@ angenita: Deinem Beitrag kann ich mich voll anschließen. Wenn man die FN-Reiterei gegenüber den Prinzipien der klassischen Reitkunst abgrenzen will, dann ist es der sportliche Aspekt, der dazu führt, dass viele Reiter sich ausschließlich auf die Befriedigung ihres Egos durch das Sammeln von Punkten konzentrieren, es geht dann nur um den Reiter und nicht mehr um das Pferd. Das ist zwar nicht das Ziel der FN-Dressur, aber leider sehr häufig die Realität. Übrigens war das Reiten von Turnieren mit Punkten eines der ersten Bedürfnisse einiger "Neoklassiker" und es wurden schon eine Reihe solcher Turniere veranstaltet. Der Mensch sieht eben meist zunächst einmal das eigene Ego und dann erst das Pferd, auch wenn er das nicht gerne zugibt, weil es ja auch nicht so schön klingt.
Mit der Reitweise hat das wenig zu tun.
Problematisch ist dabei insbesondere, dass die Reiter der "Neoklassiker" keine klare Orientierung haben und in der Ausbildung fast nur die spektakulären Lektionen üben. Weil sie häufig von einem Ausbilder zum anderen wechseln, und jeder etwas anderes erzählt, gibt es dort auch selten einen "roten Faden". Jeder sucht sich etwas heraus und hält sich nach drei Lehrgängen bei drei verschiedenen Meistern für kompetent genug, nicht nur ein eigenes Ausbildungssytem zu erarbeiten, sondern auch noch das etablierte Ausbildungssytem als Humbug zu bezeichnen. Ich glaube, man muss mindestens drei Pferde von Null bis S ausgebildet haben, bevor man überhaupt eine Idee davon bekommt, worauf es wirklich ankommt.
Natürlich muss man sich sein eigenes Bild machen und sollte stets aufmerksam und vor allem kritisch sein. Aber wenn man selbst nicht einmal über 1% der Erfahrung und des Wissens verfügt, sollte man Olympiasieger nicht als Trottel darstellen. Erst sollte man einmal überprüfen, ob man mit dem eigenen System ein Pferd auch nur annähernd so weit ausbilden kann. Obwohl ich persönlich auch überhaupt kein Fan der letzten Olympiasieger bin, aber im Sport wird das Ergebnis bewertet und nicht der Weg. Das ist nicht schön, geht aber wohl nicht anders.
Das Problem, einen guten Ausbilder zu finden ist schon richtig beschrieben. Allerdings gibt es bei den FN Ausbildern doch eine Reihe davon. Häufig sind das aber Leute, die
ohne viel Aufsehen insbesondere an den Lektionen arbeiten, wo es bei 99,9% aller Reiter erheblich mangelt, an den Grundlagen. Das ist natürlich unglaublich langweilig, wenn man statt dessen auch ohne großes reiterliches Können spanischen Schritt, Steigen lassen und Piaffe "reiten" kann.
Was Herrn Hinrichs angeht, verstehe ich die Aufregung überhaupt nicht. Ich halte ihn für einen ausgezeichneten Ausbilder (und habe nie etwas anderes geschrieben), der sich gerade dadurch auszeichnet, dass er offen ist und keine Ideologie sondern gute Reiterei vermittelt. Ich habe ihn auch noch nie in irgend einer Weise gegen die FN-Dressur wettern hören wie einige seiner "Praktikanten" das gerne tun. Herrn Hinrichs hatte ich ja gerade als
positve Abgrenzung gegenüber einigen anderen Vertretern benannt. (Vielleicht hat man mich da missverstanden)
Die Zusammenarbeit mit Frau Kemmer hat mich dann allerdings doch etwas überascht, da scheint er in der Tat noch wesentlich toleranter zu sein, als ich mir das hätte vorstellen können

. Aber auch das finde ich sehr positiv, denn es zeigt, dass er den Dingen auf den Grund geht und dabei offensichtlich auch das Interesse von Leuten wecken kann, die sicher auch andere Trainingspartner finden. Umgekehrt gibt es das übrigens genau so. So weiß ich, dass z.B. der Top Trainer Johann Hinnemann regelmäßig auch mit Reitern anderer Reitstile (insbesondere Spaniern) zusammenarbeit.
Man muss wohl feststellen, dass die zum überwiegenden Teil von wenig Sachkenntnis gekennzeichnete Hetzerei fast ausschließlich von den sogenannten Schülern einiger Ausbilder kommt, die dann wohl die Lehre Ihres Meisters besser verstanden haben, als dieser selbst und die Öffentlichkeit dadurch erfreuen, dass sie feststellen, wie außerordentlich überlegen der eigene Reitstil ist, ohne das jedoch jemals unter Beweis stellen zu müssen. Allerdings erwecken solche Beiträge der Schüler, die sich oft schon nach kurzer Zeit selbst zum "Ausbilder" ernennen natürlich den Eindruck, sie hätten ihren Ursprung bei den jeweiligen Vorbildern.
Was die Geschichten von der Militärreiterei und den HDV von 1912 angeht, muss man wohl feststellen, dass es zwar sicherlich hier und dort noch Relikte aus dieser Zeit gibt, aber die moderne Dresur hat damit nun wirklich nichts mehr zu tun. Genau wie auch die höfische Kunst-Reiterei ihren Ursprung in der Kriegsreiterei hatte, sich dann aber anderen Zielen zuwandte, hat sich auch die Dressur lange schon von ihren martialischen Ursprüngen verabschiedet. Die Montonie die man in den Pflichtübungen hat resultiert wohl eher in der für die Bewertung erforderlichen Einheitlichkeit.
Was mir bei der FN allerdings ausgesprochen gut gefällt ist die Tatsache, dass man zunächst einmal sehr viel Wert auf die Basisausbildung legt. Die Neoklasisker verführen dagegen gerne mit dem Versprechen, man werde schon bald "mit Pferden tanzen" können. Das will natürlich jeder gerne.
Übrigens stehe ich der FN äußerst kritisch gegenüber, auch wenn das manchmal nicht so scheint. Das hat aber eher seinen Grund darin, dass der Sport aus meiner Sicht die Klassische Reiterei gefährdet, wie Angenita es schon so treffend beschrieben hat. Die Prinzipien der Skals der Ausblidung halte ich dagegen aus meiner bisherigen Erfahrung - insbesondere der Fehler und Rückschläge, wenn ich davon abgewichen bin - für sehr zutreffend.