Da ich ja gern dumme Fragen stelle, hier ein paar Anmerkungen zu den Zitaten von C.Dingens einige Seiten vorher:
Ein Naturgesetzt zwingt jeden belebten Körper dazu, verlorenes oder verändertes Gleichgewicht wieder her zu stellen bzw. auszugleichen. Einem Pferd gelingt dieser Gleichgewichtsausgleich nur nach vorne, d.h. durch Streckung seines Halses,
Der Hals als Balancierstange um die Störung des Gleichgewichts in der Längsachse auszugleichen, soweit kann ich folgen, zeigt z.B. auch dieses Tier sehr elegant:
http://www.youtube.com/watch?v=WsaOn85TqUE
genauer gesagt: durch das Herandehnen seiner gesamten Wirbelreihe, einschließlich der Halswirbel ans Trensengebiss.
Also grundsätzlich kann ein Pferd seinen Hals auch ohne Trense nach vorne strecken.
Findet das Pferd dabei mit der Stirnline vor der Senkrechten eine stete, federnd elastische Verbindung zur weich aushaltenden Reiterhand als Fixpunkt, hilft ihm diese Anlehnung, sich in seinem neu erworbenen Gleichgewicht in Balance zu halten.
Da wird es für mich mysteriös. Wenn eine Ballerina an der Stange übt, hat sie einen Fixpunkt an der Wand, der sich ausserhalb ihres Gleichgewichtsystems befindet, die Hand des Reiters ist aber Teil des Gleichgewichtsystems des Pferdes, das Pferd kann also an der Hand des Reiters so gesehen keinen Halt finden, wenn es das Gleichgewicht verliert. (Warum kommt mir jetzt ein gewisser Münchhausen in den Sinn?) Also wie funktioniert das im Detail mit der Reiterhand, die dem Pferd helfen soll, die Balance zu halten?
C.Dingens hat geschrieben:Wenn sich Mensch damit vergleichen möchte, dann kann er am besten mal einen schweren Koffer tragen und sich mal selber beobachten was dabei in seinem Körper passiert.
Wenn ich in der rechten Hand einen Koffer trage, wird sich mein linker Arm von meinem Körper wegbewegen, soweit klar; aber wo ist da der Reiter, der mir sagt, wie ich meinen linken Arm zu bewegen habe, damit ich mein Gleichgewicht (besser) halte? Sitzt mir bei dem Manöver ein Äffchen im Nacken, kann mir das etwas helfen, indem es meine linke Schulter belastet, aber wohl kaum, indem es an meinem linken Ärmel zupft.
Ein anderes Beispiel: Ich lerne, über einen Balken zu balancieren. Dabei werde ich zu Beginn mit den Armen fuchteln, um das Gleichgewicht zu halten, je mehr ich übe, desto kleiner werden meine Balancierbewegungen, bis ich schliesslich mit den Händen in den Hosentaschen über den Balken spazieren kann. Ich kann mir jetzt nicht vorstellen, dass es mir hilft, die Balance zu halten, wenn die Bewegung meiner Arme begrenzt wird, selbst wenn dies "weich" oder "elastisch" geschieht.
Andersrum wird für mich ein Schuh draus. Ich gehe davon aus, dass das Pferd selbst am besten über sein Gleichgewicht Bescheid weiss, immerhin läuft es schon ein paar Stunden nach seiner Geburt in der Gegend rum, während wir dafür etwas länger brauchen, und Saumpferde z.B. lernen sich ohne Zügelhilfen unter teils abenteuerlichen Lasten in schwierigem Gelände zu bewegen, ohne das Gleichgewicht zu verlieren
http://www.youtube.com/watch?v=tj0o8LkKPzY .
Wenn ich das Pferd beim Reiten in eine gleichgewichtstechnisch anspruchsvolle Situation bringe (vergleichbar dem Balancieren auf dem Balken) braucht das Pferd zuerst die volle Bewegungsfreiheit seines Halses, um sich auszubalancieren (entsprechend dem Fuchteln mit den Händen), mit der Zeit wird es geschickter, braucht also nicht mehr die volle Länge des Halses als Balancierstange, und gibt mir dadurch Zügel, den ich aufnehmen kann. Dadurch kann ich dem Pferd dann wiederum bestätigen, dass es sozusagen "die Hände in den Hosentaschen behalten" soll.
Also nochmals meine Frage: Wie funktioniert das physikalisch mit der Anlehnung / dem Fixpunkt, die / der dem Pferd helfen soll, die Balance zu halten? Welche Kräfte wirken hier wo ein und verhindern, dass das Pferd das Gleichgewicht verliert? Besteht diese Gefahr überhaupt?