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Verfasst: Mi, 01. Jan 2014 19:11
von Sitara
Gawan hat geschrieben:DARs sind in jeder Reitweise zu finden und wohl die mühsamste Sorte Schüler, die ein Reitlehrer haben kann.
:lol: :lol: :lol:

Oh Mann, diese Bezeichnung ist einfach genial!!! Schlimm ist nur, wenn aufgrund der eigenen Blödheit und des sich so drehens und wendens, wie es für denjenigen in den Kram paßt, am Ende des Tages der Gaul zum Schlachter soll, nur weil man zu unfähig ist, das arme Tier ordentlich zu reiten. Neulich erst erlebt, Pferd hatte aber Glück und wurde von meiner RL gerettet...

Verfasst: Mi, 01. Jan 2014 19:20
von Max1404
Ein frohes neues Jahr Euch allen! :D

Ich stimme S&P (mal wieder :wink: ) zu und möchte noch hinzufügen, dass jeder Körper langsam dahin geführt werden muss, höhere Belastungen auszuhalten. Ein Pferd, das korrekt in den Grundlagen ausgebildet wurde, weiß seinen Körper richtig zu benutzen. Hinzu müssen Kraft und Kondition kommen, um eine bestimmte Formgebung über längere Zeit aufrecht erhalten zu können und um bestimmte Lektionen und Lektionenfolgen überhaupt gehen zu können. Das Maß an körperlicher und psychischer Anstrengung muss stimmen, damit kein Schaden entsteht oder der Verschleiß größer ist als der Nutzen, und hier ist das Fingerspitzengefühl und die Erfahrung des Reiters gefragt.

@Gawan: die DAR's: herrliche Beschreibung einer überall anzutreffenden Spezies ... :P

Verfasst: Mi, 01. Jan 2014 20:31
von Motte
Gawan hat geschrieben:
Um zum Thema "hohe Dressur" zurückzukommen, ich glaube auch, dass ein seriös ausgebildetes Pferd daran Spass haben kann (gewissermassen ein Beitrag an die geistige Gesundheit des Pferdes), aber das setzt eben einen entsprechenden Ausbilder voraus, denn ich kann ein Pferd nicht höher ausbilden, als ich selbst reiten kann.

.
Danke, ungefähr das wollte ich ausdrücken :wink:

Verfasst: Do, 02. Jan 2014 08:10
von saltandpepper
Gawan hat geschrieben: ...denn ich kann ein Pferd nicht höher ausbilden, als ich selbst reiten kann....
Nicht, wenn ich es nicht lerne...
man kann aber sehr wohl mit entsprechendner Anleitung/ Unterstützung, ZUSAMMEN mit seinem Pferd lernen- tagtägliches Reitlehrerbrot, das zu begleiten !
Der Idealfall, vollständig geschultes Lehrpferd für den lernenden Reiter, ist in der heutigen Zeit Mangelwahre. ( war es btw. sicher früher auch schon, denn perfekt ausgebildete Pferde sind und waren immer Mangelwahre !)
Und machen wir uns nichts vor, auch der "versierte Ausbilder " hat beim Erlernen des Ausbildens geschätzt 5-10 Pferde vergurkt, bevor er "versiert" war.
Irgendwann ist es eben das erste Mal, daß man mit einem Pferd eine Piaffe erarbeitet - oder eine Passage oder einen fliegenden Wechsel.
Der erfahrene Ausbilder fällt ja nicht eben mal vom Himmel !

Diejenigen, die es bei einem Pferd konnten, können schon mal mehr als die, die es noch nie getan haben und diejenigen, die das Glück haben, dazu viele Pferde zur Verfügung zu haben, werden immer besser, weil sie lernen die individuellen Eigenheiten der einzelnen, unterschiedlichen Pferdes zu berücksichtigen, ja ggf. zu nutzen.

Und dann ist es ja auch nicht so, daß jeder "versierte Ausbilder" jede Lektion versiert schulen kann. Es gibt Ausbilder, die können grandious fliegende Wechsel erarbeiten, welche, die können die Versammlung ganz und gar virtuos bis zur Levade oder Pesade bei einem Pferd fördern.

Ebenso ist es mit den Pferden, mache können in der Passage fliegen und manche sind mit der Kombination aus Spannung, Schub und Schwung mental oder körperlich überfordert.

Jemand, der viel Erfahrung hat, wird das merken, aber !!! auch derjenige hatte irgendwann mal das ERSTE Pferd vor sich, das damit überfordert war und hat es vielleicht erst deutlich zu spät erkannt.

Oder aber, er war zu diesem Zeitpunkt einfach noch nicht erfahren genug und 10 Jahre später vermittelt er es einem Pferd mit gleichen schwierigen Voraussetzungen ganz problemlos.

Reiten lernt man sein Leben lang und immer macht man Fehler und lernt (hoffentlich) daraus.

Nein, ich bin nicht der Meinung daß "hohe Lektionen" eine unantastbare heilige Kuh sind. Aber es erfordert viel Reitertakt, Verantwortungsbewußtsein und Demut vor dem Partner Pferd, sich zu diesen auf den Weg zu machen.
Gute Lehrer braucht es !!!, Selbstdisziplin, Selbstreflektion und liebevolle Achtsamkeit gegenüber dem Pferd. Ja !
Aber wenn man das bereit ist aufzubringen, muß man kein " versierter Ausbilder " sein. Man hat aber die Chance so einer zu werden....
:wink:

Verfasst: Do, 02. Jan 2014 09:07
von Shkan
Ich denke, dass es sehr von den körperlichen und auch geistigen Fähigkeiten eines Pferdes abhängt, ob höhere Dressur Schäden verursacht. Und natürlich, wie ebenfalls schon viele erwähnt haben, von der korrekten Ausbildung - und dass alles mit Maß gemacht wird.

Mein Althengst ist Anglo-Araber. Er hat sich immer unglaublich bemüht, war aber körperlich (und auch geistig) sicher nicht für die Hohe Dressur geeignet. Wir sind nie über einige L-Lektionen hinausgekommen, wohl auch weil die gesamte Hinterhand nicht ideal gebaut ist. Zudem konnte er sich auch "geistig" nicht wirklich damit anfreunden, andererseits ist er dafür ein unglaubliches Therapiepferd und durch nichts zu erschrecken. Mit 13 hat er sich schon frühzeitig in den Invalidenruhestand verabschiedet (Band im Knie gerissen) und genießt seinen langweiligen Alltag unglaublich. Seine Stärken beim Reiten lagen definitiv nicht in der hohen Dressur, obwohl er unglaublich rittig und auch bemüht war. Die Grundausbildung war kein Problem und saß auch korrekt, aber ihn irgendwann bis zu höheren Lektionen auszubilden wäre sicher in die Hose gegangen. Er hat auch heute (mit 16 und nach 4 Jahren Ruhestand) an den Hinterbeinen eine sichtbare Durchtrittigkeit, die er wohl von seiner Mutter geerbt hat (interessant vor allem, dass sie sich während seines Ruhestandes entwickelt hat...). Der wäre also sicherlich schneller platt gewesen als einem lieb ist, und das auch bei korrekter Ausbildung.

Nun haben wir 2012 zwei Lusitano-Absetzer gekauft. Seit diesem Sommer geht bei denen die Post ab was das Spielen betrifft. Die sind mehr auf 2 Beinen, als auf 4 unterwegs. Die Stops, Spins etc. sind unglaublich, mir wird beim Zusehen oft ganz Bange. Unsere Winterkoppel ist zur Zeit wegen warmen Wetters zu einem Morastsumpf verkommen und die beiden rasen durch den 30cm tiefen Matsch als ob es kein Morgen gäbe. Mein Althengst hat nie in diesem Ausmass als Junghengst gespielt und der hätte sich auch definitv mindestens ein Bein gebrochen, hätte er das selbe versucht. Der ist auch manchmal fast ein wenig überfordert wenn ihn einer der Beiden zum Spielen auffordert. Da ist ein unglaublicher körperlicher Unterschied da, und vor allem auch geistig.

Der Ergotherapeut unseres kleinen Sohnes hat diesen Sommer begonnen die beiden Jungspunde einmal in der Woche etwas zu arbeiten da er Horsemanship-Ausbilder ist. Ich wollte mir diese Arbeit einmal ansehen und der Hintergedanke wäre auch, die Pferde irgendwann zur Ergotherapie einzusetzen da es in unserer Gegend kein Angebot diesbezüglich gibt. Es ist unglaublich, den Jungpferden bei dieser Arbeit zuzusehen. Zu Anfang waren sie eher skeptisch, aber nach der dritten Trainingseinheit waren sie dann mit solch einer Begeisterung dabei, dass selbst der Trainer überrascht ist. "Streber" hat er nur noch gesagt, und dass dies Pferde mit "Servolenkung" sind. Die haben einen unglaublichen Spaß an der geistigen Beschäftigung, und Dinge, die sie schon können, sollte man besser nicht oft wiederholen da sie sich dann aus Langeweile "ausklinken".

Ich habe zwei so dermassen konträre Pferdetypen zu Hause. Und ich denke, dass die beiden Lusitanos im Gegensatz zu meinem Althengst sicher ihren Spaß an der Ausbildung bis hin zu höheren Lektionen haben werden. Ihnen wurde züchterisch so viel mitgegeben, und sie haben so einen unglaublichen Beschäftigungsdrang. Und ich denke auch, dass sie keinen Schaden davontragen, wenn man sie spät genug anreitet und auch darauf achtet, die ersten Remontenjahre langsam zu machen. Ich denke dass es sich bei solchen Pferden aus beidseitigem Spaß an der Arbeit so ergibt, dass man mit der Zeit bei immer anspruchvolleren Lektionen landet. Und wenn man mit Maß und Ziel arbeitet, und mit beidseitiger Freude, dann würde ich dies auch guten Gewissens machen.

By the way: in der freien Wildbahn sind Pferdegelenke und vor allem die Hufe auch hohen Belastungen ausgesetzt, die Tiere werden meist nicht so alt wie in "Gefangenschaft". Die Arbeit mit sinnvollem Maß + der Schonung durch die Raubtier- und Konkurrentenlose Haltung (Hengste müssen nicht um Stutherden kämpfen etc. etc.) ergibt meiner Meinung nach vielleicht sogar weniger Belastung, als es manch ein Steppentier im Überlebenskampf hat...

Verfasst: Do, 02. Jan 2014 09:22
von grisu
@ shkan
Das genau meine ich. Es gibt Pferde, mit denen arbeitet man aufgrund ihres Exterieurs und Interieur (das sich teils auch gegenseitig bedingt) lebenslang an den Grundlagen.
Und dann trifft man auf Pferde, die bringen alles, was man sich mit den anderen mühsam erarbeitet hat, einfach so schon mit und man startet auf einem Niveau, von dem man zuvor nur träumen konnte. Bei denen muss man dann nur aufpassen, dass man an der Basis nicht schludert und dass man sie nicht aus lauter Begeisterung körperlich überfordert.

Verfasst: Do, 02. Jan 2014 09:25
von saltandpepper
grisu hat geschrieben:@ shkan
Das genau meine ich. Es gibt Pferde, mit denen arbeitet man aufgrund ihres Exterieurs und Interieur (das sich teils auch gegenseitig bedingt) lebenslang an den Grundlagen.
Und dann trifft man auf Pferde, die bringen alles, was man sich mit den anderen mühsam erarbeitet hat, einfach so schon mit und man startet auf einem Niveau, von dem man zuvor nur träumen konnte. Bei denen muss man dann nur aufpassen, dass man an der Basis nicht schludert und dass man sie nicht aus lauter Begeisterung körperlich überfordert.
Klar, die gibt es auch .

Verfasst: Do, 02. Jan 2014 09:54
von Phanja
Ich finde, das ist immer noch falsch herum gesehen, zu sagen, "das Pferd ist für die Dressur mehr oder weniger geeignet".
Das ist, als würde man sagen, der eine Mensch ist für Yoga geeignet und der andere nicht.
Die Frage ist doch, ob und wie Yoga für welchen Menschen geeignet ist.
Natürlich sind da nicht alle auf dem gleichen Level. Und natürlich tut sich der eine viel leichter als der andere. Aber profitiert nicht gerade der, der körperlich vielleicht keine guten Vorraussetzungen mitbringt, gerade davon, dass er gezielt Übungen anwendet? Natürlich vorausgesetzt, man macht das Ganze korrekt.

Ein Beispiel wäre die Piaffe. Ich würde die Piaffe nicht als eine fertige Lektion betrachten, die es zu erreichen gilt. Sondern viel mehr an den Inhalten der Piaffe arbeiten. Am Ende kommt vielleicht keine für das Auge perfekte Piaffe dabei raus, wie es die Schablone vorsieht. Aber trotzdem kann ich auf diesem Weg erreichen, dass auch ein weniger "geeignetes" Pferd, geschmeidiger wird und von der Übung profitiert. Schlecht ist es natürlich, wenn ich jetzt genau dieses Pferd dahin bringen will, eine perfekte Piaffe zu zeigen, wo alle rufen "Oooooh - toll!". Genau an der Stelle liegt für mich der Unterschied darin, ob ich die Dressur für das Pferd verwende, oder das Pferd für die Dressur.

Verfasst: Do, 02. Jan 2014 10:13
von grisu
Das kommt (für mich) dann tatsächlich auf das Interieur des Pferdes an. Hat es Spaß an der Arbeit, spricht nichts dagegen, auch wenn das Exterieur nicht perfekt ist.

Verfasst: Do, 02. Jan 2014 10:15
von Rapunzel
Mir steckt hinter dem Gedanken, ein Pferd zu Lektionen der Hohen Schule "fördern" zu wollen, zu wenig Demut. Es mag einige wenige Ausbilder geben, die das wirklich können (wenn wir jetzt von tatsächlicher Hoher Schule reden, also Lektionen über der Erde usw. - zählen Pi und Pa eigentlich dazu, würde ich gar nicht sagen?). Aber Otto Normalreiter (wie ich) stümpert da doch mehr oder weniger vor sich hin und bringt dem Pferd vermutlich mehr Ideen zu Ausweichbewegungen bei als irgendwas Sinnvolles, von dem es wirklich profitiert. Wenn dem nicht so wäre, müsste man ja mehr Video-Beispiele von wirklich gelungenen Lektionen finden können und auch von Pferden, die dadurch besser, schöner, beweglicher geworden sind - tut man aber nicht. Nicht mal von Pi und Pa. Gerade bei Letzteren sind dafür wirklich unzählige schlechte Beispiele zu sehen, die den Sinn der Piaffe ad absurdum führen (wir hatten hier ja auch schon -zig davon). Da täte ein bisschen mehr Realitätsbezug und Arbeit an sich selbst (Sitz, Einwirkung) oft gut und eine solide Grundausbildung dem Pferd deutlich besser.

Verfasst: Do, 02. Jan 2014 10:30
von Meg
Rapunzel hat geschrieben:Mir steckt hinter dem Gedanken, ein Pferd zu Lektionen der Hohen Schule "fördern" zu wollen, zu wenig Demut. Es mag einige wenige Ausbilder geben, die das wirklich können (wenn wir jetzt von tatsächlicher Hoher Schule reden, also Lektionen über der Erde usw. - zählen Pi und Pa eigentlich dazu, würde ich gar nicht sagen?). Aber Otto Normalreiter (wie ich) stümpert da doch mehr oder weniger vor sich hin und bringt dem Pferd vermutlich mehr Ideen zu Ausweichbewegungen bei als irgendwas Sinnvolles, von dem es wirklich profitiert. Wenn dem nicht so wäre, müsste man ja mehr Video-Beispiele von wirklich gelungenen Lektionen finden können und auch von Pferden, die dadurch besser, schöner, beweglicher geworden sind - tut man aber nicht. Nicht mal von Pi und Pa. Gerade bei Letzteren sind dafür wirklich unzählige schlechte Beispiele zu sehen, die den Sinn der Piaffe ad absurdum führen (wir hatten hier ja auch schon -zig davon). Da täte ein bisschen mehr Realitätsbezug und Arbeit an sich selbst (Sitz, Einwirkung) oft gut und eine solide Grundausbildung dem Pferd deutlich besser.
Thank you! Schliesse mich da an

Verfasst: Do, 02. Jan 2014 11:17
von Gawan
saltandpepper hat geschrieben:
Gawan hat geschrieben: ...denn ich kann ein Pferd nicht höher ausbilden, als ich selbst reiten kann....
Nicht, wenn ich es nicht lerne...
man kann aber sehr wohl mit entsprechendner Anleitung/ Unterstützung, ZUSAMMEN mit seinem Pferd lernen- tagtägliches Reitlehrerbrot, das zu begleiten !
Einverstanden, mach ich ja mit meinem Pferdl auch. Und mein Pferdl ist (neben meinen Reitlehrern) ein sehr guter Lehrer, da es deutlich, aber ohne viel Aufregung, zeigt, wenn ich etwas falsch mache. Setzt aber eben die Erkenntnis voraus, dass ich etwas noch nicht kann, und es lernen muss, und diese Erkenntnis ist leider nicht bei allen Pferdebesitzern vorhanden.
Der Idealfall, vollständig geschultes Lehrpferd für den lernenden Reiter, ist in der heutigen Zeit Mangelwahre. ( war es btw. sicher früher auch schon, denn perfekt ausgebildete Pferde sind und waren immer Mangelwahre !)
Darum mein Zitat über unausgebildete Reiter auf unausgebildeten Pferden.
...
Reiten lernt man sein Leben lang und immer macht man Fehler und lernt (hoffentlich) daraus.
Wie mein alter Reitlehrer sagte: "Wer eines Tages ausgelernt haben möchte, wende sich etwas Anderem zu: dem Kegeln vielleicht oder dem Alphornblasen, nur nicht den Pferden."
Nein, ich bin nicht der Meinung daß "hohe Lektionen" eine unantastbare heilige Kuh sind. Aber es erfordert viel Reitertakt, Verantwortungsbewußtsein und Demut vor dem Partner Pferd, sich zu diesen auf den Weg zu machen.
Gute Lehrer braucht es !!!, Selbstdisziplin, Selbstreflektion und liebevolle Achtsamkeit gegenüber dem Pferd. Ja !
Aber wenn man das bereit ist aufzubringen, muß man kein " versierter Ausbilder " sein. Man hat aber die Chance so einer zu werden....
:wink:
Der altmodische Begriff Demut ist hier das Stichwort. Manchmal braucht es erst eine Demütigung, nämlich den Fall vom hohen Ross, damit die Demut entsteht: Eine Neuzugängerin im Stall hatte sich ein Pferd gekauft, das gerade mal angeritten war und zudem sein bisheriges Leben auf einer topfebenen Weide verbrachte, daher noch Probleme mit dem eigenen Gleichgewicht hatte. Nachdem die Besitzerin sich gleich am Anfang bei einem Sturz verletzte und einige Monate an Stöcken unterwegs war, fragte sie andere Einsteller, wer ihr helfen könnte. Unter den verschiedenen Reitlehrern, die zu uns in den Stall kommen, fand sich einer, der sich nicht zu gut ist, "Null-Level-Support" zu betreiben (z.B. "wie zäume ich ein Pferd") und wenn nötig auch eine Unterrichtsstunde nur mit Übungen im Schritt zu geben. Ich habe es übernommen, mit ihr die Basis der Basis am Boden zu üben, etwa "wie führe ich mein Pferd, ohne dass es mich anrempelt". Unterdessen hat die Besitzerin es auch schon geschafft, das Pferd einige Runden an der Longe traben zu lassen und war ganz stolz darauf.
Auch das gehört dazu: Sich an dem zu freuen, was ich mit meinem Können mit diesem Pferd in dieser Situation erreichen kann.

Nochmals zum Thema: Man kann den Satz "Die Dressur ist für das Pferd da, nicht das Pferd für die Dressur" (nebenbei bemerkt ein Beispiel für eine Epanodos https://de.wikipedia.org/wiki/Epanodos) natürlich so verstehen, dass die Dressur an sich dem Pferd hilft, man also nichts falsch machen kann, wenn man wild drauf los rumdressurt. Dann wäre die Dressur im Grunde weiterhin der Zweck und das Pferd das Mittel, nur mit dem Zusatz des guten Gewissens, weil die Dressur ja gut ist fürs Pferd. Wenn jemand eine solche Einstellung hat, ist er dann auch häufig beratungsresistent, weil er meint, er mache ja schon das Beste für sein Pferd, während er in Wirklichkeit nur seine eigenen Träume verfolgt.

Ich verstehe den Satz aber als Perspektivenwechsel, d.h. die Dressur (auch "niedere", nicht nur "hohe") als Mittel für das Pferd als Zweck, und dann kann ich nicht mehr einfach machen, wozu ich Lust habe, sondern muss die Dressur dem Pferd anpassen, was bedeutet, dass ich darüber nachdenken muss, was für dieses konkrete Pferd, mit dem ich es zu tun habe, in diesem Moment am besten passt, und was nicht. (Ich wiederhole mich hier, aber das konkrete Handeln ist ein wichtiges Thema, denn wir Menschen verallgemeinern gern, und handeln dann nach Schema, anstatt uns mit dem zu befassen, was wir "im hier und jetzt" gerade vor der Nase haben.)

Noch zu den Piaffen im Internet: Mal abgesehen davon, dass auch im Dressursport kaum anständige Piaffen zu sehen sind (viele Sportdressurpferde zeigen "Bergziegen-Piaffen" auf der Vorhand), findet man auf Youtube ganz allgemein Filmchen, bei denen ich mich frage, wie jemand so was der Öffentlichkeit präsentieren kann, ohne dabei rot zu werden. Allerdings habe ich mal in einem BB-Kurs einen Isländer gesehen, der :kopfkratz: "im Takt auf der Stelle diagonalisiert trat", was nicht gerade wie eine Piaffe von Soante aussah, der dann aber auf dem Zirkel mehrere wunderbar flüssige Übergänge zwischen Trab und Tölt zeigte, ebenso einen sauberen Galopp, von daher muss ich annehmen, dass zumindest bei diesem Pferd die Basis stimmte. Die "Piaffe" würde allerdings auf Youtube bei vielen Betrachtern Kopfschütteln auslösen, obwohl sie für dieses Pferd vermutlich das Maximum dessen ist, was es in der Hinsicht leisten kann.

Verfasst: Do, 02. Jan 2014 11:46
von Meg
Mal wieder: S U P E R Beitrag Gawan!

Verfasst: Do, 02. Jan 2014 12:03
von Shkan
grisu hat geschrieben:Das kommt (für mich) dann tatsächlich auf das Interieur des Pferdes an. Hat es Spaß an der Arbeit, spricht nichts dagegen, auch wenn das Exterieur nicht perfekt ist.
So gehabt bei meinem ehemaligen Wallach. Ein Traber, allerdings zur Hälfte Orlov und mit raumgreifenden und eher Warmblut-Typischen Gängen gesegnet. Ein wunderschönes Pferd, leider aber nicht gerade leicht taktklar zu reiten da er eine ziemliche Töltveranlagung mitbrachte und gerne alles miteinander vermischte (vor allem die Übergänge Schritt - Trab - Schritt :roll: herrlich, ich habe mich immer kaputtgelacht..). Aber eine Intelligenz und einen Arbeitseifer brachte der mit, unvergleichlich (ich habe ihn 3-jährig völlig misshandelt und fast verhungert freigekauft, die darauffolgenden Jahre war er hauptsächlich nur Gesellschafter zu meinem Hengst und erst als er 10 war hatte ich so recht Zeit ihn mal soweit unterm Sattel zu arbeiten, dass man ihn als "gut angeritten" bezeichnen konnte. Davor nur hie und da Handpferd, Longe, ab und zu Sattel und mich drauf) . Wo er vielleicht körperlich seine Schwächen hatte, hat er das ganze durch seinen Willen ausgeglichen. Dieser Traber konnte seinen ungymnastizierten Schweinsgalopp innerhalb weniger Wochen Arbeit an der Longe und unter dem Sattel zu dem schönsten Galopp entwickeln, den ich je reiten durfte. In völliger Selbsthaltung, rund durchgesprungen, Zeitlupentempo. Das war purer Wille vom Pferd, dem hat's eine unglaubliche Freude bereitet, wenn man mit ihm gearbeitet hat. In die 15 - 20 Min. Arbeit hat er seine ganze Begeisterung reingelegt. Und bei ihm bin ich mir auch absolut sicher, dass die Dressur für's Pferd da ist. Denn anstatt mit durchgedrücktem Rücken und "Hans guck in die Luft" mit durcheinanderwirbelnden Beinen über die Koppeln zu rasen, wie bei einem Hasen die Hinterbeine die Vorderbeine überhohlend, lief er bei ensprechend fördernder Arbeit komplett anders über die Weiden (ich konnte den Unterschied immer in den Zeiten beobachten, wenn keine Zeit war ihn zu arbeiten. Das konnte schon mal 1 Jahr sein). Da rutschte ihm in engen Wendungen nicht mehr die Hinterhand weg sodass er teilweise stürzte, sondern er konnte sie anständig durchlaufen. Und für ihn wären sicher in Zukunft auch mal höhere Lektionen wie Piaffe etc. förderlich gewesen, um ihn immer mehr darin zu Schulen mit den Hinterbeinen unter den Schwerpunkt zu kommen und nicht hinten raus zu schieben.

Verfasst: Do, 02. Jan 2014 12:47
von Phanja
Rapunzel hat geschrieben:Mir steckt hinter dem Gedanken, ein Pferd zu Lektionen der Hohen Schule "fördern" zu wollen, zu wenig Demut. Es mag einige wenige Ausbilder geben, die das wirklich können (wenn wir jetzt von tatsächlicher Hoher Schule reden, also Lektionen über der Erde usw. - zählen Pi und Pa eigentlich dazu, würde ich gar nicht sagen?). Aber Otto Normalreiter (wie ich) stümpert da doch mehr oder weniger vor sich hin und bringt dem Pferd vermutlich mehr Ideen zu Ausweichbewegungen bei als irgendwas Sinnvolles, von dem es wirklich profitiert. Wenn dem nicht so wäre, müsste man ja mehr Video-Beispiele von wirklich gelungenen Lektionen finden können und auch von Pferden, die dadurch besser, schöner, beweglicher geworden sind - tut man aber nicht. Nicht mal von Pi und Pa. Gerade bei Letzteren sind dafür wirklich unzählige schlechte Beispiele zu sehen, die den Sinn der Piaffe ad absurdum führen (wir hatten hier ja auch schon -zig davon). Da täte ein bisschen mehr Realitätsbezug und Arbeit an sich selbst (Sitz, Einwirkung) oft gut und eine solide Grundausbildung dem Pferd deutlich besser.
Hier sind wir aber doch wieder an dem Punkt, dass so gut wie jeder eine andere Ansicht hat, was eine korrekte Piaffe ist. Es scheiden sich ja schon die Geister, was überhaupt korrektes Reiten ist bzw. wird ja bereits bei Fotos / Videos debattiert, ob das Pferd jetzt über den Rücken geht oder nicht.
Ich bin mir sicher, dass der eine oder andere hier sich auch gruselt, wenn er mir bei der Arbeit mit meinem Polen zuschaut und an die Sache womöglich auch ganz anders herangehen würde. Trotzdem macht es so wie wir momentan arbeiten, uns beiden Spaß und er entwickelt sich positiv - sowohl körperlich als auch geistig.
Ich denke, man landet einfach wieder sehr schnell bei der Frage, was überhaupt korrekt ist und was nicht :wink: