Immer nur "lieb, lieb"

Rund um die klassische Reitkunst

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Max1404
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Beitrag von Max1404 »

Motte hat geschrieben:Ich finde übrigens dies hier ein schönes Ergebnis durch Clickern:
https://m.youtube.com/user/Peggasus09
Das mag ich auch! :D
Viele Grüße
Sabine
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Spielnase
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Beitrag von Spielnase »

Guck mal, wie ich deine Motivation gesteigert habe, indem ich nur an einen Keks DACHTE :D
gimlinchen
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Beitrag von gimlinchen »

ich glaube, dass es in der detailierten Diskussion wichtig ist, die konzepte zu unterscheiden. das kleine missverständnis, was wir hier hatten, ist ein häufiges. es wäre interessant zu wissen, inwiewiet die verschiedenen formen der verstärkung auswirkungen auf emotion und motivation des pferdes haben, damit sind wir (für mich) beim kern von "lieb, lieb"

ich möchte das bild mit dem "malen nach zahlen" bitte noch mal aufgreifen: ich verstehe es noch nicht. frage: angenommen, ein pferd führt eine lektion korrekt aus, wieso ist es nicht richtig? (das argument hört man ja oift und ich kapiere es nicht)
Max1404
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Beitrag von Max1404 »

Spielnase hat geschrieben:Guck mal, wie ich deine Motivation gesteigert habe, indem ich nur an einen Keks DACHTE :D
Quod erat expectandum. :wink:
Viele Grüße
Sabine
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Lilith79
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Beitrag von Lilith79 »

Naja, sich in einem Diskussionsforum darüber zu beschweren dass alles zu verkopft ist, ist aber auch DER Klassiker für die Lachmuskeln.

Hier könnt wohl JEDER grad auf dem Pferd hocken oder es zumindest von A nach B führen statt in die Tasten zu hauen. Das mit dem virtuellen Reiten klappt halt irgendwie trotz allem technischem Fortschritt noch nicht so richtig :lol:
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Sascha
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Beitrag von Sascha »

Ich verstehe immer nicht, warum sich positive und negative Verstärkung unbedingt beißen sollen. Meiner Meinung nach ist die meiste Arbeit mit dem Pferd in der Regel eine Mischform aus beidem und zwar schon in der einzelnen Übung.
Bsp.: Ich hätte gerne ein gesetztes Angaloppieren,
also gebe ich entsprechende Hilfen und baue etwas Druck auf => Pferd galoppiert an => Druck lässt nach => negative Verstärkung.
Pferd galoppiert zwei wunderschöne Sprünge => mein Körper strahlt, ein deutliches Fein und der Herr darf sich im lockeren v-a austraben => positive Verstärkung.

Positiv verstärken heißt ja nicht automatisch, ich stopf da nun ein Leckerlie rein, sondern eigentlich ist damit doch nur gemeint, dass ich das Pferd belohne, indem ich etwas für das Pferd angenehmes hinzufüge.

Auch wenn ich die Clickervideos mit dem jungen Hengst sehe. Auch hier wird immer wieder auch mit negativer Verstärkung gearbeitet.
Es wird immer wieder Druck aufgebaut => Pferd reagiert => Druck lässt nach => negative Verstärkung.
Pferd reagiert wie gewünscht => Click, Leckerlie => positive Verstärkung

Ganz grundsätzlich empfinde ich es aber auch schon so (und da schließe ich mich nicht aus), dass zu selten positiv verstärkt wird, sondern das Aussetzen des Drucks häufig schon Belohnung genug sein soll. Ich finde es total wichtig, sich das immer wieder bewusst zu machen und ganz gezielt häufiger positiv zu verstärken. Ich finde es auch wichtig, dass man Verhaltensweisen von Pferden weniger für selbstverständlich nimmt. Ich höre häufig ein: "Das muss er jetzt aber können." Nee, warum? Das Pferd kann genau das, was es heute kann und wenn es etwas nicht tut, dann muss ich mir überlegen, warum das heute hakt und eben genau da ansetzen, wo das Pferd heute steht, auch wenn ich tausendmal denke, dass er das gestern doch noch konnte.

Tatsächlich bin ich nicht Pignon, aber genau deswegen muss ich davon ausgehen, dass der Fehler bei mir liegt und ich Perfektion von meinem Pferd nicht erwarten kann. Das heißt, bevor ich den Druck erhöhe, sollte ich mich immer fragen, ob mein Pferd mich überhaupt versteht und ob es überhaupt in der Lage ist, meiner Anweisung zu folgen. Vertraut es mir genug, mir auf den Hänger zu folgen? Ist es ausreichend gymnastiziert, gesetzt anzugaloppieren?

Ist das das, was unter "lieblieb" zu verstehen ist? Ich kann mit der Bezeichnung immer noch nichts anfangen, da sie für mich einen negativen Touch hat. Alle die immer lieblieb sind, die lassen dem Pferd alles durchgehen und nur wer auch mal "drauf haut", der grenzt sich hier ab?
Wichtig ist doch einfach klar zu kommunizieren und das tue ich weder, in dem ich nur das Pferd reden lasse, noch indem ich losschreie und dem Pferd den Mund verbiete. Je mehr "Wörter" des pferdigen Wortschatzes ich beherrsche, je mehr Wörter/Gesten des menschlichen Wortschatzes das Pferd beherrscht, desto besser kann man sich verständigen.
"Wir wollen dafür Sorge tragen, dass wir das junge Pferd nicht verdrießen und ihm seine freundliche Anmut nicht verleiden. Denn diese gleicht dem Blütenduft, welcher niemals wiederkehrt, wenn er einmal verflogen ist."
Antoine De La Pluvinel
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Kosmonova
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Beitrag von Kosmonova »

*Lillith schmunzelnd zustimm*

Das finde ich auch immer wieder amüsant, wenn an einem
Gewissen Punkt der Diskussion wahlweise erwähnt wird:

- dass Theorie und Praxis nun mal ein Riesenumterschied ist

- dass manches echt verkopft ist

- dass Praktiker prinzipiell besserer Reiter sind, als die, die auch die Theorie gespeichert haben

- dass man alles individuell betrachten muss

- dass manche eh nicht genug Pferde geritten\ausgebildet haben, um überhaupt eine Meinung zu haben

und auch sehr beliebt:

- dass alles, was nicht "erritten ist" nicht als Lektion im eigentlichen Sinne zählt, auch wenn die Ausführung und der gymn. Zweck dahinter nachweislich korrekt ist

Und dann frage ich mich auch, was ich an Lebenszeit hier verschwendet haben muss..., aber dann (:-D) fällt mir ein, dass das ich manchmal noch was lerne und sei es nur, dass ich mich auf dem für mich richtigen Pfad befinde.

@ Sascha

Ganz genau. Eine gesunde Mischung. 60 % positive (Lob), 35 % negative (druck) und 5 % strafe wenn es sich nicht verhindern lässt, wäre meine Bevorzugte Mischung. "Lieb lieb" ist für mich auch negativ belegt, alle "traut sich nicht sich durchzusetzen" und das wurde ja hier auch schon erwähnt.,,
Es grüßt Nadine

*******************
so schwer wie die freiheit, so leicht ist der zaum der sie hält... (frei nach and one - krieger)
********************
sinsa
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Beitrag von sinsa »

Als ich heute so beim reiten war, hab ich mal drüber nachgedacht, ob ich eigentlich überwiegend der "lieb-lieb" oder überwiegend mehr so der "böse, böse"-Typ bin und ich muss sagen: Ich habe keine Ahnung :kopfkratz:

Mein Pferd hat tausenderlei Sonderlocken. Ob es nun einfach nur ist, dass ich ihn, wenn möglich nicht anbinde oder das ich zur Not auch mal seine Ideen anheme und meine eigenen Pläne cancle. Es gibt sehr, sehr viel von solchen kleinen Dingen. Heute durfte er sich - außer der Puddingrunde- die Strecke auswählen auf der wir unterwegs sein würden.
War das jetzt eigentlich eher lieb oder eher böse?
Oder war es gar grundsätzlich schonmal gemein, weil ich ihm nicht gesagt habe, wo ich lang will oder wie lange ich reiten möchte?
Schwer zu sagen irgendwie. Während ich dadrüber gerade so nachgrübelte, kam ein Baum, der schräg über den Weg steht. Also nahm ich den Schenkel ran und sagte ihm, er möge bitte mit etwas mehr Abstand dran vorbei, damit ich mich nicht quetschen und verbiegen muss.
Aber auch hier stellte sich mir die Frage war der Schenkel jetzt fies, weil das ja negative Verstärkung war? Hmmm, das bißchen was der Schenkel nun an Druck ausübt ist irgendwie rein gar nichts gegen den Druck der dauerhaft da ist, weil ich draufsitze. Das Pferd zu beobachten gab mir auch keinen Hinweis. Er fand den Schenkel völlig in Ordnung. Noch blöder wurde es auf dem Feld über das wir trabten. Wie ist das jetzt mit dem Leichttraben? Da wechselt ständig der Druck im Sattel. Ist das auch gut oder schlecht oder ist das beides und daher eigentlich völlig verwirrend für das Pferd?

Ihr merkt schon, ich war heute ein wenig wirr im Kopf vor lauter positiver und negativer Verstärkung :lol:

Wenn man die Welt so versucht einzuteilen, dann macht das scheinbar gar keinen Sinn und mir kam eine neue Frage in den Sinn.
Kann es sein, dass man sich von den Begriffen täuschen läßt?
Nur weil etwas "NEGATIVE Verstärkung" heißt muß es nicht unbedingt negativ im Sinne von pferdefreundlich oder unfreundlich sein.
Pferdefreundlich war ich heute z.B. , weil ich so oft ich konnte alle in den Weg ragenden Ranken mit der Gerte aus dem Weg geräumt habe. Das aber ist völlig unabhängig von positiver oder negativer Verstärkung. War es nun aber unfreundlich, mit leichtem anlegen des Schenkels anzumerken, dass er mit etwas mehr Platz um den Baum rum soll? Es war immerhin negative Verstärkung. Also muss es doch..... oder vielleicht doch nicht?

Umgekehrt ergibt sich daraus dann die Frage, ob POSITIVE Verstärkung tatsächlich immer positiv im Sinne von Pferdefreundlich zu sehen ist.
Falls es sich so ähnlich verhält wie bei der negativen Verstärkung, dann würde es gar keinen Sinn mehr machen unbedingt alles durch positive Verstärkung erreichen zu wollen.
sinsa
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Beitrag von sinsa »

Zum von Spielnase eingestellten mit dem "Schulterhereinoderso" hat Max übrigens alles gesagt. Ich unterschreibe daher einfach nur bei Max :D
Max1404
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Beitrag von Max1404 »

gimlinchen hat geschrieben:ich möchte das bild mit dem "malen nach zahlen" bitte noch mal aufgreifen: ich verstehe es noch nicht. frage: angenommen, ein pferd führt eine lektion korrekt aus, wieso ist es nicht richtig? (das argument hört man ja oift und ich kapiere es nicht)
Gimli, vielleicht kann ich etwas helfen. :)

Es geht nicht nur darum, dass die nur Lektion als solche korrekt ausschaut, sondern mir geht es auch immer um das Vorher und Nachher und um die Übergänge.
Das heißt, wenn die Lektion nichts zur Verbesserung der allgemeinen Rittigkeit, Formgebung, Hankenbeugung usw. getan hat, weil der Reiter dann nicht in der Lage ist, dies auch auf die restliche Reiterei zu übertragen, dann steht die Lektion isoliert da. Ich habe oft Videos gesehen, wo das Pferd vor und nach der Piaffe völlig auseinandergefallen war und nur die Ausführung der Piaffe selbst nett geschlossen, mit relativer Aufrichtung und schöner Hankenbeugung ausgeschaut hat. Und die Übergänge in und aus der Piaffe waren (nett ausgedrückt) auch etwas ruckelig. Eigentlich möchte ich durch die Lektion ja etwas verbessern, was im beschriebenen Fall aber nicht geschehen ist. Und zusätzlich stimmen in einem solchen Fall für mich die Voraussetzungen und die Vorarbeit nicht. Die Lektion steht völlig isoliert da.

Ein Beispiel dafür, wie ich eine Lektion im Kontext mit der restlichen Reitere verstehe: Ich möchte erreichen, dass das Pferd sich etwas mehr schließt und gleichzeitig die Durchlässigkeit überprüfen und wähle beispielsweise dieses Mal als Mittel dafür: versammelter Trab - Kurzkehrt - versammelter Trab. Die Einleitung der Lektion, die Lektion selbst (Kurzkehrt) und das Herausreiten aus der Lektion werden nur dann gut gelingen, wenn bereits der versammelte Trab zuvor eine gewisse Qualität hatte, das Pferd durchlässig ist und gut an den Hilfen steht. Das Kurzkehrt selbst schließt das Pferd noch mehr bei gleichzeitiger Aktivierung der Hinterbeine, und ich erwarte beim erneuten Antraben mit prompten Antritt einen leicht verbesserten versammelten Trab mit etwas mehr Kadenz und ein insgesamt noch "kürzeres" Pferd. Dabei ist mir wichtig, dass sämtliche Übergänge fließend und geschmeidig sind und dass ich tatsächlich die gewünschte Verbesserung erzielt habe. (Für mich völlig normal ist, dass ich mein Pferd für eine gute Ausführung lobe, entweder mit Stimme oder durch ein kurzes Klopfen am Hals. Um wieder zum Thema zurückzukommen.)
Viele Grüße
Sabine
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Spielnase
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Beitrag von Spielnase »

Lilith, Sascha und Kosmo: DAAAAANKE.

*seufzeundzustimme*
Max1404
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Beitrag von Max1404 »

Sascha, toller Beitrag! :D
Viele Grüße
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sinsa
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Beitrag von sinsa »

Sascha hat geschrieben:Positiv verstärken heißt ja nicht automatisch, ich stopf da nun ein Leckerlie rein, sondern eigentlich ist damit doch nur gemeint, dass ich das Pferd belohne, indem ich etwas für das Pferd angenehmes hinzufüge.
Danke dafür, das passt nämlich gerade exakt zu meinen Gedanken:

Wenn etwas genau dann eine positve Verstärkung ist, wenn etwas "zugefügt" wird, dann ist der Schenkel, der hinzugefügt wird ebenso eine positive Verstärkung. :wink:
Jedenfalls so lange, wie der Schenkel nicht als unangenehm empfunden wird
gimlinchen
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Beitrag von gimlinchen »

danke max. wie siehst du das bei der handarbeit?
Max1404
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Beitrag von Max1404 »

@Gimli, genau so. :wink:
Viele Grüße
Sabine
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