Gemessener Schritt, "diagonalisierter Schritt", piaffeartiger Trab, Piaffe - das alles gehört bei uns durchaus zum üblichen Programm. Es ist ein phantastisches Gefühl, wenn man spürt, wie das Pferd vor dem Sattel groß und leicht wird. allerdings ist das mit meinem Hibbelpferd einerseits hohe notwendigkeit, andererseits aber auch immer ein Drahtseilakt, bei dem mich gelegentlich jemand ans Atmen erinnern muss, weil ich vor lauter Balance halten gelegentlich die Luft anhalte - was das HIbbelpony gar nicht mag...
Gestern durfte ich eine junge Haflingerstute reiten, die von meiner Lehrerin seit einem Jahr ausgebildet wird. Die kann diesen Schritt auch schon ganz hervorragend und beginnt momentan mit dem piaffeartigen Treten. Die Stute ist stark überbaut aber bei dieser Arbeit ist deutlich zu spüren, wie sie sich in den Schultern hebt und es schafft, ihre Balance deutlich zur Hinterhand zu verlagern.
Jen, die Sache mit der SChulterfreiheit und dem Spanischen Schritt sehe ich gewissermaßen in zwei Phasen:
Erste Phase ist die reine Begreifen-Phase - in dieser Phase wird das Pferd in der Tat nur die Vorderbeinchen schleudern, vermutlich eher den Rücken etwas hohl machen, hinten noch nicht gescheit mittreten. Trotzdem muss es, aus rein physikalischen Gründen, sein Gewicht zumindest für Momente von der jeweiligen Schulter wegnehmen, sich dort also heben. Einher geht das allerdings fast immer mit einer seitlichen Ausweichbewegung, vor allem, wenn die Pferde in dieser Phase schon sehr exaltiert heben. Von vorn sieht es dann aus, als seien diese Pferde besoffen, weil sie über kreuz treten.
Erst im Laufe der Ausbildung, wenn über andere Übungen die Tragfähigkeit ausgebildet wurde, gewinnt der SS einen echten schulterhebenden Wert - aber dafür ist es durchaus wertvoll, wenn die Pferde ihn zuvor einfach schon begriffen haben.
Ebenso, wenn man ihn zum Erlernen der Passage benutzen will. Hier ist es genauso: Am Anfang werden Pferde, die die Passage so lernen, nur vorn ein, zwei unbalancierte Tritte rausschleudern. Dann auch ein paar mehr - aber mit Passage hat das noch nichts zu tun, die PFerde treten laut auf und können die Geschichte nicht lange halten. Sie sitzen sich schlecht, machen sich vorn hoch und steif. Aber es geht nur darum, dass sie überhaupt begreifen, dass sie ihre Tritte verzögern können. In Kombination mit Piaffe sowie immer wieder im Wechsel mit normalem Trab kommen sie dann trotzdem zu einer richtigen Passage. Und DANN heben sich die Schultern gewaltig - wie ich letztes Jahr mit meinem Pferd erfahren durfte.
Dazu muss ich sagen, dass ich höchst skeptisch war, die Passage aus dem SS zu entwickeln, weil mir das mit meinem Welsh Cob in die Hose gegangen war. rückblickend muss ich aber sagen, dass der Cob einfach nicht genügend im Gleichgewicht war, die Piaffe zu schlecht war und die ganze Vorbereitung einfach ungenügend gewesen war. Von gemessenem, diagonalisierendem Schritt hatte ich damals auch noch nichts gehört.
