"Nieder mit PK": Wie niedrig ist Augenhöhe?

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LordFado

Beitrag von LordFado »

horsmän hat geschrieben:Aber sicher kommt es auch auf die Ziele an, die man verfolgt.
Ist das vielleicht der Kern der Problematik sämtlicher Diskussionen?
horsman
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Beitrag von horsman »

das spielt sicher eine große Rolle
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Bernie
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Beitrag von Bernie »

horsmän hat geschrieben:Die Entwicklung von Schubkraft als erstes Ziel, ist sicher notwendig bei Pferden denen es hieran mangelt, aber das ist bei den Warmblütern eher ein verschwindend geringer Teil.
horsmän, absolut richtig, die modernen Warmblüter bringen schon viel Schub von Haus aus mit. Aber gerade in der - nennen wir es mal so - Barockszene tummeln sich großteils Pferde aller möglichen Rassen (mal mehr, mal weniger Mix), das deutsche Warmblut an sich aus guter Zucht mit genug Schub von Haus aus ist aber doch deutlich selten dort anzutreffen.

Deshalb eben diese Bilder von Pferden, die nicht versammelt gehen, sondern langsam und die ihre Gänge verlieren. Denn bringt ein Pferden eben nicht genug Schubkraft mit, dann muss ich sie rausreiten.

eine Verstärkung jetzt wirklich im täglichen Training finde ich nicht sinnvoll, also im Sinne von Mitteltrab oder gar starker Trab. Wer soll das sitzen? ;) Nein, jetzt im Ernst: alles, was ich versammeln kann, muss ich auch wieder verstärken können. Sonst ist es halt einfach Selbstbetrug.
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Cubano
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Beitrag von Cubano »

horsmän hat geschrieben:die "Schubkraft" die nach oben wirkt nennt man Tragkraft, bzw. es wird der Schubkraft vermehrt Tragkraft zuzuführen sein, wenn es eine ordentliche Verstärkungen werden soll. Und die Tragkraft entwickelt man nicht durch exzessive Entwicklung der Schubkraft, man vernichtet sie damit höchstens..
Guten Morgen,
niemand spricht hier von exzessiver Entwicklung der Schubkraft. Aber warum um Himmels Willen soll eine vernünftige Entwicklung der Schubkraft denn die Tragkraft vernichten?
Mal davon abgesehen: die Schubkraft entwickelt sich genau in dem Moment nach von-oben, in dem das Pferd Schwung (da haben wir ihn wieder :D) bekommt. Heizt man aber ohne Sinn und Verstand im MT über die Diagonal wird das Pferd im schlechtesten Fall nach hinten raustreten…

@Orest: Ich selbst reite ja nun zwei Iberer und vielleicht hat es auch ein wenig damit zu tun, dass ich Pi und Seitengänge mittlerweile echt nicht mehr sehen kann. Denn gerade diese Pferde müssen in meinen Augen vorwärts und dürfen auch gern lange, weite Tritte entwickeln. Denn sonst ist die Gefahr recht groß, dass man sie nicht über den Rücken bekommt. Was man leider Gottes bei diesen Pferden oftmals nicht merkt und vielfach auch nicht sieht. Denn die lassen sich (wiederum leider) auch dann sitzen, wenn sie nicht über den Rücken gehen. Und ich persönlich verstehe unter einem frischen Vorwärts auch nicht das Tempo, was das Pferd von sich aus anbietet, sondern den berühmten Tick mehr, den ich einfordere…Unterm Strich sehe ich einfach zu viele Iberer, die untertourig übers Viereck schlappen und bei denen langsam reiten als Versammlung verstanden wird.
saltandpepper

Beitrag von saltandpepper »

Ennah2 hat geschrieben:@Cubi:
Schubkraft nach oben? Ist das noch Schub?? M.E. ist Schub immer nach vorne gerichtet. Ich überlege gerade, wie man den "Schub" nach oben nennen könnte - Federkraft, oder Sprungkraft?

Leider, leider sieht man hier in den deutschen Landen (vielleicht bin ich darauf ebenso negativ fixiert, wie du auf die Strampel- Piaffen) sehr oft schreckliche, auf die Vorhand gemangelte Trabverstärkungen, bei denen sich die Pferde nicht im Gleichgewicht befinden. So etwas hat für mich nichts mit einer reellen Verstärkung zu tun, wird aber heirzulande oft nicht entsprechend kritisch bewertet.
Da ist man mal ein paar Tage nicht am Rechner und dann schreibt ihr hier Romane ! Jetzt schaffe ich gar nicht auf alles , worauf ich eingehen würde wollen einzugehen :cry:

Zunächst zu dir Steffen : zu deiner Frage, ob mir "das Gereite " auf den CDs gefällt und ob ich sage :" ja, zu dem System stehe ich, so will ich reiten!" : Ja, zu dem System stehe ich und so will ich reiten !
Nur, natürlich so, wie ICH reite. Man gibt ja nicht in dem Moment, wo man eine Sache inhaltlich gut findet die eigenen Empfindungen für die Interpretation ab ?!
Schließlich möchte ich ja nicht eine schlechte Kopie eines PK werden.

Aber das System selbst ? Ja klar, DAS ist schlicht genial ! Vor allem, wenn man die ganzen nicht ausgesprochenen Komponenten, ( so wie das immer ist, wenn jemand seine Ideen zu Papier bringt, er nicht alles schreibt, was es an Möglichkeiten gibt, weil er subjektiv- wie ein Mensch eben ist- vieles als selbstverständlich voraussetzt) beisteuern kann.

Dann finde ich die Diskussion hier zum Thema Schub und Tragkraft sehr interessant. Daher das Zitat von Ennah.
Darüber habe ich mir auch schon sehr viele Gedanken gemacht....

Bewegung funktioniert ja immer mit sich entgegenwirkenden Muskelzügen.
Im Rahmen der Schubkraft bedeutet das, daß das Hintenhinausziehen der Hintergliedmaßen über die OBERE Muskelkette ( Rücken und großer Gesäßmuskel) des Pferdes ( oder auch des Menschen) erwirkt wird, wärend das Nach-Vorne Ziehen über die UNTERE Muskelkette ( Bauch- und tiefe Beckenmuskeln) erwirkt wird.

Daher kann man feststellen, daß die Kraft die mit Vorwärts zu tun hat, immer aus dem Zug / Verkürzen des Rückenmuskels resultiert, wärend das Vorschwingen aus dem Bauch erfolgt.
Gleichzeitig muß der entsprechende Gegenmuskel aber loslassen.

Als zweite Komponente kommt dann die BEUGUNG des Beines hinzu.
Auch hier gibt es Muskelzüge zum Beugen, bei denen dann der Strecker loslassen muß u.u.

In den Bewegungen, in denen viel Vorwärtsbewegung erzielt werden soll, ist die Beugung absolut untergeordnet. Extrembeispiel hierfür ist die Bewegung des Renngalopps oder -trabs, bei dem die Hintergliedmaße nahezu vollständig gestreckt nach vorne geworfen wird. ( daher hier auch die höhere Stützkraft der Vorhand, denn das gerade Hinterbein braucht Platz nach oben, um vorgeführt werden zu können.)

Die Bewegung in Versammlung benötigt dagegen mehr die Zugleistung der beugenden Muskulatur.

In Kombination mit der Hauptbewegung des Hinterbeines - nämlich über Rücken und Kruppe-nach hinten und über Bauch- und Beckenmuskeln nachvorne, kommt dann je nach deren Gewichtung
1.) Ein Strecken in Kombination mit Betonen der Hintenhinausziehens über Rücken und Kruppenmuskel ( wie eben im Renngalopp, -trab oder -pass)
2.)ein Strecken mit Betonung der Bauch-Beckenmuskelgruppe ( wie beim Sliden oder beim stop-zum Roll-back oder oft im Tölt)
3.) Ein Beugen der Gliedmaße / Hanke mit Betonung des Zuges der Bauch-und Beckenmuskulatur nach vorne ( wie bei der Piaffe oder dem Redopp oder in einer Piruette oder auch beim versammelten Halten)
und zuletzt
4.) Ein Beugen in Kombination mit Betonung der Zugkraft der Rücken und Kruppenmuskulatur ( wie bei der Passage, und einigen Schulsprüngen)
zustande.

Je nach Gewichtung der einzelnen Züge und nach Trainingszustand der jeweiligen Muskelgruppen geht die Bewegung optisch in eine dieser 4 Richtungen.

Desweiteren werden alle diese Bewegungen optimiert mit der Fähigkeit der Optimalen Korrespondenz. Also immer denn wenn der Eine Muskel Kraft entwickelt, muß der Gegenspieler loslassenkönnen. Auch das loslassen können ist etwas, was trainiert sein will.
In soweit hat das Reiten von Verstärkungen durchaus seine gymastizierende Berechtigung, denn hier wird eben die Dosierung von Zugkraftentwicklung und Entspannung "geübt" / abgestimmt , wobei weniger die Strecke , welche in der Verstärkung zurückgelegt wird relevant ist, sondern vielmehr der Übergang innerhalb des Zulegens und dann auch wieder die Rückführung. In soweit haben mehrere Tempiwechsel innerhalb einer Gangart einen gymastizierenden Effekt, wärend die Ausführung der Verstärkung als Lektion- z.B. über eine ganze Diagonale, mehr eine Funktion der Überprüfung der erworbenen Fähigkeit darstellt.
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