Hallo
einige Beiträge finde ich dem Pferd gegenüber ziemlich hart.
Also wenn davon die Rede ist, dass "der Herr" gerne so will wie er möchte z.B.
Ok also Bewegungsmangel schließen wir erstmal aus, weil Herde/24h draußen.
Dann
-der Gedanke, es sei Langeweile, deshalb fängt das Pferd an zu trippeln.
Ganz ehrlich: glaub ich nicht. Oder macht er das ohne Reiter auch? Wenn er auf der Wiese Langeweile kriegen würde, anfängt, über die Wiese zu rennen, andere Pferde zu nerven, ok, DAS ist Langeweile. Aber NUR unter dem Reiter?
Langeweile?
Gelände ist für dieses Pferd offenbar keine "Routine", also was kann daran langweilig sein?
Dass nach langer Strecke ohne neue "Ansage" vom Cheffe da oben die Trippelei anfängt ist für mich definitiv Unsicherheit, und dass das bei Trab oder Galopp mehr oder weniger verschwindet, liegt einfach daran, dass Laufen beim Lauftier Pferd Stress abbaut. Pferde müssen ihre Füße bewegen, wenn sie Angst haben, das ist ein Instinkt. Fluchtinstinkt. Im Zweifel ist Laufen (und das möglichst schnell) aus Pferdesicht immer richtig.
-der Rat, Beschäftigung.
Beschäftigung hilft sicher, weil sie ablenkt von der Unsicherheit. Das ist ja schon viel wert.
Aber man sollte im Hinterkopf behalten, sie wird das Problem der Unsicherheit selbst nicht beseitigen können. Insofern ist die Beschäftigung eine kurzfristige Abhilfe, aber keine langfristige Lösung.
-der Rat, "jetzt erst recht" ins Gelände, also die totale Konfrontation.
Ich ziehe aber nicht-konfrontatives Verhalten in dem Fall einer Provokation vor.
Nicht konfrontativ zu sein schafft Vertrauen, Mut und Sicherheit, sich langsam an die kritische Situation annähern.
Also wozu das Pferd gezielt massiv seiner Unsicherheit aussetzen?
Rückwärts in den Graben rennen
steigen
treten
Reiter nicht mehr aufsteigen lassen
...
wie deutlich soll das Pferd denn noch werden, um dem Menschen mitzuteilen "HILFE! Das ist mir grad alles viel zu viel!!"
Nicht konfrontativ zu sein heißt dagegen nicht, die Situation zu meiden (schrieb ich bereits).
Nicht konfrontativ zu sein sähe für mich so aus:
-erstmal alles vom Boden aus, bis DAS sicher klappt
-genau so weit laufen, wie das Pferd sich mit dem Menschen sicher fühlt. Erstmal eine sichere Basis schaffen, und wenn das jedesmal nur 50 oder 100 oder 200m vom Stall weg sind, dann ist das ok.
-später an dem Punkt, wo es "fast gerade so" unsicher wird, d.h. stehen bleibt, nervös wird, den Kopf nicht mehr senken kann, nicht mehr ruhig grasen kann...stehen bleiben. Und hier einfach bleiben, bis die Ruhe kommt.
Nimm dir Zeit! 10 min werden vielleicht nicht reichen, nimm dir eine Stunde Zeit oder sogar zwei, oder den ganzen Abend (is ja lange hell

-im Grunde geht es aber nur um deine innere einstellung, d.h. dass du dem Pferd keinen unbewussten Stress machst)
Bis er _wirklich_ ruhig ist.
Es ist auch ok, wenn du dafür doch wieder ein Stück zurück Richtung Stall gehen musst. Bis das Pferd dir sagt, hier ist es ok, hier kann ich bleiben.
Mach das nur, wenn du wirklich Zeit hast.
Je häufiger du abbrichst, weil du innerlich Stress kriegst, weil das Pferd sich nicht schnell genug beruhigen kann, desto schlimmer wird es langfristig.
Du kannst auch vorher immer eine Schüssel mit Futter (Möhren oder so) an die Stelle stellen, wenn Gras nicht so interessant ist, bis dein Pferd sich auf diese "Mini-Ausflüge" freut.
Mein Haflinger hatte sein ganzes Leben Höllenangst alleine im Gelände, seine Angst war nicht sofort so "laut" mit trippeln und einrollen, er kriegt Herzklopfen und wiehert viel und kriegt ganz schrecklich Durchfall, und wenn er es nicht mehr aushielt drehte er um und raste heim.
Ich habe das durchgehen "abschalten" können, aber die Unsicherheit war ich nie angegangen, leider, ich habe erst so spät damit angefangen.
Wir haben jetzt ein "Abkommen": ich mute ihm nicht zu, weiter zu gehen, als er gehen kann ohne Angst, und er bleibt mental (und körperlich

) bei mir.
Vertrauen gegen Vertrauen.
Mittlerweile spüre ich sein Adrenalin
"Synchronisieren" mit dem Pferd.
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Nochmal zum "galoppieren lassen"
natürlich macht es zu Korrekturzwecken keinen Sinn, einfach den ersten Trab zu nehmen, den das Pferd nach einem langen Galopp anbietet. Das Pferd soll schon merklich darum bitten, jetzt wieder traben zu dürfen.
Wenn es auf ein leises Zeichen schon wieder losschießen will, ok, dann galoppieren wir weiter.
Anfangs wird das Pferd 2 oder 3 mal halbherzig fragen, ehe es wirklich darum bittet, jetzt traben zu dürfen.
Zum Schluss sollte man die Zügel auf den Hals legen können, und dann muss ein ausatmen reichen, um anzuhalten.
(Bitte nur mit fittem und gesundem Pferd...)
Wie ich den Kopf hoch hole?
Halbe Paraden aufwärts, wie Philippe Karl sie lehrt. Ich bestehe auf dem hohen Genick. Und ich bringe über den Zügel das Gleichgewicht wieder nach hinten, das beim einrollen in der Regel auf den Schultern liegt.
Insgesamt wird es hilfreich sein, ausgesprochen sensibel gegenüber aufkommendem Stress und Unruhe zu werden.
Ich hab da auch eine Menge lernen müssen.
Stress fängt nicht erst an, wenn das Pferd schon trippelt und den Kopf einrollt. Dann hat man schon 100 kleine Signale des Pferdes übersehen oder ignoriert.
Stress fängt schon an mit nicht mehr/seltener blinzeln, erhöhtem Muskeltonus, beschleunigter Atmung, nicht mehr kauen oder vermehrt kauen, Kopf heben (oft schon 1cm) und nicht mehr unter Widerristniveau senken können etc.
Melli.