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Verfasst: Di, 07. Jun 2011 20:31
von Finchen
Nakim hat geschrieben:wobei Spiel immer etwas beiderseits freiwilliges ist. Es kann von jedem Partener jederzeit beendet werden ohne Sanktionen zu befürchten.
klar, so soll es sein - aber das zb sehe ich bei den Parellis nicht wirklich, da werden die Spiele vor jedem Reiten "durchgenudelt", da wird nicht gefragt, ob das Pferd heute eher Lust dazu hat, morgen aber mal eher nicht... :?

Verfasst: Di, 07. Jun 2011 20:32
von Traumdauterin
Nakim hat geschrieben:wobei Spiel immer etwas beiderseits freiwilliges ist. Es kann von jedem Partener jederzeit beendet werden ohne Sanktionen zu befürchten.
Ist das bei Parelli auch so? Wenn das Pferd sagt, ich mag jetzt nicht rückwärts, dann lässt man es? Oder wie ist das gemeint.

Verfasst: Di, 07. Jun 2011 23:08
von gimlinchen
tatsächlich glaub ich, dass vieles hier in der diskussion auf wenigen beobachtungen beruht.
das ist schade.
so kann man nur wenige beobachtungen gegen wenige beobachtungen stellen und das ist langweilig.
meine erfahrungen passen zu denen von skywalker

Verfasst: Di, 07. Jun 2011 23:40
von Jen
Also, nochmals wegen den wenigen Beobachtungen:

Ich habe an einem Reitkurs teilgenommen, wo zwei sehr bekannte Parelli-Instruktoren auch teilgenommen haben.
ich habe mehrere Demos und Vorträge besucht.
Ich habe mit mehreren Pferden an Longierkursen selber gearbeitet (und bin dabei vielfach auf sehr ähnliche Problematiken gestossen)
Ich habe mit mehreren Pferden im Unterricht und Beritt gearbeitet, die nach Parelli gearbeitet wurden und auch die sehr ähnliche Charakteristiken zeigten.

Ich denke, ich habe mein Urteil nicht durch ein Schnellschuss gemacht, das mache ich eigentlich selten.

Mir ist eine Person, wie zb. A. Aguilar und seine Art zu arbeiten, sowie seine Resultate viel sympathischer und Parelli hatte ja ganz früher auch mit ihm zusammengearbeitet.

Für mich ist halt ganz ganz wichtig: Das WIE und nicht nur das WAS.

Es ist ja schön, wenn es Leute gibt, die damit zufrieden sind, sollen sie auch. Es gibt bestimmt Menschen, die gut mit dem System zurechtkommen und die auch das nötige Quentchen Gefühl da reinbringen können. Aber die Frage war, was wir von Parelli halten und da hab ich halt ehrlich darauf geantwortet.

Finchen hat geschrieben:aber wenn wir bei positiver Bestärkung sind, dann sind wir bei Konditionierung. Das ist nun auch was anderes als eine angestrebte Kommunikation, die auch immer mit Konditionierung zu tun hat, klar, aber eben nicht durchgängig konditioniert ist. Und auch im Spiel kommen bei Pferden so wie bei allen Tieren wenig begeisterte Gesichter vor, weil auch das zB zum Spiel gehören kann, sich ein wenig anzudrohen, zu messen.
Ich denke, du machst hier ein bisschen ein Durcheinander mit den Begriffen Konditionierung, Kommunikation etc.

Konditionierung gibt es einfach gesagt auf zwei verschiedenen Stufen

klassisch und operant

klassische Konditionierung ist quasi die Basisstufe, die auf einem reflexartigen Verhalten auf einen Reiz arbeitet, welcher mit einem anderen, unabhängigen Reiz verknüpft wird. Das klassische Beispiel: Der Glockenschlag, der mit Futter assoziiert wird und bei den Hunden das vermehrte Speicheln auslöst, weil sie wissen: es gibt Futter.

Die operante Konditionierung ist die weiterführende Stufe, wo das Tier lernt ein selbstbestimmtes (im gegensatz zu reflexartigem) Verhalten zeigen. Z.B. die Taube pickt auf den grünen Schalter, um ihr Körnchen rauszulassen.

Das Verhalten (auf den grünen Schalter picken) kann durch verschieden Verstärker in seiner Auftretenswahrscheinlichkeit erhöht werden. Und da unterscheidet man 4 Klassen von Verstärkern:

1) der positive Verstärker (=Belohnung, zb. Futter)
2) der negative Verstärker (=eine Bestrafung bleibt aus, zb. Druck wird weggenommen)
3) die Bestrafung durch eine unangenehme Konsequenz (zb. Schlag)
4) die Bestrafung durch entziehung angenehmer Konsequenzen (zb. Aufmerksamkeit entziehen, Liebesentzug)

Parelli arbeitet genauso mit der Operanten Konditionierung, wie alles andere. Der einzige Unterschied zwischen den unterschiedlichen Methoden sind die Arten und Häufigkeiten der Verstärker, die benutzt werden.

Konditionierung hat oft einen negativen Beigeschmack, weil viele nicht so recht wissen, was es ist. Es ist schlicht eine Beschreibung, wie man lernt. Völlig ohne Wertung. Wir alle kommen an der Konditionierung nicht vorbei. Ob wir wollen oder nicht, ist egal. Es passiert trotzdem. Besser ist, man versteht's, dann kann man es auch geschickter anwenden. ;)

Verfasst: Di, 07. Jun 2011 23:45
von Finchen
@gimlinchen:
für meinen Fall gilt wie bei Jen, es war kein Schnellschuß, sondern unfreiwillige langjährige Beobachtung bei einigen Schülern und einem jahrelangen Instructor.

Wieso meinst du es sind nur wenige Beobachtungen jeweils gegenüber gestellt?

Wer eine andere Meinung dazu hat findet das schade, klar, aber ich denke es geht nicht zwingend darum was "gut" oder "schlecht" ist, sondern eher was der eine mehr und der andere weniger mag und als Ideal ansieht. Und nach Meinung war ja hier gefragt.

@Jen:
nein, ich werfe es nicht durcheinander, mir sind die Unterschieder der Konditionierungen bekannt, aber es SOLL Kommunikation sein bei P., so wie bei viele anderen Horsemanshiptrainern auch (also deren Vorstellung nach). Vieles braucht aber gar keine klassische Konditionierung, sondern funktioniert wirklich über "spontane" Kommunikation. Klar, alles was man dann weiter (und regelmäßig) mit einem Pferd macht ist immer mindestens teilweise konditioniert. :wink:

editiert um es (hoffentlich) verständlicher auszudrücken :wink:

Verfasst: Mi, 08. Jun 2011 00:01
von Jen
Finchen hat geschrieben: Vieles braucht aber gar keine klassische Konditionierung, sondern funktioniert wirklich über "spontane" Kommunikation. Klar, alles was man dann weiter (und regelmäßig) mit einem Pferd macht ist immer mindestens teilweise konditioniert. :wink:
Es muss ja nicht immer vom Menschen "konditioniert" sein. Pferdesprache ist nicht angeboren. Die Grundlagen der Kommunikation sind gelernt. Das merkt man zb. wenn ein Fohlen von Menschenhand aufgezogen wird oder eine mangelhafte Aufzucht hatte. Solche Pferde haben keinen Respekt, reagieren nicht "natürlich" auf Signale, weichen nicht etc. Weil sie es eben nicht gelernt haben. Das ist meist nicht einfach spontan. Und "spontan" bedeutet noch lange nicht wiederholbar reproduzierbar. Und das ist, was Ausbildung und Erziehung bedeutet: erwünschtes Verhalten abrufbar zu machen, unerwünschtes Verhalten nicht/so wenig wie möglich auftreten zu lassen.

Verfasst: Mi, 08. Jun 2011 00:09
von Finchen
Alles richtig - doch mit spontan meine ich zB eine spontane "Kommunikation" mit einem fremden Pferd. Und da sind Reaktionen reproduzierbar, weil eben Pferde (aufgrund des im Leben gelernten, keine Frage) in bestimmter Art reagieren. Dabei ist dann aber nicht das Pferd auf mein Stimmkommando oder meinen Fingerzeig o.ä. konditioniert. :wink:

Es ist nicht ins Detail zu trennen, das ist schon bei den Hunden immer wieder eine Diskussion, was ist Konditionierung und was Kommunikation, denn klar, auch die Kommunikation unter Artgenossen bedingt ein Lernen/Konditionieren im Laufe der Zeit.

Um es wieder aus eigentliche Thema zu bringen:
die bisher erleben PNH-Pferde schienen mir durch die Bank weg zu "funktionieren", mir fehlt da die individuelle Lebendigkeit, die "aktive" Reaktion oder auch Aktion des Pferdes.
Und wieder gilt: mein Eindruck, mein "Geschmack", ich mag lebendigere Pferdegesichter als ich sie gesehen habe.

Verfasst: Mi, 08. Jun 2011 09:29
von skywalker
Irgendwie gerat ich immer in die Rolle, Parelli zu verteidigen, obwohl mir das total fern liegt (und ich hab im GEgenteil auch schon mit Parelli-Fanatikern diskutiert, wo ich sehr gegen Parelli gewettert habe,nur als Anmerkung...
Nakim hat geschrieben:selbst ein "Parelli-Gesicht" kann man mit Konditionierung in ein freundliches Gesicht umwandeln. Das heißt aber nicht, daß es den Pferden damit besser geht.
Ähm, ok. Das kann ich dann aber bei jeder Reitweise und jeder Methode mit Pferden sagen. Das freundliche Gesicht beim Clickertraining ist dann auch ankonditioniert.
Ich bin aber ehrlich gesagt nicht sicher, ob ein Pferd ein interessiertes, motiviertes Gesicht quasi "vortäuschen" kann (das müsste es, wenn es sich zwar schlecht fühlt, das aber durch ein freundliches Gesicht übertüncht). Meiner hat sein "angepisst"-Gesicht durchaus noch, und ich bin froh drüber, denn dann weiß ich, dass ich grad was falsch mache!
Spiel ist etwas freiwilliges. Für beide Parteien. Mach den Strick ab und spiele mit einem rohen Pferd. Wenns geht ist es für das Pferd sicher kein Spiel.
Sicher ist es freiwillig. Ich kann dem Pferd anbieten x oder y zu spielen. Vielleicht macht es mit. Vielleicht nicht. Dann sollt ich halt was anderes machen. Und manchmal kann man nicht spielen, sondern muss arbeiten (eben: Gymnastizierung), weils halt sein muss.
Mir gefällt der inflationäre Gebrauch des Wortes "Spiel" bei Parelli bzw. NH auch nicht, aber naja, ich nenne es oft "Arbeit", wenn es auch Arbeit ist.
Ich glaube aber auch, dass der Ausdruck "Spiel" gebraucht wird, um dem Menschen etwas von seiner Verbissenheit zu nehmen. Das funktioniert teilweise recht gut mit Perfektionisten wie ich auch bin. Wenn du für dich als Mensch probierst, die Übung oder an was immer du arbeitest als Spiel zu sehen und nicht so todernst, dann tut man sich leichter, verzeiht sich selbst besser wenn es nicht klappt.
In der Herde weicht ein Pferd einem Ranghöherem. Da macht das Sinn. Wenn aber ein Ranghöherer dies ständig tut ist das Schikane. Das ist so wie beim Militär der "schleifende Vorgesetzte" der die Leute durch den Schlamm robben läßt. Warum wehren die sich nicht?
Daher tut man das ja auch nicht ständig (nach der Erlernphase, die seeeehr kurz sein sollte, viel viel kürzer als bei den meisten - bei einem der's wirklich kann ist die Einlernphase wahrscheilich nur ein paar Minuten). Und danach kannst du das "Weichen" anwenden - zum Reiten, für die Bodenarbeit, fürs Gymnastzizieren. "Weichen" ist ja kein Selbstzweck! Genau wie bei jeder anderen Methode... Wenn ich ein Pferd mit dem Zügel oder Schenkel oder beidem z.B. biege und stelle, dann weicht es Druck. Das wurde ihm als erstes (hoffentlich) beigebracht. Aber irgendwann sollte man aufhören mit dem "Beibringen", sondern die Biegung anwenden.
Ich hasse es Parelli Phrasen zu dreschen, aber die passt ganz gut: :wink: : Wer "drillt", macht was falsch. Er macht die 7 Spiele zuerst zu 7 Aufgaben und dann zu 7 Foltern.

Hier beobachtet man alelrdings auch oft das Auseinanderklaffen von Theorie und Praxis, da geb ich dir recht. DAs ist aber einfach wieder eine falsche anwendung durch den Menschen, aus Perfektionismus, Ehrgeiz, Unwissen, Unvermögen (meistens wird das Pferd deshalb gedrillt, weil der Mensch üben muss!)

Verfasst: Mi, 08. Jun 2011 09:42
von gimlinchen
am Ende hängts davon ab, wie der Einzelne damit umgeht. *meine Meinung*
der Ansatz ist ok, dke Verbissenheit schlechter Parelli-Leute nervt, der Ansatz bietet wie jeder Ansatz Möglichkeiten zum Missbrauch.

es gibt ein nettes Buch über: History of natural horsemanship - sehr empfehlenswert in dem Zusammenhang. kann den link raussuchen, wenn ich wieder webzeit habt.

Verfasst: Mi, 08. Jun 2011 09:56
von skywalker
Phanja hat geschrieben: Letztlich hab ich bei der Sache immer den Eindruck, es geht darum, das Pferd auf das weglassen negativer Verstärkung zu konditionieren (wird wohl häufig als "Komfort" bezeichnet). Ich hatte auch bei den Pferden immer den Eindruck, dass sie recht verzweifelt nach "der richtigen Antwort" suchen, um "Komfort" zu bekommen.
Ich persönlich bevorzuge es, möglichst wenig negativ zu bestärken und möglichst viel positiv zu bestärken. Das ist für mich eine ganz andere Art von Motivation fürs Pferd - es strengt sich an, um Lob zu erhalten, hat aber nicht den Stress, dem Druck zu "entkommen".
Parelli arbeitet hochoffiziell auch mit positiver Verstärkung - Leckerlis sind erlaubt, bei manchen Pferden sogar explizit empfohlen. Das ist eine etwas neuere Entwicklung und im alten Buch noch nicht so. Es wird also positive und negative Verstärkung kombiniert.

Was ich sehr interessant fand (und hier ist nur meine ganz persönliche eigene Beobachtung an meinem Pferd): Die richtige Antwort für positive Verstärkung (Leckerli) zu suchen war für den mehr Stress als ihm mit etwas Druck (Achtung, ich verwende das Wort Druck nicht gleichbedeutend mit Prügel, wie es manche auffassen...) klarzumachen, was ich von ihm will. Als er nicht draufkam, was ich wollte, ist er mir regelrecht explodiert vor lauter Frust. Da wachle ich doch lieber mit dem Stick oder der Hand ein paar millimeter, um ihm klarzumachen, dass er bitte nach links gehen soll, oder mache mit der Hand etwas Druck, dass er den Kopf senken soll um z.B. das Hütchen anzutapschen. Und dann kann ich die negative Verstärkung (Druck bis zur gewünschten Reaktion, dann Aufhören des Drucks) noch zusätzlich mit positiver Verstärkung (Gutzi stopfen, streicheln, loben) kombinieren.
Ein Pferd ohne Hinweis darauf, was ich eigentlich möchte, herumprobieren zu lassen finde ich manchmal nicht unbedingt stressfreier. Hier kommts wohl auch aufs Pferd an. Meiner war anfangs dremaßen unmotiviert, dass er nix probiert hat. Gar nix. Der wäre auch 3 Stunden rumgestanden mit gesenktem Kopf. Wenn ich einen Schritt oder sonstwas von ihm wollte, um es belohnen zu können, musste ich shcon etwas Druck anwenden.

Weiters kann das mit der positiven Verstärkung ins Auge gehen, wenn es - wie in meinem Fall - noch ein grobes Respektsproblem gibt.

Das klingt jetzt wieder so als wär ich gegen positive Verstärkung - ganz im Gegenteil. Aber ich glaube, dass es eine Illusion ist zu glauben, man könnte 100% positiv verstärken ohne jeglichen Druck. Jede Hilfe ist Druck, jedes Führen ist Druck, alles was der Mensch dem Pferd sagt oder auch nur vorschlägt, ist schon Druck. Denn ein Nichtbefolgen hat Konsequenzen ... entweder das Ausbleiben des Leckerlis, oder vielleicht stärkeren Druck. Und da kommts dann auf den Pferdecharakter an, was als schlimmer oder stressiger empfunden wird.

Ich erinnere mich dunkel, dass es hier schon einmal eine ausführliche +V vs. -V -Diskussion gab *grübel*.

Das führt aber vom Thema Parelli weg (weil dort wie erwähnt beides verwendet wird).

Verfasst: Mi, 08. Jun 2011 10:17
von skywalker
Traumdauterin hat geschrieben:
Nakim hat geschrieben:wobei Spiel immer etwas beiderseits freiwilliges ist. Es kann von jedem Partener jederzeit beendet werden ohne Sanktionen zu befürchten.
Ist das bei Parelli auch so? Wenn das Pferd sagt, ich mag jetzt nicht rückwärts, dann lässt man es? Oder wie ist das gemeint.
Ad Spiel: Ich hab grad geschrieben, dass ich denke, dass der Gebrauch des wortes "Spiel" hauptsächlcih für den Menschen gedacht ist. Der soll ein Spiel draus machen und sich nicht frustrieren lassen, wenn was nicht funktioniert, er soll nicht verbissen sein und nicht ehrgeizig.
Langfristig gesehen soll es auch fürs Pferd ein Spiel werden. Zumindest in meiner Interpretation des ganzen.

Zu deinem Beispiel (das ich zur Genüge kenne, denn Rückwärts ist unsere größte Baustelle): Ich in meiner persönlichen Parelli-Interpretation würde folgendes machen: Zuerst mal Analyse: kann er nicht oder will er nicht?
Wenn er nicht kann, warum nicht? Angst? Unsicherheit? Körperliches Problem? Kommunikationsproblem, d.h. versteht er nicht? --> Ursache abstellen: Angst: einen schritt zurückgehen, Aufgabe vereinfachen, Umgebung ändern, Vertrauen aufbauen, d.h. durchaus also Übungsabbruch. Bei der Vermutung, dass er nicht versteht, würde ich die Strategie ändern, also meine Körpersprache überprüfen, ob wir z.b. ein Missverständnis haben.

Wenn ich vermute, dass er nicht will: Warum nicht? Zu langweilig? Zu oft? Zu unhöflich gefragt? (d.h. am Anfang zu viel Druck - meiner ist da regelrecht beleidigt und stellt die Zusammenarbeit ein) Zu anstrengend? Einfach keine Lust? Austesten, ob ich es ernst meine? --> entsprechend reagieren. Bei Vermutung Langeweile würde ich das Programm ändern, bei zu oft v.a. für die Zukunft besser aufpassen, besser auf höfliche ERstanfrage achten. Bei zu anstrengend und keine Lust, ja, da greif ich dann halt durch, d.h. erhöhe den Druck, weil es einfach so ist, dass "keine Lust" in manchen Situationen lebensgefährlich werden kann (stehenbleiben vor der Bundesstraße bitte, wo Autos mit 100km/h herumkurven? Da ist die Antwort "keine Lust" halt z.B. nicht akzeptabel). Also in diesem Fall konsequent weiterfordern (u.U. durchaus mit geänderter Strategie, etwas anderem Übungsaufbau, wenn gar nix mehr geht), bis zumindest eine halbwegs akzeptable Antwort kommt, und dann umso mehr loben (und gleich überlegen, was man beim nächsten Mal vielleicht anders macht).

Verfasst: Mi, 08. Jun 2011 11:34
von Jen
hi Skywalker

ja, das kenne ich, wenn man sich in eine Rolle gedrängt fühlt, die man eigentlich gar nicht annehmen will ;)

ja, ich verwende im Alltag ja auch meist Mischformen, wo das Pferd stärker geführt wird, anstatt das reine Clickertraining (das ich eher so zum Spass ab und zu mache, quasi als "Quiz"). Beim reinen Clickertraining gibt es am Anfang immer eine "Durstphase", wo das Pferd überhaupt lernen muss, mit dieser "Freiheit" und dem "ungewissen" klarzukommen. Nicht jedem liegt das. Auch da gibt es unterschiedliche Lerntypen. Halt wie beim Menschen auch. Und je nach Ausgangslage, sucht das Pferd mehr Führung, was ja auch ok ist. Es gibt auch Pferde, die müssen zuerst lernen zu lernen.

Ich habe auch nichts gegen das gefühlvolle, intelligente Arbeiten mit Druck, wenn auch das Lob nicht vergessen geht.

Auch ein Aguilar arbeitet ja mit Druck und lösen von Druck. Ich mag Aguilar total gerne, weil er ein super Mensch ist, der eine äusserst genaue Beobachtungsgabe hat. Was mir an ihm besser gefällt, ist, dass er ganz klar sagt: jetzt mache ich Druck, jetzt hat das Pferd vielleicht sogar Stress (zb. an Demos, wo er z.T. sogar mit Pulsmesser arbeitet), jetzt nehme ich Druck weg etc. Er beschönt es nicht durch eine "lustige, blumige Sprache". Das nervt mich wirklich sehr am Parellisystem. hey ja, ich strafe ja mein Pferd durchaus auch mal, wenn es eine Grenze überschreitet. Aber ich sage dann auch klar: das ist eine Strafe. Punkt. Ich steh zu dem, was ich tue und formuliere es nicht in eine Insider-Geheimsprache, die gerade dem Anfänger gerne mal den Blick etwas vernebelt (finde ich).

naja und dann halt die ganze Marketingmasche, die ist bei PP schon äusserst ausgeprägt... Neben dem ganzen Savvy Club, Spezialmaterial etc. Gerade vor kurzem bekam ich ein Mail weitergeleitet, wo Linda Parelli in unserer Gegend einen 2 Tägigen Workshop hält. Als ZUSCHAUER bezahlt man über CHF 2000.- (Das sind über 1600 Euro). Als ZUSCHAUER! Als Teilnehmer mit Pferd bezahlt man etwa CHF 2500.- (ca. 2000 Euro) und man muss sich mit einem ausführlichen Fragebogen bewerben. Die Teilnehmer werden dann gezielt ausgesucht. so viel Geld für einen zweitägigen Workshop. Für das Geld kann ich 2 Wochen in die Ferien! Sorry, aber das finde ich einfach eine absolute Frechheit. Guru hin oder her, ich war echt schockiert. Aber solange es Leute gibt, die das bezahlen... wären die ja blöd, wenn sie es nicht verlangen. :roll:

Schlussendlich ist es halt alles drumherum, was mich anzieht oder abstösst an einer Methode und bei Parelli stimmt für mich zuviel nicht. Es ist sicher nicht alles aus Prinzip schlecht. Aber es gibt ja Alternativen! ;)

Verfasst: Mi, 08. Jun 2011 14:27
von skywalker
Mit dem Marketing und diesem Club-Gedanken stimme ich absolut zu, das war (und ist) immer meine größte Kritik an Parelli. Auch die Preise.

Allerdings habe ich für mich mittlerweile einfach akzeptiert und sage mir immer, dass das mit der Methode und dem Programm eigentlich nichts zu tun hat. Es ist halt Marktwirtschaft. Wenn man ganz ehrlich zu sich selbst ist - sollen sie ihre Produkte herschenken, wenn die Leute so viel Geld bezahlen? Das wär ja dumm.
Man braucht den ganzen Schnickschnack gar nicht, wenn man das erste Schritt-für-Schritt-Programm anschafft, hat man prinzipiell mal ausgesorgt für 3-5 Jahre ;-). Dafür ist das Preis-Leistungs-Verhältnis ganz gut. ;-)
Aber natürlich ist alles teuer, weil sie einfach mittlerweile so groß und aufgeblasen sind, dass es vermutlich viel Geld kostet, diese ganze Maschinerie am laufen zu halten. Und andererseits: Wären sie nicht so groß, dann würden wir sie hier in Europa kaum kennen. Es gibt ja noch genug andere Natural-Horsemanship-Namen, nur sind die meist nur Insidern bekannt, also denen, die sich bereits intensiv mit NH beschäftigen. Und auf diese anderen Namen kommt man meistens erst über den Namen Parelli. Ein bisschen wie Nestlé - da kommt man auch fast ncith dran vorbei :D ;-)

Was ich auch nicht mag ist diese Abgrenzung von anderen, also so Parelli gegen den bösen Rest der Pferdewelt, das ist gar nicht meins. Aber da muss man auch nicht mitmachen und es gibt genug Parellianer, die das auch nicht mögen.

Im Übrigen siehts so aus als würden auch die Instruktoren finden, dass man zu parelli durchaus noch Ergänzungen braucht, weil ich glaube mittlerweile ist ein Großteil aller deutschsprachigen Instruktoren in Philippe Karl's Legerete-Ausbildung. Irgendwo hab ich gelesen, dass Wanzenried sogar auf den neuen legerete-Videos drauf ist?

Edit: Ja die Workshops mit den Göttern persönlich kosten natürlich. Aber ich würd glaub ich nicht mal zu Linda Parelli gehen, wenn man mir umgekehrt Geld BEzahlt :wink: (ok, je nachdem wieviel, würde ich mich vielleicht breitschlagen lassen ;-) ).

Verfasst: Mi, 08. Jun 2011 19:24
von Finchen
gimlinchen hat geschrieben:am Ende hängts davon ab, wie der Einzelne damit umgeht. *meine Meinung*
der Ansatz ist ok, dke Verbissenheit schlechter Parelli-Leute nervt, der Ansatz bietet wie jeder Ansatz Möglichkeiten zum Missbrauch.
Yep, genau das, sehr gute Zusammenfassung für meinen Geschmack! :)

Spannend übrigens der Hinweis, dass inzwischen auch im Parelli-Lager mit Leckerli gearbeitet wird - meine Erfahrungen sind ja einige Jahre her, da war das nahezu verboten.

Verfasst: Mi, 08. Jun 2011 21:41
von Max1404
skywalker hat geschrieben: Zuerst mal Analyse: kann er nicht oder will er nicht?
Wenn er nicht kann, warum nicht? Angst? Unsicherheit? Körperliches Problem? Kommunikationsproblem, d.h. versteht er nicht? --> Ursache abstellen: Angst: einen schritt zurückgehen, Aufgabe vereinfachen, Umgebung ändern, Vertrauen aufbauen, d.h. durchaus also Übungsabbruch. Bei der Vermutung, dass er nicht versteht, würde ich die Strategie ändern, also meine Körpersprache überprüfen, ob wir z.b. ein Missverständnis haben.

Wenn ich vermute, dass er nicht will: Warum nicht? Zu langweilig? Zu oft? Zu unhöflich gefragt? (d.h. am Anfang zu viel Druck - meiner ist da regelrecht beleidigt und stellt die Zusammenarbeit ein) Zu anstrengend? Einfach keine Lust? Austesten, ob ich es ernst meine? --> entsprechend reagieren. .
@Skywalker: Du hast genügend Erfahrung und Einfühlungsvermögen, um Dir eine Menge Fragen zu stellen, wenn etwas nicht funktioniert. Du stellst Dir in einer solchen Situation auch die richtigen Fragen und kannst daher auch relativ verlässlich die richtige Antwort finden. Du weißt auch, wann es besser ist, vom System kurzfristig abzuweichen.

Ich glaube, dass gerade das System Parelli für viele erwachsene Reitanfänger sehr verführerisch ist, weil es ein angeblich sicheres Rezept bietet, um sein Pferd in allen Situationen verlässlich beherrschen zu können.
Meinst Du, dass solche unerfahrenen Pferdebesitzer wirklich in der Lage sind, eine Situation richtig zu deuten und entsprechend zu reagieren? Und wer zieht den Kürzeren, wenn die Situation aus Unerfahrenheit falsch gedeutet wird und die entsprechende (falsche) Sanktion nach sich zieht? Benötigen unerfahrene Reiter nicht ein ganz außergewöhnlich großes Maß an Empathie, um nicht falsch zu reagieren? Vor allem, wenn sie an einen "Hardliner-Trainer" geraten?

Es ist so erschreckend viel System in der Parelli-Lehre ...