horsmän hat geschrieben:Muss er ja auch gar nicht. Aber er wird dazu hoch stilisiert, zb vom TV-Kommentator usw.
...hattest Du nicht eben noch geschrieben, dass es durchaus in Ordnung sei, wenn absolute Ausnahmeerscheinungen ein wenig verehrt würden, wie in deinem Beispiel N.O. Du kannst Dir sicher sein, dass auch Herr Olievera regelmäßig "die Tür geschlossen" hat und es sehr wohl verstanden hat, auch mal richtig zuzupacken, Gott sei Dank stand da aber niemand mit der Videokamara dabei.
Zitat aus dem Vorwort von Nuno Oliveira: "Gedanken über die Reitkunst":
"Wenn Nuno Oliveira,
wie einige seiner berühmten Vorgänger, zuweilen mit an Gewalt grenzenden Methoden ausgebildet hat, so bleibt er ..."
Soweit also zu unseren klassischen Supervorbildern...
Der oft so bewunderte absolute Gehorsam des Pferdes auf die durchhängende Kandare, bei denen das Gewicht der Kandare auszureichen scheint, um das Pferd gehorsam arbeiten zu lassen, ist oft nichts anderes als der 100%ige Respekt, den das Pferd - teilweise mit wenig freundlichen Methoden - erlernt hat.
Jeder der Pferde bis in die höchste Klasse ausbildet weiß, dass man dabei auch Widerstände überwinden muss. Hohe Dressur ist extrem kraftraubend und eine gymnastische Herausforderung die kein Pferd freiwillig und freudig von alleine ausführt. Es muss systematisch dahin geführt werden und wird dann einsehen, dass die korrekte Ausführung der geforderten Übungen auch die für das Pferd angenehmste ist, bis es das aber gelernt hat, wird es immer und immer wieder Situationen geben, in denen der Reiter auch einmal von der reinen Lehre der Reitkunst abweicht, um einen Widerstand zu überwinden. Wenn das gelingt, wird das Pferd auf dem neuen Niveau wieder im Sinne der reinen Lehre zu reiten sein.
Was mich stört, ist das unterschiedliche Maß, mit dem hier gemessen wird. Natürlich kommen bei den Bewegungen von Totilas Fragen auf, ob dies noch natürlich sein kann. Aber muss man nicht zur Kenntnis nehmen, dass dieses Pferd eine extrem tätige Hinterhand hat (die natürlich nicht soweit hoch kommen kann, wie die Vorhand, da ist der Rest des Pferdes im Weg

), dass er eine Elastizität hat, als liefe er auf Federn, dass er sich für die Aufgabe und die Umgebung sehr ausgeglichen zeigt, dass er die Lektionen mit einer Perfektion ausführt, die fantastisch ist, dass er dabei aber gerade nicht wie eine Maschine wirkt, sondern vor Ausstrahlung und Brillianz so glüht, dass es dem Betrachter abwechselnd heiß und kalt den Rücken herunter läuft, dass der Reiter eben nicht ständig mit dem Sporn im Pferd ist, sondern mit sehr viel Gefühl diese wahnsinnige Energie beherrscht ... kann man wrklich über all das hinwegsehen und sagen: Naja, aber da ist so ein Schimmel der geht ganz lieb Schritt, Trab und Galopp und den fand ich ja viel besser???
Vergleiche machen nur Sinn, wenn sie auf dem gleichenNiveau stattfinden. Es bringt nichts, ein Rentnerpaar beim langsamen Walzer zu bewundern und es mit dem "verspannt wirkenden" Tangotanzpaar einer Weltmeisterschaft zu vergleichen.
100% gibt es nie, weder beim Reiten, noch bei der Wahl des Ausbilders. Aber, so wie Herr Oliveira - trotz vieler Schwächen und Momente von wenig schöner Ausbildung - sicher ein absolut genialer Reitmeister war, so halte ich Totilas als Dressurpferd mit seinem Reiter und Ausbilder EG für das genialste, was es in diesem Bereich je gegeben hat. Er hat sicher trotzdem noch eine Reihe von Fehlern, an denen er noch arbeiten kann, aber verglichen mit dem, was in dieser Disziplin überhaupt realistisch möglich ist und bisher zu sehen war, ist die Leistung dieses Paares einfach "über 90%"
