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Verfasst: Mo, 30. Nov 2009 10:35
von cinnamon
nee, ich erziehe nicht nach der pferdischen art
ich hab meinen jungspund ausgebildet und ein cross over-pferd daheim stehen, das konventionell angeritten und dann auf positive verstärkung umgestellt wurde.
natürlich kann man negative verstärkung beim reiten und im umgang nie komplett ausschließen - die grenzen sind fliessend, druck wird von jedem individuum anders interpretiert und solange das tier keine nennenswerten probleme damit hat und einem diese methode zusagt, ist ja nix gegen einzuwenden.
warum soll man junghengste nicht mir +v ausbilden können? ich kenne genug beispiele, wo das wunderbar funktioniert hat. man muss sich nur von den eingefahrenen mustern lösen und altes überholtes wissen (zb. rangordnungsgedanken) über board schmeissen.
ein orca wiegt nochmal das vielfache und ist um einiges agressiver und da geht`s auch und vor allem nur (!) mit dem clicker.
+v findet gerade bei aggressiven und gefährlichen tieren seine anwendung, wo konventionelle methoden versagen bzw. zu gefährlich wären.
klar, über so nen halb starken junghengst kannst noch mal eben drüber fahren, aber mach das mal mit nem tier, das tier wirklich körperlich überlegen ist - ich garantiere dir, du wirst im handumdrehen deine methoden wechseln, wenn dir dein leben lieb ist

Verfasst: Mo, 30. Nov 2009 11:54
von Melli
Das Beispiel Orcas oder Delfine finde ich regelmäßig sehr zynisch, man sollte sich doch bewusst sein, dass diese Tiere, die in freier Natur tausende von Kilometern zurücklegen, hier in einen Swimmingpool gesperrt werden, in dem die (Zwangs-)Arbeit mit dem Menschen die einizige Abwechslung aus einer Tristesse ist, in der Delfine sich vereinzelt schon umgebracht haben. Es sind keine über Jahrzehntausende domestizierten Tiere wie Pferde, Hunde, Ziegen oder Kühe, sondern Wildtiere.
Die einzige Möglichkeit, überhaupt an Futter zu gelangen, ist die Kooperation im Training und das Angebot von allerlei Zirkustricks. Es gibt keinerlei Futterangebot außerhalb des Trainings.
Positive Verstärkung schön und gut, aber man sollte sich doch im Klaren darüber sein, was für ein mächtiges Mittel man da bedient.
In der Wissenschaft werden Ziegen mit positiver Verstärkung trainiert - mit Wasser. Wer keine Aufgaben löst, geht durstig ins Bett. Ich frage mich da immer, ob eine Ziege dehydriert am Boden liegen muss, ehe sie aus dem Versuchsaufbau erlöst wird, oder wie man das handhabt.
"Freiwillige" Mitarbeit?
Und der ach so gefährliche Orca an sich - kein Ora hat jemals in freier Wildbahn einen Menschen angegriffen. In Gefangenschaft (wohlbemerkt unter ausschließlich positiv verstärktem Training) aber durchaus.
Clickertraining mit Pferden schön und gut, aber wenn jemand meint, mit Delfinarien argumentieren zu müssen, kann ich meine Finger nicht stillhalten.
Ich halte von Clickertraining nicht viel, ich sehe zu, dass ich mich selbst und meine Arbeit interessant mache.
Verfasst: Mo, 30. Nov 2009 12:15
von cinnamon
hungern und verdursten lassen ist keine gängige praxis beim ct - wo wäre da dann der aspekt der freiwilligkeit.
die tiere werden ganz normal gefüttert und getränkt und mir allem versorgt, was sie brauchen - nur ein zufriedenes tier kann optimal trainiert werden! alles was sie sich darüber hinaus an belohnung verdienen (und belohnung ist ja nicht immer automatisch futter, wir sind da oft viel zu fixiert), ist ein zusatzbonus, der in anspruch genommen wird.
futter, das nicht im training erarbeitet wird, wird ganz normal gegeben.
leider wird wie überall oft sehr viel schindluder getrieben.
ich befürworte auch keine haltung in delfinarien, jedoch erschliesst sich mir nicht ganz, was das jetzt mit meinem beispiel zu tun hat.
Verfasst: Mo, 30. Nov 2009 12:40
von Melli
Für deine Pferde mag das zutreffen, aber was das professionelle Training betrifft, muss ich dir die rosarote Brille abnehmen.
Kein Tier dieser Erde würde sich mit Wasser belohnen und zur Arbeit motivieren lassen, wenn es abends in seinen Stall zurückkäme und sich satt trinken könnte. Diese Versuche finden heute statt, mitten in Deutschland, nicht in einem nebulösen Hinterhof, sondern im Auftrag einer TiHo.
Es ist gerade der Aspekt Freiwilligkeit, der gern völlig falsch eingeschätzt und der positiven Verstärkung aber uneingeschränkt zugeschrieben wird, den man ein bisschen hinterfragen sollte.
"Positiv" in positiv verstärken ist mathematisch gemeint, "etwas hinzufügen" (und umgekehrt "negativ" bedeutet "etwas wegnehmen"), es hat mit einer positiven Wertung im Sinne von "bestätigend", "lieb", "möglichst tierfreundlich", "ethisch am wertvollsten" nichts zu tun.
Die Wertung nimmt das Tier vor. Und zwar eben nicht einfach dadurch, dass es "funktioniert".
Das ist alles sehr OT, das Stichwort Delfinarium kam aber nicht von mir und konnte unkommentiert einfach nicht stehen gelassen werden.
Ansonsten verfolge ich die Diskussion zur main fixe interessiert.
Verfasst: Mo, 30. Nov 2009 12:43
von chica
Ich bitte, dann wieder zum Ausgangsthema zurückzukehren. Positive Verstärkung hatten wir in einem anderen Thread zum Thema

Verfasst: Mo, 30. Nov 2009 18:00
von louise
Ich schüttel grad ein bisschen den Kopf.
Es geht doch nicht darum, den Kopf unten festzuhalten und so lange zu warten, bis das Pferd nachgibt...
Davon hat auch kein Mensch geschrieben. Es geht um Pferdeausbildung, also Lernprozesse und m.E. muss ganz deutlich unterschieden werden, ob es sich um Widersetzlichkeit (in welchem Maße auch immer) handelt oder ob ich Fehler in der Ausbildung mache...
Und nur, weil ich das Nachgeben übe, ist es doch nicht gleich eine negative Verstärkung...
Natürlich müssen alle Vorbedingungen stimmen, sprich, das Pferd muss verstehen lernen, was ich da überhaupt mit welchen Hilfen will - und das ist zunächst der Schenkel, dann der Sitz (bzw. beides in gemeinsamer Ausführung) und dann auch noch der Zügel.
Aber vielleicht darf ich doch nochmal auf die Frage nach dem Schenkel in diesem Zusammenhang zurückkommen??? Möchte da nicht mal jemand was zu antworten?
Wie reagiert Ihr, die Ihr so gut über die Main fixe Bescheid wißt, in dieser Situation mit dem Schenkel???
Oder besser neuen Thread dazu eröffnen?
Louise
Verfasst: Mo, 30. Nov 2009 20:19
von jolly_roger
"Alles in allem und besonders für nicht erfahrene Reiter ist es weiser, sich, ganz wie ich, auf Einsatz der Hand ohne Beine und der Beine ohne Hand zu beschränken." (Étienne Beudant)
Das "Zusammenspiel der Hilfen" ist ein FN-Euphemismus.
Verfasst: Mo, 30. Nov 2009 20:51
von louise
Und genau das glaube ich nicht. Nur bei schlechten Reitern, die mehr ziehen/festhalten als reiten, aber von denen will ja auch keiner sprechen.
Ich bin auch keine FN-Reiterin und mein RL auch nicht, einfach nur unspektakulär klassisch... Dieser spricht von "Lass ihn sich am Gebiss abstossen, dann spannt er die Oberlinie und gibt nach" aber gleichzeitig von: " Bleib mit dem Bein dran, dass er nach vorne tritt (mit dem Hinterbein, nicht schneller im Tempo!) und reell rund über den Rücken geht" und "bleib locker im Handgelenk, halt ihn locker im Maul, dass er kaut" und siehe da, das Pferd (3 Monate unter dem Sattel) hat noch nicht einmal auf der Hand gelegen und macht sich schon rund und kommt langsam an Bein und Sitz.
Vielleicht haben diese Reiter (wie Beudant) es einfach im Hintern und dadurch sowieso weniger Bein u Hand nötig.
Aber der otto-normal-reiter?
Und wie ist es, wenn die main-fixe eingesetzt wird, kommt da wirklich kein Bein?
Louise
Verfasst: Mo, 30. Nov 2009 23:13
von horsman
Louise
was hat die Hand mit den Schenkeln zu tun?
Und was soll "die Beine dran lassen" bewirken, wenn nicht ein mehr vorwärts?
Für ein Pferd ist das gleichzeitige festhalten und vorwärts treiben völlig widersprüchlich und macht keine Sinn.
Wie sollen die Reiterbeine durch "dran bleiben" die Hinterbeine "heranholen", was immer das auch ist, und ein anderes mal durch "dran bleiben" mehr Tempo einfordern. Auch das ist für das Tier völlig unverständlich.
Steter Dauerdruck mit den Beinen ist der beste Weg, das Pferd kalt am Schenkel zu machen. Wenn dann noch im Maul totenstille herrscht, dann wird das Pferd auch im Maul kalt.
Ganz das Gegenteil, von dem was man möchte.
Den vielgerühmten Begriff des "Zusammenspiel der Hilfen" muss man dennoch nicht völlig über Bord werfen. Nämlich dann nicht, wenn man es als zunehmend feiner werdendes und mit zunehmend leichter und schnelleren Reaktionen ausgestattet, geschicktes Trennen von Hand- und Beinhilfen ansieht, wobei jede Handhilfe, sprich kurzzeitiger Zügeldruck augenblicklich mit einer U-kiefer-Reaktion verbunden sein muss. Dann ist es nämlich mE sehr geeignet ein Pferd wirklich zu versammeln und die Hinterbeine "heran zu holen". Dann ist auch die Piaffe kein Mysterium.
Und wenn dein Pferd wirklich durch eine Abkaureaktion am Gebiss abstößt, ergo eine gute U.kiefer Reaktion gibt, die in dem Moment die Anlehnung sofort spürbar leichter werden läßt, dann ist das sehr gut.
Wozu aber mit den Beinen "dran bleiben", bzw. in welcher Stärke? Ich meine "dran" sind die Beine ja immer, außer man hat ne Prothese und schnallt sie ab. Was würde denn passieren, wenn du die Beine nicht in deinem Sinne "dran läßt"?
Verfasst: Di, 01. Dez 2009 22:16
von louise
Bitte nicht immer alles gleich so arg schwarz weiss ausmalen!
Der Schenkel hat bei mir durchaus die Aufgabe, zunächst mal Tempo herzustellen (sprich in Gang setzen, welchen auch immer) und dann das Hinterbein aktiv zu halten, so wie es nötig ist.
Das Tempo hält der Sitz! Nicht jedes Treiben ist auch ein vorwärts-Treiben, so wie jeder Kontakt am Maul nicht gleich ein Festhalten ist. Und ein Dauerdran, wo auch immer, ist nicht gleich ein Abtöten...
Lies einfach, was ich vorher geschrieben habe, dann musst du mich nicht derart reduzieren. merci.
Und nur, weil Du nicht weisst, was ein Hinterbein heranholen ist, muss es ja nicht gleich auch verkehrt sein, oder?
Wenn ich meine Beine nicht dran habe, kann mein Pferd mit den Hinterbeinen machen, was es will. Einfach nur vortreten eben, zb. ohne zum Schwerpunkt zu treten.
Wenn ich mit der Hand nicht dran bin oder einen Rahmen vorgebe, kann das Pferd mit dem Kopf machen was es will. Wird es von allein am langen oder längeren Zügel in Anlehnung bzw. Beizäumung kommen?
Im Übrigen war das auch nicht meine Frage! Meine Frage war, was macht Ihr mit den Schenkeln oder von mir aus auch mit Gewicht und Schenkel, wenn Ihr Euch in einer main-fixe-Situation befindet?
Vorne festhalten und sonst nix?
Hand ohne Bein und Bein ohne Hand macht ja durchaus Sinn, ich schreibe bzw. praktiziere ja nicht ein Treiben gegen die feststehende Hand.
Aber eine main-fixe ist zunächst mal eine feststehende Hand - und was macht dann der Rest der Hilfen???
Aussetzen, weil mit Hand kein Bein oder weitermachen wie vorher, als wenn sonst nichts wär???
Louise
Verfasst: Di, 01. Dez 2009 22:47
von horsman
Vielleicht sind wir gedanklich nicht so weit voneinander entfernt, vielleicht aber doch.
Mit den Schenkeln mach ich erst mal nix, wenn es nix für die Schenkel zu tun gibt. D.h. ich lass sie im abgespannten Zustand einfach nur herabhängen (was nicht so leicht ist wie es ich anhört!). So liegen sie sanft am Pferdeleib (denn der ist ja tonnig) und begleiten sanft und natürlich die Pendelbewegungen, die der Pferdeleib macht.
Die Hand als main fixe, hält auch nicht fest, ansonsten stimmt noch was nicht mit der nachgiebigen Maulreaktion, sondern sie steht am Platz, und (im besten Fall) stößt sich das Pferd immer wieder neu an ihr ab, "kaut" meist sichtbar und meist auch hörbar ab, wird somit also von selbst immer wieder leichter in der Hand, ohne aber hinter dieser zurück zu bleiben, weil an sich die Tendenz zum dehnen stets gegeben ist. Im Grunde tut sie also auch nix, außer eben fest zu stehen. Auch das ist wesentlich schwieriger als es sich anhört. Es funktioniert übrigens nur aus einem gut losgelassenen Sitz mit gut zurück genommen Schultern, denn die main fixe entsteht aus den Reiterschultern.
Wenn ich mehr Hinterhandaktion will setze ich kurz und trocken und aus möglichst völlig entspannten Bein den Sporen ein (mit Gefühl!). Dies aus entspanntem Bein zu tun, was wiederum auch nicht so leicht ist, wie es sich anhört, ist deshalb so überaus wichtig, weil das Pferd mit seinen dem Menschen ggü. viel schnelleren Reaktion ansonsten den Sporeneinsatz schon erwartet und sich dagegen krampft. Der Sporen verliert so seine belebende Wirkung.
Wenn ich mehr Tempo will treibe ich durch kurzen Druck mit den U.schenkel, bis das gewünschte Mehr an Tempo erreicht ist und höre dann wieder auf damit. Das Pferd muss lernen (und tut dies auch), das Tempo von selbst aufrecht zu erhalten. Wie überhaupt das Pferd lernen soll, seine Arbeit mehr und mehr selbstständig aufrecht zu erhalten, so lange es geht und in der selben Selbsthaltung und mit der selben Energie. Umso besser das gelingt, umso mehr kann man von mE echten "Schwung" sprechen.
Bei jedem Verlust an Aktion oder Tempo muss man sich die Frage stellen, ob es nicht die Hand ist, die das Pferd blockiert. Das passiert leider schneller als einem lieb ist. Die Lösung ist dann auch nicht, die Zügel einfach länger zu lassen, sondern die Lösung wäre, wieder eine gute Maulreaktion zu bekommen, die somit zu einer leichteren Anlehnung führt, sodass mögliche Handblockaden dadurch aufgelöst werden. Erst dann würde Sporeneinsatz zum beleben von Aktion (du sagst Hinterbeine heranholen) überhaupt neuen Sinn machen. (Stichwort trennen von hand und Bein)
Stets und leicht eine gute Maulreaktion zu erhalten oder neu zu bekommen (du sagt: am Gebiss abstossen) ist die Kunst. Die Gründe für den Verlust einer guten Maulreaktion sind mE
1) Balanceverlust es Pferdes wg. der Schiefe zu einer Seite
2) Balanceverlust des Pferdes sodass es Vorhandlastig wird und sich auf das Gebiss aufstützt
3) nach rückwärts wirkende Hand des Reiters
4) zu unruhige oder zum falschen Zeitpunkt auch zu offene Hand des Reiter
5) am falschen Zeitpunkt zu fest geschlossene Hand des Reiters
(Stichwort: filtern)
Allens Klor?
Verfasst: Mi, 02. Dez 2009 10:02
von Jen
das Thema bein finde ich sehr interessant. Sollen wir das hier weiterdiskutieren oder einen neuen Thread eröffnen? es hat ja nur peripher mit dem Ursprungsthema "main fixe" zu tun.
Verfasst: Do, 03. Dez 2009 07:26
von louise
neu, bitte
danke horsmän, für deine ausführlichen erläuterungen.
nur eines verstehe ich nicht:
die main fixe als "permanent" feststehende hand, an der sich das pferd immer wieder neu abstößt...
ist das tatsächlich so? Ich hatte es so verstanden, dass natürlich die hand ruhig am platz steht bzw sich in kommunikation mit dem pferd befindet, so dass dieses zum kauen etc animiert wird.
main fixe hörte sich für mich nach feststehend an, wenn - und nur dann - das pferd sich widersetzlich zeigt und absolut gegen die hand arbeitet. dann und nur dann soll sie doch feststehen und sich unnachgiebig zeigen, bis das pferd nachgibt. in diesem moment ist also nichts mit kommunikation, sondern mit unnachgiebigkeit, bis das pferd die gewünschte reaktion zeigt.
ich denke, dass eine hand ansonsten ruhig am platz steht, ist wohl eine voraussetzung für eine gute kommunikation, hat aber nichts mit fest zu tun.
Louise
Verfasst: Do, 03. Dez 2009 07:34
von Josatianma
die main fixe als "permanent" feststehende hand, an der sich das pferd immer wieder neu abstößt...
Nein, soweit ich das verstanden habe ist die Hand nur dann fixe, bis das Pferd sich abstößt und wird dann weich.
Verfasst: Do, 03. Dez 2009 07:44
von louise
Guten Morgen,
Ja, denn das Abstossen ist ja nur dann nötig, wenn das Pferd sich nicht selber trägt, oder?
Hält es sich selber, bleibt die Verbindung weich und kommunikativ, legt es sich ab, kann man je nach Situation zum Weichwerden auffordern oder main fixe anwenden oder vielleicht besser mal Pause machen...
Louise