Abeja hat geschrieben:Was meint ihr? Schadet man seinem Pferd, wenn man das alles ausprobiert bzw. den Hufen das abverlangt? Ist ein leistungsfähiger Barhuf, mit dem man sein Pferd grundsätzlich Hufschutz ganz normal draußen 1 - 2 Std reiten kann, eine Illusion?
Und noch was: Ist es normal, dass das Pferd direkt nach dem Ausschneiden etwas fühliger ist als sonst oder wie sind da eure Erfahrungen?
Ehe ich auf Deine Fragen eingehe, vorausgeschickt, dass es mich nicht wundert, dass Dein Schmied eine solche Aussage macht. Es ist und bleibt ein Schmied und damit ein Spezialist für Beschlag. In deren Ausbildung wird barhuf nur am Rande behandelt und sie haben trotz umfassenden Wissens über den beschlagenen Huf nicht so viel Kenntnisse über den unbeschlagenen. Es mag Ausnahmen geben, mir ist keine bekannt.
Zu Deinen Fragen:
Ich denke nicht, dass man dem Pferd schadet, gleich gar nicht, wenn die Reitzeit nur so kurz ist, wie von Dir beschrieben. Meine HO rät mir auch immer wieder, alles auszuprobieren und Skadi entscheiden zu lassen. Sie sagt auch, dass es Pferde gibt (Warren ist so ein Kandidat), die nicht so empfindlich sind. Hier muss der Reiter die Verantwortung übernehmen. Der Huf kann sich nur an die Untergründe anpassen, über die er läuft.
Natürlich läuft auch Skadi über feinen Schotter (kein Split) vorsichtiger als über einen Waldweg, aber das soll ja so sein. Denn die Hufe spüren einfach, dass der Untergrund uneben ist und so muss das Pferd langsamer gehen, wenn es seine Beine korrekt setzen will. Ich halte aus dem Grund auch nichts davon, mit beschlagener Begleitung einen Hufschutz zu verwenden. Denn ich denke, dass der Beschlag dem Reiter einfach das Gefühl dafür wegnimmt, welche Wege für welche Gangart geeignet sind. Meiner Auffassung nach sollte man auch mit Eisen nicht über solche Wege in schnelleren Gangarten reiten. Da erwarte ich einfach, dass der Mitreiter auf mein unbeschlagenes Pferd Rücksicht nimmt und seines damit auch noch pfleglich behandelt.
Ich kann da Jollys Posting nur unterschreiben.
Zur Fühligkeit nach dem Ausschneiden: "Normal" im Sinne von "es kommt häufig vor" ist es durchaus, aber es sollte nicht sein. Wir hatten am Anfang der Barhufumstellung häufig das Problem. Ich musste meine HO immer mailen, wie es diesmal war, weil sie dann wusste, dass sie zu viel weggenommen hatte. Skadi hat eine recht dünne Sohle. Erst jetzt, nach zwei Jahren geht sie meistens so wie vor dem Ausschneiden.
Es gibt auch Hufbearbeiter, die die Sohle komplett in Ruhe lassen und nur das lose Zerfallshorn mit einer Drahtbürste abreiben.
Was die harten Böden betrifft: Distanzpferde werden, soweit mir bekannt ist, sogar auf Asphalt trainiert. In Maßen soll das richtig gut sein. Und es gibt Distanzreiter, die barhuf reiten. Ich kenne Trailpferde, die auf Kreta (= knochenharte und teilweise extrem steinige Böden) und in anderen Ländern barhuf 160 km in sechs Tagen laufen. Es hängt mit Sicherheit vom Huf und von der Hufbearbeitung ab. Solche extremen Leistungen sind sicher nicht mit dem Durchschnittshuf machbar, aber ein, zwei Stunden aktives Reiten? Davon bin ich überzeugt.
Abschließend noch zur Schiefe und den Kotflügeln: Im Moment ist es normal, dass die Pferde vermehrt zu Kotflügeln neigen: Der Huf wächst grad enorm und der Abrieb ist bei keinem Pferd gleichmäßig und vermutlich auch nicht ausreichend. Skadi läuft z.B. aus dem Karpalgelenk heraus ein bisschen über den Onkel, d.h. sie läuft immer über die äußere Hufkante. Im Winter, wenn das Hufwachstum verlangsamt ist, sieht man da zwischen zwei Bearbeitungen gar nichts. Jetzt bin ich innen auch hinterher, dass die Kotflügel nicht zu breit werden. Ich denke, jedes Pferd hat wie jeder Mensch ein individuelles Gangbild. Und ich bin davon überzeugt, dass ein künstliches Hintrimmen des Hufes auf die Idealform nicht zwingend dazu führt, dass der Abrieb gleichmäßig erfolgt und auch auch nicht zwingend dazu beiträgt, dass sich das Gehen des Pferdes verbessert.
Um die Analogie zum Menschen zu bedienen. Ich hab ja nun mal diese verformten Füße. Wenn mein Schuster über den orthopädischen Schuh meine Füße "überkorrigiert", sie also so hinstellt, wie es lehrbuchmäßig sein müsste, bekomme ich beim Laufen Schmerzen. Stehen sie minimal schief, komm ich wunderbar klar. Stehen sie zu schief (z.B. durch abgelaufene Sohlen), hab ich auch Probleme, aber nicht so große wie bei einer Überkorrektur, die ich bis in die Hüfte spüre. Das lässt sich meiner Meinung nach auf Pferde übertragen. Fakt ist, als ich noch den Schmied an Skadi hatte, der den Fuß alle sechs Wochen auf einen Ruck gerade hingestellt hat, hatten wir nur Schwierigkeiten. Seit der Barhufumstellung sind diese weg, auch wenn sie manchmal, insbesondere im Frühjahr, gegen Ende des Bearbeitungszeitraumes ein wenig "x-ig" läuft.