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Verfasst: Mi, 23. Jan 2013 19:52
von Finchen
horsmän hat geschrieben:nein cubano, ich zähle weder mich noch andere Forums-Schreiber zu "gewichtigen" Stimmen.

Das ganze Thema ging ja los auf Seite 227, als Motte den Stuhlsitz von Vatter Klimke bekrittelte
Mich würde jetzt auch interessieren, welche "gewichtigen Stimmen der Reiterei" die von dir "zitierte" Meinung vertreten.

Verfasst: Mi, 23. Jan 2013 19:59
von Fliehendes Pferd
Tut mir leid, ich muss noch mal auf diese Abreitezeit eingehen (vom lotrechten Sitz hab ich keine Ahnung, aber sehr interessant, diese Diskussion !).

"Zeitbegrenzung ab GP aufwärts" find ich gut. Was kommt danach aufwärts ?

Die meisten Reiter ab M würden übrigens mit 20 Minuten locker hinkommen. Ich seh da eigentlich selten jemanden, der länger braucht (auch und erst recht nicht beim GP). Dagegen kenne ich das mehrstündige "Abkochen" bestens aus den A und teilweise auch L-Dressuren.

Verfasst: Mi, 23. Jan 2013 20:20
von Motte
horsmän hat geschrieben:nein cubano, ich zähle weder mich noch andere Forums-Schreiber zu "gewichtigen" Stimmen.

Das ganze Thema ging ja los auf Seite 227, als Motte den Stuhlsitz von Vatter Klimke bekrittelte
Ah - mea culpa, horsmän!
Die Bemerkung war eigentlich eher ironisch gemeint, und bezog sich auf eine Äusserung von Paula, die hier mal bekrittelte, dass Vatter Klimke einen fürchterlichen Stuhlsitz hatte.
:wink:
ICH seh das nicht so. Der hatte vielleicht einen etwas "eigenen" Sitz - aber wer bin ich, das zu bekritteln?

Verfasst: Mi, 23. Jan 2013 20:35
von Junito
Bevor man sich künstlerische Freiheit erlaubt, sollte man erstmal das Handwerk solide beherrschen...mir zumindest hat die FN einen ausgezeichneten Start geboten. Und war mir im Grunde mein ganzes Reiterleben lang hilfreich...

hatten wir das nicht irgendwie schonmal?

Verfasst: Mi, 23. Jan 2013 21:05
von Paula
http://www.artisticdressage.com/photos/ ... calla2.jpg
http://www.artisticdressage.com/photos/ ... ikeur1.jpg
ich stelle noch mehr ein.

Es kommt aufs Pferd an auf den Sattel und auf die Figur des Reiters und auf den Moment .., WIE er gerade sitzt,Bürkner saß nicht immer so...

Und andere saßen sogar im Halten so...Bilder kommen wenn ich sie im Net finde ...
ich habe sie in Büchern
Der Sitz muss funktionieren, darf nicht stören...Wie das aussieht darf unterschiedlich sein.

Verfasst: Mi, 23. Jan 2013 21:40
von Gawan
Hier noch ein paar weitere Links zur Schulter-Hüfte-Absatz-Linie. Historisch wurde auf die Position des Absatzes in dieser Linie nicht immer so geachtet. Möglicherweise spielen ja auch die Art des Sattels, die Aufhängung der Bügelriemen und die Proportionen des Reiters eine Rolle? Eher rundliche Frauen mit kurzen dicken Beinen bekommen die Unterschenkel u.U. nur nach hinten, wenn sie dabei ins Hohlkreuz gehen.

http://www.dingosbreakfastclub.net/Ding ... story.html
http://www.reitlehre.de/sitz2.htm

http://www.artisticdressage.com/burkner-photos.html
http://www.artisticdressage.com/declam.html
http://www.artisticdressage.com/meixner-photos.html
http://www.artisticdressage.com/waetjen-photos.html
Oh, die Links wurden teilweise schon gebracht.

http://www.equinestudies.org/whos_built ... 8_pdf1.pdf

Zum Sitzen auf der Tonne: Sitze ich auf einer Tonne, zeigen meine Kniee auseinander; meine Knie funktionieren als Scharniergelenk, will ich also die Waden an der Tonne / dem Pferd haben, zeigen meine Fussspitzen nach aussen, ausser ich verdrehe die Füsse krampfhaft; mich wundert daher immer, wenn jemand schreibt, die Füsse müssten parallel zum Pferd sein.

Verfasst: Mi, 23. Jan 2013 21:53
von Cubano
Junito hat geschrieben:Bevor man sich künstlerische Freiheit erlaubt, sollte man erstmal das Handwerk solide beherrschen...
Danke: Genau das ist der Punkt Junito. Mir persönlich ist es doch nun wirklich egal, wie man in historischen Epochen saß (so war vor Erfindung der Steigbügel der Stuhlsitz gang und gebe) oder wie wirklich extrem gute Reiter sitzen, denen es durchaus gelingt, das Pferd auch dann im Gleichgewicht zu behalten, wenn der „Lehrbuchsitz" halt nicht 100 Prozent gegeben ist. Ich gehe nämlich davon aus, dass diese Reiter diesen Sitz durchaus gelernt haben, BEVOR sie ihren eigenen, individuellen Sitz hatten, der oft sicher auch altersbedingt war. Da ist das Oliveira-Foto, was Motte heute eingestellt hatte, übrigens ein prima Beispiel, wenn man dieses mal mit Aufnahmen aus seinen späten Jahren vergleicht. Es geht doch beim korrekten Sitz nicht um persönliche Eitelkeiten. Sondern darum, dem Pferd seinen Job so leicht wie möglich zu machen. Und da hilft es nun leider so gar nicht, wenn man damit argumentiert, dass Ausnahmereiter ja auch nicht lehrbuchgerecht saßen.
@Gawan: Solche Einschränkungen meinte ich in meinem Posting von gestern. Natürlich wird es nicht jedem Reiter gelingen, wirklich immer im Gleichgewicht mit dem Pferd zu sitzen. Aber das ändert ja nichts daran, dass man sich darum bemühen sollte.

Verfasst: Mi, 23. Jan 2013 22:04
von Motte
Paula hat geschrieben:http://www.artisticdressage.com/photos/ ... calla2.jpg
http://www.artisticdressage.com/photos/ ... ikeur1.jpg
ich stelle noch mehr ein.

Es kommt aufs Pferd an auf den Sattel und auf die Figur des Reiters und auf den Moment .., WIE er gerade sitzt,Bürkner saß nicht immer so...

Und andere saßen sogar im Halten so...Bilder kommen wenn ich sie im Net finde ...
ich habe sie in Büchern
Der Sitz muss funktionieren, darf nicht stören...Wie das aussieht darf unterschiedlich sein.
Und es kommt sogar auf die "Qualität" der Gangart des Pferdes an. In einem aufwärts gesprungenen, versammelten Galopp, liegen die Unterschenkel automatisch weiter hinten (optisch betrachtet), als wenn ich dasselbe Pferd am langen Zügel gen v/a galoppiere.

Verfasst: Mi, 23. Jan 2013 22:09
von Paula
ganz genau Motte so ist es..das meinte ich ja damit es kommt auf den Moment an..
Gawan,
schöne Links
der war bei dir dabei ich habe das Bild rausgesucht aus der Vielzahl
http://www.artisticdressage.com/photos/ ... dorff4.jpg

Verfasst: Mi, 23. Jan 2013 23:06
von horsman
Jo, Gawan hat da was schönes gefunden.
Und Bürkner und Wätjen sind ja keine Reiter, die man "irgendwelchen historischen Epochen" zuordnen würde. Nach dem Lehrbuch und der Schulter-Hüfte-Absatz-Lot-Schablone von cubano sitzen die alle im Stuhlsitz und können insofern nicht gleichgewichtig einwirken. Diese Stümper - pfui... 8) :lol:

Und dann will ich das Rätsel auch mal auflösen ;-) ;
http://www.sporthorse-data.com/horse/10 ... -_2big.jpg

Verfasst: Mi, 23. Jan 2013 23:34
von Gawan
Ein eingewurzeltes Vorurteil hat einen so genannten Normalsitz des Reiters festgestellt, nämlich eine Körperhaltung, die der Reiter zu Pferde ein für allemal anzunehmen habe. Ich suche in dem Umstande, dass dieser Normalsitz dem Schüler von Anfang an angewiesen und mit Strenge eingeübt wird, den Hauptgrund, weshalb viele junge Leute von der Reitbahn und dem systematischen Studium der Reitkunst abgeschreckt werden und sich lieber dem ungebundenen Jagd- und Renn-Reiten oder dem Springen einseitig zuwenden, wohingegen sei bei zweckmässiger Anweisung vielleicht für die höhere Schule gewonnen worden wären.
Einen Normalsitz zu Pferde, wenn man darunter eine auch nur für die Mehrzahl der Fälle richtige Körperhaltung verstehen will, gibt es gar nicht, denn der Reiter sitzt nur dann richtig zu Pferde, wenn der Schwerpunkt, oder vielmehr die Schwerpunktlinie seines Körpers, mit der des Pferdes zusammenfällt. Nur dann ist er mit seinem Pferde in vollkommener Harmonie und gleichsam eins mit ihm geworden. (...)
Der sogenannte Normalsitz wird erst dann zum schönen und eleganten, wenn das ins Gleichgewicht gerichtete Pferd ihn seinem Reiter gleichsam selbst anweist. (...)
Der hauptsächlichste Lehrmeister für den Sitz muss dem angehenden Reiter immer das Pferd sein. (...) Die alten Meister setzten ihre Schüler auf vollkommen durchgebildete Schulpferde, und zwar zunächst in den Pilaren, ohne Bügel und Zügel. Hier bedurfte er nur der Anweisung, sich unbefangen gerade, wie man gewachsen ist, hinzusetzen, das Gesäss ordentlich breit zu machen und dann die Beine natürlich herabhängen zu lassen, um den Schüler in der geordneten, taktmässigen Bewegung der Piaffe bald so in Fühlung mit dem Pferde zu bringen, dass man zu den Pesaden und Sprüngen übergehen konnte, in denen der Reiter dann lernte, durch weiches Mitgehen mit den Bewegungen des Pferdes seinen Sitz zu erhalten. (...)
Nachdem nun also der Schüler auf dem normal gerichteten Pferde den normalen Sitz erlernt hat, wird es sich darum handeln, ihm auch die Abweichungen von diesem Sitz zu lehren, die das rohe oder minder durchgebildete Pferd erfordert. (...)
(...)
Der Unterschenkel ist zwar für den Sitz weniger wesentlich, umso mehr jedoch als Hauptorgan für die vortreibenden Hilfen und für die richtige Bügelhaltung. (...) Sobald daher seine (des Reiters) Haltung durch Balance und Oberschenkelschluss gesichert ist, mag er seinen Unterschenkel ganz weich und natürlich hängen lassen.
(...)
(...) Indem ich dieses wichtige Kapitel schliesse, verlange ich daher von jedem Reiter, der diesen Namen wirklich verdienen will, dass seine einzelnen Glieder durch den Hang ihres Gewichts den Ruhepunkt und damit die Stetigkeit finden, und dass die Gesamthaltung keinerlei Zwang oder Steifheit nötig macht. Jede derartige Anstrengung erfordert einen Aufwand von Kräften und wirkt dadurch nicht nur sehr ermüdend, sondern raubt auch den Gliedern ihre Elastizität und Beweglichkeit und hemmt die freien Bewegungen des Pferdes. Künstlich einwirken soll der Reiter mit seinen Kraftäusserungen nur dann, wenn es die Hilfen erfordern, stets aber zur Haltung der Ruhe zurückkehren, sobald das Pferd diesen Folge geleistet hat, und durch entsprechende Richtung seines Körpers schmiegsam in die Bewegung eingehen.
In dem Text habe ich nichts zu einer Schulter-Hüfte-Absatz-Linie gefunden.
Cubano hat geschrieben:
Junito hat geschrieben:Mir persönlich ist es doch nun wirklich egal, wie man in historischen Epochen saß.
Das finde ich als Kommentar in einem Forum, dass sich “Klassikreiten” nennt, irgendwie amüsant. Man könnte nun ja mal bissigerweise fragen, ob zwischen diesem nicht FN-vorschriftsmässigen Sitz von unwichtigen Leuten wie La Guérinière und dem Reiten von Terre à terre, Courbetten und weiteren banalen Übungen ein Zusammenhang besteht ...
Eine weitere Frage wäre, ob Oliveira aus den Pferden, die er ritt, soviel rausholen konnte, obwohl er sass, wie er sass, oder vielleicht eher, weil er sass, wie er sass?

Verfasst: Do, 24. Jan 2013 00:13
von amara
Hm - der Klassik verschrieben heißt für mich bei Gott nicht, alles der Klassik blind zu übernehmen oder anzustreben. Das unterstelle ich auch keinem.

Aber - wogegen ich ECHT allergisch bin ist die Denke, alles war früher besser. Mitnichten. Bei Gott nicht! Nur - es war nicht alles schlecht, und es ist nicht alles gut heute.
Sonst müsst ich mein Pferd in nen Ständer sperren, bitter scharfe handgeschliffene Gebisse nehmen und mit Sätteln inkl. winziger Wirbelsäulenfreiheit reiten.

Es gibt zu viel, was wir heute wissen, das die alten Meister NICHT wussten. Nur sind wir - leider - nicht fähig diesen Umstand so zu nutzen, wie es auf der Basis des Wissens der alten Meister MÖGLICH wäre. Und das ist mM Rückbesinnung auf die alten Meister...
Eine Kunst ist es, altes Können mit neuem Wissen zu vereinen, und auf der anderen Seite eben die Chance von beidem zu profitieren. Denn - das kann keiner von der Hand weisen! - auch die alten Meister waren unglaublich von der Mode ihrer Zeit beeinflußt.

Was diesbezüglich den Sitz betrifft weigere ich mich, wie ein gewisser Franzose im hübschen Stuhlsitz zu reiten - ich habe die unglaubliche Chance, in anatomisch angepassten Sätteln zu reiten und muss und will auch keine Perücke tragen, warum also sollte ich das tun... es sei denn - und genau das ist die Klassik für mich - ein Brunnen ernstzunehmender Inspiration für Vorbild, Lehrbild und Reitbild. Nicht mehr, nicht weniger.
Allerdings bin ich eben auch einer der reitet um zu reiten, ebenfalls nicht mehr und nicht weniger. Ich muss kein Zirkusrondell begeistern wie ein Nuno, ich muss keinem Hof dienen wie Pluvinel, ich muss keine Soldaten ausbilden wie die Pickelhaube. Insofern - Klassik gerne! Aber nur des Reitens wegen. :wink:

Und genau deswegen halte ich es wie cubano - bestimmend ist was am besten funktioniert im Sinne des Pferdes und des Reiters. Und für die reiterliche Normalnull wie mich ist der lotrechte - aber entspannte und nicht krampfhaft gehaltene (davon schreibt die FN auch nichts, da steht nirgendwo bitte verspannen Sie sich bis Sie aufrecht sitzen, völlig egal ob Pferd und Reiter damit klarkommen) Sitz das, was ich anstrebe.
Allein schon aufgrund (!!!) der Änderungen im Bereich Sattel kann man auf gar keinen Fall festschreiben wie das Bein im Bezug zum Sattel liegt. Generell wird mM momentan tendenziell zu weit vorn gegurtet und gesattelt - was im Übrigen (!) massiv auch dem oft verbreiteten Problem der allgemeinen Dickheit von Freizeitpferden geschuldet ist (es ist nicht IMMER so, das ist mir klar! Aber es gibt wirklich extrem viele Freizeitpferde, die - vergleicht man das mit dem Modell vor 30-100 Jahren - ein ähnliches Problem haben wie wir - es sind viel zu dicke Wohlstandspferde). Die Rippen schimmern soll man sehen ----- jetzt möcht ich mal wissen, wie viele Klassikreiter sich und ihre Pferde daran halten.
Ich verurteile das persönlich nicht! Auch wenn ich heute auf eine eher betont schlanke Linie meiner Pferde achte, aus diversen persönlichen Erfahrungen. Letztendlich kopieren wir doch aber hier auch nicht alles aus dem Alten blind, und das ist auch gut so. Wäre ich ganz der Klassik verschrieben, hätt ich z.B. einen Hintergurt - der mM nur Zeugnis davon ist, dass früher auch viele Sättel eben einfach nicht gepasst haben. Und nu??

Mir bleibt, aus beidem - der Moderne und der Klassik - zu lernen. Und bezüglich des Sitzes sind meine persönlichen Erfahrungen auch aus dem Unterrichten dass der lotrechte Sitz bei genug Kniewinkel (darin sehe ich z.B. das größte Problem der modernen Sitzbeurteilung, dass der Kniewinkel zu groß ist) Reiter und Pferd in der Regel - und eben in der Regel - am schnellsten in gute Harmonie und Übertragbarkeit von Gesprächen zwischen Pferd und Reiter bringt, unter der allgemeinen und auch schon in der Klassik angestrebten Losgelassenheit von Reiter und Pferd.

Verfasst: Do, 24. Jan 2013 07:32
von Cubano
Guten Morgen,
Gawan: Wenn Du mir erklärst, wie weit es für mein Reiten von heute wichtig ist, wie die Menschen vor Jahrhunderten saßen, amüsiere ich mich gern mit Dir gemeinsam. :-)
Ansonsten hat Amara eigentlch schon alles gesagt, was ich dazu noch zu sagen hätte.

Verfasst: Do, 24. Jan 2013 07:57
von Motte
amara -

das hast du toll geschrieben!

Verfasst: Do, 24. Jan 2013 08:37
von Nicole
Amara :trink1: !