei vorhandlastigen Pferden, die keine Idee haben, sich umzuorganisieren. Das sind für mich frühe Piaffekandidaten (wiederum: Piaffe im Grunde in Anführungszeichen, da es keine fertige Piaffe ist, sondern ein Werkzeug). Die taktlosen Zappler sind für mich auch keine frühen Piaffe-Kandidaten, nichtmal als Werkzeug. Aber Seitengänge sind in meinen Augen essenziell, nämlich um die Schultern des Pferdes konsequent vor die Hinterhand richten und das Pferd damit einschienen zu können. Ohne einschienen kein Zug in die Hand.
Ok, Thema jetzt völlig verlassen.
Verfasst: So, 28. Okt 2012 12:27
von Cubano
esge hat geschrieben:Höhö, gerade dieses Stabil-Machen in der Widerristpartie ist für mich aber so ein Fall, wo ich z.B. unbedingt Kenntnisse (im Wesentlichen des Reiters !) über Schulterherein und, Achtung, gaaaaanz bööööse, Schenkelweichen benötige.
Hmmm, was das böse Schenkelweichen angeht, bin ich voll bei Dir. Das ist defintiv auch mein Mittel der Wahl. Ein wenig anders ist das für mich beim SH: Da muss der Reiter schon verflucht gut sein, um das Schlängeln dieser Pferde bei jedem Schritt/Tritt ausgleichen, respektive korrigieren zu können. Da gebe ich auch zu: So gut bin ich nicht, das klappt evtl. noch im Schritt. Aber im Trab – meine bevorzugte GGA für SH – wird das schon schwieriger. Aber SH: Unbedingt, jederzeit und immer wieder.
Und die Piaffe war wirlich nicht "gegen Dich" gerichtet. Sondern nur ein Beispiel für die von Dir genannten schwereren Lektionen, die durchaus als "Taktgeber" funktionieren können, das ich halt vom Ansehen her kenne.
Verfasst: So, 28. Okt 2012 12:55
von saltandpepper
Cubano hat geschrieben:esge hat geschrieben:Höhö, gerade dieses Stabil-Machen in der Widerristpartie ist für mich aber so ein Fall, wo ich z.B. unbedingt Kenntnisse (im Wesentlichen des Reiters !) über Schulterherein und, Achtung, gaaaaanz bööööse, Schenkelweichen benötige.
Hmmm, was das böse Schenkelweichen angeht, bin ich voll bei Dir. Das ist defintiv auch mein Mittel der Wahl. Ein wenig anders ist das für mich beim SH: Da muss der Reiter schon verflucht gut sein, um das Schlängeln dieser Pferde bei jedem Schritt/Tritt ausgleichen, respektive korrigieren zu können. Da gebe ich auch zu: So gut bin ich nicht, das klappt evtl. noch im Schritt. Aber im Trab – meine bevorzugte GGA für SH – wird das schon schwieriger. Aber SH: Unbedingt, jederzeit und immer wieder.
Und die Piaffe war wirlich nicht "gegen Dich" gerichtet. Sondern nur ein Beispiel für die von Dir genannten schwereren Lektionen, die durchaus als "Taktgeber" funktionieren können, das ich halt vom Ansehen her kenne.
Na ja, Cubano, sooo verflucht gut muß der Reiter auch nicht sein können, er muß halt ein sauberes SH reiten können

Verfasst: So, 28. Okt 2012 14:29
von Cubano
Heike:Schrieb ich doch. Das kann ICH im Trab mit DIESEM Pferd eben NOCH nicht. Es ist für mich persönlich nämlich schon ein Unterschied, ob ich ein Pferd unter mir habe, was relativ stabil ist, oder halt eins, was sich durch Schlängeln in alle möglichen und unmöglichen Richtungen dem entzieht, was ich durch SH erreichen möchte.