Trag- und Schubkraft

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sinsa
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Beitrag von sinsa »

Nur mal ein Gedanke (aufs Reiten bezogen):

Sowohl Schubkraft, als auch Tragkraft benötigen KRAFT.
Außerdem erfordern beide Ballance und eine geschmeidige Beugung der Gelenke und auch ein geschmeidiges wieder abfangen der Bewegung.
Ein guter Schub, besteht immer aus einer Mischung aus Vorwärts- und Aufwärtsbewegung und dem entsprechendem wieder Abfangen der Bewegung.
Also muß ich in beiden Fällen die selben Muskelgruppen stärken.
Auch der Mensch kann einfacher lernen seine Schubkraft effektiver einzusetzen, als seine Tragkraft.
Warum sollte ich also nicht erst die Schubkraft ausbilden/stärken?
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ottilie
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Beitrag von ottilie »

Jen hat geschrieben:Tragkraft ist meiner Meinung nach nicht einfach so mit Hankenbeugung gleichzusetzen. Hankenbeugung ist kein "Teil der Bewegung" sondern eher die Form. Hankenbeugung ist der Anteil, der diesen dritten Vektor Z beeinflusst. Im Prinzip ist der Unterschied - nüchtern mathematisch betrachtet - zwischen einem Steigen und einer Levade "nur" die Verteilung der Balance und der Form des Körpers.
Also spontan fällt mir dazu ein, daß es uns Menschen doch auch viel schwerer fällt, in der Hocke zu sein (nehmen wir mal die Position des Skirennfahrers, da kann sich bestimmt jeder was vorstellen), als in gestreckter Position. Stehen kann man eigentlich ewig - aber hocken - zumindest bei mir fängts da ziemlich schnell an, daß die Muskeln motzen. Die Balance würde ich da mal ganz außen vor lassen - ok, fürs Pferd wohl noch ein Argument, weil ja 2 "Stützen" wegfallen, wenn sie auf den Hinterbeinen stehen :D .

Noch ein Vergleich:
Die Schubkraft bei Menschen scheint wohl auch aus den Oberschenkeln zu kommen - zumindest wenn man sich die Eisschnellläufer oder Kurzstreckensprinter anschaut.

Ergo:
Man benutzt sowohl für Trag- als auch für Schubkraft die gleichen Muskeln, nur die "Zielrichtung" ist anders.

Und:
Ich würde Tragkraft so definieren, daß ein bestimmtes Gewicht getragen werden kann.
Und mit Schubkraft meine ich, wieviel Strecke ich überwinden kann, sprich beim Pferd: je mehr Schubkraft, desto mehr Bodengewinn und Raumgriff - einfach nur der Abstand von übertretendem Vorderhuf zu Hinterhuf.

Und um reiterlich das zu erreichen, was wir uns alle so vorstellen, brauchen wir eine Kombination von beidem - niemand will nur in der Levade auf der Stelle stehen, aber (mit Ausnahme von Susanne... 8) ) niemand will auch per Rennpferd einfach nur Strecke gut machen.

Witzig ist ja auch, daß man bei Tragkraft immer nur an die Hinterhand denkt. Wenn ich aber nun beim Rennpferd bleibe, wo durch den Schub und damit verbundem dem Tempo eine deutliche Gewichtsverlagerung nach vorne erfolgt, dann wäre auch mal das Thema Tragkraft der Vorderbeine interessant (was wir aber beim Reiten nicht wollen, ist schon klar).

Viele Grüsse von
ottilie
Es grüsst ottilie
~~~~~~~~~
Wo die Kraft anfängt, hört das Gefühl auf (Moshe Feldenkrais)
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Colloid
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Beitrag von Colloid »

Jen: Viiielen Dank! Für mich sind deine Betrachtungen absolut logisch und nach vollziehbar. Ein Problem: die Reiterschaft definiert für sich die Tragkraft nicht nur rein physikalisch-dynamisch, sondern nimmt die Hankenbeugung mit dazu (was nicht zur Vereinfachungen dieses kompexen Themas beiträgt :roll: ).

Ottilie: Kein schlechter Gedankengang, leider physiologisch nicht richtig. Die Vorderhand eines Pferdes ist physiologisch auf dauernde Belastund ausgelegt: Die Bänder und Gelenke sind so "gebaut", daß sie lange stützen können, ohne zu ermüden, so daß das Stehen (fast) keine aktive Muskelkontraktion benötigt. Unsere Beine sind ähnlich aufgebaut.
Die HH eines Pferdes benötigt zum Stützen (rein passives Stützen eines Gewichtes) sehr wohl aktive Muskelkontraktion. Dies ist alleine schon durch die Gelenkwinkel deutlich ersichtlich und ist auch der Grund dafür, daß Pferde bei längerem stehen beginnen, die HB abwechselnd zu entlasten. Die VB entlastet ein Pferd eigentlich nur, wenn es irgendwo weh tut...

Um aber trotzdem nochmal auf deinen Vergleich zu kommen: Jeder kann an sich selber ausprobieren, daß er völlig unterschiedliche Muskeln benutzt, wenn er:
entweder: sich mit den Beinen stark nach vorne abstößt (z.B. beim Sprint, um an Geschwindigkeit zu gewinnen)
oder: in eine halbtiefe Hocke geht und diese hält.

Wobei diese Bewegungen nichts gegensätzliches sind und vom Pferd auch zusammen ausgeführt werden können, wie ich weiß, seit ich bei Herrn Hinrichs gesehen habe, wie er Trabverstärkung mit Passage gemischt hat :shock:

Dazu mal wieder mein Buchtipp: "Der Reiter formt das Pferd." Udo Bürger bei Ama*** für lächerliche 14,80€ erhältlich.
Das Pferd lehnt sich an den Reiter an. Wenn die Abstimmung zwischen Pferd und Reiter ideal ist, wird das Mittel der Anlehnung, der Zügel, fast entbehrlich.
Richard Hinrichs
sinsa
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Beitrag von sinsa »

Colloid hat geschrieben: Jeder kann an sich selber ausprobieren, daß er völlig unterschiedliche Muskeln benutzt, wenn er:
entweder: sich mit den Beinen stark nach vorne abstößt (z.B. beim Sprint, um an Geschwindigkeit zu gewinnen)
oder: in eine halbtiefe Hocke geht und diese hält.
Nun ja, aber um vorwärts zu kommen, kann ich mich unterschiedlich bewegen. Ich kann mich ziemlich steif in allen Gelenken einfach nach vorne fallen lassen und dann meinem Gleichgewicht hinterher laufen oder ich kann beweglich/geschmeidig mit "Kraft" laufen.
Daher hinkt Dein Vergleich ein wenig.
Besser finde ich den Vergleich im Schritt.
Mann kann schnell vorwärtshasten, man kann aber auch die Beine etwas länger am Boden lassen und durch mehr Schub, genauso schnell vorwärts kommen ;-)
Am besten Vorstellbar so ähnlich, wie bei einer Trabverstärkung.
Lou mit Lucy
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Beitrag von Lou mit Lucy »

Also eigentlich lese ich hier nur mit und mache mir meine Gedanken dazu, aber
Colloid hat geschrieben:Um aber trotzdem nochmal auf deinen Vergleich zu kommen: Jeder kann an sich selber ausprobieren, daß er völlig unterschiedliche Muskeln benutzt, wenn er:
entweder: sich mit den Beinen stark nach vorne abstößt (z.B. beim Sprint, um an Geschwindigkeit zu gewinnen)
oder: in eine halbtiefe Hocke geht und diese hält.
bin ich jetzt völlig doof?
Ich habs grade ausprobiert :wink: und ich benutze doch bei beiden Bewegungen vor allem die Muskeln der Oberschenkelvorderseite? Oder nicht?
Jetzt bin ich verwirrt.

LG, lou
sinsa
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Beitrag von sinsa »

ottilie hat geschrieben:Witzig ist ja auch, daß man bei Tragkraft immer nur an die Hinterhand denkt. Wenn ich aber nun beim Rennpferd bleibe, wo durch den Schub und damit verbundem dem Tempo eine deutliche Gewichtsverlagerung nach vorne erfolgt, dann wäre auch mal das Thema Tragkraft der Vorderbeine interessant (was wir aber beim Reiten nicht wollen, ist schon klar).
Deshalb bin ich ja u. a. der Meinung, dass es so wichtig ist, dass die Bewegungen geschmeidig abgefangen werden müssen :wink:
Und SchubKRAFT ist eben nicht nur dass einfache schneller werden, sondern eben die Fähigkeit Kraft, Balance und Geschmeidigkeit richtig einzusetzten OHNE dabei auf der VH rumzulümmeln.
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Janina
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Beitrag von Janina »

Hallo zusammen!
Hier wird´s ja wieder interessant :D
Also, Jen, deine Ausführungen sind sehr schön, beleuchten das Ganze aber eben nur von der rein physikalischen Seite. U. so weit das auch Alles ganz richtig ist, ist es mir zu unvollständig, um daraus allein einen Rückschluss für das Training ziehen zu können.
Wo bleibt das "BIO" in der Biomechanik? :wink: Wo die physiologischen Überlegungen?
Ich denke hier immer noch an Muskeltraining...
Was nützt es mir, wenn das Pferd sein Hinterbein unglaublich weit vorschwingt, aber noch nicht die nötige Muskelkraft besitzt, um in dieser Position beim Auffußen u. dann während der Stützphase auch wirkl. TRAGEN zu können? Für mich ein klassischer Fall von Überforderung (der dann die oftmals seher "staksigen" Piaffen bei Rassen hervorbringt, die für ihre angeblich hohe Veranlagung zur Versammlung bekannt u. dementsprechend früh darin gefördert wurden)...
Jen hat geschrieben: Die Bewegung fängt ja eben mit dem Vorschwung an und nicht mit dem Rückschub! Deshalb die Analyse vom Stehen zum ersten Schritt. Die Bewegung fängt immer mit der Vorwärtsbewegung des Beines an und nicht mit dem Zurückschieben. Deshalb ist der Vorschwung nicht in erster Linie abhängig vom zurückschieben, sondern umgekehrt!
Preisfrage: Wenn das eine Bein vorschwingt, was macht dann das andere Bein? :wink:
Das müsstest du mir noch mal erklären, warum nun das Schieben abhängig vom Vorschwingen sein soll, aber nicht umgekehrt.
Das wäre, als würde man sagen, das Einatmen sei vom Ausatmen abhängig, aber nicht umgekehrt...

Jen hat geschrieben:Ich spreche von der tragenden Funktion des Hinterbeins. Nicht des Rückens. Dieser ist eine Folge des tragenden Hinterbeines. Ein Hinterbein, das vorwiegend schiebt, hat wie an anderer Stelle von jemandem schon beschrieben zur Folge, dass sich die Hüfte hinten hinausdreht und somit der Lendenbereich nach unten gedrückt wird, was den gesamten Zug vom Rückenband verhindert. Das Rückenband und die der jeweilige Rückenmuskel auf der Seite wird in dem Moment des VORSCHWINGENS des Hinterbeins gedehnt! Nicht im Zurückschiebenden Moment. Das Nackenband bzw. die beteiligte Bewegungsmuskulatur ist ja auch nicht permanent auf Zug, sondern in permanentem An- und Abspannen.
Irgendwie glaube ich, du machst da einen Denkfehler u. verwechselst Bänder mit Muskeln, denn Bänder können sich nicht aktiv an- oder abspannen.
Das Tragen des Rückens wird am Anfang der Ausbildung durch das Nacken-/Rückenband gesichert u. zwar alleine durch die (korrekte) v.w.-a.w.-Haltung. Dies ist ja der grundsätzliche Effekt, wie das Pferd diese "Brückenkonstruktion" trotz des enormen Gewichts, das dort "dranhängt", stabilisiert: Beim Fressen um die 18 Stunden pro Tag mit gesenktem Kopf. Da schwingt keine Hinterhand nach vorne.
U. so lange Kopf u. Hals in einer Position bleiben, ändert sich auch nichts an dem Zug auf das Nacken-/Rückenband.
Dabei nimmt man zweitweise in Kauf, dass die Balance (wo wir den Begriff nun schon öfter hatten) sich in Richtung Vorhand verschiebt.
Ein Kompromiss, weil die Schonung des Rückens über der Schonung der Vorhand geht. Diese ist als "Stütze" konstruiert u. auch fähig als solche zu arbeiten. Beim Reiten wird sie überbelastet, wenn das Fernziel aber eine Balanceverschiebung Richtung HH ist, wird sie bei dieser temporären Überbelastung keinen Schaden nehmen.
Im Übrigen schließe ich mich Isomers Beitrag an :)
Jen hat geschrieben: Die Piaffe (an Ort) ist noch flacher, weil sie keinen Schubanteil mehr hat und nur das Hinterbein hochschwingt, was ein ganz sanftes schwingendes GEfühl unter dem Hintern vermittelt, das sehr angenehm zu sitzen ist, ohne "Erschütterung". Wenn die Gelenke gebeugt sind und das Hinterbein eben nicht stösst (Kruppe hochkommt), sondern eben vor/hochschwingt!
Das ist noch so eine interessante Sache, wo wir ja jetzt doch wieder bei der Hankenbeugung sind: Das ist ja nicht, wenn das (freie) Hinterbein vor-/hochschwingt, sondern während das andere WÄHREND DER STÜTZPHASE in den Gelenken nachgibt, sie also "beugt" (das sind aber selbstverständlich andere Muskeln als beim "Anziehen"/Vorschwingen/Hochschwingen).
Und genau deshalb ja auch das Training der Streckmuskulatur (was nicht heißt, dass ich das Pferd übereilt reite (ich sowieso nicht :P ), also in kurzen Tritten gehen lasse, denn das wäre auch kein sinnvolles Muskeltraining).

Verstehe mich nicht falsch: Ich bin nicht für ein reines "Body-Builder-Training", sinnvolle Gymnastizierung (im Sinne von flexibel, geschmeidig, etc. machen durch geschickten Einsatz der zur Verfügung stehenden Lektionen), Abstimmung auf die Reiterhilfen, usw. gehören natürl. genauso dazu (gerade wegen dieser Komplexität ist die Pferdeausbildung ja auch so schwierig).

So, und da ich gerade bemerke, dass ich Collos Beitrag als ich auf "Antwort" clickte, noch nicht gelesen hatte, noch was dazu (in einigem wiederholen wir uns, aber ich habe jetzt keine Lust mehr das zu ändern :wink: )
Colloid hat geschrieben:Um aber trotzdem nochmal auf deinen Vergleich zu kommen: Jeder kann an sich selber ausprobieren, daß er völlig unterschiedliche Muskeln benutzt, wenn er:
entweder: sich mit den Beinen stark nach vorne abstößt (z.B. beim Sprint, um an Geschwindigkeit zu gewinnen)
oder: in eine halbtiefe Hocke geht und diese hält.
Das ist leider(?) anatomisch nicht richtig: Die Muskeln, die du hierbei benutzt, sind identisch (andere Muskeln benutzt du, wenn du gerade stehst u. bspw. nur ein Bein anhebst/beugst, dann benutzt du die "Beugemuskeln", aber nicht wenn du eine halbtiefe Hocke hälst).
Empfehle dazu ein beliebiges Anatomiebuch :P (Moll, Lippert, etc.)

Liebe Grüße,
Janina
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Isomer
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Beitrag von Isomer »

@Jen
Bitte um Präzision! Was verstehst du unter gross?
Unter groß verstehe ich die Amplitude die nötig ist um das Band genügend unter Spannung zu setzen, damit der Rücken tragen kann.
Die Bewegung fängt immer mit der Vorwärtsbewegung des Beines an und nicht mit dem Zurückschieben Deshalb ist der Vorschwung nicht in erster Linie abhängig vom zurückschieben, sondern umgekehrt!
.
Ist das so?? Klar das Bein bewegt sich nach vorne, aber das Pferd erst nachdem das andere Bein zurückschiebt.

Die erschliesst sich mir nicht. du benutzt ausserdem eine ganz andere Definition von "Tragkraft".

Ich glaube in den meisten Büchern (FN) ist wenn von Tragkraft und die Förderung durch die Entwicklung der Schubkraft die Rede, ist die Tragkraft des Rückens gemeint. Die Verlagerung der Balance und somit die Lastaufnahme bis hin zur Versammlung kommen später und werden durch Lektionen die ein Beugen der Gelenke provozieren erreicht (Beugegang usw).

Eventuell ist das aber meine eigene Definition von Tragkraft und ich lege es mir nur so zurecht. :wink:
Das Rückenband und die der jeweilige Rückenmuskel auf der Seite wird in dem Moment des VORSCHWINGENS des Hinterbeins gedehnt! Nicht im Zurück schiebenden Moment.
Natürlich ist das so! Ich hoffe ich habe nichts anderes behauptet..... aber wie gesagt ohne zurückschwingen ist auch kein vorschwingen möglich, sehe jedenfalls sehr seltsam aus!
Ist das Pferd vorwiegend auf Schub geritten, dann schwingt der Rücken in der Stützphase des Hinterbeines nicht so hoch oder gar nach unten, anstatt nach oben, weil die Stützphase nicht genügend weit unter den Körper gelegt ist, sondern zu weit hinten ist.
Das verstehe ich nicht? Bist du dir sicher das die Stützbeinphase verlagert werden kann? Die Stützbeinphase ist ja ein Bereich von ansteigender Belastung und abschwellender Belastung die ihren Höhepunkt in etwa unter dem Hüftlot hat (Dort sollte laut Bürger dann die Beugung des Gelenkes erfolgen um den Bogen flach zu halten). Eine Verlängerung der Stützbeinphase wie bei Piaffe oder Passage erscheint mir logisch eine Verlagerung kann ich mir nicht so vorstellen.
Der von dir benutzte Vektor Y ist für mich Versammlung und nicht die Tragkraft die man am Anfang der Ausbildung anstrebt. Ich bezweifle aber, das die Höhe unbedingt ausschlaggebend ist für die Versammlung.
Hm, verwechselst du etwas? Y ist für mich schubkraft und eben genau NICHT Versammlung. :kopfkratz:

:oops: Z ich meinte Z.............

Die Verkleinerung des Gelenkwinkels wird ja durch die Arbeit in den Seitengängen erarbeitet. Es ist ja nicht nur eine Erhöhung der Stützphase sondern auch eine Umformung der Stützphase in den Hankenbug. Im Stand oder z.B im Steigen ist die Stützphase ja auch hoch, ohne das es sich um Versammlung handelt! Erst die Federnde/Puffernde Wirkung der Gelenke erzeugt die Versammlung siehe Piaffe.


isomer
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sinsa
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Beitrag von sinsa »

Vielelicht sollten wir Tragkraft tatsächlich mal definieren :D
Für mich hat das nämlich auch ganz viel damit zu tun, wie lange ein einzelnes Hinterbein in der Bewegung tragen kann.
Ich habe es zwar noch nicht völlig bis zum Ende durchdacht, ob man das so definieren könnte.
Ich nehme als Beispiel immer meinen eigenen Schritt.
Haste ich schnell vorwärts, sind die Beine in einem schnellen Takt unterwegs und die Füße daher nur kurz am Boden.
Wenn ich mit immer mehr Schub laufe, dann werden die Schritte immer länger und die Füße bleiben länger am Boden. Irgendwann, sind die Schritte dann theoretisch so groß, dass ich dabei nichts mehr tragen könnte. Außerdem werden die Gelenke immer weniger Winkelung zulassen und alles wird immer unballancierter, da die Kraft nicht ausreicht, um den Fuß so lange am Boden zu haben.
Wenn ich aber etwas tragen will, dann werde ich die Schubkraft etwas mehr umlenken, um zu tragen und trotzdem vorwärts zu kommen. Die Schritte werden dabei um so kleiner.
Laufe ich so, dass ich mit in einem ausgewogenen Schubkraft laufe, dann kann ich dabei vorwärts kommen und etwas tragen, aber eben nicht so viel, als wenn ich nur tragen würde.

Oh jeh! Hoffentlich versteht mich jemand :roll:
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Jen
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Beitrag von Jen »

Huch, ich weiss gar nicht wo ich jetzt anfangen soll mit antworten... :lol: also mal schön der Reihe nach... ;)
sinsa hat geschrieben:Nur mal ein Gedanke (aufs Reiten bezogen):

Sowohl Schubkraft, als auch Tragkraft benötigen KRAFT.
Richtig, nichts anderes habe ich behauptet. Einen Anteil an Kraft hat man immer! Die Frage ist, WO und WIE diese Kraft in der Ausbildung am günstigsten verteilt wird, damit das Pferd es sich leichter tut beim Aufbau und somit auch gesünder bleibt.
Außerdem erfordern beide Ballance und eine geschmeidige Beugung der Gelenke und auch ein geschmeidiges wieder abfangen der Bewegung.
Auch das ist richtig, diese Faktoren wollte ich jedoch mal vorerst aussen vor lassen, solange die Basis noch nicht geklärt ist ;) denn das macht die Sache wieder komplizierter. Ich möchte mal beim einfachen Gerüst bleiben. Denn ich bin der Überzeugung, dass dies einen grossen Einfluss darauf hat, wie man reitet/ausbildet.

Auch der Mensch kann einfacher lernen seine Schubkraft effektiver einzusetzen, als seine Tragkraft.
Warum sollte ich also nicht erst die Schubkraft ausbilden/stärken?
Tut er das tatsächlich? Was nützt das? wenn du viel schieben kannst? Wollen wir denn das überhaupt? Das ist bei einem Sprinter sinnvoll. Aber bei einem Reitpferd...?

***
ottilie hat geschrieben:[
Also spontan fällt mir dazu ein, daß es uns Menschen doch auch viel schwerer fällt, in der Hocke zu sein (nehmen wir mal die Position des Skirennfahrers, da kann sich bestimmt jeder was vorstellen), als in gestreckter Position. Stehen kann man eigentlich ewig - aber hocken - zumindest bei mir fängts da ziemlich schnell an, daß die Muskeln motzen. Die Balance würde ich da mal ganz außen vor lassen - ok, fürs Pferd wohl noch ein Argument, weil ja 2 "Stützen" wegfallen, wenn sie auf den Hinterbeinen stehen :D
Das mit dem Vergleich "Hocke/Stehen" und dem Vergleich "Steigen/Levade" hinkt insofern, als dass die Levade tatsächlich sehr viel mehr Balance und auch mehr Kraft braucht als das steigen. Weil beim Steigen mehr Masse des Körpers über dem Schwerpunkt ist, ist es einfacher diesen auszubalancieren. Bei der Levade ist die HH zwar möglichst weit unter dem Körper, aber der Schwerpunkt ist von der HH weiter weg als beim Steigen. Besser wäre der Vergleich beim Menschen zum Handstand. die gestreckte version des Handstandes ist einfacher, als wenn man die beine schräg hält. manchmal sieht man zb. so ARtisten, die sogar den Körper in die Waagerechte bringen, das braucht extrem viel kraft. Ich denke, das ist viel eher vergleichbar mit der Levade.

***
sinsa hat geschrieben:Deshalb bin ich ja u. a. der Meinung, dass es so wichtig ist, dass die Bewegungen geschmeidig abgefangen werden müssen :wink:
Und SchubKRAFT ist eben nicht nur dass einfache schneller werden, sondern eben die Fähigkeit Kraft, Balance und Geschmeidigkeit richtig einzusetzten OHNE dabei auf der VH rumzulümmeln.
Ich glaube, da interpretierst du etwas zu viel in das Wort Schubkraft hinein.

***
Janina hat geschrieben:Hallo zusammen!
Hier wird´s ja wieder interessant :D
Also, Jen, deine Ausführungen sind sehr schön, beleuchten das Ganze aber eben nur von der rein physikalischen Seite. U. so weit das auch Alles ganz richtig ist, ist es mir zu unvollständig, um daraus allein einen Rückschluss für das Training ziehen zu können.
Wo bleibt das "BIO" in der Biomechanik? :wink: Wo die physiologischen Überlegungen?
wie gesagt möchte ich erst beim einfachen bleiben und das Grundgerüst analysieren. Das Bio kommt dann nacher darauf. Aber alles miteinander anzuschauen sind zu viele konfundierende Variablen ;) Lieber einmal die Begriffe sauber definieren. Wie man oben sehen kann, glaube ich nämlich, dass in die Begriffe immer wieder etwas anderes reininterpretiert wird.
Ich denke hier immer noch an Muskeltraining...
Was nützt es mir, wenn das Pferd sein Hinterbein unglaublich weit vorschwingt, aber noch nicht die nötige Muskelkraft besitzt, um in dieser Position beim Auffußen u. dann während der Stützphase auch wirkl. TRAGEN zu können? Für mich ein klassischer Fall von Überforderung (der dann die oftmals seher "staksigen" Piaffen bei Rassen hervorbringt, die für ihre angeblich hohe Veranlagung zur Versammlung bekannt u. dementsprechend früh darin gefördert wurden)..
Hm... ich habe eher das Bild der trippelnden Piaffen dieser Rasse, wo das HH eben NICHT vorschwingt, sondern einfach der Schub abgewürgt äh gekürzt wird, OHNE dass das HH überhaupt je richtig zum Tragen gekommen ist. DAdurch entsteht diese hüpfende HH, das Gezappel auf der Stelle...

Preisfrage: Wenn das eine Bein vorschwingt, was macht dann das andere Bein? :wink:
Das müsstest du mir noch mal erklären, warum nun das Schieben abhängig vom Vorschwingen sein soll, aber nicht umgekehrt.
Das wäre, als würde man sagen, das Einatmen sei vom Ausatmen abhängig, aber nicht umgekehrt...
Probier es an dir selber aus: steh mit beiden Beinen zusammen gerade. Dann in zeeeiiitluuupenteeempoooo fängst du an zu gehen. Was passiert? als erstes verlagerst du das gewicht auf das eine Bein. dieses stützt das Gewicht, dann schwingt das andere Bein vor. ERST DANN fängt das noch stehende Bein an zu schieben und schiebt den Körper über das andere Bein!

Das Tragen des Rückens wird am Anfang der Ausbildung durch das Nacken-/Rückenband gesichert u. zwar alleine durch die (korrekte) v.w.-a.w.-Haltung. Dies ist ja der grundsätzliche Effekt, wie das Pferd diese "Brückenkonstruktion" trotz des enormen Gewichts, das dort "dranhängt", stabilisiert: Beim Fressen um die 18 Stunden pro Tag mit gesenktem Kopf. Da schwingt keine Hinterhand nach vorne.
U. so lange Kopf u. Hals in einer Position bleiben, ändert sich auch nichts an dem Zug auf das Nacken-/Rückenband.
Dabei nimmt man zweitweise in Kauf, dass die Balance (wo wir den Begriff nun schon öfter hatten) sich in Richtung Vorhand verschiebt.
Ein Kompromiss, weil die Schonung des Rückens über der Schonung der Vorhand geht. Diese ist als "Stütze" konstruiert u. auch fähig als solche zu arbeiten. Beim Reiten wird sie überbelastet, wenn das Fernziel aber eine Balanceverschiebung Richtung HH ist, wird sie bei dieser temporären Überbelastung keinen Schaden nehmen.
Achtung! die korrekte v/a Haltung beinhaltet eben GERADE die HH. Die korrekte v/a Haltung kann NICHT exakt gleichgesetzt werden mit der grasenden Haltung eines Pferdes. Denn in dieser "grasenden" Haltung ist das Pferd einfach auseinandergefallen. das v/a wird erst korrekt, wenn die HH eben nach vorne schwingt. Schwingt die HH nach vorne, wird das Pferd auch in der v/a Haltung die Vorhand NICHT überbelasten! Und genau das macht schlussendlich gesundes Reiten aus.


Das ist noch so eine interessante Sache, wo wir ja jetzt doch wieder bei der Hankenbeugung sind: Das ist ja nicht, wenn das (freie) Hinterbein vor-/hochschwingt, sondern während das andere WÄHREND DER STÜTZPHASE in den Gelenken nachgibt, sie also "beugt" (das sind aber selbstverständlich andere Muskeln als beim "Anziehen"/Vorschwingen/Hochschwingen).
Das ist schon klar! Die Preisfrage ist: WIE bekommst du das Pferd dazu in der Stützphase die Gelenke zu beugen? Nicht indem du noch mehr Schub verlangst, sondern in dem du den Schub abkürzt! Ein versammelter Trab hat weniger Schubkraft nach hinten als ein Mitteltrab. Versammelt und damit gebeugt wird der Gang aber nur dann, wenn der Vorschwung eben beibehalten wird, das heisst, die Beine unter dem Körper bleiben und nicht die Stützphase so verkleinert wird, indem die Sützphase unter dem Körper vorne verkürzt wird.

***
Isomer hat geschrieben: Ist das so?? Klar das Bein bewegt sich nach vorne, aber das Pferd erst nachdem das andere Bein zurückschiebt.
äh... nein. das denke ich nicht. Beobachte mal dein Pferd wie es aus dem Halt antritt. Es wird nicht zuerst das eine bein hinten herausschieben und dann das andere vorschwingen.

Ich glaube in den meisten Büchern (FN) ist wenn von Tragkraft und die Förderung durch die Entwicklung der Schubkraft die Rede, ist die Tragkraft des Rückens gemeint. Die Verlagerung der Balance und somit die Lastaufnahme bis hin zur Versammlung kommen später und werden durch Lektionen die ein Beugen der Gelenke provozieren erreicht (Beugegang usw).

Eventuell ist das aber meine eigene Definition von Tragkraft und ich lege es mir nur so zurecht. :wink:


Nun ja, ich glaube, das ist so einfach unpräzise. Der Bewegungsanteil der HH ist eben nun mal nicht nur Schubkraft. Die Stützphase ist nicht nur durch schieben geprägt, glaube ich.
Das verstehe ich nicht? Bist du dir sicher das die Stützbeinphase verlagert werden kann? Die Stützbeinphase ist ja ein Bereich von ansteigender Belastung und abschwellender Belastung die ihren Höhepunkt in etwa unter dem Hüftlot hat (Dort sollte laut Bürger dann die Beugung des Gelenkes erfolgen um den Bogen flach zu halten). Eine Verlängerung der Stützbeinphase wie bei Piaffe oder Passage erscheint mir logisch eine Verlagerung kann ich mir nicht so vorstellen.
Doch: beobachte mal ein Pferd das hinten herausschaufelt oder ein Rückenproblem hat. Das hat in schweren Fällen nur eine ganz kurze Stützphase unter dem Körper und der grösste Teil bleibt hinten heraus. Die Hufe fussen dann auch nicht mehr flach auf, sondern z.T. richtig auf den Zehen zuerst. Gar scheusslich zum ansehen.
Die Verkleinerung des Gelenkwinkels wird ja durch die Arbeit in den Seitengängen erarbeitet.
Richtig und was machen die Seitengänge? Sie bringen die HH unter den Körper! Erhöhen also den Teil der Stützphase unter dem Körper!
Es ist ja nicht nur eine Erhöhung der Stützphase sondern auch eine Umformung der Stützphase in den Hankenbug.
Ja, auch! Aber die Voraussetzung für die Formung der Stützphase im Hankenbug ist, dass diese Stützphase unter dem Körper mindest den gleichen, wenn nicht sogar den grösseren Anteil hat, als hinten heraus! Um das geht es mir ;)
Im Stand oder z.B im Steigen ist die Stützphase ja auch hoch, ohne das es sich um Versammlung handelt!


Nö, habe ich auch nicht behauptet ;)
Erst die Federnde/Puffernde Wirkung der Gelenke erzeugt die Versammlung siehe Piaffe.
Ich sehe das eher umgekehrt, nämlich dass der Hankenbug dieses Durchfedern der Gelenke erzeugt bzw. möglich macht, was wiederum Voraussetzung für gesundes Reiten ist, damit die Stösse und Erschütterungen abgefangen werden können (Stossdämpfer).

Also ich sehe das ungefähr so, dass zuerst die Stützphase kontrolliert werden können muss, indem man den Vorschwung der HH kontrolliert, und dann in diesen Bewegungsablauf stetig mehr und mehr Kraft verlangt, ohne dass der Vorschwung verkleinert wird, egal ob es sich um eine gestrecktere Gangart oder versammelteres Tempi handelt und dadurch wird der Hankenbug erst möglich und dadurch das Federn in den Gelenken. Das heisst aber auch, dass ich am Anfang von einem jungen Reitpferd weder zuviel vorwärts noch zu viel versammlung verlangen darf (also kein Extrem, weder in die eine noch die andere Richtung) sondern dies immer davon abhängig mache, wie gut ich den Vorwärtsschwung erhalten kann und so die Grenzen sowohl nach oben (gestrecktere Gangart, Tritte verlängern), wie auch nach unten (Versammlung, Tritte verkürzen) langsam versuche zu erweitern. Ich hoffe, ich habe mich einigermassen klar ausgedrückt?
Liebe Grüesslis, Jen
***
Das Maul des Pferdes ist kein Bremspedal! Martin Plewa
kallisto
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Beitrag von kallisto »

Jen hat geschrieben:Das heisst aber auch, dass ich am Anfang von einem jungen Reitpferd weder zuviel vorwärts noch zu viel versammlung verlangen darf (also kein Extrem, weder in die eine noch die andere Richtung) sondern dies immer davon abhängig mache, wie gut ich den Vorwärtsschwung erhalten kann und so die Grenzen sowohl nach oben (gestrecktere Gangart, Tritte verlängern), wie auch nach unten (Versammlung, Tritte verkürzen) langsam versuche zu erweitern.
Das hast Du klasse formuliert!

LG Susi
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Francois
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Beitrag von Francois »

Nettes Thema :-)

Bei Der Betrachtung sollte man sich vielleicht von den physikalischen Begriffen lösen. In einer Zeit, als es in Ermangelung wissenschaftlicher Definitionen primär darauf ankam, dem Reitschüler ein Gefühl oder ein inneres Bild zu vermitteln, verwendeten die alten Meister Begriffe die komplexe Sachverhalte verbildlichen sollten. Wenn in alten Werken von Kraft gesprochen wird, dann ist in erster Linie Muskelkraft gemeint. Sehr oft wird auch der Begriff der Federkräfte benutzt, gemeint ist die Fähigkeit sich in den Hanken zu biegen. Somit könnte man im Sinne der klassischen Reitkunst Tragkraft auch mit Hankenbiegung während des Auffußens übersetzen. Erst wenn das jeweilige auffußende Hinterbein sich in den Gelenken biegt, wird es länger am Boden bleiben können und damit dem Nebenbein die Möglichkeit geben weiter unter den Schwerpunkt zu treten. Die Kunst im Reiten ist es, das Pferd dazu zu bewegen (und dabei nicht zu überfordern) das Hinterbein durch Biegung in den Gelenken länger am Boden zu halten, da es jedem klar sein dürfte, dass sein Instinkt es daran hindert von selbst die für sich anstrengendere Belastung einzugehen.

Viele Grüße

Francois :wink:
C'est dans la légèreté que repose l'équitation savante.
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Jen
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Beitrag von Jen »

Francois hat geschrieben:Sehr oft wird auch der Begriff der Federkräfte benutzt, gemeint ist die Fähigkeit sich in den Hanken zu biegen. Somit könnte man im Sinne der klassischen Reitkunst Tragkraft auch mit Hankenbiegung während des Auffußens übersetzen.
Hm, aber Federkraft und Tragkraft hätte ich jetzt nicht als das ein und das selbe angesehen...? Das beide miteinander zusammenhängen: ja, definitiv! Aber synonym...? hmmmm..... *skeptischbin* ;)
Erst wenn das jeweilige auffußende Hinterbein sich in den Gelenken biegt, wird es länger am Boden bleiben können und damit dem Nebenbein die Möglichkeit geben weiter unter den Schwerpunkt zu treten.


ja, das sehe ich schon auch so, dass dann *mit der Zeit* sich beides gegenseitig beeinflusst, falls ich mich vorher missverständlich oder zu einseitig ausgedrückt habe, tut mir das leid. Es ist schwierig während dem Schreiben an jedes Detail zu denken ;) Nur... ich muss ja *irgendwie* zuerst dazu kommen, dass sich das jeweilige Hinterbein überhaupt in den Gelenken (mehr) biegt, bzw. die vorhandene Federkraft des natürlichen Ganges erweitert. leider tun das die meisten Pferde, wie wir bemerkt haben, ja nicht ganz freiwillig ;) Das ist doch ein sehr grosser Knackpunkt in der Ausbildung, beim Reiten überhaupt...?! Es ist ja nicht so, dass wir 2-3 Jahre v/a reiten und dann eines schönen Tages auf wundersame Weise die Hankenbiegung einfach *da* ist...oder?! (ha, schön wär's :lol: )

Der vielzitierte Udo Bürger zb. setzt dazu die Zügelparaden ein, abwechselnd links-rechts, während der Stützphase des Beines. Aber das birgt, wie er im selben Abschnitt auch selber erwähnt, sehr stark die Gefahr des "rückwärtsreitens" (und m.E. des hin und her Riegelns), sowie betont er die Gleichzeitigkeit von Hand und Schenkel. wo wir beim Thema der Paraden sind. Denn gehe ich nach der Logik des Zeitpunktes für die Umsetzung der Hilfengebung, dann wird es zwingend eine, wenn auch nur sehr kurz auseinanderliegende, Trennung von Hand und Bein geben:

Das Bein darf nur im Augenblick kurz vor, im, oder nach dem Abfussen des Hinterfusses einwirken, weil das Pferd sonst gar nicht in der gewünschten Art reagieren kann, solange das Bein in der Stützphase ist.

Die Hand/der Zügel darf aber nur in dem Augenblick einwirken, wo das Bein in der Stützphase ist, um es zu beugen und die Stützphase verlängert, welche ja schon vorbereitend unter den Körper gebracht wurde (Stichwort: Vorbereitung der Parade, durch Sicherstellung, dass das Hinterbein genügend vorschwingt). Würde die Hand/der Zügel in der vorschwingenden Phase einwirken, würde es das Hinterbein blockieren und es hinten hinausstossen.

Einverstanden?
Liebe Grüesslis, Jen
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sinsa
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Beitrag von sinsa »

Jen hat geschrieben:
Auch der Mensch kann einfacher lernen seine Schubkraft effektiver einzusetzen, als seine Tragkraft.
Warum sollte ich also nicht erst die Schubkraft ausbilden/stärken?
Tut er das tatsächlich? Was nützt das? wenn du viel schieben kannst? Wollen wir denn das überhaupt? Das ist bei einem Sprinter sinnvoll. Aber bei einem Reitpferd...?
Ja, dass kann er :D
Alles, was mit Sport zu tun hat, hat auch was mit der Technik zu tun, die es braucht um eine Bewegung so effizient wie möglich auszuführen.
Das Gehen kann man schon mit sehr einfachen Mitteln und "Tricks" verbessern.
Es geht dabei auch nicht um das viele Schieben in Richtung Vorwärts, sondern es geht eben um das effiziente bewegen/schieben :arrow: den effizienten Einsatz von Schubkraft.
Genau da liegt meiner Meinung auch ein wenig Dein "Gedankenfehler" oder meinetwegen auch der gedankliche Unterschied zwischen Dir und mir. Du siehst Schub hauptsächlich als eher negativ an, während ich der Meinung bin, wenn dass Pferd erstmal gelernt hat mit Schubkraft zu laufen, statt sich einfach nur nach vorne fallen zu lassen, ist die halbe Miete schon mal erreicht. Das Pferd bewegt sich dann schonmal schöner, als vorher und es hat soetwas wie ein neues Köpergefühl erlernt. Es stärkt ab da den Körper mit jeder Übung, bei der das eingesetzt wird.

Jen hat geschrieben:
Und SchubKRAFT ist eben nicht nur dass einfache schneller werden, sondern eben die Fähigkeit Kraft, Balance und Geschmeidigkeit richtig einzusetzten OHNE dabei auf der VH rumzulümmeln.
Ich glaube, da interpretierst du etwas zu viel in das Wort Schubkraft hinein.
siehe oben. Ich könnte den Ball zurückspielen und ganz frech sagen, da ignorierst Du einen wichtigen Aspekt des Gymnastizierens, nämlich den, der gemeint ist mit "Reite Dein Pferd schön!" :lol:
(Ich glaube aber nicht, dass dem so ist :wink: )
Ein überhastet schiebendes Pferd ist keine Augenweide. Ein Pferd, dass sich kraftvoll und doch effizient im guten vorwärts (also mit Schubkraft)bewegt, dagegen sehr wohl.
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Beitrag von Jen »

sinsa hat geschrieben: Genau da liegt meiner Meinung auch ein wenig Dein "Gedankenfehler" oder meinetwegen auch der gedankliche Unterschied zwischen Dir und mir. Du siehst Schub hauptsächlich als eher negativ an,
Nein, das tue ich nicht, das habe ich auch nicht geschrieben! Es geht nicht darum, dass Schubkraft negativ ist, sondern das Übermass an Schubkraft im Verhältnis zur Tragkraft ist negativ. Es geht immer um ein Verhältnis. Nicht entweder das eine oder das andere. Und genau da sind wir bei der effizienten Bewegung. ein Übermass an Schubkraft im Verhältnis zur Tragkraft ist nicht effizient und macht das Pferd auch nicht schön, denn dann sieht es aus wie eine Schubkarre. Ein Pferd, das einen Wagen ziehen muss, das darf, soll, muss (besonders wenn der Wagen schwer ist) genügend Schub bringen. Schau dir mal ein Holzrückepferd an, das muss sich richtig ins Geschirr legen und mit dem Hinterbein stark schieben.

Bild

Aber ein Reitpferd muss nicht ziehen, sondern tragen.
während ich der Meinung bin, wenn dass Pferd erstmal gelernt hat mit Schubkraft zu laufen, statt sich einfach nur nach vorne fallen zu lassen, ist die halbe Miete schon mal erreicht.
Was genau verstehst du unter Schubkraft? Ich glaube, du verstehst etwas anderes als Schubkraft als ich. Denn nach meiner Ansicht nach passiert genau das vorne überfallen, wenn das Pferd im Verhältnis zur Tragkraft vorwiegend Schubkraft ausgebildet hat. Siehe Holzrückepferd.
Liebe Grüesslis, Jen
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