Schulterherein ab wann?

Rund um die klassische Reitkunst

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Gast

Beitrag von Gast »

Phanja hat geschrieben: Die meisten Lektionen sind für mich keine Prüfung, die man bestehen soll, sondern Werkzeuge, die man nutzt, um ein Pferd "gut" zu reiten. Und dazu gehört für mich auch das SH.
Klar, weil das SH in erster Linie eine versammelnde Lektion ist. Das nimmt ihr aber nicht den Prüfsteincharakter. Alle Lektionen sind ihrem Wesen nach Prüfungen, ob die Vorarbeit richtig war.

Und die Frage "Wann damit beginnen?", lässt eigentlich nur EINE Antwort zu: wenn sie soweit sind.
Ich bereite ja als Lehrer auch keinen Viertklässler auf die höheren Weihen der Schulbildung vor, indem ich ihn mit dem Satz des Pythagoras konfrontiere, oder?
sinsa
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Beitrag von sinsa »

@Fliehendes Pferd Ich glaube nicht das hier das innere Hinterbein die Spur des äußeren Vorderbeines treffen kann. Jedenfalls nicht auf diesem einen Foto. Macht man simple Striche parallel zur Bande und von jedem Huf aus, kommt man woanders an. Auch die nächste Trabphase wird das nicht von alleine ausbessern. Hier muss der Reiter erst korrigieren - wenn er auch hauptsächlich sich selber korrigieren muss, um die Schulter wieder zurück zu führen und die Stellung wieder herzustellen

@Max Ich würde nie was gegen eine solide Basisarbeit sagen. Aber die Forderung war hier explizit bei "exakt gerittenen" Trabzirkeln und dann hast Du noch die 10m Trabvolte draufgesetzt. Nichts gegen die vorher erfolgende Arbeit auf dem Zirkel, aber das mit dem "exakt" hat mich dann als Grundvorraussetzung schon gestört.
Hier gehen unsere Definitionen bzw. eben unsere Vorstellungen der Vorraussetzungen für SH anscheinend auseinander.
Wenn die Anforderung von Dir tatsächlich wie beschrieben/gefordert, erreicht wären, ehe Du an das SH gehst, dann müsste es tatsächlich so sein, wie sabrell es beschreibt, und das SH wird einem geschenkt.

Du weist aber selber darauf hin, dass es in den Anfängen des SH bei der Übung aus einer Volte heraus die ersten Schritt SH abzufordern, dazu kommen kann, dass das Pferd an Schwung und womöglich Stellung verliert. Das dürfte aber definitiv nicht passieren. Nicht auf vielleicht den ersten 5-10m, wenn wirklich gründlich vorbereitet wurde. :wink: Also so wie sabrell es beschreibt und lillith ergänzt, in dem sie darauf hinweist, wie schwierig die tatsächlich exakte Ausführung eines Zirkels ist/sein kann.
Davon ab, würde ich persönlich exakt gerittene 10m Trabvolten nicht abfragen wollen ohne vorher SH (und KH) installiert zu haben. Auf so einem kleinen Kreis womöglich von einem WB-Schlachtschiff zu verlangen die Schulter aufrecht zu haben, ohne irgendwohin auszubrechen finde ich dann doch eine echte Leistung, die ich auch nicht gerade von vielen Pferd-Reiterpaaren zu sehen bekommen habe.

Aber gut, da sind wir wieder beim Haare spalten und meinen womöglich letztenlich zumindest ähnliches. Übersetzt heisst das für mich daher vermutlich, das mir "halbwegs ordenltiche" Zirkel reichen. Dazu verlässlich abrufbare Stellung, sowie eine gute Biegung, wie z.B. in Viertelvolten, wie sie einem in jeder handelsüblichen Ecke begegnen. Weit weg sind wir daher vermutlich nicht.
Allerdings starte ich definitiv mit SH an der Bande und ich starte SH im Schritt. Auf die Kreislinie bringe ich das SH erst ein ganzes Stück später, nämlich dann, wenn das SH auf der langen Seite auf beiden! Händen flüsssig und ohne stocken gelingt. Weder Pferd noch Reiter verspannen sich und das Einleiten und gelegentliche Umstellen des SH macht keine Probleme oder bringt sichtbare Bogenlinien hervor.
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Finchen
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Beitrag von Finchen »

Mal eine Idee:
das Pferd "kann" zunächst auch keine exakten Zirkel und Volten, aber ich reite sie, wieder und wieder, und erlange mehr und mehr die Geraderichtung und Schulterkontrolle, die Biegung und alles was erforderlich ist.
Ähnlich hat es meine RL dann auch relativ früh mit dem SH-"Beginn" gemacht. Einfach gemacht. Klar war das nicht in Perfektion, aber so heikel wie es hier beschrieben wird sieht sie das nicht. Ich habe erlebt, dass über das SH (oder das was zu Anfang und vielleicht auch jetzt noch streckenweise "etwas Schulterhereinähnliches" ist) das Pferd durchaus leichter gelernt hat sein inneres Hinterbein mitzunehmen, es fiel mir seit SH-Reiten leichter, das Bein zu aktivieren.

Und mal ehrlich, auch Zirkel und Volten reiten wir nicht erst dann, wenn sie gleich perfekt gelingen können, auch bis zu deren korrekter Ausführung ist es ein laaaanger Weg - aber sie werden geritten und dadurch (auch) der Weg bestritten.

So ähnlich meine ich kann es auch mit dem SH gelingen, wenn nicht wie schon irgendwer schrieb direkt mit dem Jungspund als erstes daran geübt wird.
horsman
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Beitrag von horsman »

na dann liegen wir ja alle gar nicht so weit auseinander, und der Satz von la Gueriniere (dem Begründer der Arbeit im SH auf der geraden Linie) bringt die Sache sehr gut auf den Punkt:

"Schulterherein ist die erste und die letzte Übung"

Die erste Übung, weil es als "Aspirin der Reitkunst" alles heilt (Oliveira) und die letzte Übung, weil die Qualität des SH als Prüfstein über alle Arbeit bis zuletzt Auskunft.

Was daraus deutlich wird, und das ist ja eigentllich selbstverständlich, dass das SH der ersten Versuche nicht die Qualität des SH nach Jahren der Arbeit in Perfektion hat. Aber so ist es mit jeder (auch den augenscheinlich simplen) Übung.
Zuletzt geändert von horsman am So, 14. Aug 2011 22:06, insgesamt 2-mal geändert.
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Beitrag von Gast »

sinsa hat geschrieben:... gerittene 10m Trabvolten... finde ich dann doch eine echte Leistung,
Ups, nun hatte ich die Erleuchtung :)
Du hast natürlich völlig recht .. wenn 10 m Volten schon die Herausforderung sind. Immerhin ist das nur die halbe Bahnbreite bei 20/40 ;)
Ich bin jetzt dummerweise von 6 -8 m ausgegangen. So kann man aneinander vorbeireden.
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Finchen
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Beitrag von Finchen »

sabrell hat geschrieben:
sinsa hat geschrieben:... gerittene 10m Trabvolten... finde ich dann doch eine echte Leistung,
Ups, nun hatte ich die Erleuchtung :)
Du hast natürlich völlig recht .. wenn 10 m Volten schon die Herausforderung sind. Immerhin ist das nur die halbe Bahnbreite bei 20/40 ;)
Ich bin jetzt dummerweise von 6 -8 m ausgegangen. So kann man aneinander vorbeireden.
Kein Grund sich drüber lustig zu machen - frag mal Max, glaube die hat ein Pferd für das es sicher eine Herausforderung ist die 10m-Volten korrekt erlernt zu haben. :wink:
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Beitrag von horsman »

ach ja, 6m, 8m, 10m Volte ..., eine Mittellinie im Schritt ist zB auch eine sehr große Herausforderung. Es kommt ja immer auf die Qualität der Ausführung an.
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Cubano
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Beitrag von Cubano »

Finchen, nur ganz kurz: Das Problem beim SH ist nicht nur das Pferd allein. Sondern auch der Reiter. SH ist die Lektion, bei der Reitersitz und Hilfengebung am meisten über Erfolg oder Misserfolg entscheiden. Weil Du ggf. bei jedem Tritt korrigieren musst, damit Stellung und Biegung und Spur so bleiben, wie gewollt. Nun ist es aber bei nicht weit ausgebildeten Pferden, denen es selbst noch an Balance fehlt, so eine Sache mit der korrekten Einwirkung. Deshalb behaupte ich ja auch nach wie vor ganz ketzerisch, dass 95 Prozent des SH, die ich heute z.B. per Video zu sehen bekomme, schlicht falsch sind.
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Finchen
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Beitrag von Finchen »

Klar, verstehe was du meinst, wg "falschem SH" - aber wieviele Volten und Zirkel sind denn ganz korrekt geritten? :wink:

Ich selber empfinde unsere SH-Varianten als gute Übung auch für mich, da haste ja Recht, aber ich halte Zirkelreiten nicht für leichter, im Gegenteil, ich persönlich meine mich besser ins SH zumindest im Schritt einfummeln zu können als einen ordentlichen Trabzirkel zu reiten. :?

Das mit dem regelmäßig korrigieren ist auch bei Volten bei uns so - jesses was haben wir Ostereier ODER ohne korrekte Biegung geritten - das gelang aber auch immer besser, mit mehr Konzentration und Übung meinerseits - und natürlich mehr Fortschritt beim Pony.
Max1404
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Beitrag von Max1404 »

Finchen: :love:
Ja, 10 Meter-Volten sind mit einem gangstarken Pferd, das deutlich über 1,80 groß ist und etwas lang ist, durchaus nicht ganz einfach (auch wenn es sich um ein High-End-Dressur-Zuchtprodukt handelt :wink: )

Ich bin wirklich erstaunt, was hier alles in meinen kleinen Text hineininterpretiert wird.

Dabei wollte ich eigentlich nur sagen (Achtung, Übersetzung im Ironie-/Übertreibungsmodus: ), dass ich besser kein SH reiten sollte, wenn
a) meine Zirkel aussehen wie eine unregelmäßige Ellipse
b) ich mein Pferd mit dem Zügel herumziehen muss, damit ich die Kurve kriege
c) die Hinterhand meines Pferdes dabei irgendwo im Nirvana kreuzt oder
c2) das liebe Pferd ständig über die Schulter wegläuft
d) ich die Ecken in Außenstellung reiten muss (sonst kürzt das schlaue Tier ab)
e) ich an jedem Bahnpunkt, den ich versuche anzureiten, 2-3 Meter vorbeischleudere.
(Ironie-/Übertreibungsmodus aus).
:wink:
Viele Grüße
Sabine
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Finchen
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Beitrag von Finchen »

Siehste Max - wir meinen das gleiche, man muss kein Perfekter Zirkelreiter sein, aber grundlegend sollte das schon alles Hand und Fuß haben. Da bin ich ja froh, denn ohne den Kopf rumzuziehen bekomme ich die Elipsen schon recht genau hin, mitunter erinnern sie allerdings an Zirkel! :lol:

Musste nur vorhin grinsen und mir vorstellen, wie dein Riese mit "der Hälfte der Reitbahnbreite" durchaus schon Schwierigkeiten hat..
sinsa
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Beitrag von sinsa »

@sabrell Max redete ncht von 10m Trabvolte irgendwie geritten sondern:
Max1404 hat geschrieben:Wenn das Pferd auf einem exakt gerittenen Zirkel im Trab in korrekter Biegung und korrekter Belastung des jeweils inneren Hinterbeins (viele Pferde laufen über das Hinterbein oder über die Schulter weg) mühelos taktrein und fließend läuft und 10 Meter Trab-Volten in genau dieser Art ohne Schwungverlust funktionieren, dann kann meiner Meinung nach mit Trab-SH begonnen werden.
und da liegt der Hase im Pfeffer.
Ich habe kein Probölem damit zu sagen, das man als Vorraussetzung ein den Umständen/dem jungen Pferd entsprechenden guten Zirkel und meinetwegen auch Trabvolten von 10m schaffen sollte, aber wenn ich das erst in Vollkommenheit haben muss, dann reitet demnächst keiner mehr ein SH :lol:
Allem anderen kann ich locker Zustimmen. inklusive der Tatsache, dass einem bei geeigneter Erarbeitung der Basics das SH geschenkt wird. Dann allerdings eben definitiv ohne Schwung- oder sonstige Verluste auf einer kurzen Strecke :wink:
Da würde ich als Vorraussetzung eher so rum vorgehen, dass ich postulieren würde, dass man SH anfragen kann und zurück zu den Basics muss, wenn das Pferd dabei an Schwung verliert/ins stocken kommt. Mal hier und mal da ein wenig/leicht nachjustieren ist auf knapp 40m vertretbar, aber Schwungverlust beim SH ist für mich tatsächlich ein NoGo für diese "Lektion"

Davon ab: ne wirklich gute/korrekte 10m Trabvolte kann auf einem Gangpferd bei geeigneter Veranlagung tatsächlich eine Herausforderung sein :lol:
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Beitrag von sinsa »

@Max siehste, dachte ich es doch: Wir sind dicht beeinander

@cubano ich gebe Dir Recht mit den 95% die eher irgendwie seitwärts oder so zeigen. Ich denke aber dennoch, dass SH eigentlich kein Hexenwerk ist und sogar ziemlich einfach zu erlernen und zu erkennen ist, wenn man einmal geschnackelt hat, worauf es ankommt. Ich persönlich empfinde z.B Kruppherein als wesentlich schwieriger als SH. Alleine schon, weil mir die optische Kontrolle fehlt, die beim SH locker gegeben ist.

@horsmän Mittellinie, SH mit zwei bis vier mal umstellen. Das Ganze muss ne Gerade ergeben. sabrell reitet das mit zusätzlichem Umstellen ins KH und auf 60 m Plätzen von mir aus um die Mitte herum noch ne Zickzack-Traversale 8) :mrgreen:
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Beitrag von Cubano »

Finchen hat geschrieben: im Gegenteil, ich persönlich meine mich besser ins SH zumindest im Schritt einfummeln zu können als einen ordentlichen Trabzirkel zu reiten. :?
Okay Finchen, und da haben wir den Unterschied zwischen uns beiden :P
Persönlich halte ich SH im Schritt für definitiv sinnlos, weil mir der Schwung fehlt und weil ein SH im Schritt für mich auch nicht versammelnd ist. Deshalb gehen wir da auch von unterschiedlichen Voraussetzungen aus. Ausnahme: Ich habe ein Pferd, dem ich den Ablauf von SH erst mal klar machen muss. Das geht vielfach im Schritt einfach besser.
Und sorry Leute, wenn Ihr wirklich meint, ein SH sei nicht anspruchsvoller als eine korrekt gerittene Trabvolte – dann… öh, nu hab ich ganz vergessen, was ich schreiben wollte. Breitgrinst :P :P
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Beitrag von Ielke »

Ich denke auch, dass man mit SH erst anfangen kann, wenn die Basics und Feinabstimmung der Hilfen stimmt. Das ist z. B. gegeben, wenn Volten und Zirkel i.d.R. gelingen - als "FN-Ler" würde ich das mal als solides A-Niveau bezeichnen.

Vorher (oder an Tagen, an denen das Feintuning nicht so funzt), arbeite ich mich mit SW oder Übertreten an die bessere diagonale Hilfengebung heran...

Cubano hat geschrieben:Ausnahme: Ich habe ein Pferd, dem ich den Ablauf von SH erst mal klar machen muss. Das geht vielfach im Schritt einfach besser.
*ggg* genau so ein Exemplar habe ich, dem sieht man richtig die Rauchwolken aus den Ohren kommen, wenn er neue Lektionen kennenlernt...
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