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Verfasst: Fr, 04. Apr 2014 21:51
von Feiticeira
Ich hab nicht alles nachgelesen, aber ich habe auch so meine Erfahrungen mit der Aufzucht gesammelt. Meist waren es Jungs.... ich hab immer einen Platz gefunden, wo sie in einer Gruppe Gleichaltriger gelaufen sind. Das ist für das Sozialverhalten und ein ausgeglichenes Gemüt unabdingbar. Muss aber nicht zwingend irgendwo "in der Prärie" sein. 3 waren immer täglich mal kurz "an der Hand". Das erleichtert den Umgang natürlich. Mein jetzt 4-jähriger Lusitano ist 2 Jahre "frei" in Portugals Flächen aufgewachsen, danach noch mal 1 Jahr fast genauso wenig betüddelt in Bayern. Er war sehr misstrauisch und ich musste mir das Vertrauen erarbeiten, aber er war ganz "wach" und interessiert....hat schnell gelernt. Jetzt ist noch ein PRE Jährling dazu gekommen, der seit dem Absetzen in Spanien auch nur Pampa kennengelernt hat. Ich frag mich immer noch, wie die da vor Wochen erstmals ein Halfter drauf gekriegt haben.
Jetzt nach knapp 2 Wochen und täglich ca 2 Std. "Anwesenheit" und Vertrauensaufbau kann ich ihn kraulen, den Strick dran machen und ihn raus und rein führen. Auch er wird in einer Gruppe von insgesamt 6 Hengstfohlen aufwachsen....aber in "deutschen" Verhältnissen, halt mit etwas begrenzteren Flächen und mit regelmäßigem Kontakt zu mir....und der Hufpflegerin.
Beide Varianten haben ihre Vor-und Nachteile. Man macht einen Kompromiss...was am Ende besser ist....schwer zu beurteilen.
Verfasst: Mo, 07. Apr 2014 10:19
von bubi9191
Ich verfolge grad die Spur von meiner jungen Stute, um zu wissen wie sie aufgewachsen ist.
Ich habe Kontakt zum Züchter wo sie bis als Jährling war. Dort stand sie auf großen Aufzuchtwiesen mit erwachsenen Pferden.
Als Jährling wurde sie nach Holland verkauft. Da verläuft sich die Spur.
Ich habe sie 4 1/2jährig im nördlichen NRW gekauft an einem Ausbildungsstall. Diese hatten sie aus Süddeutschland.
Sie ist in ihrem jungen Leben also leider schon sehr viel rumgereicht worden.
Da sich unser kleines "Problem" aufgelöst haben, möchte ich hier jetzt auch ein bisschen mitschreiben
Gestern saß ich das erste Mal ohne Sattel drauf - hat sie überhaupt nicht beeindruckt, sie zog ihre Runden wie immer

Hach war ich glücklich.
Dann haben wir das erste Mal frei in der Halle geklickert. Sonst haben wir das viel in der Box gemacht (Futtergehorsam, etc.).
In der Halle legte sie immer mal wieder für den Bruchteil einer Sekunde die Ohren an. Möchte nicht, dass sie stinkig dabei wird, kann es mir aber auch nicht erklären. Übereifer? Wir haben frei geübt: Ich bleibe stehen --> sie bleibt stehen --> Klick + Stückchen Möhre. Dabei hat sie nicht einmal nach dem Stehenbleiben zu mir geguckt sondern direkt in die andere Richtung. Vielleicht verbindet sie klickern nur noch mit Futtergehorsam? Also habe ich erst dann geklickt wenn ihr Kopf wieder gerade war und nicht von mir weg.
Ich möchte das auf jeden Fall 1-2x die Woche machen. Einfach um es mal auszuprobieren.
Der Schmied kommt hoffentlich diese Woche und dann überlegen wir, ob wir ihr die Eisen runtermachen können

Verfasst: Mo, 07. Apr 2014 13:05
von Kiruna Karmina
was meinst Du mit Futtergehorsam?
Verfasst: Mo, 07. Apr 2014 13:54
von esge
Finchen hat geschrieben:Cubano hat geschrieben:grisu hat geschrieben:
Ich denke absolut nicht, dass "wild" aufgewachsene Pferde mehr Probleme beim Anreiten machen.
.
Das einzige Problem, das wir Menschen damit häufig haben ist, dass diese Pferde viel schneller und direkter auf Körpersignale reagieren als Pferde, die durch viel menschlichen Kontakt bereits abgestumpft sind. Wir senden viel zu viele Signale, derer wir uns nicht bewusst sind. Pferde lernen sehr schnell, dass 90 Prozent dessen, was wir ständig schwatzen (körperlich, verbal sowieso) nicht wirklich was zu sagen hat.
Bekommen wir jetzt ein Jungpferd in die Hände, das praktisch nur Artgenossen kennt, werden wir oft von ihren sehr prompten und für uns oft gar nicht nachvollziehbaren Reaktionen völlig überrascht.
Als ich meinen Lusobuben bekam, war er noch recht roh. Halbwild aus Portugal gekommen, dann beim Importeur immerhin halfterzahm gemacht und eine Longe hatte er auch schon mal gesehen, Füße er konnte er immerhin vorn geben, Anbinden ging auch schon. Aber immer wieder passierte es mir, dass ich beim Führen oder Longieren minimal zu weit vorn oder hinten stand, eine Schulter etwas zu heftig bewegt hatte oder die Füße zu heftig aufgesetzt hatte - schwupp passierte irgendwas. Pony drehte mitten im Galopp rum und galoppierte andersrum weiter. Pony stoppte und lief rückwärts. Pony schoss nach vorn. Pony schwenkte aus jeder Gangart den Poppes weg - alles nicht aus Bosheit, sondern weil ich das gerade gesagt hatte. Dummerweise hatte ich das oft gar nicht beabsichtigt. Es dauerte ein bisschen, bis ich mich auf diese seismographische Feinheit eingestellt hatte. Ich fand es allerdings vom ersten Tag an klasse.
Verfasst: Mo, 07. Apr 2014 14:14
von Phanja
bubi9191 hat geschrieben:Ich verfolge grad die Spur von meiner jungen Stute, um zu wissen wie sie aufgewachsen ist.
Ich habe Kontakt zum Züchter wo sie bis als Jährling war. Dort stand sie auf großen Aufzuchtwiesen mit erwachsenen Pferden.
Als Jährling wurde sie nach Holland verkauft. Da verläuft sich die Spur.
Ich habe sie 4 1/2jährig im nördlichen NRW gekauft an einem Ausbildungsstall. Diese hatten sie aus Süddeutschland.
Sie ist in ihrem jungen Leben also leider schon sehr viel rumgereicht worden.
Da sich unser kleines "Problem" aufgelöst haben, möchte ich hier jetzt auch ein bisschen mitschreiben
Gestern saß ich das erste Mal ohne Sattel drauf - hat sie überhaupt nicht beeindruckt, sie zog ihre Runden wie immer

Hach war ich glücklich.
Dann haben wir das erste Mal frei in der Halle geklickert. Sonst haben wir das viel in der Box gemacht (Futtergehorsam, etc.).
In der Halle legte sie immer mal wieder für den Bruchteil einer Sekunde die Ohren an. Möchte nicht, dass sie stinkig dabei wird, kann es mir aber auch nicht erklären. Übereifer? Wir haben frei geübt: Ich bleibe stehen --> sie bleibt stehen --> Klick + Stückchen Möhre. Dabei hat sie nicht einmal nach dem Stehenbleiben zu mir geguckt sondern direkt in die andere Richtung. Vielleicht verbindet sie klickern nur noch mit Futtergehorsam? Also habe ich erst dann geklickt wenn ihr Kopf wieder gerade war und nicht von mir weg.
Ich möchte das auf jeden Fall 1-2x die Woche machen. Einfach um es mal auszuprobieren.
Der Schmied kommt hoffentlich diese Woche und dann überlegen wir, ob wir ihr die Eisen runtermachen können

Klingt für mich tatsächlich so, als würde sie aktuell die Höflichkeitsübung generell mit dem Clickern verbinden und daher überall mit reinmischen. Ich würde einerseits die Höflichkeitsübung gezielt an allen möglichen Orten clickern und andererseits darauf achten, dass verschiedene Übungen nicht zu schnell wechseln oder zu schnell hintereinander kommen. So dass die Übergänge von einer zur nächsten Übung für deine Stute klarer und einfacher zu erkennen sind.
Verfasst: Mo, 07. Apr 2014 15:30
von bubi9191
Kiruna Karmina hat geschrieben:was meinst Du mit Futtergehorsam?
Futtergehorsam bedeutet nichts anderes, als dass mein Pferd lernt, dass es nicht nach Futter zu betteln hat, sondern das Futter bekommt, wenn es sich höflich verhält.
Ich verwende das gerne zum Konditionieren des Clicker.
Als Belohnung habe ich immer kleingeschnittene Möhren.
Das ganze sieht so aus: Pferd schnubbelt an mir rum, um Leckerchen zu bekommen. Sobald sie für den Bruchteil einer Sekunde ablässt sofort click und Belohnung.
Man muss etwas vorsichtig sein, einige Pferde lernen auch "Verhaltensketten": Betteln, wegschauen, Belohnung.
Das wollen wir ja nicht.
Meine Stute hält den Kopf schon über längere Zeit von mir weg, aber ich merke natürlich dass sie immer wieder zu mir rüberschielt, wann denn jetzt der Click und die Belohnung kommt
Wir haben sonst bisher nur in der Box geclickert, gestern war das in der Reithalle. Da hat sie es direkt gemacht.
Ich glaube, dass es für sie aber auch schwer zu trennen was, was ich gerade übe: Anhalten oder Futtergehorsam.
Denn wenn sie anhält aber direkt mit ihrer Nase in meiner Jackentasche ist, klickere ich das natürlich nicht. Vielleicht verlange ich da auch zu viel?
Die Idee mit der Pause dazwischen damit sie die "Übergänge" von einer zur nächsten Übung bemerkt sind gut, das werde ich mal probieren.
Danke
Verfasst: Mo, 07. Apr 2014 19:38
von Finchen
Gute Aufzucht mit Gleichartigen macht zB Höflichkeits-Dressur überflüssig - man braucht sich nur ein wenig auf das Wie der Pferde untereinander einlassen, dann ist für ein Pferd leicht verständlich, dass der Mensch eine gewisse Höflichkeit erwartet. Individualdistanz funktioniert ohne ein Pferd dazu konditionieren zu müssen.
Verfasst: Mo, 07. Apr 2014 23:26
von Traumdauterin
Hast du grad erst angefangen mit dem Clickern? Dann eignet sich Höflichkeit üben für den Einsteig nicht und auch nicht für das Konditionieren auf den Clicker selbst. Für den Anfang sollte man eher Anstupsen eines Targets nehmen, um das Prinzip des Clickerns zu erarbeiten. Höflichkeit ist für den Anfang einfach schon sehr schwer und abstrakt und verlagt viel Konzentration. Und gerade wenn das Pferd noch nicht ganz verstanden hat, worum es überhaupt geht, ist das schnell frustrierend. Futtermanieren kann man für den Anfang auch gut hinter einer Absperrung üben, dann kann das Pferd sich nicht so aufdrängeln und man vermeidet eine unerwünschte Verhaltenskette wie Betteln - Weggucken - Click.
@Finchen: Viele Wege führen nach Rom. Und ich verweise gerne mal auf unsere letzte Diskussion...

Verfasst: Di, 08. Apr 2014 14:36
von esge
Finchen, Pferde mögen es nicht brauchen aber dem Menschen kann es gewaltig helfen. Ich habe schon viele Leute erlebt, die schon sehr lange mit Pferden umgehen und trotzdem erst über das Clickern die elementaren Grundzüge, wie ihr Pferd lernt, begriffen haben. Und das sind nicht wenige und viele davon wähnten sich schon sehr erfahren...
Verfasst: Di, 08. Apr 2014 22:41
von Finchen
esge hat geschrieben:Finchen, Pferde mögen es nicht brauchen aber dem Menschen kann es gewaltig helfen. Ich habe schon viele Leute erlebt, die schon sehr lange mit Pferden umgehen und trotzdem erst über das Clickern die elementaren Grundzüge, wie ihr Pferd lernt, begriffen haben. Und das sind nicht wenige und viele davon wähnten sich schon sehr erfahren...
Wie das Pferd lernt kann man ja auf verschiedene Weise erfahren. Aber wozu brauche ich das, wenn die Verständigung auch ohne antrainierte Clicker-Reaktionen funktioniert?
@Traumdeuterin:
um Rom oder den Weg geht es ja nicht, sondern darum, ob man nach Rom oder nach Honululu will. Erstmal braucht ja kein Mensch und kein Pferd Clicker und Co. - man kann sich so beschäftigen, wenn man es möchte.
Aber da wo es um völlig alltäglichen Umgang geht (Respekt in Bezug auf zB Individualdistanz) finde ich tragisch, wenn so wenig Verständnis vorhanden ist, dass es nicht anders als mit Dressur konditioniert werden kann.
Wie man seinem Pferd Kunststücke beibringt zB finde ich da nicht vergleichbar, da mag der Clicker ein tolles Instrument sein - auch bei Höflichkeitsregeln. Nur halt "leider" aus einer Sicht überhaupt nötig, wo Verstehen nicht umfangreich vorhanden ist
Verfasst: Di, 08. Apr 2014 23:58
von Traumdauterin
So hat halt jeder seine Meinung. Und ich fang jetzt nicht wieder die Diskussion über Konditionierung und Antrainieren an.
Wer sich ernsthaft mit dem Clickern beschäftigt, wird feststellen, dass viel mehr dahinter steht und viel mehr damit möglich ist, als man so annimmt. Find ich auch tragisch, dass da so wenig Verständnis vorhanden ist.

Aber ich will auch keinen bekehren, kann doch jeder arbeiten wie er mag.
Verfasst: Mi, 09. Apr 2014 11:37
von Phanja
@Finchen
Deine "normalen" Höflichkeitsregeln sind ganz genauso eine Konditionierung des Pferdes. Der einzige Unterschied ist, dass du keinen Marker benutzt, um ein erwünschtes Verhalten zu verstärken, sondern anderweitig mit Verstärkern arbeitest.
Ganz egal von welcher Seite man es betrachtet. Der Mensch ist kein Pferd und das wissen die Pferde sehr genau. Ergo ist jede Kommunikation ankonditioniert.
Verfasst: Do, 10. Apr 2014 12:36
von le_bai
Phanja hat geschrieben:@Finchen
Deine "normalen" Höflichkeitsregeln sind ganz genauso eine Konditionierung des Pferdes. Der einzige Unterschied ist, dass du keinen Marker benutzt, um ein erwünschtes Verhalten zu verstärken, sondern anderweitig mit Verstärkern arbeitest.
Ganz egal von welcher Seite man es betrachtet. Der Mensch ist kein Pferd und das wissen die Pferde sehr genau. Ergo ist jede Kommunikation ankonditioniert.
nicht jede.
es gibt nachweisbar universalsprache, welche genetisch fixiert ist.
bei jedem säuger zumindest!
und manche menschen können diese bei anderen säugern überdurchschnittlich dolmetschen. auch ohne Verstärkung.
damit sollten sich auch clickerfans abfinden

Verfasst: Do, 10. Apr 2014 12:59
von Phanja
Das hat ja auch niemand in Frage gestellt. Ein Mensch kann aber die genetisch fixierte Sprache nunmal nicht darstellen. Es gibt sicher Menschen, die Pferdesprache sehr gut interpretieren können. Darstellen kann es niemand, weil sozusagen die körperliche Vorraussetzung fehlt
Wenn man diese Sprache sehr gut versteht, kann man sich das als Mensch zunutze machen und sich pferdeähnlich verhalten. An dem Punkt lernt aber bereits das Pferd, den Menschen zu interpretieren und wir sind wieder bei der Konditionierung. Es ist in diesem Fall aber sicher einfacher für das Pferd zu lernen, was der Mensch meint.
Verfasst: Do, 10. Apr 2014 13:22
von le_bai
Phanja hat geschrieben:Das hat ja auch niemand in Frage gestellt. Ein Mensch kann aber die genetisch fixierte Sprache nunmal nicht darstellen. Es gibt sicher Menschen, die Pferdesprache sehr gut interpretieren können. Darstellen kann es niemand, weil sozusagen die körperliche Vorraussetzung fehlt
Wenn man diese Sprache sehr gut versteht, kann man sich das als Mensch zunutze machen und sich pferdeähnlich verhalten. An dem Punkt lernt aber bereits das Pferd, den Menschen zu interpretieren und wir sind wieder bei der Konditionierung. Es ist in diesem Fall aber sicher einfacher für das Pferd zu lernen, was der Mensch meint.
ich bin kein Wissenschaftler,
wage aber zu behaupten, dass bestimmte Signale völlig universal sind.
unabhängig von den körperlichen Gegebenheiten.
Konditionierung setzt irgendeine Kopplung voraus.
es gibt auch völlig ungekoppelte Kommunikation mit Tieren.
daran muss man natürlich auch glauben.
ich habe schon genug Beispiele erlebt, daher glaube ich daran.
aus diesen Erfahrungen heraus stelle ich mich auch gegen das clickern. das ist mein Zugeständnis an die Anerkennung von komplexer Kommunikation auch bei Nichtmenschen.
Hunde wie Pferde zeigen eine gewisse form der kommunkativen Verdummung, wenn sie geclickert werden.
dann fehlt mir einfach was im umgang mit dem Tier.