Biegen - wie lernt es das Pferd?

Rund um die klassische Reitkunst

Moderatoren: Julia, ninischi, Janina

Phanja

Beitrag von Phanja »

Die Biegung gleichseitig, einseitig des Pferdes findet in der Bewegung ausschließlich im Hals statt. Die Restlich WS biegt sich- sofern sie dies partiell kann ( denn große Teile der WS sind z.B.knöchern verwachsen oder anders unbiegsam)- immer wechselseitig. Ein Schritt links, ein Schritt rechts.
Ich geb dir Recht,d ass die Wirbelsäule sich nicht gleichmäßig biegt, so wie das häufig auf Skizzen gerne dargestellt wird.
Trotzdem ist doch Biegung nicht ausschließlich ein Ergebnis des Halses. Auf dem Foto weiter oben sieht man finde ich auch sehr gut, dass die innere Hüfte des Pferdes einen geringeren Abstand zur inneren Schulter hat, als die äußere Hüfte zur äußeren Schulter.
Auf dem ersten Foto dieser Reihe kommt das auch nochmal gut rüber:

http://images.worldsoft-cms.info/wcms/f ... s/2591.jpg
Die Biegung ist desweiter völlig unabhängig von der Linie, auf der ein Pferd sich bewegt.
Was dann eine gewisse Abstellung im Verhältnis zur Linie zur Folge hat ... oder?
Bestes Beispiel hierfür ist das Ausbrechen auf dem Zirkel über die äußere Schulter, welches dem unerfahrenen Reiter gerne mal passieren kann.
Das Pferd ist hierbei gebogen, sogar sehr stark und trotzdem geht es ganz woanders hin, wie sehr der Reiter auch den inneren Zügel nutzt

Der erfahrene Reiter weiß : hier fehlt der ÄUSSERE Zügel, welche die Schulter rahmt. In soweit hat "Überbiegen- oder eben nicht Überbiegen " etwas mit der Schulterbalance zu tun.
Ich finde, da kommt es jetzt schon wieder aufs Pferd an. Das Pferd bricht über die äußere Schulter aus, weil der innere Hinterfuß nicht nach vorne schwingt und trägt und damit die äußere Schulter frei macht. Habe ich dem Pferd beigebracht, dass der innere Schenkel den inneren Hinterfuß nach vorne schicken kann, kann ich das auch mit in die Korrektur einfließen lassen.
In soweit funktioniert auch der "biegende Schenkel", indem er das Pferd quasi im Schulterbereich "weichen"läßt und das Pferd somit einen ausgleichende Bewegung mit dem Hals in die Gegenrichtung ausführen läßt. Sprich der innen am Gurt liegende Schenkel wirkt auf die Schulterbalance.
Und damit bin ich jetzt nicht so wirklich einverstanden - sollte der Schenkel am Gurt nicht grundsätzlich ein vermehrtes vorschwingen der Hinterhand zur Folge haben?
Ich seh das so - die Schenkel kontrollieren, was die Hinterhand tut und die Hand kontrolliert was der Kopf bzw. die Schultern tun. Und man kann über den indirekten Zügel sehr genau auch einhändig die Schultern beeinflussen - vorausgesetzt, das Pferd hat das gelernt ...
Man benutzt wissentlich und planvoll den ZÜGEL - ( Ironiemodus ein : Hiiilfäää das Dogma " wir reiten doch niiiie mit dem Zügel" wird angetastet" obwohl "MAN" das doch auf gar keinen Fall will.... warum eigentlich ??? - Ironiemodus aus)
Na jaaaa - aber wenn man ihn gar nicht benutzen würde, bräuchte man ja keine Zügel ;-)

Ich habe mein Pferd von Anfang an auf die Biegung über den jeweiligen Sitzknochen konditioniert und das funktioniert an sich sehr gut. Dass natürlich nicht jedesmal die perfekte Biegung dabei rauskommt, ist denke ich ganz normal. Aber in dem Fall kann ich ja immer noch per Schenkel und/oder Hand korrigieren ...

Ich finde also schon, dass man für Biegung die Schultern/den Hals UND die Hinterhand kontrollieren können sollte. Immerhin will man ja meistens in eine bestimmte Richtung reiten. Und wenn das Pferd auf der Linie zwar mit den Schultern da ist, wo es hin soll, aber die Hinterhand dabei ausfällt, nützt es mir wenig, die Schulter weiter nach draußen zu nehmen. Klar - ich erreiche damit Biegung - aber eben nicht mehr genau auf der Linie, auf der ich reiten wollte ...

Ich hoffe, ich hab jetzt nicht den totalen Denkfehler drin, aber ich finde die Diskussion wirklich sehr spannend! :-)
esge
User
Beiträge: 1869
Registriert: Mi, 03. Jan 2007 12:29
Wohnort: Taunus

Beitrag von esge »

Phanja: Ja, so steht es in jeder Reitlehre: Der innere Schenkel veranlasst das innere Hinterbein dazu, mehr abzufußen. Bloß habe ich da einen Denkknoten: Das innere Hinterbein schwingt in der Biegung doch gar nicht vermehrt vor. Im Gegenteil, es hat den kürzeren Weg. Es muss mehr Last aufnehmen, ja. Aber den weiteren Weg legt das äußere Hinterbein zurück.
Warum also soll ich das innere Hinterbein treiben?

Wieder mal aus meiner täglichen Erfahrung mit den Schimmelingern:

Bei Vento tue ich mich relativ schwer, ihm eine Rechtsbiegung zu geben. Verwende ich den inneren Schenkel, stemmt er sich regelrecht dagegen - oder läuft davor weg. Was hingegen gut funktioniert, ist so zu sitzen, als würde ich meinen inneren Gesäßknochen quasi ein bisschen gegen den Sattelbaum drücken. Würde ich auf einem Ball sitzen, entspräche diese Bewegung einem Rollen auf dem Ball nach links.

Nun beeinflusse ich mit dieser Bewegung gewiss nicht irgendein Hinterbein des Pferdes. Vielmehr "rücke" ich sein Gleichgewicht hin zur äußeren Schulter. Das Pferd balanciert dagegen, indem es sich mit dem Hals nach rechts biegt.

In dem Zusammenhang würde mich interessieren Phanja, auf WELCHEN Sitzknochen du dein Pferd konditionierst zum Biegen. Vermutlich würdest du spontan antworten "auf den inneren". Aber was GENAU machst du? würdest du beim nächsten Reiten nochmal genau nach"sehen"? Das interessiert mich nämlich wirklich, da ich festgestellt habe, dass ich mit der Standardgeschichte "inneren Gesäßknochen belasten" weder beim eigenen Reiten noch bei Schülern wirklich weiterkomme. Vielmehr hängt es von Fall zu Fall davon ab, wohin das Pferd sich gerade balanciert.
Beim ausbalanciert auf gebogener Linie gehenden Pferd sitze ich im Idealfall gleichmäßig auf beiden Gesäßknochen und wende lediglich den Oberkörper in Laufrichtung.
Zuletzt geändert von esge am Di, 04. Jan 2011 12:19, insgesamt 1-mal geändert.
Loslassen hilft
horsman
User
Beiträge: 2879
Registriert: Mo, 25. Sep 2006 12:04
Wohnort: NRW

Beitrag von horsman »

ist scho Recht :wink:
Das Gefühl was man haben kann, dass man ein um den inneren Schenkel gebogenes Pferd hat, kenn ich ja durchaus auch. Warum auch immer sich das einstellt - wohl eher nicht wegen der vielgepriesenen RIPPENBIEGUNG Vielleicht liegt es mehr an den Schultern?

Das Pferd von Harry Bold ist m.E. hinter dem Sattel schnur gerade. Fast scheint es sogar rechts eine Idee kürzer, wenn man sich den Aalstrich anschaut. Nunja. Das Pferd von Branderup sieht in der Tat etwas gebogen aus. Hier denke ich, ist sind es die Hüfte und die Schultern aber nicht der Brustkorb.

Wie dem auch sei, auf der Suche nach der SUPERWICHTIGEN Biegung hat man (ich leider auch) schon so manches Tier ohne Sinn malträtiert.
First a relaxed mind, then a relaxed horse.
Phanja

Beitrag von Phanja »

@esge
Ja - das innere Hinterbein hat den kürzeren Weg. Und die Zeit, die es dadurch gewinnt, kann es zum Tragen nutzen (tragen kann ja nur, was unter dem Gewicht am Boden ist).
Vielleicht hab ich es etwas doof ausgedrückt. Der innere Schenkel soll den Hinterfuß unter den Schwerpunkt schicken. Heißt - wenn der innere Hinterfuße unter den Schwerpunkt greift UND den kürzeren Weg hat, kann er zum Tragen kommen und die äußere Schulter entlasten (was für die äußere Schulter toll ist, weil sie ebenfalls den weiteren Weg hat, diesen aber in der gleichen Zeit wie der innere Hinterfuß zurücklegen muss ...)
Langsam krieg ich einen Knoten ins Hirn :shock:

So superkonkret kann ich das glaub ich gar nicht in Worte fassen :oops:
Bei mir war es immer so (und auch jetzt noch), dass Sitzknochen belasten rechts und dabei locker bleiben überhaupt kein Thema ist. Links sieht es schon anders aus - anfangs konnte ich das gar nicht. Jeder Versuch, den linken Gesäßknochen zu belasten, endete damit, dass ich entweder kippte, verkrampfte oder doch plötzlich rechts saß.
Ich hab dann eine zeitlang zuhause auf einem Stuhl geübt, meine komplette linke Seite bewußter zu bewegen (hab mich auch zeitweise auf einen Stuhl gesetzt und bin mit dem linken Gesäßknochen eine imaginäre Schiene vor und zurückgefahren (jaja - ich weiß - es klingt bescheuert :roll: ).
Letztlich hat mir nur üben, üben und üben geholfen. Ich war einfach links schlecht koordiniert.
Vom Gesamtgefühl würde ich sagen, ist es ein lang werden des Beines auf der jeweiligen Seite. Und dieses Bein wird aus der Hüfte lang - sprich - Becken, Schultern, etc. bleiben wo sie sind.
Wie dem auch sei, auf der Suche nach der SUPERWICHTIGEN Biegung hat man (ich leider auch) schon so manches Tier ohne Sinn malträtiert.
Keine Ahnung, was du uns in diesem Zusammenhang und dieser Diskussion damit sagen willst *schulterzuck*
"Man" hat generell wohl schon sehr viele Pferde ohne Sinn malträtiert ... :roll:
le_bai
User
Beiträge: 649
Registriert: Do, 16. Dez 2010 09:21
Wohnort: euregio

Beitrag von le_bai »

guuuutes thema :) danke für eure erhellenden beiträge :D
ich möchte noch bezüglich der problematik sitzen und "biegegefühl" *was.für.ein.wort* etwas beisteuern.

meine RL (mit dem gelben schein :( ) hat ein speziell aufgehangenes fass, welches in der aufhängung so konstruiert ist, dass es den bewegungsmechaniken des pferdes nahe kommt.

an diesem fass konnte ich mir gefühl und mech. auswirkungen für manche meiner "sitzzustände" abholen.
Ich kann nur bestätigen, dass ein längermachen des (inneren) beins von oben heraus zum "wegrutschen" des fasses in die "äußere richtung" führt. ausserdem habe ich mittels einer sitzplatte auf einem aufgepumpten ball eine idee von meiner "reellen" beckenbeweglichkeit bekommen :lol:
üben kann man auch gut im büro :wink:
ich versuche z.b. ganz gezielt meinen bürostuhl entweder mit dem linken oder rechten sitzbeinhöcker zu bewegen. seitdem ich übe, widersetzt sich mein hotti nicht mehr - in diesem zusammenhang möchte ich erwähnen, dass diese dämliche vorstellung LEDIGLICH über den schenkel die biegung einzuleiten bei mir dazu geführt hat, dass bei meinem pferd offensichtlich etwas ganz anderes ankommt.
lieber lasse ich den "aktiven" schenkel weg, die beine fallen durch den sitz sowieso für das pferd spürbar differenziert, achte lieber auf meinen allerwertesten, mach mit noch ein bild im kopf, reiße mein blick vom genick des pferdes :roll: hin in die richtung, die ich (innerlich) anvisiere - meist geht es wie von allein.
mein hotti ist anfänglich auch VEHEMENT gegen den schenkel gegangen ... der arme kerl ... und ich habe ihn nicht verstanden :P.
andererseits kann er mich (z.b. durch plötzliche aufgabe von stellung und biegung - oder umkehrung) auch immernoch richtig aus dem konzept bringen, weil ich an der "koordination" meines allerwertesten noch ganz bewusst arbeiten muss.
zum momentanen zeitpunkt kann ich von wirklichen fortschritten sprechen, seit ich gezielt die hände für die VH, die beine für die HH "gebrauche".
das sehe ich ersteinmal als übergangslösung, solange ich mich gesamtkörperlich nicht immer eindeutig ausdrücken kann. :roll:
wobei meine reihenfolge (der aktiv angesteuerten körperteile :lol: ) sitz - beine -hände ist.
Annie
User
Beiträge: 111
Registriert: Do, 06. Mär 2008 12:43
Wohnort: Österreich

Beitrag von Annie »

um nicht wie immer den Faden zu verlieren eine Zwischenfrage.
das viel gelesene" von der inneren Schulter wegbringen" erreiche ich also durch das unter den Schwerpunkt treten des inneren Hinterbein ?
Jolly
User
Beiträge: 165
Registriert: Mo, 10. Mär 2008 11:20
Wohnort: Lüneburger Heide

Beitrag von Jolly »

esge, mein RL hat mir auf meine Frage, wie ich linksbiegig sitze (zum dehnen der äußeren Seite, nicht zum Verkürzen der inneren Seite) Folgendes geantwortet (und mit Berührung gezeigt): "Nimm die rechte Schulter ganz leicht vor, lass dabei die Schultern aber auf einer Höhe und öffne Deine Rippen auf der rechten Seite, so wie Du auch möchtest, dass sich das Pferd auf der rechten Seite in den Rippen öffnet und atme in die gedehnten Rippen. Das reicht, nicht an Belastung von Sitzknochen denken." Mir hat das geholfen und das Umstellen fiel mir danach deutlich leichter und die Pferde reagierten prompter. Mein Reitkünste sind allerdings meilenweit von Deinen entfernt, aber vielleicht hilft es ja trotzdem :oops:
saltandpepper

Beitrag von saltandpepper »

Phanja schrieb :
Ich geb dir Recht,d ass die Wirbelsäule sich nicht gleichmäßig biegt, so wie das häufig auf Skizzen gerne dargestellt wird.
Trotzdem ist doch Biegung nicht ausschließlich ein Ergebnis des Halses. Auf dem Foto weiter oben sieht man finde ich auch sehr gut, dass die innere Hüfte des Pferdes einen geringeren Abstand zur inneren Schulter hat, als die äußere Hüfte zur äußeren Schulter.
Auf dem ersten Foto dieser Reihe kommt das auch nochmal gut rüber:
Foto folgt
Zitat Ende.

Phanja, natürlich kann das Pferd in dieser Phase ( ist ja eine Momentaufnahme) nach innen gebogen sein. Das ist dann der Schritt, bei dem die WS nach innen schwingt. Im nächsten Augenblick schwingt sie aber dann nach außen ....
Neuer Schritt, neue Biegung = Pendelbewegung der WS. Und auch des Beckens und der Hüfte, sonst würde das Pferd lahmen.

Fotos halten immer einen Augenblick fest. Bewegung ist aber kein Augenblick.

Und bezüglich des "Vortreibens" des inneren Hinterbeines :

Das ist das, was ich irgendwo vorher schon mal geschrieben habe- ich glaube in der "Hilfen"-Diskussion. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, den Schenkel einzusetzen. Erfolgt der Impuls in die Schwungphase des Beines- in der das Bein nach vorne geführt wird, bedingt er eine Kontraktion des Bauchmuskels und fördert das Vorschwingen ( bzw. KANN es, wenn das Timing stimmt). - Das ist der reflexorientierte Teil einer Schenkelhilfe.
Er kann aber auch - wenn das Pferd auf den Schenkelimpuls vorwärts schieben soll- sprich der Impuls wird auf die Schubphase mit mehr Aktivität konditioniert- das ist der erlernte Effekt der Schenkelhilfe- im Grunde GEGEN die Reflexe = Druck auf den Bauchmuskel= Kontraktion desselben. Das ist die Schenkelhilfe die das Pferd vorwärts treibt.

Ich denke esge, das muß ,man eigentlich immer differenzieren um keine Mißverständnisse zu schaffen.
esge
User
Beiträge: 1869
Registriert: Mi, 03. Jan 2007 12:29
Wohnort: Taunus

Beitrag von esge »

Jolly: Schönes Bild! Werde ich morgen ausprobieren! Danke!
Loslassen hilft
Benutzeravatar
Rosana
User
Beiträge: 590
Registriert: So, 25. Apr 2010 18:09
Wohnort: Südbaden
Kontaktdaten:

Beitrag von Rosana »

Also mir ist zum Wesen der Biegung jetzt so langsam echt ein riesen Licht aufgegangen - sozusagen ein Halogenstrahler... :D :idea: :!:
Es geht also im Wesentlichen um die Schulterbalance - diese Vorstellung wird mir sicherlich auch in der Praxis helfen!

Wo mir jetzt noch ein wenig die Klarheit fehlt, ist wie die Hinterhand da mit zusammenhängt. Also wie erreicht man nun genau das spurige Fußen der Hinterhufe auf gebogenen Linien? Bisher dachte ich immer, das käme eben dadurch, dass das Pferd "richtig", also der gerittenen Linie entsprechend gebogen ist...
Indem an das innere Hinterbein mehr unter den Schwerpunkt holt und das äußere am Ausfallen hindert? Ist es das?

Nochmal zum inneren Sitzhöcker und den Gewichtshilfen: Ich finde es kommt auf die Situation an: Manchmal hilft mir die Vorstellung, den Sitzhöcker gegen die Mitte des Sattels zu schieben, also sozusagen seitlich damit einzuwirken, manchmal ist es eher dieses Langmachen einer gesamten Seite. Und dann führt ja auch das Zurücknehmen des Beines aus der Hüfte heraus dazu, dass mehr Druck auf den gegenseitigen Sitzhöcker kommt.
Bild
Pferdialog.de
Max1404
User
Beiträge: 2259
Registriert: So, 13. Jun 2010 13:54
Wohnort: Hessen

Beitrag von Max1404 »

Wo mir jetzt noch ein wenig die Klarheit fehlt, ist wie die Hinterhand da mit zusammenhängt.
@rosana: mir hat früher die Vorstellung sehr geholfen, dass ich mit jeder Hand eine Schulter, und mit jedem Sporn ein Hinterbein kontrolliere.

Also: mit dem begrenzenden äußeren Zügel kontrollierst Du die Schulter so, dass sie nicht seitlich ausbrechen kann. Ein typischer Anfängerfehler ist es, in der Wendung mit der äußeren Hand nach vorne zu gehen und wie bei einem Fahrradlenker zu lenken. Das ermöglicht dem Pferd, über die Schulter nach außen wegzulaufen. Der nächste Fehler, den Anfänger in einer solchen Situation gerne tun, ist am inneren Zügel zu ziehen, und dann kommt nur noch Murks heraus ... Vielen Reitern hilft es, in der Wendung eine Zeitlang entweder beide Hände oder die nur äußere Hand am Widerrist sanft anzulegen, so lange, bis sie den "Fahrradlenker" aus ihrem unbewussten Bewegungsrepertoire entfernt haben.

Der äußere verwahrende (passive) Schenkel kontrolliert die Spur wie eine äußere Begrenzung, z. B. eine Bande. Wenn er fehlt, kann das Pferd mit den Hinterbeinen schenkelweichenartig nach außen ausweichen. Viele Pferde driften bevorzugt an der offenen Zirkelseite mit den Hinterbeinen nach außen, weil sie dort die Begrenzung der Bande nicht haben. Es gibt sogar Pferde, die an den geschlossenen Zirkelseiten in Richtung Ecken driften. Da fehlen immer der verwahrenden äußeren Hilfen. Falls das Pferd also hinten nicht mehr richtig spurt, den äußeren Schenkel sanft einsetzen und sobald die Spur wieder stimmt, nachlassen. Man kann die Spur sehr schön kontrollieren, wenn an der langen Seite ein Spiegel hängt und man den Zirkel so anlegt, dass man einen Teil des Zirkels auf den Spiegel zureitet und sich von vorne sehen kann. Bei Pferden, die zu sehr wegdriften, kann es außerdem helfen, den Zirkel eine Zeitlang eher eckig anzulegen (zunächst mit den Ecken an den 4 Zirkelpunkten, später immer mehr Ecken anlegen, bis der Zirkel irgendwann rund wird).

Wenn der Zirkel kreisrund ist, ist es die nächste Herausforderung, ganze Bahn auf dem 2. oder 3. Hufschlag zu reiten. Erst dann merkt man, wie sehr das Pferd noch an der Bande klebt. Viele Pferde schwanken dabei wie ein Schiff im Sturm...
Viele Grüße
Sabine
Bild
Benutzeravatar
Rosana
User
Beiträge: 590
Registriert: So, 25. Apr 2010 18:09
Wohnort: Südbaden
Kontaktdaten:

Beitrag von Rosana »

:D Danke für deine Antwort Max1404.

Manchmal habe ich den Eindruck, dass ich dadurch, dass ich hier so viel Frage irgendwie ein bissel falsch eingeordnet werde :wink:
Nicht jeder, der viele Fragen stellt und nicht alles schon gleich besser weiß, ist ein Anfänger (oder ist es vielleicht sogar eher andersherum :wink: )

Max, das geht jetzt gar nicht so sehr an dich persönlich, deine Antwort hatte für mich durchaus auch spannende Teile. Aber das der äußere Zügel die Schulter begrenzt, dass habe ich danndoch irgendwo schon mal gehört... :wink:
Ich habe jetzt hier im Forum schon ein paar Mal Antworten auf meine Fragen bekommen, bei denen der Antwortende offensichtlich nicht versanden hatte, um was es (mir) eigentlich ging und dann meinte, mir so ganz Grundlegende Dinge erklären zu müssen.

Deshalb wollte ich das einfach mal kurz klarstellen: Ich reite seit über 30 Jahren, bilde mich ständig fort, bei verschiedensten Ausbildern, hatte Dutzende (das ist nicht übertrieben) verschiedene Reitlehrer, habe in verschiedenste Reitweisen/Methoden reingeschnuppert, schaue mir alles an, lese jede Menge Bücher, Zeitschriften, Foren...

Aber wie gesagt Max, ich schätze deine Beiträge grundsätzlich sehr, ich musste das jetzt nur einfach mal loswerden, wiel ich mich so ein bissel fehleingeordent fühle. :oops: Verletzter Stolz :oops:
Bild
Pferdialog.de
Max1404
User
Beiträge: 2259
Registriert: So, 13. Jun 2010 13:54
Wohnort: Hessen

Beitrag von Max1404 »

@Rosana, nichts lag mir mehr fern als Dich falsch einzuorden. Falls das bei Dir falsch angekommen ist, bitte ich Dich um Entschuldigung.

Manchmal kann man das, was man meint, aber besser verdeutlichen, wenn man auf die besonders typischen Fehler von Anfängern hinweist, weil die jeder gleich besser vor Augen hat. Viele fortgeschrittenere Reiter machen aber die gleichen Fehler, nur etwas "versteckter". Ich kenne so einige Reiter, die zahlreiche A- und manchmal auch L-Platzierungen haben, deren Pferde trotzdem nicht auf dem 2. Hufschlag geradeaus gehen können ohne mindestens 1m nach rechts oder links zu schwanken, die auf dem Zirkel abdriften, deren Zirkel wie Eier aussehen, die nicht auf den Punkt reiten können und die noch immer in den Wendungen mit der äußeren Hand vorgehen und deren Pferde beim Galoppieren ganze Bahn traversartig gehen und sich bei jedem Übergang herausheben und die bei jeder ganzen Parade zackig die Vorderbeine stauchen. Diese Liste könnte ich noch ewig lang so weiterführen. Traurig, aber wahr. In diesen Fällen liegt es IMMER daran, dass die Grundlagen nicht stimmen, weder beim Reiter noch beim Pferd.

Kannst Du Deine Frage noch ein wenig präzisieren? Mir ist nämlich nach Deiner Antwort jetzt nicht mehr so ganz klar, auf was Du hinauswolltest.

Und nochmals: Entschuldigung, wenn ich Dir auf die Füße getreten bin, das war nicht meine Absicht. :oops:
Viele Grüße
Sabine
Bild
charona
User
Beiträge: 840
Registriert: Sa, 06. Jan 2007 13:05

Beitrag von charona »

Rosana hat geschrieben:Manchmal habe ich den Eindruck, dass ich dadurch, dass ich hier so viel Frage irgendwie ein bissel falsch eingeordnet werde :wink:
Nicht jeder, der viele Fragen stellt und nicht alles schon gleich besser weiß, ist ein Anfänger (oder ist es vielleicht sogar eher andersherum :wink: )
Rosana, da sprichst/schreibst Du mir so richtig aus der Seele :-) das ist der Grund, warum ich meist mehr lese als hier poste -auch wenn's mir unter den Nägeln brennt-

und was das mitgehen mit dem äusseren Zügel angeht: Habe vor kurzem mit meiner jungen Friesenstute nach einigen Jahren Abstinenz wieder eine Kontrollstunde bei meinem alten -ja, der Gute ist mit 84 wirklich nicht ganz knusprig mehr- Reitlehrer genommen. Und was bemängelte er: jawoll, ich solle mehr mit dem äusseren Zügel mitgehen. Und ja, meine Stute bog sich dadurch besser. Auch hier gilt: es führen viele Wege nach Rom.

trotzdem Dank an alle für die sehr interessanten Diskussionen der letzten Tage.

Herzliche Grüsse
horsman
User
Beiträge: 2879
Registriert: Mo, 25. Sep 2006 12:04
Wohnort: NRW

Beitrag von horsman »

für mich stellt sich die korrekte Biegung eher auf passivem Weg ein, d.h. ich versuche gar nicht direkt irgendeine Biegung zu erzeugen, sondern versuche auf den Kreislinien peinlich genau die Balance zu halten.

Das bedeutet: cm-genaue Schulterbalance (im Grunde wie beim SH), dass das Pferd weder auf die innere Schulter in den Kreis hinein fällt, noch auf die äußere Schulter aus der Kreislinie nach außen flieht. Dazu dient anfänglich auch die Stellung/Konterstellung wie nötig um die Schulterbalance zu bekommen/erhalten. Ebenso SH und Konter-SH auf Kreislinien als (Vor)Übung.

Kann ich die Schultern auf den Kreislinien voll und leicht kontrollieren und somit auch mit dem äußeren Zügel nach innen bringen, denn nur dadurch wird sie immer wieder vor die HH gebracht (Grundstatz: stets die VH exakt vor die HH bringen) kann ich versuchen dazu dann permanente leichte innen Stellung+Halsbiegung dazu geben.

Wenn all das funktioniert und das Pferd fein dosiert und balanciert exakt auf der gwünschten Kreislinie und in guter Balance bleibt bekomme ich die Biegung quasi geschenkt. So mein Eindruck. Die Schenkel spielen dabei eher eine untergeordnete Rolle. Sie erhalten allenfalls die Impulsion (wie eigentlich immer) damit das Pferd leicht bleibt und wirken gelegentlich einseitig kanalisierend, aber nicht mit dem Ziel mit den Beinen die HH zu einer Seite zu bringen!
First a relaxed mind, then a relaxed horse.
Antworten