Der Mensch auf dem Pferd

Allgemeines rund ums Pferd

Moderatoren: Julia, dshengis

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Lulu
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Beitrag von Lulu »

*michmalauchnochmitanschließe*
LG Lulu

Achtung, in Deckung Monstergetier mit Struwelkopf in Sicht!

Da gibt´s Bilder!
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ottilie
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Beitrag von ottilie »

chica hat geschrieben:Aber wie willst Du denn Reitkunst "leben"?
Ich weiß nicht, ob ich das ausdrücken kann, aber ich probier es mal.

Reitkunst (oder jedes beliebige Wort, daß ein einzelner dafür einsetzen möchte) besteht für mich darin, mit dem Pferd zu tanzen, mit ihm zu verschmelzen und eins zu sein. Dazu gehört für mich auch eine geistige Haltung, Liebe und Respekt dem Pferd gegenüber.
Soweit das Ziel - welches leider nur sehr selten, wenn überhaupt erreicht wird - was mich persönlich angeht.

Der Weg dahin ist Arbeit an sich selber, Reflektion über das Getane, Ergründung über Reaktionen und Zusammenhänge - eben auch im geistigen Bereich. Deswegen möchte ich auch den Begriff "Kunst" nicht missen.
Wenn ich gestresst vom Büro zum Pferd fahre, unterwegs noch ein paar "nicht so gewiefte Autofahrer" 8) vor der Nase habe und dann am Stall aussteige - dann kann ich nicht einfach den Knopf umschalten, zwei Stunden ein völlig anderer Mensch sein und dann wieder heimfahren.

Um das zu erreichen, muß ich in mir ruhen und erstmal eins sein mit mir. Und ich denke, wenn ich das ohne Pferd schon nicht schaffe - wie soll es dann mit gehen? Insofern meine ich eben, wenn es funktioniert, mich beim Pferd zu reflektieren, warum geht das dann auch nicht im Alltag? Warum bringe ich den Menschen insofern weniger Respekt entgegen als den Tieren? Warum muß man immer unter die Gürtellinie schießen, warum muß man andere nieder machen? Damit gehts doch schlußendlich niemandem besser, und geholfen ist damit auch keinem.

Wenn ich das alles WILL - gut, dann ist es eine Entscheidung.
Aber ich persönlich will das nicht (mehr... man lernt ja nie aus :roll:)
(Und immer schafft man es auch nicht 8) )
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gimlinchen
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Beitrag von gimlinchen »

mark rashid nennt das "horsemanship through life" und meint damit (so glaube ich), dass man "leben soll wie man reitet und umgekehrt" (so sagte desmond das mal zu mir).
rashid beschreibt dazu eine geisteshaltung aus dem aikido, die ich aber weder komplett kapiere noch umsetzen kann

und ich bin gar nicht bei der reitkunst, sondern erst mal dabei, mein pferd vernünftig zu behandeln, im sinne des horsemanship oder wie immer man das im deutschen nennt.

*seufz*
Jessie77
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Beitrag von Jessie77 »

@cubano: sooo wahr :wink:

dieses Thema passt zur Hallensaison die (leider) bevorsteht! Bei uns im Stall erlebt man auch so einiges, ich bin auch der Meinng jeder soll das machen womit er glücklich ist. Bei so einigen Dingen muss ich mich allerdings dann doch zusammenreißen - Pferd wird z.B. Vollgas longiert, wobei die Longe am Snaffle with Shanks direkt angebracht ist usw. :twisted:
ah ja, es ist manchmal nicht so einfach! :P

Allerdings glaube ich nicht, dass es nur ausreicht "nach Außen" freundlich zu sein. Die Gedanken sind dabei das Entscheidene finde ich. Auch im Bezug auf das was Ottilie geschrieben hat!
Das unersättliche Streben, Achtung bei anderen zu finden, ist so vergänglich wie das Leben selbst (unbekannt)
Motte
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Beitrag von Motte »

Ottilie -

ich finde deinen Anspruch gut.

Man darf halt nur nicht den Fehler machen, den eigenen Anspruch als Massstab für andere zu nehmen.

Konkret habe ich da einen Bekannten im Kopf - ein älterer Herr, der seit ca. 25 Jahren reitet und seit Jahren an Bechterev erkrankt ist.
Der KANN halt körperlich nicht mehr so locker, wie er wollte. Er reitet, weil ihm die Bewegung auf dem Pferd gut tut und den Krankheitsverlauf verlangsamt. Natürlich sieht das - an "klassischen" Massstäben gemessen - alles nicht mehr sooo geschmeidig und locker aus, was er da macht.
Aber er liebt sein Pferd, reitet fast täglich durch's Gelände, lässt sein Pferd regelmässig ärtzlich durchchecken und ist glücklich.

Der hat halt nen ganz anderen Anspruch an seine Reiterei.

Und ganz ehrlich: Ich hab da Respekt vor - ich weiss nicht, ob ich mich mit Mitte 60 und solch einer Erkrankung überhaupt noch auf's Pferd setzen würde.
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ottilie
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Beitrag von ottilie »

@Motte - das ist sicher wichtig.
Missionieren hat noch nie was gebracht - nur Hilfestellung auf Anfrage :wink:

Und mitunter ist man ja doch Beispiel - das wäre natürlich auch schön.
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emproada
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Beitrag von emproada »

Ich denke man sollte allgemein Respekt vor anderen und deren Reiterei haben, auch wenn das nicht unbedingt dem eigenen Geschmack entspricht. Ich habe es mir angewöhnt mich da nicht mehr einzumischen, denn genau das erwarte ich ja auch von anderen bei mir.
Viele Grüße Tina
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Cubano
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Beitrag von Cubano »

ottilie hat geschrieben:Reitkunst (oder jedes beliebige Wort, daß ein einzelner dafür einsetzen möchte) besteht für mich darin, mit dem Pferd zu tanzen, mit ihm zu verschmelzen und eins zu sein. Dazu gehört für mich auch eine geistige Haltung, Liebe und Respekt dem Pferd gegenüber.
Stimmt. Aber mir fehlt da etwas ganz Entscheidendes: die Freude! Und die Fähigkeit, über sich selbst lachen zu können – übrigens gern auch mal über die eigenen, hohen Ansprüche an sich selbst. Oder über Fehler, die man nun mal macht. Wenn ich zusammenfassen müsste, was für mich eine gelungene Reiteinheit darstellt, würde ich sagen "…wenn ich mit einem Lächeln vom Pferd klettern kann". Viele Reiter, die ich kenne, scheitern an diesem Punkt aber in der Tat an ihrer Perfektionswut. Auf der Suche nach dem Ideal verlieren sie schlicht die Freude an den kleinen Erfolgen, die Fähigkeit, über Misserfolge auch mal schmunzeln zu können – und die Fähigkeit, auch mal fünfe gerade sein zu lassen. In diesem Zusammenhang fällt mir immer wieder ein Gespräch zwischen zwei spanischen Reitern ein, die einem Deutschen auf dem Pferd zusahen – da fragte nämlich der eine den anderen ganz ernsthaft: "Warum reiten die Alemanes eigentlich, wenn sie keinen Spaß daran haben". Das hat mich ziemlich nachdenklich gemacht. Und dazu geführt, dass ich meine eigenen Ansprüche an die erreichbare Perfektion ein gehöriges Stück zurückgeschraubt habe…
lalala

Beitrag von lalala »

Ja, ich weiß, das ist alles subjektiv und emotional und überhaupt – ich kann aber leider nicht dagegen an, dass ich heute eigentlich nur noch Respekt vor reiterlichen Graswurzeln habe, die schlicht sagen "Mensch Leute, geht mir weg mit Kunstanspruch, ich hab genug mit meinem Handwerk zu tun"
Geht mir genauso....direkt nach dem Reizwort Reitkunst kommt bei mir übrigens " ich reite klassisch" :lol:
Der hat halt nen ganz anderen Anspruch an seine Reiterei.
Das darf man nie vergessen. Mir macht die Sandkastenarbeit z.B. Spaß und ich habe durchaus auch sportlichen Ehrgeiz, andere sind glücklich und zufrieden wenn sie mit ihrem Zossen durchs Gelände reiten können. Andere begeistern sich fürs Springen...es ist doch unser aller Hobby und soll uns Freude bereiten.
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ottilie
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Beitrag von ottilie »

Cubano hat geschrieben:Aber mir fehlt da etwas ganz Entscheidendes: die Freude! Und die Fähigkeit, über sich selbst lachen zu können
Selbstverständlich gehört auch das dazu.

Und mit dem Lächeln kommt oft auch die Leichtigkeit, denn ich kann eigentlich nur (ehrlich) lächeln, wenn mir etwas leicht fällt.

Die Liste lässt sich sicherlich noch weiter ergänzen, glaube ich - man denkt nicht immer gleich an alles :wink:
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Cubano
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Beitrag von Cubano »

ottilie hat geschrieben:Und mit dem Lächeln kommt oft auch die Leichtigkeit, denn ich kann eigentlich nur (ehrlich) lächeln, wenn mir etwas leicht fällt.
Echt? Also ich kann auch ehrlich lächeln, sogar lachen, wenn mir etwas so richtig daneben geht. Klingt kurios, aber ich habe mal auf meinem Schimmel, der gerade richtig heftig im Kreuzgalopp durchging, laut lachen müssen. Einfach deshalb, weil ich das innere Bild vor Augen hatte, wie ich da oben drauf hänge: unter völligem Verlust von Sitz und Einwirkung… :D
Okay,ich geb zu: DAS fand selbst meine damalige RL befremdlich.
Phanja

Beitrag von Phanja »

@Cubano
Ich glaube, ottilie meinte eher, dass das Lächeln schwer wird, wenn man sich körperlich anstrengt.

<- hat sich übrigens auch mal auf einem bockenden Isländer halb kaputtgelacht. Der hat sich unter mir total abgetan (waren aber eher Übermutsbuckler). Und da er wirklich nicht sehr groß war und die Sprünge dementsprechend ausfielen, musste ich einfach lachen - was auch bei den Leuten im Umfeld zu Irritationen geführt hat :lol:
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ottilie
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Beitrag von ottilie »

Genau Phanja, so wars gemeint :wink:

Ein kleines stilles zufriedenes Lächeln :)
Wobei ich nicht bestreite, das oft wegen der konzentrierten Situation zu vergessen :roll: :oops:
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Beitrag von Motte »

ottilie hat geschrieben:
Cubano hat geschrieben:Aber mir fehlt da etwas ganz Entscheidendes: die Freude! Und die Fähigkeit, über sich selbst lachen zu können
Selbstverständlich gehört auch das dazu.

Und mit dem Lächeln kommt oft auch die Leichtigkeit, denn ich kann eigentlich nur (ehrlich) lächeln, wenn mir etwas leicht fällt.
Mit dem Lächeln ändert sich vor allem die Einstellung.

Ich hab ein fast 18jähriges Pferd. Man sollte meinen, eine "alte Dame" schreckt so schnell nix mehr.
Is aber nich so. Sie zeigt gerne nochmal, wie blitzeschnell sie auf ihre Umwelt reagieren kann.
Dann habe ich 2 Möglichkeiten: Entweder, ich reagiere genervt, oder aber ich freue mich an ihrer Lebensfreude.
Meistens mache ich das Letztere. Meistens. :wink:
Und damit erhöhe ich MIR den Spass an meinem Pferd.
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Jen
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Beitrag von Jen »

Ich möchte von meinen Pferden mit Respekt und Anstand behandelt werden, also verhalte ich mich ihnen gegenüber auch so. Ich möchte von meinen Mitmenschen mit Respekt und Anstand behandelt werden, also verhalte ich mich auch so. Ich will nicht, dass man mir ungefragt dreinschwatzt, also mache ich das auch nicht bei anderen. Und da ich meine freie Zeit mit meinen Pferden geniessen möchte, suche ich mir das entsprechende Umfeld bzw Stall, wo es keine rüden Abrichtungsmethoden gibt und keine tierquälerischen Hilfsmittel benutzt werden. Dafür nehme ich gewisse Abstriche in Sachen Komfort in Kauf (zb keine Halle).

So fahre ich bis jetzt sehr gut und kann mein Hobby auch g e n i e s s e n.
Liebe Grüesslis, Jen
***
Das Maul des Pferdes ist kein Bremspedal! Martin Plewa
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