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Verfasst: Mo, 28. Mär 2011 22:58
von Bino
Vielleicht muss man einfach anerkennen, dass es verschiedene Varianten /Ausprägungsformen der Piaffe gibt, wie es auch schon aus dem BB-Buch zitiert wurde. In Robert Stodulkas Buch "Das Phänomen Francois Baucher" sind auch zwei Bilder von Piaffen nach Vorbild der Versailler Schule im sog. Schulgleichgewicht und die französische Piaffe im eher horizontalen Gleichgewicht (HH sehr akzentuiert) abgebildet. Ich bin leider nicht gut darin, Bilder hier einzustellen.
Von daher finde ich, dass z.B. die Piaffe von Marius Schneider sehr schön ist, auch wenn die Lastaufnahme hinten nicht so stark ist, sie ist jedenfalls nicht auf die Vorhand geritten.
Wie stark soll denn die Hankenbeugung sein, damit man von einer guten Piaffe sprechen kann? Wichtiger als starke Hankenbeugung finde ich, dass das Pferd dabei losgelassen bleibt, federt, und dass der Reiter nicht jeden Tritt heraustreiben muss. Diese Kriterien erfüllen auch die Pferde von AB. Allerdings ist mir bei ihr auch schon früher aufgefallen, dass fast alle ihrer Pferde rückständig im Vorderbein sind beim Piaffieren. Liegt das daran, dass die Piaffen bei ihr zumeist an der Hand ausgebildet werden?
Die Piaffe von Totilas gefällt mir gut, weil er sich sehr schön setzt und federt. Ich würde auch lieber ein offeneres Genick sehen, aber ich glaube nicht dass das leichte hdS das Pferd auf die Vorhand bringt. Das sehe ich eher bei den Pferden von Isabell Werth, die ihre Füße kaum aus dem Sand kriegen und hinten hoch hüpfen anstatt Last aufzunehmen.
Am besten gefallen mir die Piaffen von PK, der die Piaffen hauptsächlich durch Übergänge erarbeitet und der stets auf den Vorwärtsdrang des Pferdes Wert legt. (Ich finde übrigens nicht , dass man PK immer mit Baucher gleichsetzen kann, er hat viel von seinem Gedankengut übernommen, aber längst nicht alles, und außerdem muss man bei Baucher immer aufpassen wegen der 1. und 2. Manier.)
Verfasst: Di, 29. Mär 2011 00:38
von Gast
Cubano hat geschrieben:...: Man muss den Gesamteindruck betrachten.
Und der stellt sich in meinen Augen bei Totilas nun mal als positiv dar. Ich sehe nämlich ein losgelassenes Pferd, was unter positiver (und die ist in diesen Prüfungen dringend nötig), aber nicht unter negativer Spannung steht (s. Gesichtsausdruck, Ohrenspiel, Schweif, das Verhalten beim Halten und Grüßen etc.). Losgelassenheit sieht nun mal bei einem 10jährigen Turnier-Athleten anders aus, als bei einer 4jährigen Remonte.
Wo siehst Du eine Losgelassenheit bei einem Pferd was mit so übermässiger Spannung diese exaltierten Spanntritte zeigt. Das hat doch nichts mit Losgelassenheit zu tun!
Ich sehe überdies ein Pferd, was durchgängig ans Gebiss zieht, was auch in versammelten Lektionen gedehnt in der Oberlinie bleibt (im Gegensatz zu vielen anderen Pferden, die hier in den vergangenen Tagen eingestellt wurden und die in der Versammlung eine verkürzte Oberlinie hatten) und was durchlässig bis in die letzte Hufspitze ist.
Möchtest Du sagen das ein Pferd, was mit Kandare auf Anschlag geritten wird durchgängig leicht ans Gebiss zieht? Oder ist es nicht viel mehr so, dass es an das Gebiss gezwungen wird? Wenn er so ans Gebiss ziehen würde, dann bräuchte man nicht diese grausam harte Beizäumung über die Kandare. Und dann hat das alles nichts mit Durchlässig zu tun, sondern Zwang.
Und genau das erreicht man beim besten Willen eben nicht durch Rollkur und Co. sondern durch korrektes Reiten – das man übrigens auch an der muskulären Entwicklung des Schwarzen deutlich erkennen kann, wenn man die Videos von ihm mit fünf und von heute vergleicht. Denn da sieht man ein ganz deutliches Kriterium: das zunehmende frei werden der Schulter, schlicht dadurch, dass der Hengst mehr und mehr auf die HH kommt.
Korrektes Reiten bei Totilias? Bei all den Bildern und Videos die man von ihm gesehen hat, die z.T. nur so vor Taktfehlern strotzen? Das ist doch kein korrektes Reiten, wenn man nicht mal die Grundlage der SdA hinbekommt, die Du ja immer so schätzt!
Und das "freiwerden" der Schulter ist aber keine natürliche pendelnde Bewegung der Vorhand, sondern ist ein durch Kraft hervorgerufene Bewegung, geworfen, gestrampelt - auch das ist nicht losgelassen sondern mit übermässiger Spannung erzwungen.
Man muss diese Form der Reiterei nicht mögen. Man kann auch den ganzen Dressursport gruselig finden (geht mir in Teilen durchaus auch so). Aber man muss schon (und wenn es zähneknirschend ist

) anerkennen, wenn Muskulatur, Gang, Durchlässigkeit und Co. eine andere Sprache sprechen als die, die unsere Vorurteile gegen Sportreiter im Allgemeinen und Holländer im Besonderen gern sprechen würde.
Wie soll man diese Form der Reiterei mögen, wenn sie in keinster Weise der HdV.12 und der daraus hervorgegangenen SdA entspricht und hier nur der Versuch gemacht wird mit aller Gewalt die SdA auf einen verspannten Strampler zu pressen, was aber hinten und vorne nicht stand hält. Und vor allem wird dieser schwarze Strampler so nicht mehr mit 25 laufen können, sofern er dann noch lebt, weil er schon längst durch diese Art der Reiterei kaputt geritten wurde. Das wäre nicht der Fall, wenn er im richtigen Sinne der HdV.12 und der SdA ausgebildet wäre. Keines der ganzen heutigen Turnierpferde wird alt ohne Gebrechen, somit doch der Beweis, das die eigentliche Definition der Dressur, die Gesunderhaltung des Pferdes, hier nicht angewendet wird.
Und um auf das Thema Piaffen zurück zu kommen, da kann ich Totilias auch nichts abgewinnen. Ich sehe da weder eine grossartige Hankenbeugung, noch Lastaufnahme, sondern ein mit der Hand festgehaltenes Pferd was vorne mächtig strampelt und der Motor irgendwo in Timbuktu kurz vor dem absterben ist.
Mich würde ja jetzt auch mal interessieren was die Meinung zu der Piaffe an der Hand durch von Neindorff aus dem Ausschnitt aus dem Film ist? Dazu hat sich noch keiner geäußert oder äußern wollen?!
Verfasst: Di, 29. Mär 2011 06:42
von Paula
schließe mich Gast an:
Paula hat geschrieben:ich denke auch, es gibt fast immer schlechte Momente oder auch nur schlecht Phasen und deshalb übelege ich mir ist der Moment den ich sehe gut? Deckt sich dieser mit der Literatur?
Deshalb finde ich deinen Ansatz Max auch sehr gut, vielmehr den Eindruck den man ha,t spüren zu wollen.
Hier ist ein kleiner Filmausschnitt, aus dem schon oft erwähnten Neindorfffilm, Egon von Neindorff zeigt Piaffetritte an der Hand,
was ist euer Eindruck, wie gut findet ihr das?
Leider erfährt man nicht wie er selbst diese bewertet, ich weiß nun nicht, war er noch beim Üben, ist diese Piaffe schon ideal?
Euere Meinung intressiert mich sehr:
http://blum-film.de/expose/neindorff.htm
Hier ist keine Momentaufnahme hier sieht man viele Piaffetritte
@horsemän, der Schimmel mit dem alten Mann, von Gwans Link , drückt übermäßig seinen Unterhals raus, so kann er nicht "schön"piaffieren,auf dem Bild stört das nicht, weil der Rest beeindruckend ist.
Verfasst: Di, 29. Mär 2011 08:14
von Gast
Ich trau' mich kaum, es zu sagen:
horsmän hat geschrieben:
... dementsprechend hoher rel. Aufrichtung bei schöner loser Zügelverbindung und offenem Genick.
Relative Aufrichtung fällt hier ersatzlos weg, das dezent ausgeprägte Unterhälschen straft das Lügen.
Was das "offene" Genick angeht: mehr Beizäumung würde das Unterhälschen gar nicht zulassen, selbst wenn man wollen würde.
Und die "schöne" lose Zügelverbindung ist das letzte Indiz dafür, nebst dem einwirkungslos im Tal des Todes sitzenden Reiters, dass die Piaffe ein lupenreines Machismo-Getrappel ist. Eine der typischen Piaffen, bei denen man erkennen kann, dass danach NICHTS kommt, schon gar nicht das durchlässige Entlassen in anderes Trabtempo oder in eine andere Gangart. Ausser Schritt.
Verfasst: Di, 29. Mär 2011 08:22
von esge
Bino hat geschrieben:
Wie stark soll denn die Hankenbeugung sein, damit man von einer guten Piaffe sprechen kann? Wichtiger als starke Hankenbeugung finde ich, dass das Pferd dabei losgelassen bleibt, federt, und dass der Reiter nicht jeden Tritt heraustreiben muss.
Dem schließe ich mich an.
Es gibt Pferde, die quasi von Anfang an in der Ausbildung zur Piaffe eine gute hankenbeugung anbieten. Und es gibt Pferde, die es nicht tun. Man neigt dazu, in dem großzügig zu sein, wo man selbst Schwierigkeiten und Schwächen hat

: Mein Pferd vermag sich beim Piaffieren einfach nicht tief zu setzen. Wenn der die Spitze des stehenden Hinterhufs unterm Hüftlot hat, ist der schon verdammt gut.(Auf dem titelbild der Irrwege steht Enanquimes FESSEL unterm Hüftlot) Versuche ich ihn mehr zu setzen, entstehen Verspanntheit, Unwille und Verdruss. Wichtiger ist mir inzwischen,dass sich mein Pferd gut im Gleichgewicht anfühlt und taktmäßig sanft wiegend durchschwingt. Das ist eine Piaffe, die für ihn gymnastisch wertvoll ist, die die übrigen GGA verbessert, ihn zugleich löst und versammelt und nach der ich in der folgenden Arbeit ein maximal leistungsbereites Pferd habe.
natürlich würde ich eine tief gesetzte Piaffe immer als Vorbild ansehen. Aber nicht jedes Pferd erreicht das. Insofern sehe ich auch etliche Piaffen im Sport inzwischen anders - und trotzdem bleiben für mich die allermeisten Sportpiaffen gruselig. Einfach, weil aus der hohen Spannung heraus, die scheinbar nötig ist, um einen modernen GP absolvieren zu können, kaum eine tänzerische Piaffe entstehen kann.
Verfasst: Di, 29. Mär 2011 08:36
von emproada
@Ennah: die Piaffe ist zwar mit schön tiefer HH, dennoch überwiegt durch die verkürzte Oberhalslinie der negative Effekt. In Portugal sieht man solch ein Getribbel auf der Stelle leider dauerhaft.
@all: vielleicht sollte auch zwischen errittenen Piaffen und der Ziruslektion Piaffe unterschieden werden?
Verfasst: Di, 29. Mär 2011 08:53
von horsman
empora
woran erkennst Du anhand des Fotos "Getrippel" ?
Du siehst doch gar nicht wie das Pferd sich bewegt. Du vermutest es bloß.
Und wann ist es bloß eine Zirkuspiaffe? Wenn es danach ein Leckerli kriegt und nicht die Sporen

? Wenn das Pferd allein weiter piaffiert, ohne dass man es quetschen muss wie I.W.

? Macht also Neindorff auch Zirkuspiaffen, weil er einen Zirkusschimmel hat

?
Verfasst: Di, 29. Mär 2011 09:06
von Paula
hat nun die Piaffe von Neindorff im Filmauschnitt hier in euren Augen einen gymnastischen WErt? Könnt ihr den Link nicht öffnen, oder wollt ihr darüber nicht posten?
Verfasst: Di, 29. Mär 2011 09:27
von emproada
Zirkuspiaffe ist durchaus nicht negativ gemeint, nur es ist halt der einzigste Weg wie es die meisten Reiter (mich inklusive) schaffen dem Pferd eine Piaffe beizubringen.
Und das hat mal wieder nichts mit quetschen oder der Art des Pferdes zu tun.
@Paula: ich kanns nicht öffnen.
Verfasst: Di, 29. Mär 2011 09:32
von Gast
emproada hat geschrieben:
@all: vielleicht sollte auch zwischen errittenen Piaffen und der Ziruslektion Piaffe unterschieden werden?
Was ist denn Deiner Meinung nach die "Zirkuslektion Piaffe"? Diesen Begriff kenne ich im Bereich der Zirzensik nicht bzw. kenne keine Definition dazu.
Es gibt doch im Umfeld der klassischen Ausbildung des Pferdes zwei Schritte, die Piaffe die erst an der Hand entwickelt wird und dann unter dem Reiter weiter umgesetzt wird.
@Paula: ich kanns nicht öffnen.
Hast Du keinen PC oder einen alten Mediaplayer drauf? Es ist ein Standard Windowsmediaformatfilm, mit jedem Mediaplayer abspielbar.
Verfasst: Di, 29. Mär 2011 09:55
von Max1404
esge hat geschrieben: Wichtiger ist mir inzwischen,dass sich mein Pferd gut im Gleichgewicht anfühlt und taktmäßig sanft wiegend durchschwingt. Das ist eine Piaffe, die für ihn gymnastisch wertvoll ist, die die übrigen GGA verbessert, ihn zugleich löst und versammelt und nach der ich in der folgenden Arbeit ein maximal leistungsbereites Pferd habe.
Esge, genau das ist auch meine Meinung! Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.

Außer vielleicht, dass jede Bewegung, die ein Pferd macht (unter anderem auch eine Piaffe) unter Berücksichtigung seiner individuellen Möglichkeiten, des Körperbaus und der Gangmechanik beurteilt werden muss. Möglicherweise auch unter Berücksichtigung des Temperaments (aber das kann vermutlich nur der Reiter selbst).
Verfasst: Di, 29. Mär 2011 09:57
von Paula
@Max, kannst du den Link auch nicht öffnen?
@esge,du?
@emproada,schade
Verfasst: Di, 29. Mär 2011 10:05
von emproada
@HD: so wie ich geschlossenes Stehen entweder erreiten oder dem Pferd über touchieren beibringen kann, geht das doch auch mit einer Piaffe.
Verfasst: Di, 29. Mär 2011 10:07
von Gast
emproada hat geschrieben:@HD: so wie ich geschlossenes Stehen entweder erreiten oder dem Pferd über touchieren beibringen kann, geht das doch auch mit einer Piaffe.
Und was hat das jetzt mit Zirkus zu tun, wenn ich das Pferd am Boden zur Piaffe antouchiere? Das ist klassische Vorgehensweise.
Verfasst: Di, 29. Mär 2011 10:10
von Max1404
Doch, und mir hat die Piaffenarbeit von EvN gefallen.
Perfektionieren wird man sie wahrscheinlich nur unter dem Sattel können (da kann man eben durch Kreuzhilfen das Pferd noch etwas mehr setzen - das ist immer der Vorteil gegenüber der Handarbeit

). Ich denke aber, dass der Schimmel zum Zeitpunkt der Aufnahme die Piaffe nicht erst erlernt hat, sondern dass er sie schon gut konnte (vermutlich auch unter dem Reiter).
Es ist ja nunmal so bei diesen (Lehr-)Videos: keiner zeigt ein Pferd, das wirklich das erste Mal anfängt, sondern es werden immer Pferde gezeigt, die das schon länger können - und mit diesen Pferden wird gezeigt, wie die Schritte sind, die zu dieser Arbeit geführt haben. Und so klappt eben auch alles auf Anhieb ... Viel interessanter ist es zuzuschauen, wenn wirklich jemand diese Lektionen völlig neu entwickelt. Dann sieht man nämlich, wie zaghaft und manchmal kaum sichtbar sich bestimmte Dinge entwickeln.
(Das ist keine Kritik an den Videos, die alle ihre Berechtigung haben und die immer wieder gute Anregungen bieten.)