Dehnungshaltung bei Philippe Karl

Rund um die klassische Reitkunst

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ottilie
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Beitrag von ottilie »

Ich hab erst kurz reingeschaut, denke aber, daß dieses Buch super erklärt und anschaulich darstellt, was wie im Pferd funktioniert.
Allein nur vom Durchblättern würd ich sagen - absolut empfehlenswert.
Es grüsst ottilie
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esge
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Beitrag von esge »

Ich sehe jetzt allerorten, dass die Pferde so wie auf dem Video gearbeitet werden. Gar nicht eng und tief, sondern eng und bei falschem Knick hoch. Alle, die hoch hinaus wollen, scheinen jetzt so zu reiten. Bei uns werden aktuell 4 Pferde so gearbeitet, in einem anderen Stall sehe ich etliche - alle von Profis der Dressurszene gearbeitet, bzw. beunterrichtet die mit absoluter Überzeugung argumentieren, nur so kommt man in der heutigen Dressurszene zu was.
Fern ab meines inneren Aufschreis, was das gerade bei jungen Pferden anrichtet (die eine Stute bei uns wird jetzt Anfang des Jahres grad mal 4 und wird schon seit einem Vierteljahr so gearbeitet), kann ich nicht dagegen argumentieren - vielleicht ist es wirklich so, dass man so arbeiten muss, um moderne Lorbeeren zu ernten? Vielleicht weil man das exaltierte Vorderbein so heranzüchtet? Oder weil es diese "überspannten" gänge produziert, die mit schwungvoll verwechselt werden?

Aber wo liegt die anatomische Erklärung für diese hohe enge Haltung mit falschem Knick? Dass Rollkur das stechende Vorderbein entwickelt, weil Kopf-Arm-Muskel verkürzt, leuchtet mir ein. Aber diese Haltung?

Hm, ok, ist o.T, weil nix mehr Dehnugnhaltung PK. Neue Box ab Marquisas Video?
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ottilie
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Beitrag von ottilie »

Bitte schön - zum falschen Knick gehts hier entlang
Es grüsst ottilie
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Max1404
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Beitrag von Max1404 »

@s+p:
Wobei die Schulterfreiheit in den Bewegungen der Vorderbeine durch die vermehrte Belastung der Hinterhand in der Versammlung (verbunden mit dem Anheben der gesamten Widerrist-Schulter-Partie) erreicht wird.
Ja und nein, die Bewegung der Vorhand wir dauch dort produzier und nicht in der HH, ABER wenn die HH in ihrer Schubkanalisation und Balancesiztuation der Vorhand zuarbeiten, funktioniert die Bewegung dort auch nicht. Es geht Hand in Hand und beides beeinflußt sich gegenseitig. Das bedeutet aber auch, daß man an BEIDEN Seiten ansetzen kjkann, wenn man eine Veränderung herbeiführen mmöchte.
Ja, so habe ich das gemeint. :D
Ein Pferd, das sich nach unten auf den Zügel legt, hat meiner Meinung nach auch einen entspannten Kopf-Arm-Muskel, belastet aber die Hinterhand zu wenig (oder die Hinterhand ist nicht aktiv genug, dass das Pferd sich selbst tragen könnte).
Definitiv : NEIN ! Drückt das Pferd auf die Hand, so ist der K-A-Muskel mit im Zug - denn Muskeln können nicht "drücken", sie können nur ziehen- dahin, wohin sich dann die Gliedmaße bewegt- sprich bewegt sie sich nach unten, zieht es auch dort- im Grunde ganz simpel . Auch der Zungenbein-Brustbeinmuskel übrigens, deswegen sind auch Pferde, die auf dem Kopf gehen, nahezu immer tot im Maul.
Ich habe es vielleicht missverständlich ausgedrückt: mit drücken meinte ich das drücken auf's Gebiss. Ich meinte ein Pferd, das den Kopf passiv aufstützt. Das, was Baucher "Gewichtsopposition" nennt. Hier stimmt die Gleichgewichtsverteilung nicht mehr. Ist dabei der Kopf-Arm-Muskel auf Zug? Ich dachte eigentlich immer, dass er trotzdem entspannt ist, weil das Pferd sich ja passiv auf die Hand stützt.
Ein Pferd, das nach vorne gegen den Zügel drückt (auch wenn es den Kopf runter macht), müsste den Unterhals anspannen.

Auch hier : NEIN, wenn das Pferd nach vorne drückt ( wir merken : ein Muskel kann nicht drücken !) zieht der obere Genickmuskel das Genick auf und ermöglicht damit den Zug nach vorne. In kombination entweder mit einem entweder mit dem unteren Halsausläufer des langen Rückenmuskels- dann nach voirne unten, oder aber mit dem oberen Ausläufer des langen Rückenmuskels, dann nach oben vorne. Das ist dann diese schone Zerren oder stoßen, was Pferd manchmal machen.
Hier meinte ich etwas anderes, und zwar die Pferde, die zwar mit der Nase an der Senkrechten trotzdem so gegen den Zügel gehen, dass sie nur mit Bizepskraft und starren Fäusten an der Senkrechten gehalten werden können, sonst heben sie sich nach oben heraus. Ich habe schon solche Pferde geritten und meinte immer wieder zu fühlen, dass der gesamte Hals nach vorne drückt.
Das entspricht auch nicht hundertprozentig Baucher's "Kraftopposition", sondern eher einer "Ganz-Hals-Verspannung", verstehst Du, was ich meine?
Viele Grüße
Sabine
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marquisa
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Beitrag von marquisa »

Sabine,diese Erfahrung habe ich auch gemacht.

Meine 3,5 jährige Stute ist ein Pferd,welches grundsätzlich keinerlei Anstalten macht,den Unterhals herauszustrecken,im Gegenteil,sie trägt ihren Hals immer in einem schönen naturgegebenen Bogen.

Longiert man sie mit sehr langen Ausbindern,kann man beobachten,wie sie immer bemüht ist,an diese heranzutreten und den Hals zu längen,aber manchmal erscheint es,als wäre der Hals über einen kostanten Zeitraum noch nicht dehnfähig genug.Als würde sienoch nicht ganz drankommen.Das Genick ist dabei immer offen und die Nase geht deutlich vor,man denkt so: "Ja komm,noch ein wenig.." aber der Hals zieht sich immer wieder etwas zurück,ganz wenig,er ist immer noch lang,aber das extensive Dehnen scheint sehr anstrengend zu sein.

Ermüdet sie,lässt sie den Hals fallen,macht das Genick ganz weit auf,Kopf deutlich unter Buggelenk.Zeitgleich lässt die HH-Aktivität nach.

Mir scheint,als gäbe es in Höhe des 13.bis 15. Brustwirbels eine Art Drehpunkt,eine maximale Dehnung in beide Richtungen (vorne Längung des Halses,auseinanderziehen des Widerristes; hinten Dehnung der Kruppenmuskulatur durch weites Vorschwingen des Hinterbeines) ist nur dann möglich,wenn das Pferd gelernt hat,die Bauchmuskulatur aktiv zu benutzen und sich bereits eine gute Arbeitsmuskulatur aufgebaut hat.

Deshalb noch eine Zusatzfrage von meiner Seite:

Wie wichtig ist eine gute Grundkondition?
Mir ist die These: Balance vor Bewegung,nicht soviele unnütze Runden drehen durchaus bekannt,ich habe aber persönlich gute Erfahrung damit gemacht,erst den Schub und damit die Kondition zu fördern,um das Pferd in die Lage zu versetzen,dem erhöhten Kraftaufwand der geraderichtenden und gleichzeitig versammelnden Lektionen überhaupt Folge leisten zu können.
Der geschmeidige,gut durchblutete Muskel bietet sich auch besser für die Dehnung an,oder?

Wie handhabt ihr das?
esge
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Beitrag von esge »

Ist mal wieder ein bisschen eine Typfrage vom pferd. Bietet mir das Pferd einen guten Grundtrab an und bringt schon ein bisschen SChub von Haus aus mit, ist das sicher ein Weg.

Ich begegne dem Problem meistens, indem ich dem PFerd angemessen viele Pausen am hingegebenen Zügel gestatte. Das junge Pferd bekommt ziemlich viele davon - im Laufe der Ausbildung, und somit mit steigender Kondition, kann das Pferd dann länger und länger an die hand dehnen.

Man kann das gut vergleichen, wenn man Menschen ans Aussitzen heranführt. Anfangs gelingen nur einige Tritte wirklcih gut und geschmeidig. Es braucht tatsächlich Kondition, um schwer zu sitzende oder einfach schwungvolle Pferde über einen langen Zeitraum hinweg aussitzen zu können. Geht man über diesen Punkt hinaus, gibts Krampf.

Ich denke, demPferd in der Anlehnung gehts genauso.
Zu Zeiten, als ich noch mit Ausbindern longierte, habe ich beim noch ungerittenen Jungpferd alle 5 min die Ausbinder rausgeschnallt und Pferd strecken lassen. Ich halte das immer noch für sinnvoll, wenn mit Hilfszügeln longiert wird.
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Rosana
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Beitrag von Rosana »

Ach Leutchen, ich find es grad so toll, wie hier diskutiert wird: Das ist ein echter Austausch von Erfahrung und Erkenntnis, den ich sehr gerne, gespannt und interessiert mitlese.
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marquisa
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Beitrag von marquisa »

Rosana,ich finde es auch toll.

Ich persönlich habe gelernt,meine Rouladen im Schmortopf zu garen.
Die schmecken lecker :D

Ein anderer macht sie vielleicht im Römertopf im Ofen,dieses Handwerk beherrsche ich nicht,aber ich kann doch nicht von vorneherein sagen,dass das nix wird.

Vielleicht hilft mir diese Erkenntnis,meine Kochkünste noch weiter auszubauen :wink:
Max1404
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Beitrag von Max1404 »

Wie wichtig ist eine gute Grundkondition?
Mir ist die These: Balance vor Bewegung,nicht soviele unnütze Runden drehen durchaus bekannt,ich habe aber persönlich gute Erfahrung damit gemacht,erst den Schub und damit die Kondition zu fördern,um das Pferd in die Lage zu versetzen,dem erhöhten Kraftaufwand der geraderichtenden und gleichzeitig versammelnden Lektionen überhaupt Folge leisten zu können.
Ich arbeite zunächst auch lieber im vorwärts, aber ich denke, das liegt auch am Pferd (aber auch an meiner Ausbildung und meinem Vermögen als Reiter)
Durch das Arbeiten im Schritt und Halten wird die Muskulatur anders (nachhaltiger?) ausgebildet als in der Dynamik. Ich vergleiche es mal mit Tai Chi, das gerade durch die langsamen Bewegungen die Muskulatur hervorragend ausbildet und dabei die Gelenke mehr schont als in den dynamischen Bewegungen.

Allerdings begibt man sich durch das schwerpunktmäßige Arbeiten im Schritt, Halten und in den abgekürzten Gangarten immer in Gefahr, das frische Vorwärts nicht mehr abrufen zu können. Deshalb denke ich, dass es auf den richtigen Mix ankommt.

Ich würde ein junges Pferd eher vorwärts reiten und erst bei weiter fortgeschrittener Ausbildung zum Verfeinern im Schritt und Halten arbeiten. Wenn das Vorwärts erst mal richtig installiert ist, kann man auf diese wichtige Basis immer zurückgreifen, auch wenn sich das Pferd mal (z. B. beim ersten versammeln) verhält. Das ist für mich persönlich die "sichere Bank", bei der ich nichts falsch mache oder meine Fehler schnell korrigieren kann.
Viele Grüße
Sabine
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Muriel
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Beitrag von Muriel »

Max1404 hat geschrieben: Ich glaube, dass auch die Brustmuskulatur dazu benutzt wird, die Vorderbeine anzuheben (habe mir gestern Abend den Hals verrenkt, um wenigstens ansatzweise zu fühlen, was das Pferd fühlt, zum Glück hat mich keiner dabei gesehen :lol: )
Es wird also ein "ähnlicher" Effekt erzielt, nur unter Inanspruchnahme der eigentlich entgegengesetzten Muskulatur (nämlich der unteren, nicht der oberen). Das erklärt mir jetzt auch endlich mal aus anatomischer Sicht logisch, warum bei Pferden, die so gearbeitet werden, der Halsansatz hinter dem Widerrist die berühmte Kuhle aufweist, warum die Hinterhandmuskulatur oft im Gegensatz zur Brustmuskulatur nur wenig ausgeprägt ist und warum die Hinterhand in Verstärkungen schleppend ist und der Rücken "durchbricht".
Gut beobachtet - es ist die Brustmuskulatur, und die Bauchmuskulatur, die von unten stützt. Fehlt dieses Aufwölben von unten, sackt der Brustkorb nach unten durch, sichtbar unter anderem an der Ausprägung vom "Axthieb".
Ganz wichtig dabei ist aber eben auch das vorsichtige gezielte Arbeiten des M. serratus cervicis, dem Rumpfträger zwischen den Schulterblättern. Dieser ist es, der bei der ganzen PK'schen Balancearbeit, bei dem Dehnen ins Vorwärts, bei der Arbeit im Halten und im langsamen Schritt (u.a. auch der "gezählte Schritt" bei Racinet) in kleinen Einheiten aufgebaut wird und bewirkt, dass das Pferd im Brustkorb aufgerichtet wird und sich die Balance verbessert.

Ich habe aber noch einen weiteren Punkt, und zwar zum V/A mit Nase am Boden bei ganz jungen Pferden: Ich bin der Auffassung, dass die "Trüffelschweinhaltung" von einer Remonte nicht eingenommen werden sollte, weil das Pferd die Dehnung über die Oberlinie (Spannungsbogen) nicht längere Zeit halten kann, ohne auseinanderzufallen oder die Aktivität der Hinterbeine zu verlieren. Ich bin der festen Überzeugung, dass die Haltung nur korrekt von Pferden eingenommen werden kann, die in ihrer Ausbildung schon weiter fortgeschritten sind (Versammlung). Ich halte ein Arbeiten von ganz jungen Pferden mit V/A tiefer als Buggelenk daher für nicht richtig. Das sind aber eher Beobachtungen und ein gewisses "Feeling" von mir. Kann das jemand unter anatomischen Gesichtspunkten schlüssig erklären (oder mich vom Gegenteil überzeugen)?
Das kommt wieder darauf an, ob sich das Pferd im Brustkorb heben kann. Ich habe meinen Fjord, der durch falsches Anreiten 3,5jährig ziemlich im Rücken festhing, über Monate in sehr tiefer Haltung longiert, damit das Nackenband zum Zug kommt und das Pferd sich von beiden Seiten in der WS aufspannen kann und die Bauchmuskulatur zu arbeiten beginnt.
Fehlt dabei das Aufrichten von unten, das Aktivwerden der Brust- und Bauchmuskulatur, die aktive Hinterhand die das Nackenband spannt, bringt diese tiefe Haltung (vor allem wenn es dann noch mit "Schwung" verknüpft wird, das Pferd sehr auf die Vorhand, es läuft dann noch mehr in den Boden hinein.
Ein aktives sich-heben zwischen den Schultern muss also immer das Ziel sein, dann kann man so eine Haltung auch mal abschnittsweise fördern, um die ganzen oberen Strukturen zu dehnen und aus der Extension zu holen.
Max1404 hat geschrieben: Hier meinte ich etwas anderes, und zwar die Pferde, die zwar mit der Nase an der Senkrechten trotzdem so gegen den Zügel gehen, dass sie nur mit Bizepskraft und starren Fäusten an der Senkrechten gehalten werden können, sonst heben sie sich nach oben heraus. Ich habe schon solche Pferde geritten und meinte immer wieder zu fühlen, dass der gesamte Hals nach vorne drückt.
Das entspricht auch nicht hundertprozentig Baucher's "Kraftopposition", sondern eher einer "Ganz-Hals-Verspannung", verstehst Du, was ich meine?
Oft geht das einher mit einem verspannten Genick und ausgeprägten Verspannungen vor dem Widerist. Der Brustkorb sackt durch, der Reiter hält gegen, und damit das Pferd damit irgendwie umgehen kann, macht es fest was es kann und sucht sich seinen Halt in der Hand. Bringt man solche Pferde dazu, den Hals nach vorne zu entspannen, längt er sich oft um bis zu 10 cm (optisch gefühlt, nicht gemessen). Das Bild von Esges Vento ist so ein Fall (das "vor einem Jahr") - Pferde mit leichtem Genick gehen dann hinter die Senkrechte, die anderen machen fest und drücken dagegen.
marquisa hat geschrieben: Mir scheint,als gäbe es in Höhe des 13.bis 15. Brustwirbels eine Art Drehpunkt,eine maximale Dehnung in beide Richtungen (vorne Längung des Halses,auseinanderziehen des Widerristes; hinten Dehnung der Kruppenmuskulatur durch weites Vorschwingen des Hinterbeines) ist nur dann möglich,wenn das Pferd gelernt hat,die Bauchmuskulatur aktiv zu benutzen und sich bereits eine gute Arbeitsmuskulatur aufgebaut hat.
Gut beobachtet - der 14. BW ist der Drehpunkt der Wirbelsäule, wo sich die Dornfortsätze in ihrer Richtung umkehren. Hier ist in alle Richtungen die meiste Beweglichkeit.
Deshalb noch eine Zusatzfrage von meiner Seite:

Wie wichtig ist eine gute Grundkondition?
Mir ist die These: Balance vor Bewegung,nicht soviele unnütze Runden drehen durchaus bekannt,ich habe aber persönlich gute Erfahrung damit gemacht,erst den Schub und damit die Kondition zu fördern,um das Pferd in die Lage zu versetzen,dem erhöhten Kraftaufwand der geraderichtenden und gleichzeitig versammelnden Lektionen überhaupt Folge leisten zu können.
Der geschmeidige,gut durchblutete Muskel bietet sich auch besser für die Dehnung an,oder?
Ein gut durchbluteter Muskel ist die Grundlage für alles :wink:
Die Frage ist, was ist Kondition? Ist das Pferd auf Kraft gearbeitet oder auf Kondition (Ausdauer)?
Das Heben und Halten im Brustkorb ist fürs Pferd aktives Krafttraining, und kann entsprechend nur in kleinen Schritten über einen längeren Zeitraum aufgebaut werden. Und zwar besonders durch die Arbeit in langsamer Bewegung oder im Halten. Durchs Vorwärts erreicht man hier nur schwer genau die richtige Muskulatur, da das Pferd so viele andere Möglichkeiten hat, in der Bewegung sich zu helfen.

Der richtige Schub im richtigen Arbeitstempo ist wiederum gezieltes Krafttraining. :wink:
Wenn die Richtung nicht stimmt, nützt auch Galoppieren nichts.
wenn der Galopp aber besonders schön ist, ist die Richtung auch egal.
Max1404
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Beitrag von Max1404 »

Zitat:
Ich habe aber noch einen weiteren Punkt, und zwar zum V/A mit Nase am Boden bei ganz jungen Pferden: Ich bin der Auffassung, dass die "Trüffelschweinhaltung" von einer Remonte nicht eingenommen werden sollte, weil das Pferd die Dehnung über die Oberlinie (Spannungsbogen) nicht längere Zeit halten kann, ohne auseinanderzufallen oder die Aktivität der Hinterbeine zu verlieren. Ich bin der festen Überzeugung, dass die Haltung nur korrekt von Pferden eingenommen werden kann, die in ihrer Ausbildung schon weiter fortgeschritten sind (Versammlung). Ich halte ein Arbeiten von ganz jungen Pferden mit V/A tiefer als Buggelenk daher für nicht richtig. Das sind aber eher Beobachtungen und ein gewisses "Feeling" von mir. Kann das jemand unter anatomischen Gesichtspunkten schlüssig erklären (oder mich vom Gegenteil überzeugen)?


Das kommt wieder darauf an, ob sich das Pferd im Brustkorb heben kann. Ich habe meinen Fjord, der durch falsches Anreiten 3,5jährig ziemlich im Rücken festhing, über Monate in sehr tiefer Haltung longiert, damit das Nackenband zum Zug kommt und das Pferd sich von beiden Seiten in der WS aufspannen kann und die Bauchmuskulatur zu arbeiten beginnt.
Fehlt dabei das Aufrichten von unten, das Aktivwerden der Brust- und Bauchmuskulatur, die aktive Hinterhand die das Nackenband spannt, bringt diese tiefe Haltung (vor allem wenn es dann noch mit "Schwung" verknüpft wird, das Pferd sehr auf die Vorhand, es läuft dann noch mehr in den Boden hinein.
Danke für den Hinweis: ich habe bei meinen Überlegungen vergessen, dass Pferde mit unterschiedlichem Körperbau anders gearbeitet werden müssen. Ich bin in Gedanken zu stark von meinem langlinigen Warmblüter ausgegangen. Bei einem Fjord mit den kurzen Linien kann ich Dein Vorgehen absolut nachvollziehen.
Viele Grüße
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esge
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Beitrag von esge »

Außerdem kann es angebracht sein, bei dem ein oder anderen Exemplar einfach einen Umweg zu gehen, der zwar gewisse Nachteile mit sich bringt, aber trotzdem nötig ist, um ein anderes, für den Moment schwerwiegenderes Problem zu beheben.
Da sind wir wieder bei einer Prioritätenliste bei Häufung von Problemen.
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saltandpepper

Beitrag von saltandpepper »

Ja genau, Esge ! Wenn man ein Pferd hat, welches massiv zwischen den Schultern hängt dabei labberich und instabil ist wie ein Wackelpudding, ist mir u.U. erst mal völlig wurscht, ob das Hotte auf die Vorhand kommt, Hauptsache, es kommt in den Zug des Nackenbandes und wird damit stabiler. Und wenn es eben noch keine Rumpfträgermuskulatur benutzen kann, stelle ich es eben (zu ) tief ein , damit der Hebel des Halses das Auffächern des Wiederristes bewirkt und reite für die allererste Stabilisierungsphase erst mal eine kurze Zeit untertourig, um das Pferd nicht stärkere Kräfte auf die ( in dieser Haltung ja überlastete) VH wirken zu lassen und es nicht in diesem fragilen Gleichgewicht in Schwierigkeiten zu bringen.

Habe ich eine gewisse Losgelassenheit und erste Aktivität im Rücken, beginne ich vorsichtig über die deutlich Biegung, den M. Ventralis ser. zu aktivieren und die Schulteraufrichtung zu fördern, Erst, wenn eine gewisse Kraftentwicklung und Hebefähigkeit im Rumpfträger sich abzeichnet, ändere ich die zu tiefe Halsposition in eine dem Gleichgewicht zuträglichere Variante und erst DANN - bei einer relativen Fähigkeit zum Einnehmen eines Spannungsbogen des Pferdes, frage ich das deutliche Vorwärts an.

Denn erst dann ist bei vielen dieser instabilen Pferde die Fähigkeit da, das Vorderbein auch wirklich nach vorne zu bringen und erst dann kann ich nach meiner Erfahrung auch einen aktiven Schub fordern, ohne wieder in den Teufelskreis ungute Balance, daraus resultierend Verspannung der Oberline und damit dann ein durchgesackter Rücken mit der Behinderung der Vorhandmobilität- und damit wieder Verweigerung des Vorwärts zu gelangen.

Man muß eben jedes Pferd individuel betrachten und dann die passende Ansprache finden. Die Prioritäten in der Ausbildung bestimmt das Pferd !

Marquisa, wenn das Pferd den Hals nicht so längt, wie es könnte, fehlt genau die Aktivität der Rumpfhebermuskulatur. Bei vielen Pferden mit gutem Hals, sieht man das nur sehr schlecht, sie erscheinen gefällig in der Oberlinie, hängen aber trotzdem zwischen den Schultern.
esge
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Beitrag von esge »

Puh, auf sowas habe ich die Tage gesessen. Von unten betrachtet lief das Pferd eigentlich schön. Und irgendwie doch nicht. Vor allem lief es laut - eine zierliche Gazelle von Spanierstute. Dann setze ich mich drauf - und puh, statt Widerrist gabs nur ein Loch.
Später gings dann sehr schön.
Aber diese Stute sieht noch nett aus, wenn Widerrist im Keller. :roll:
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Poetin
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Beitrag von Poetin »

Ich denke auch, dass gezieltes Arbeiten an den Problemen, die das jeweilige Pferd mit sich bringt das wichtigste ist und dass es da keinen Non-Plus-Ultra Weg gibt.
Kleine Anekdoten: Meinen Friesenhengst habe ich jetzt ein knappes Jahr lang v/a gearbeitet, da er Zeit seines Lebens nichts tat, um ihm erst einmal ein Gefühl für die Dehnungshaltung zu zeigen. Dabei war es mir erst einmal egal, wie tief er kommt. Nun ist er schön geschmeidig und locker im Rücken und jetzt merke ich, nachdem er gelernt hat, geradeaus zu gehen, dass er sehr gerne seinen Hals einfach nur hängen lässt. Nun verlange ich von ihm, dass er sich selber trägt und siehe da, er wird leicht in der Hand und viele Dinge, wie z.B. Rückwärtsrichten fallen ihm leichter, da er nicht mehr so in den Boden rennt.
Meine Stute hat aufgrund ihres Körperbaus nicht solche Probleme. Sie ist allerdings auch schon seit mehreren Jahren regelmäßig geritten. Meist nur v/a, da ich sie ja auch auf Westernturnieren vorstelle. Sie kann z.B. auch galoppieren mit der Nase im Sand, ohne dass sie auseinander fällt. Jetzt über die Wintermonate arbeite ich mit ihr vermehrt als Ausgleichstraining am Schwungentwickeln und an versammelnden Übungen, die sie mehr in die Aufrichtung holen. Da zeigte sich dann, dass die zu tiefe Kopf-Hals-Einstellung doch Probleme bereitet, weil sie z.B. in der Pirouette versucht, sich hinter dem Zügel zu verkriechen. Wobei natürlich sämtliche Kraftentfaltung verloren geht. Auch sie profitiert von dem "Hochholen". Sie bleibt mittlerweile schön offen im Genick und sucht wirklich das Gebiss, indem sie sich an die Hand in einem schönen Bogen von oben herab dehnen will. Toll zu sehen und zu fühlen.
Der Wallach meiner Freundin hingegen wird erstmal nur ganz tief an der Longe gearbeitet, bzw. so tief, wie es ihm gefällt (mit Kappzaum und ohne Ausbinder) da er seinen Widerrist deutlich hängen lässt und eine sehr schwache bis falsch ausgeprägte Halsmuskulatur besitzt inkl. Axthieb und Unterhals. Er bringt aber von Hause aus auch so eine aktive Hinterhand mit sich, dass er, selbst wenn er sehr tief kommt, immer noch raumgreifend tritt und die HH nicht vergisst. Ich denke, da ist es sinnig, in der Reihenfolge zu arbeiten, wie SaP sie beschrieb. Unterschiedliche Pferde, unterschiedliche Wege.

Mich würden noch genauere Infos zu Tipps zum Widerrist anheben interessieren. Können wir das hier austauschen, oder wollen wir lieber einen neuen Threas aufmachen?

Viele liebe Grüße,
Poetin
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