Zur Diskussion gestellte Ritte die gefallen

Rund um die klassische Reitkunst

Moderatoren: Julia, ninischi, Janina

Motte
User
Beiträge: 1481
Registriert: Do, 12. Jul 2007 15:26
Wohnort: Schnuckenland

Beitrag von Motte »

horsmän hat geschrieben:Anfänger tun sich deshalb schwer, weil durch die natürl. menschl. Reflexe (fallen verhindern wollen) sich die Muskeln anspannen (insbes. die Aduktoren) und damit das lockere hängen blockiert wird

Und genau deswegen ist in der reiterlichen Ausbildung auch der Punkt "Losgelassenheit" wichtig. Nicht Losgelassenheit des Pferdes, sondern Losgelassenheit des Reiters. Erst wenn ich das kann, kann ich spezifisch einwirken - also einzelne Körperteile separat ansteuern.
Das muss man aber üben.
Deine Erklärung mit der Schwerkraft hörte sich für mich schlicht so an, als ob der Reiter nur lange genug auf dem Pferd sitzen müsste, bis die Schwerkraft ihren Dienst tut. Und so isses ja nu nicht :wink:
Phanja

Beitrag von Phanja »

Also nur mal so als Einwurf in die Anspannen-Abspannen Diskussion: Der Mensch kann ja auch entspannt stehen, ohne sich zu verspannen und ohne wie ein nasser Sack auszusehen. Entspanntheit hat nichts damit zu tun, dass gaaar kein Muskel mehr angespannt ist. :wink:
Ich würde das eher als Balance zwischen bestimmten Muskeln und deren Gegenspieler sehen. Man muss die Wade nicht krampfhaft anspannen, aber eben auch nicht "krampfhaft" komplett entspannen. Ich würde sagen, die Mitte machts.

@Motte
Wenn man den Absatz runter bzw. die Zehen hochnimmt, wirkt der Wadenmuskel härter, weil er gedehnt wird - nicht weil er sich zusammenzieht. Das Zusammenziehen übernehmen die Strecker, die sich sozusagen auf der Vorderseite des Beines befinden.
saltandpepper

Beitrag von saltandpepper »

... und das nennt man dann "Losgelassenheit" :wink:
Phanja

Beitrag von Phanja »

saltandpepper hat geschrieben:... und das nennt man dann "Losgelassenheit" :wink:
Jo :trink1:
Motte
User
Beiträge: 1481
Registriert: Do, 12. Jul 2007 15:26
Wohnort: Schnuckenland

Beitrag von Motte »

saltandpepper hat geschrieben:
Motte hat geschrieben:


Natürlich spanne ich die Wade nicht aktiv an (habe ich das irgendwo geschrieben??) - sie spannt sich an. Ändert aber nix an der Tatsache, dass sie in dem Moment eben gespannt ist und nicht lose und "völlig abgespannt".
Das wäre sie dann, wenn man eher mit "Zehenspitzen tief" sitzen würde.
Leider wieder falsch, Motte :wink: - die Wade ist gespannt, wenn die Zehe unten ist.

Und sie ist "völlig entspannt", wenn die Zehe oben ist. Sie ist sogar so entspannt, daß man die Gewebespannung fühlt, weil der Muskel die Abwehrspannung aufgibt.

Das ist der selbe Trugschluß, wie der mit dem hirschenden Pferd, das angeblich seinen Unterhalsmuskel anspannt- es ist der Oberhalsmuskel, der nicht loslässt, der den Hals nach oben bewegt.
Und es ist die Schienbeinmuskulatur oder eben das Gewicht, nebst kürzerem Steigbügel, das den Absatz "tief" kommen lässt.

Die Wagenmuskulatur kommt unter Zug - sie wird passiv durch das Gewicht des Beines gedehnt oder aber durch die Spannung der vorderen Unterschenkelmuskulatur.
Edit nicht gelesen?

Gut, die Wade wird gedehnt, wenn der Absatz nach unten durchfedert. Ergebnis (sicht- und fühlbar): sie wird dicker und stramm. Jedenfalls ist das bei meinen Waden so....

Stehe ich auf Zehenspitzen, ist die Wade angespannt. Ebenfalls sicht - und fühlbar, stramm und dicker.

Die einzige Beinhaltung, in der meine Wade völlig entspannt und "lose" hängt, ist, wenn die Zehen leicht tiefer sind als der Absatz (ich sitze gerade auf dem Stuhl und probiere vor mich hin...)

Mit der "losen", völlig abgespannten Wade (und dabei beziehe ich mich auf Horsmäns post) kann ich aber nicht sinnvoll treiben. Das wäre dann so die Stuhlsitzhaltung mit leicht höherem Absatz.

Mit "auf Zehenspitzen stehen"-Sitz kann ich auch nicht reiten, weil dann die Hüfte total blockiert.

Mit nach unten federndem Absatz und daraus resultierenden fühlbaren "strammeren" Wadenumfang (und ja, die Wade spürt ja das Pferd!), kann ich sitzen und reiten.
Dabei ist die Wade aber nicht völlig lose und abgespannt, sondern - wie du richtigerweise korrigiertest - gedehnt.
Dennoch ist gedehnt nicht "abgespannt" und lose in der Wirkung für's Pferd.

edit: Phanja, ja, genau so meinte ich das :wink:
Zuletzt geändert von Motte am Do, 16. Jan 2014 15:11, insgesamt 1-mal geändert.
Rapunzel
User
Beiträge: 2337
Registriert: Mo, 09. Okt 2006 14:22

Beitrag von Rapunzel »

Losgelassenheit bedeutet nicht, dass "alle Muskeln abgespannt" sind, sondern dass sie "zwanglos und unverspannt an- und abspannen", sprich, effektiv und ohne Verspannung genau zu ihrem Zweck eingesetzt werden.
Motte
User
Beiträge: 1481
Registriert: Do, 12. Jul 2007 15:26
Wohnort: Schnuckenland

Beitrag von Motte »

Ok.

Also der Reiter aus C.Dingens Video sitzt mit großer Losgelassenheit auf dem Pferd.
Und deswegen kann er sehr ökonomisch einwirken.

Können wir uns darauf einigen?
8)
Rapunzel
User
Beiträge: 2337
Registriert: Mo, 09. Okt 2006 14:22

Beitrag von Rapunzel »

Ich ja ;-)
C.Dingens
User
Beiträge: 284
Registriert: Mi, 15. Jan 2014 15:38
Wohnort: Auf dem Ponyhof

Beitrag von C.Dingens »

Motte hat geschrieben:Ok.

Also der Reiter aus C.Dingens Video sitzt mit großer Losgelassenheit auf dem Pferd.
Und deswegen kann er sehr ökonomisch einwirken.

Können wir uns darauf einigen?
8)
Ich war diesbezüglich nie uneinig.
8)
FNB
User
Beiträge: 1233
Registriert: Mo, 29. Okt 2007 10:38
Wohnort: Nahe der Küste

Beitrag von FNB »

Hm, bin ich die einzige? Ich sehe da eine starre HandB (im Schritt ist sie ganz gut) , zu aktiver Sporengebrauch und einen sowas von falschen Knick...... :oops: (und manchmal ne Passtendenz)
C.Dingens
User
Beiträge: 284
Registriert: Mi, 15. Jan 2014 15:38
Wohnort: Auf dem Ponyhof

Beitrag von C.Dingens »

Übrigens….selber Reiter anderes Pferd.

http://www.amerigo-saddles.com/index.ph ... o/video/12

Und?! Ich mag es auf den 1. Blick nicht. Obwohl ich den Gegensatz mehr als Spannend finde.

Dieses Pferd ist nach meinem Dafürhalten deutlich elastischer in der Grundqualität. ABER es ist auch deutlich weniger Losgelassen.Typischer Weltmeier :shock:
Hier gelingt es dem Reiter nicht immer das Pferd vor sich zu halten obwohl er wieder sehr ordentlich Einwirkt.
Für meinen Geschmack zieht der Fuchs gerne mal den Rücken weg und verhält sich, zusammen mit dieser "Übersetzung" harter Tobak. Fühlt sich mit unter an, wie ein Ritt auf einem Pulverfass.
Das der Reiter hier nicht so smooth zum sitzen kommt zeigt sich sofort an seinem Bein.
Trotzdem ist das ganz großes Kino, denn ich bin überzeugt, dieses Pferd macht es seinem Reiter nicht leicht und trotzdem bleibt er da oben wieder an dieser Magischen Linie zwischen Fordern und Überfordern.
Hier liegen Genie und Wahnsinn im Pferd so dicht beieinander, das der Reiter sich auf sehr dünnem Eis bewegt.
Ich finde es spannend zu beobachten wie viel Anteil Ex-und Interieur eines Pferdes am Gesamtbild haben. Es ist nicht immer schlechtes Reiten, nur weil es nicht so High End Harmonisch wirkt. Manchmal ist es auch das schwierige Pferd das ein kratzen am optischen Optimum verhindert. Ich finde, man sollte die Gesamtleistung nie aus dem Auge verlieren und entsprechend würdigen.
Ritte aus dem Gesamtkontext zu analysieren ist daher auch immer zweischneidig.

Für mich bleibt ein Fazit: Diesen Mann würde ich so gerne auf noch mehr Pferden bei der täglichen Arbeit beobachten. Es gebe sicher viel zu lernen.
horsman
User
Beiträge: 2879
Registriert: Mo, 25. Sep 2006 12:04
Wohnort: NRW

Beitrag von horsman »

jep, sehr interessant diesen Reiter auf zwei Pferden mal zu vergleichen und zu sehen, was er mit dem 2. Pferd für Probleme hat, die er auf dem ersten nicht hatte. Reitet schon gut der Mann, keine Frage. Er scheint zu wissen und zu merken dass das Pferd im Genick noch mehr öffnen muss und arbeitet ja auch dran. AUch hier immer wieder "Akkordeon".

Die ersten 30 sekunden des Vidoes werfen bei mir zunächst Fragezeichen auf aber dann wirds im Verlauf doch sichtbar besser. Zwar denke ich manchmal, lass doch mal den Zügel noch 3-5cm mehr Luft nach vorne, aber man sieht schon, dass er die Zügelverbindung leicht halten will, und der Reiter nicht durch zuviel Druck auf dem Gebiss das Pferd zu eng macht. Dass er die Kandare offenbar in Relation zur Trense mehr einsetzt macht im Grunde hier auch Sinn, denn die Trense bringt aufgrund ihrer Wirkweise den Kopf eher noch mehr zurück. Hmmm... doch ich denke das ist gut.
Vielleicht würde mehr Arbeit in SH helfen das Pferd mehr im Genick zu öffnen und sich noch besser zu tragen.


Klaro: jedes Pferd ist anders und das Gesamtbild wird nunmal immer auch wesentlich von der Grundqualität des Pferd (Körper und Geist) mit bestimmt. Und das hier natürlich zwei Hochqualitäts-Tiere.

Ich höre dieses "zwischen Genie und Wahnsinn" nicht sehr gerne, denn es wird oft als Entschuldigung gebraucht, wenn man als Reiter ein Pferd über die Uhr oder kurz davor bringt.
First a relaxed mind, then a relaxed horse.
Benutzeravatar
Gawan
User
Beiträge: 418
Registriert: Do, 27. Mär 2008 22:03
Wohnort: Basel

Beitrag von Gawan »

Da ich ja gern dumme Fragen stelle, hier ein paar Anmerkungen zu den Zitaten von C.Dingens einige Seiten vorher:

Ein Naturgesetzt zwingt jeden belebten Körper dazu, verlorenes oder verändertes Gleichgewicht wieder her zu stellen bzw. auszugleichen. Einem Pferd gelingt dieser Gleichgewichtsausgleich nur nach vorne, d.h. durch Streckung seines Halses,
Der Hals als Balancierstange um die Störung des Gleichgewichts in der Längsachse auszugleichen, soweit kann ich folgen, zeigt z.B. auch dieses Tier sehr elegant: http://www.youtube.com/watch?v=WsaOn85TqUE

genauer gesagt: durch das Herandehnen seiner gesamten Wirbelreihe, einschließlich der Halswirbel ans Trensengebiss.
Also grundsätzlich kann ein Pferd seinen Hals auch ohne Trense nach vorne strecken.

Findet das Pferd dabei mit der Stirnline vor der Senkrechten eine stete, federnd elastische Verbindung zur weich aushaltenden Reiterhand als Fixpunkt, hilft ihm diese Anlehnung, sich in seinem neu erworbenen Gleichgewicht in Balance zu halten.
Da wird es für mich mysteriös. Wenn eine Ballerina an der Stange übt, hat sie einen Fixpunkt an der Wand, der sich ausserhalb ihres Gleichgewichtsystems befindet, die Hand des Reiters ist aber Teil des Gleichgewichtsystems des Pferdes, das Pferd kann also an der Hand des Reiters so gesehen keinen Halt finden, wenn es das Gleichgewicht verliert. (Warum kommt mir jetzt ein gewisser Münchhausen in den Sinn?) Also wie funktioniert das im Detail mit der Reiterhand, die dem Pferd helfen soll, die Balance zu halten?
C.Dingens hat geschrieben:Wenn sich Mensch damit vergleichen möchte, dann kann er am besten mal einen schweren Koffer tragen und sich mal selber beobachten was dabei in seinem Körper passiert.
Wenn ich in der rechten Hand einen Koffer trage, wird sich mein linker Arm von meinem Körper wegbewegen, soweit klar; aber wo ist da der Reiter, der mir sagt, wie ich meinen linken Arm zu bewegen habe, damit ich mein Gleichgewicht (besser) halte? Sitzt mir bei dem Manöver ein Äffchen im Nacken, kann mir das etwas helfen, indem es meine linke Schulter belastet, aber wohl kaum, indem es an meinem linken Ärmel zupft.

Ein anderes Beispiel: Ich lerne, über einen Balken zu balancieren. Dabei werde ich zu Beginn mit den Armen fuchteln, um das Gleichgewicht zu halten, je mehr ich übe, desto kleiner werden meine Balancierbewegungen, bis ich schliesslich mit den Händen in den Hosentaschen über den Balken spazieren kann. Ich kann mir jetzt nicht vorstellen, dass es mir hilft, die Balance zu halten, wenn die Bewegung meiner Arme begrenzt wird, selbst wenn dies "weich" oder "elastisch" geschieht.

Andersrum wird für mich ein Schuh draus. Ich gehe davon aus, dass das Pferd selbst am besten über sein Gleichgewicht Bescheid weiss, immerhin läuft es schon ein paar Stunden nach seiner Geburt in der Gegend rum, während wir dafür etwas länger brauchen, und Saumpferde z.B. lernen sich ohne Zügelhilfen unter teils abenteuerlichen Lasten in schwierigem Gelände zu bewegen, ohne das Gleichgewicht zu verlieren http://www.youtube.com/watch?v=tj0o8LkKPzY .
Wenn ich das Pferd beim Reiten in eine gleichgewichtstechnisch anspruchsvolle Situation bringe (vergleichbar dem Balancieren auf dem Balken) braucht das Pferd zuerst die volle Bewegungsfreiheit seines Halses, um sich auszubalancieren (entsprechend dem Fuchteln mit den Händen), mit der Zeit wird es geschickter, braucht also nicht mehr die volle Länge des Halses als Balancierstange, und gibt mir dadurch Zügel, den ich aufnehmen kann. Dadurch kann ich dem Pferd dann wiederum bestätigen, dass es sozusagen "die Hände in den Hosentaschen behalten" soll.

Also nochmals meine Frage: Wie funktioniert das physikalisch mit der Anlehnung / dem Fixpunkt, die / der dem Pferd helfen soll, die Balance zu halten? Welche Kräfte wirken hier wo ein und verhindern, dass das Pferd das Gleichgewicht verliert? Besteht diese Gefahr überhaupt?
"Der Reitlehrer sei unser eigenes Pferd" SGS
(und der Schüler zeige Geduld, Demut und Hingabe)
Draussen bin ich 4:0 unterwegs, in der Halle 3:1, manchmal 1:3.
Ulrike
User
Beiträge: 2573
Registriert: Di, 14. Jan 2014 13:38
Wohnort: bei Lüneburg

Beitrag von Ulrike »

Guten Morgen,

wenn ich da einen bescheidenen Beitrag leisten darf, ich bin aber nicht so schreibgewandt, wie Ihr hier:

Das Problem ist ja, ZWEI verschiedene Schwerpunkte und Gleichgewichte miteinander in Einklang zu bringen.
Das Pferd muss sich in das Gleichgewicht bringen und den Reiter dazu, der Reiter, versucht, im Gleichgewicht zu bleiben und auf das Gleichgewicht des Pferdes einzugehen, mit weichen Händen und geschmeidigem Sitz.

Insofern kann das Pferd an einem gut sitzenden Reiter schon sein Gleichgewicht finden, der Reiter ist nicht so starr, wie die Balancierstange an der Wand, aber, er hilft dem Pferd schon, das seinige zu finden und zu verbessern.

Für mich ist das den ganzen Ausbildungsweg über das Grundprinzip, einen Einklang der Gleichgewichte herzustellen.

Stolpert z.B. mein Pferd, kann ich durchaus mit der Hand die Möglichkeit bieten, sich abzustützen, zumindest habe ich so ein Gefühl.
Das ist nicht Münchhausens Zopf, denn an dem hat er zwei nach oben weg gezogen, der Schelm.


LG Ulrike
Paula

Beitrag von Paula »

Danke Danny fuer.die Links ,auf dem Handy kann ich sie nicht sehen, am PC.muss ich erst was installieren,hat nicht funktioniert ich platze. zwar vor.Neugierde ,aber muss noch warten bis mir da jem.hilft.

Gawan kluge und durchdachte Frage die.Antwort.fuehrt.zum Kern der klass.dt.Reitlehre..
Antworten