Diagonalisierter Schritt

Rund um die klassische Reitkunst

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Alix_ludivine
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Beitrag von Alix_ludivine »

Hm. Im www kursierte mal ein Video von einem herrlich gerittenen Spanischen Schritt.. Ist dann aber leider verschwunden (zumindest vor mir :wink: ).. Da war aber auch noch ein Viertakt erkennbar und nicht mal ein Ansatz zum Diagonalisieren (was für ein Wort) da...

LG Alix
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Anchy
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Beitrag von Anchy »

@Was für ein Foto :shock:
Nee, so eine Aktion mit tiefen Hanken kann ich wirklich nicht bieten.
Wir machen da eher die Spassvariante, aber wer weiss, was noch kommt.

J.Racinet reitet den gemessenen Schritt schon eher handorientiert, auf jeden Fall ohne Einsatz der Schenkel. Anheben des Widerrist durch Handaktion und dann im richtigen Moment kleine Paraden, um das Pferd ins bestmöglichste Gleichgewicht zu bekommen.
Soweit die Theorie :lol:

Hat ihn jemand von Euch schon wirklich diagonalisiert geritten.also nicht einfach nur verlangsamt.

LG
Anchy
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Jen
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Beitrag von Jen »

esge hat geschrieben:Jen, der spanische Schritt hat durchaus auch in der weniger versammelten Form gymnastischen Effekt. Er erhöht die Schulterfreiheit des PFerdes, macht ihm bewusst, dass es seine vorhand bewegen kann. Vom Gebäude vorhandlastige PFerde entdecken über den SS, dass man sich vorn groß machen kann.
ich hab mir schon gedacht, dass dieses Argument kommt ;) Aber ehrlich gesagt, finde ich das nicht vergleichbar mit der echten Schulterfreiheit. Auch in dem heutzutage im Turniersport gezeigten starken Trab wird die Vorhandaktion oft exaltiert, ohne den nötigen Versammlungsgrad beizubehalten. Die Folge: Das Pferd drückt den Rücken durch, um die Schulter vorne schräg zu stellen und sich "gross" zu machen und der lendenwirbelbereich wird überlastet. Dieses "schrägstellen" der Schulter ist m.E. keine echte Schulterfreiheit und hat auch nicht zu verachtende negative Folgen. Deshalb bin ich beim span. Schritt bei meinem pferd sehr vorsichtig, weil er genau diese Neigung hat. Das grossmachen kommt aber nur vom Hals aus, unter dem Sattel merke ich aber deutlich, wie der Rücken nach unten sinkt, weil die HH einfach zu wenig mitträgt. :(

Damit will ich nicht sagen, dass der span. Schritt per se als übung schlecht ist. er kann sich auch auf die psyche eines eher ängstlichen/vorsichtigen/introvertierten Pferdes positiv auswirken und bezüglich körperkoordination auch einiges helfen, weil das Pferd über ungewohnte Bewegungsabläufe merkt, dass es seinen Körper auch anders bewegen kann, da gebe ich dir absolut recht. Nur ich finde, er ist nicht ganz so bedenkenlos anzuwenden, in der "freien" Form. ;)
Liebe Grüesslis, Jen
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Jen
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Beitrag von Jen »

Anchy hat geschrieben:
Hat ihn jemand von Euch schon wirklich diagonalisiert geritten.also nicht einfach nur verlangsamt.
nein, so weit sind wir ausbildungsmässig leider noch eine ganze Weile nicht ;) dafür hat man ein Ziel, um hinzuarbeiten. :D
Liebe Grüesslis, Jen
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Anchy
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Beitrag von Anchy »

Für mich auch eine Lektion hoch ausgebildeter Pferde und Reiter, aber vielleicht haben wir hier ja doch einige unter uns, die damit Erfahrungen haben.

Anchy
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esge
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Beitrag von esge »

Gemessener Schritt, "diagonalisierter Schritt", piaffeartiger Trab, Piaffe - das alles gehört bei uns durchaus zum üblichen Programm. Es ist ein phantastisches Gefühl, wenn man spürt, wie das Pferd vor dem Sattel groß und leicht wird. allerdings ist das mit meinem Hibbelpferd einerseits hohe notwendigkeit, andererseits aber auch immer ein Drahtseilakt, bei dem mich gelegentlich jemand ans Atmen erinnern muss, weil ich vor lauter Balance halten gelegentlich die Luft anhalte - was das HIbbelpony gar nicht mag...
Gestern durfte ich eine junge Haflingerstute reiten, die von meiner Lehrerin seit einem Jahr ausgebildet wird. Die kann diesen Schritt auch schon ganz hervorragend und beginnt momentan mit dem piaffeartigen Treten. Die Stute ist stark überbaut aber bei dieser Arbeit ist deutlich zu spüren, wie sie sich in den Schultern hebt und es schafft, ihre Balance deutlich zur Hinterhand zu verlagern.

Jen, die Sache mit der SChulterfreiheit und dem Spanischen Schritt sehe ich gewissermaßen in zwei Phasen:

Erste Phase ist die reine Begreifen-Phase - in dieser Phase wird das Pferd in der Tat nur die Vorderbeinchen schleudern, vermutlich eher den Rücken etwas hohl machen, hinten noch nicht gescheit mittreten. Trotzdem muss es, aus rein physikalischen Gründen, sein Gewicht zumindest für Momente von der jeweiligen Schulter wegnehmen, sich dort also heben. Einher geht das allerdings fast immer mit einer seitlichen Ausweichbewegung, vor allem, wenn die Pferde in dieser Phase schon sehr exaltiert heben. Von vorn sieht es dann aus, als seien diese Pferde besoffen, weil sie über kreuz treten.
Erst im Laufe der Ausbildung, wenn über andere Übungen die Tragfähigkeit ausgebildet wurde, gewinnt der SS einen echten schulterhebenden Wert - aber dafür ist es durchaus wertvoll, wenn die Pferde ihn zuvor einfach schon begriffen haben.
Ebenso, wenn man ihn zum Erlernen der Passage benutzen will. Hier ist es genauso: Am Anfang werden Pferde, die die Passage so lernen, nur vorn ein, zwei unbalancierte Tritte rausschleudern. Dann auch ein paar mehr - aber mit Passage hat das noch nichts zu tun, die PFerde treten laut auf und können die Geschichte nicht lange halten. Sie sitzen sich schlecht, machen sich vorn hoch und steif. Aber es geht nur darum, dass sie überhaupt begreifen, dass sie ihre Tritte verzögern können. In Kombination mit Piaffe sowie immer wieder im Wechsel mit normalem Trab kommen sie dann trotzdem zu einer richtigen Passage. Und DANN heben sich die Schultern gewaltig - wie ich letztes Jahr mit meinem Pferd erfahren durfte.
Dazu muss ich sagen, dass ich höchst skeptisch war, die Passage aus dem SS zu entwickeln, weil mir das mit meinem Welsh Cob in die Hose gegangen war. rückblickend muss ich aber sagen, dass der Cob einfach nicht genügend im Gleichgewicht war, die Piaffe zu schlecht war und die ganze Vorbereitung einfach ungenügend gewesen war. Von gemessenem, diagonalisierendem Schritt hatte ich damals auch noch nichts gehört. :roll:
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glovedrider
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Beitrag von glovedrider »

Anchy hat geschrieben:@Amara

Im Faverot de Kerbrecht , der die 2.Methode nach Baucher niederschrieb fand der Pas de Comte keine Erwähnung.
Ich frage mich, warum.

Anchy
genauso wie paffieren aus dem Tölt heraus, hat man diese Versuche
mit dem diagonalisierten Schritt aufgegeben, weil sie sich als nicht realisierbar herausgestellt gestellt haben, bzw. nur mit ganz bestimmten Pferdetypen realisierbar waren.
Ich denke da an Piaffeure die nix kommten außer pi und pa.

Schon komisch, daß niemand einen Videobeweis diese Schritts liefern kann.
Ich würde nix probieren, daß mir niemand vormachen kann.

Anchy: Einen Widerrist durch Zügelhilfen, bei gleichzeitig nach hinten heraus arbeitender Hinterhand heben, das klingt mir stark nach Münchhausen und unhaltbarer Fehlinterpretation des Hand ohne Grundsatzes.
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Beitrag von Ghamali »

Beim diag. Schritt arbeitet das Hinterbein gerade nicht nach hinten raus, sondern optisch tritt das Hinterbein wieder nach vorn, nachdem das Röhrbein senkrecht stand. Das Pferd "zieht" mehr als daß es "schiebt".

An der Hand macht Cody das perfekt, da brauchts nicht viel Impuls. Unter dem Sattel.... Hmm... Da hapert es tatsächlich daran, daß ich a) keinen Spiegel b) niemanden, der das beurteilen kann und c) nicht sicher genug Gefühl habe. Als Westernpferd hat er gelernt waaahnsinnig langsam zu gehen und ob das unter dem Sattel dann einfach nur langsam oder auch diagonal ist?! Die Videokamera demnächst wird es zeigen.


Aber was ist denn nun mit meiner Frage, ob Eure Pferde das auch in "freier Wildbahn" selbständig z. B. beim Grasen machen? Das würde uns doch vielleicht einen Hinweis darauf geben, ob die Fähigkeit dazu teils angeboren ist?!

Oder vielleicht rasseabhängig? M. Racinet meint, daß die Barockpferde und auch die Westernpferde wegen der erhöhten Mobilität im Beckenbereich (Versammlungsfähigkeit) dazu besonders gut geeignet sind, wohingegen das deutsche Warmblut so durchgezüchtet ist - wohl auch auf einen 4-Takt-Schritt hin - daß es das nicht kann oder nur unter Schwierigkeiten.
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Beitrag von Anchy »

@Ghamali

Die Westernpferde die ich kenne, sind i. d Regel bezüglich ihrer Versammlungsfähigkeit eher eingeschränkt, da das Zuchtziel ein komplett anderes ist, was nicht heissen soll, sie dazu nicht in der Lage , aber als prädestiniert würde ich das nicht bezeichnen.
Ausnahmen gibt es natürlich immer, aber ich spreche jetzt vom Appaloosa und Quarter.

@Glovedrider

Da ich persönlich niemanden kenne, der mir den gemessenen Schritt wirklich vorreiten kann, würde ich mich Deiner Ansicht anschliessen und mich diesbezüglich gepflegt zurückhalten.

Da Herr Racinet Anfang Mai in Bochum wegen eines Kurses weilt, haben einige vielleicht die Möglichkeit diesbezüglich mit ihm in Kontakt zu treten .und sich mit ihm über den gemessenen Schritt auszutauschen,bzw. ihn demonstriert zu bekommen.

LG
Anchy
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Beitrag von amara »

@Ghamali: Ich halte Racinets Theorie in dem Bereich für sehr schwach. Mein Pferd zeigt sich auf der Weide ausschließlich in der Passage wenn er sich aufregt, was piaffeartiges wirst du da nie sehen. Trotzdem hat er, als er mal kapiert hat um was es geht, sich relativ schnell in richtung diagonalisieren arbeiten lassen. (Dann ging es bei uns mit Wiegeschritt weiter, der bei mir eher schwungvoll ist und nciht mehr Schritt, weil ich nicht auf das Diagonalisieren im Schritt an sich gearbeitet habe - heisst, ich arbeite selber nicht mit dem diagonalisierten Schritt). Eine - ausgerechnet - Spanierstute hier tut sich da viel viel schwerer. Von der Weide weg habe ich daher früher gesagt, ne, oh weh, da tut er sich schwer, aber war dann gar nicht so. Ich glaube nicht, dass man da wirklich von Weide auf Begabung im Training unbedingt schließen kann.
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Beitrag von Ghamali »

Da die Quarter die zahlenmäßig größte Pferderasse der Welt sind, gibts da natürlich auch alle Zuchtrichtungen.

Formuliert im Zuchtziel ist u. a.: ... tiefe, schräge Hinterhand mit starker Bemuskelung, ...

Aber allein die Fähigkeit des Pferdes, das Becken für einen Stop respektive Sliding Stop so extrem abzukippen, ist für mich Versammlungsfähigkeit. Daß versammeltes Reiten bei den Westernreitern anders aussieht ist was anderes.

Ich war ja auch erstaunt, als M. Racinet auf dem Kurs gerade von den Quartern so begeistert sprach.
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Beitrag von heike61 »

Anchy hat geschrieben:@Ghamali

Die Westernpferde die ich kenne, sind i. d Regel bezüglich ihrer Versammlungsfähigkeit eher eingeschränkt, da das Zuchtziel ein komplett anderes ist.....

LG
Anchy

naja, dass das zuchtziel ein anderes ist, als bei den heimischen "dressur-rassen" bedeutet jedoch nicht, dass die fähigkeit zur versammlung durch zuchtauswahl eingeschränkt wurde.


die fähigkeit zur versammlung einzuschränken bzw. durch zuchtselektion zu vermindern ist mit sicherheit nicht ziel in der quarter/paintzucht.



gruß
heike
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Beitrag von ottilie »

Ich war ja auch erstaunt, als M. Racinet auf dem Kurs gerade von den Quartern so begeistert sprach.
Er hatte selber mal eine nach seinen Erzählungen sehr talentierte Quarterstute...
ottilie
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Beitrag von Anchy »

Die Dressurfähigkeit wurde alleine durch das Kriterium des Überbautseins eingeschränkt, was Du zwar nicht bei allen Quarters und Apaloosas findest, aber doch ein gewünschtes Merkmal ist.

Dies erleichtert die Dressurarbeit nicht gerade, was nicht heißen soll, es sei mit der Rasse nicht möglich. Also bitte hier nicht falsch verstehen, ich bin in dieser Hinsicht wirklich kein Rassist. Mein Pferd ist in dieser Hinsicht auch nicht gerade das Ideal eines Barockpferdes, aber man tut sein Bestes.

LG
Anchy
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glovedrider
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Beitrag von glovedrider »

Quarterhorses haben im Bereich des Ilo sonstwas Gelelenks, eine größere Beweglichkeit. Sie können daher mehr unterschieben. Unterwschieben
bedeutet aber nicht unbedingt Versammlung, die zunehemend vollkommen korrekt als Beugegang definiert wird.
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