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Verfasst: Mi, 24. Okt 2007 08:21
von Lupa
*SORRY für Off-topic*
...da ich mit der ganzen NH Materie nicht so vertraut bin: könnte mir jemand kurz erklären, wie ich mir das Prinzip der negativen Verstärkung vorzustellen habe? DANKE!
Verfasst: Mi, 24. Okt 2007 08:46
von Jen
Negative Verstärkung ist einfach gesagt: man macht dem Tier ein Verhalten, eine Haltung etc. unangenehm bis das Tier das macht, was man will und das unangenehme hört sofort auf.
Bsp. Hund: Hund soll sitzen, also zieht man ihm mit der Leine das Halsband nach oben, so dass es den Hund mit zunehmender Intensität leicht bis stark würgt bis sich der Hund setzt (weil das die einzige "Flucht"möglichkeit ist), sofort wird mit der Leine nachgegeben. Hund merkt mit der Zeit: aha, wenn ich mich setze hört das unangenehme bis schmerzhafte auf.
Bsp. Pferd: Pferd soll zur Seite weichen, also übt man Druck aus, zb. drückt/klopft man mit ansteigender Intensität auf die Stelle, wo man die Hilfe geben möchte bis das Pferd einen Schritt zur Seite macht, der Druck/das Klopfen hört auf. Pferd merkt: aha, wenn ich mich zur Seite bewege hört das unangenehme bis schmerzhafte auf.
Der unterschied zu positiver Verstärkung ist: bei der positiven V. wird
erwünschtes Verhalten belohnt, unerwünschtes Verhalten durch Situation verunmöglicht oder ignoriert.
Bsp. Hund soll sitzen, Hund wird in eine Situation gebracht, wo es sehr wahrscheinlich ist, dass er sich von alleine setzt und dieses wird belohnt. Es wird etwas angenehmes hinzugefügt. Hund merkt: wenn ich mich setze, dann gibt es etwas gutes.
Man beachte: positiv und negativ ist in diesem Falle keine Wertung! . positiv und negativ heisst im wissenschaftlichen Falle schlicht hinzufügen (plus = Positiv) und wegnehmen (minus = negativ). Also:
Negative Verstärkung: die Belohnung ist die Wegnahme eines unangenehmen Zustandes. Negativ, weil etwas (das unangenehme) subtrahiert wird. das unerwünschte Verhalten wird unangenehm gemacht.
Positive Verstärkung = die Belohnung wird hinzugefügt, das erwünschte verhalten wird verstärkt. Positiv weil etwas (angenehmes) addiert wird.
Dann gibt es noch positive Strafe: Etwas unangenehmes wird hinzugefügt, um ein unerwünschtes Verhalten abzustellen. Bsp: Hund bellt, man haut ihm eins auf die Schnauze, Hund ist ruhig.
und die negative Strafe: man nimmt etwas angenehmes weg, um unerwünschtes Verhalten abzustellen: bsp. Hund knurrt, weil er auf dem Sessel liegt, man schickt Hund runter vom Sessel aus dem Zimmer.
Bitte beachten, es sind alles nur beispiele für die ERklärung, nicht wie ich meine, dass man es machen soll.
Jetzt gibt es verschiedene Ausbildungssysteme, welche unterschiedliche Gewichtung auf diese vier Grundmechanismen legen.
zb. im traditionellen Clickertraining wird ausschliesslich mit positiver Verstärkung gearbeitet.
Im NH ist die Grund-Basis die negative Verstärkung, das ist aus wissenschaftlicher Sicht einfach so, völlig egal, wie man das sonst noch so blumig umbenennt, darüber müssen wir nicht diskutieren.
Dann gibt es natürlich auch noch viele Mischformen.
Verfasst: Mi, 24. Okt 2007 08:49
von smilla
Negative Verstärkung bedeutet, dass ein Reiz der aufs Tier wirkt dann beendet wird, wenn das Verhalten des Tieres korrekt ist.
Negativ bedeutet also nicht Strafe, sondern unterlassen eines (starken) Reizes.
Ein krasses Beispiel (das NICHT als Vergleich mit dem PNH dienen soll, sonder nur negative Verstärkung deutlich macht):
Eine Ratte sitzt in einem Käfig, dessen Boden unter Strom steht. Drückt die Ratte zufällig auf einen Hebel, wird der Strom abgeschaltet (Negative Verstärkung). Die Ratte wird nun immer schneller auf den Hebel drücken.
Ziel ist, dass die Ratte den Hebel drückt noch bevor der Strom fließt.
Die Vergleiche zum PNH sollten besser andere ziehen, die sich damit besser auskennen.
Verfasst: Mi, 24. Okt 2007 08:57
von horsman
Verfasst: Mi, 24. Okt 2007 08:58
von smilla
@Jen: Oh, das ist mir jetzt peinlich, da war ich noch mit dem Tippen beschäftigt als dein Beitrag schon stand.

Verfasst: Mi, 24. Okt 2007 09:00
von Jen
@smilla, ist doch nicht schlimm, doppelt genäht, hält besser

Verfasst: Mi, 24. Okt 2007 10:26
von Melli
Im NH ist die Grund-Basis die negative Verstärkung, das ist aus wissenschaftlicher Sicht einfach so, völlig egal, wie man das sonst noch so blumig umbenennt
Auch wenn "positiv" und "negativ" gänzlich wertfrei zu verstehen sind:
Das ist falsch, tut mir leid.
Negative Verstärkung ist die Grundidee der sieben Spiele von Parelli (und anderer Trainer, die ähnliche Grundtechniken einüben lassen).
"NH" ist aber
weitaus mehr als die sieben Spiele (ich finde es echt bedauerlich, dass aber offenbar PNH als sich in den sieben Spielen erschöpfend betrachtet wird).
Und Fakt ist, die positive Verstärkung nimmt einen großen Raum ein. Streicheln, comfort, Leckerli/Futter...
Und wenn man dann unter den NH-Trainern sich Menschen wie Mark Rashid oder Steve Halfpenny anschaut: negative Verstärkung - die Grund-Basis?
Und da ja "positiv" und "negativ" in diesem Zusammenhang völlig wertfrei sind, habe ich auch gar keinen Grund, irgendwas blumig umzubenennen.
Genau genommen arbeiten wohl die meisten von uns beim Reiten den ganz überwiegenden Teil der Zeit mit negativer Verstärkung
Jede (noch so leichte) Zügeleinwirkung, der ein Nachgeben folgt, wenn das Pferd das Erwünschte tut, ist negative Verstärkung.
Jede (noch so leichte) Schenkelhilfe, jeder Einsatz von Gerte, ("Touchieren", das klingt besser als Elektroimpuls oder Elektroschock gar) die so lange und ggf. sinnvollerweise verstärkend gegeben werden, bis das Pferd in die gewünschte Gangart wechselt, die Hanken etwas deutlicher beugt..., ist negative Verstärkung.
Genaugenommen kenne ich überhaupt niemanden, der beim Reiten ohne negative Verstärkung auskommt.
Ich kenne umgekehrt einen Hund (persönlich), der ausschließlich mit positiver Verstärkung zum Rettungshund ausgebildet wurde, schwedischer Meister wurde etc., der sich im Bemühen, so schnell wie möglich die Belohnung zu bekommen, derart stresste, dass er Magengeschwüre bekam.
Die Besitzerin hat den Sport mittlerweile aufgegeben.
Der Unterschied zu der Ratte im Käfig oder auch z.T. im freien Formen beim Clickertraining ist, dass wir (beim Reiten wie auch im NH) dem Pferd das Finden der Lösung so leicht wie möglich machen.
Das konsequente Aufsplitten einer Aufgabe in mehrere Einzelübungen, die später zusammengesetzt werden, ist wiederum etwas, was ich in dieser Form praktisch nur beim NH kennengelernt habe.
Melli.
Verfasst: Mi, 24. Okt 2007 10:45
von Janina
Irgendwie finde ich, dass wir jetzt ganz schön off-topic werden

Verfasst: Mi, 24. Okt 2007 10:56
von Melli
Ja, hast recht...´schulligung.
Bin schon still.
Ich bin ja auch gar nicht zum missionieren hier, ich kann das nur so schlecht stehenlassen, wenn ein Seitenhieb voller Vorurteile gegen NH kommt (oder gleich mehrere).
Verfasst: Mi, 24. Okt 2007 11:52
von Lupa
Auch wenn ich jetzt eine off-topic Diskussion angeregt habe... vielen Dank für eure Erklärungen!
Verfasst: Mi, 24. Okt 2007 14:56
von smilla
Ja, stimmt. Zu offtopic solls nicht werden, aber das hat die These von Gentle nun mal bei uns ausgelöst.
Um nochmal auf das Reiten von Pat Parelli selbst zurückzukommen: Auch ich habe einen seiner Lehrfilme gesehen und in gewisser Weise hat mir das geholfen, für mich festzustellen, was ich will.
Bei Parelli steht vielleicht das Reiten mit Sitz/Gewicht im Vordergrund, allerdings ist das in keiner Weise fein!
Ich möchte durch das klassische Reiten lernen mit dem Sitz zu reiten, aber das so, dass es fürs Pferd angenehm ist! Ich möchte irgendwann einmal so reiten, dass man die Hilfen von außen kaum erkennt und mein Pferd auf keinen Fall unter mir leidet.
Bei Parelli selbst (vielleicht haben sich ja alle PNHler von ihm wegentwickelt) kann man regelrecht sehen, wie viel Kilo auf welchem Bein gerade verteilt sind.
Ich habe für mich erkannt, dass "mit dem Sitz/Gewicht reiten" keinesfalls reicht. Für mich sollen auch Sitzhilfen aufs Nötige reduziert werden!
Verfasst: Mi, 24. Okt 2007 15:01
von Gentle
@Melli
Bei dir unterschreibe ich glatt!!!
smilla hat geschrieben:
Um nochmal auf das Reiten von Pat Parelli selbst zurückzukommen: Auch ich habe einen seiner Lehrfilme gesehen und in gewisser Weise hat mir das geholfen, für mich festzustellen, was ich will.
Bei Parelli steht vielleicht das Reiten mit Sitz/Gewicht im Vordergrund, allerdings ist das in keiner Weise fein!
Ich möchte durch das klassische Reiten lernen mit dem Sitz zu reiten, aber das so, dass es fürs Pferd angenehm ist! Ich möchte irgendwann einmal so reiten, dass man die Hilfen von außen kaum erkennt und mein Pferd auf keinen Fall unter mir leidet.
Bei Parelli selbst (vielleicht haben sich ja alle PNHler von ihm wegentwickelt) kann man regelrecht sehen, wie viel Kilo auf welchem Bein gerade verteilt sind.
Ich habe für mich erkannt, dass "mit dem Sitz/Gewicht reiten" keinesfalls reicht. Für mich sollen auch Sitzhilfen aufs Nötige reduziert werden!
Na, dann mußt du dir mal die neuen Parelli Filme ansehen. Da siehst du weder Gewichtshilfen noch Schenkelhilfen und egal wie langsam du den Film laufen läßt oder wie oft du dir den anschaust! Ich habe Parelli in England jetzt im September live erleben dürfen und wenn du die Leute da alle reiten siehst, dann schießen dir die Tränen in die Augen. Feiner geht's nimmer! Auch dieses System hat sich sehr positiv weiterentwickelt.
Verfasst: Mi, 24. Okt 2007 16:41
von knowi
Passt zwar hier fast nicht mehr rein, weil es nicht im Bezug zu PNH ist , aber ich habe heute die DVD fertig geschaut und hatte dazu noch einen Gedanken. Hess spricht ja auch davon, dass für ihn die Hand zwar eine dritte Hilfe darstellt, die aber eigentlich, im Gegensatz zu Sitz und Schenkel unwichtig ist. Die Hand wird aber doch trotzdem genauso viel eingesetzt. Für mich sah das nicht nach 80% Sitz aus. Man thematisiert die Hand einfach nicht.
Ich finde es aber wichtig, dass man sich darüber bewusst ist was die Hand macht. Das geht aber nur, wenn die Hand auch zum Thema gemacht wird.
Und da liegt für mich ganz klar der Vorteil bei Herrn Karl. Der spricht wenigstens ganz offen darüber, dass die Hand eingesetzt wird - und erklärt auch gleich wie.
Nicht vom Einsatz der Hände zu sprechen heißt ja nicht gleich, dass sie auch tatsächlich nicht zum Einsatz kommen.
Und viele von denen, die ich habe reiten sehen und die behauptet haben bei ihnen liefen 80% über den Sitz haben die Hände sehr wohl eingesetzt. Aber was sie tatsächlich mit den Händen machten konnten sie dann auch nicht sagen - hat ihnen ja schließlich auch keiner erklärt.
Heißt für mich aber nicht, dass es nicht geht. Habe gerade bei meinem letzten Kurs sehr viele Impulse in diese Richtung bekommen. Auf einmal reichte ein Anspannen der inneren Wade und das Pferd verbesserte seine Haltung enorm. Das war schon sehr beeindruckend
Nur wenn, dann richtig und nicht nur indem man so tut als ob.
Liebe Grüße!
Knowi
Verfasst: Mi, 24. Okt 2007 17:27
von Medora
Gentle hat geschrieben: ... dann schießen dir die Tränen in die Augen.
Jau, das ging mir auch so - bei den Reitszenen des Level 2 "Harmony" (neue Fassung) - aber wahrlich nicht aus Rührung.
Bei allem Verständnis dafür, dass man sich einer Methode anschließt und mit ihr glücklich wird - aber die Reiterei von Parelli als "fein" zu bezeichnen, ist ein Hohn und ein Schlag ins Gesicht aller, die sich um eine feine Reiterei bemühen.
Medora
Verfasst: Mi, 24. Okt 2007 17:48
von muppet
Mich würde jetzt mal interessieren, ob ihr beide über die gleichen Reitszenen sprecht?
