Verfasst: Do, 30. Jan 2014 06:55
Öhm ja - kann ich bestätigen. Ich hab leider grade keine Zeit ins Detail zu gehen, aber der Großteil meiner Schüler, die zu mir kommen, bringt ähnliche Vorraussetzungen mit wie sie esge beschreibt. 

Das Forum rund um die klassische Reitkunst
https://www.klassikreiten.de/
So ist es. Und genau das macht den Job so interessant und vielseitig.esge hat geschrieben:Hm, heftig? Ich glaube, dass andere Trainer, die so wie ich im Freizeitbereich unterwegs sind und hauptsächlich an der Basis unterrichten, das als ganz normalen Querschnitt bezeichnen würden.
Das ist jetzt die Beschreibung des Status quo. Interessant als Zustandsbeschreibung der aktuellen Situation im Bereich der Reitereiesge hat geschrieben:Mir gefallen beide Vorgehensweisen, jeweils angemessen auf den Ausbildungsstand der jungen Pferde, gut. Vielleicht wäre es angebracht, beim ersten Jungpferd noch ein wenig vom Boden mit der Longierpeitsche mitzugehen, um die Vortreibenden Hilfen besser zu etablieren. Aber man hat nicht immer die richtigen Leute zur Hand.
Bislang hatten wir es von Jungpferden. Unbeschriebene Blätter, bei denen man bei 0 anfängt.
Ich möchte aber mal auf Korrekturpferde kommen. Schließlich interessiert einen immer das, womit man es selbst zu tun hat.
Beispiel 1: 13jähriger WB Wallach, schmal, schwacher Rücken, wenig Gang von Haus aus, eher ein Ausschussprodukt der deutschen Zucht, 10 Jahre trotz großer Bemühungen der BE, gescheiten Unterricht zu kriegen, grauenhaft geritten, so unbeweglich, dass er auf der Stallgasse nicht einmal herumtreten konnte, weil er physisch die Hinterbeine so nicht bewegen konnte. Halsbiegung rechts nicht möglich ohne Verdrehen des Genicks. Massiver Gurtzwang, Rückenschmerzen, Spat, sehr schreckhaft. Anlehnung in klassischer Form unbekannt, massiv entwickelter Unterhals, Oberlinie völlig verspannt. Bei 1,75 Stm Trittlänge im Trab ungefähr Welsh B (und keins von den wirklich guten...)
Beispiel 2: PRE, 8 Jahre, mentaler Stand eines 4jährigen, massiv auf den Schultern, völlig hinter der Senkrechten, hinterm Gebiss und hinterm Bein. Entweder zäh und "faul" oder wie ein Büffel auf der Hand davon rollend. Kaum in der Lage, geregelt zu galoppieren. Massive Blockaden im BWS und LWS-Bereich. Reiter fühlt sich rechts 5 cm tiefer gesetzt als links. Unerzogen, respektlos aber vom Grundcharakter sehr lieb. Longieren rechts herum und führen von rechts musste ihm erst noch erklärt werden, übertreten an der Hand anfangs unbekannt.
Beispiel 3: 4jähriger Halbblüter, schon als Jungpferd durch destruktives Verhalten auffällig, mit miesem Ruf 3jährig zum Einreiten geschickt worden, so auch behandelt , hatte grundsätzlich den Stinkefinger oben und war mit einem Nullblockaufnix-Jugendlichen vergleichbar. Hinter dem Zügel oder wild kopffschlagend gegen jede Kontaktaufnahme mit der Hand. Überhaupt nicht möglich, ihn in Spur zu reiten, fiel je nach Wunsch in den Zirkel hinein oder heraus, schwingt nicht, sondern prellt im Trab in einer Art Pseudoschwung hart durch die Gegend. Erstaunlich guter Galopp, wenn man wagemutig genug war, ihn zu galoppieren. Entspannt sich am besten im Galopp, kann aber auch interessante Dinge dabei veranstalten. Im Hals enorm biegsam, im Rumpf gar nicht. Jeder Ritt auf ihm ein Eiertanz.
So, nun kriegt ihr diese Pferde auch nicht in Vollberitt, nicht mit einer Spendermentalität, die euch sagt, ihr könnt so lange brauchen wie ihr mögt, sondern sollt diese Pferde einmal die Woche bereiten und einmal die Woche mit den Besitzern ,Freizeitreiter, Unterricht auf eben diesen Pferden machen.
Wie bringt ihr die hehren Ziele der klassischen Reitkunst mit dieser Wirklichkeit überein.
Die genannten Beispiele sind übrigens nur eine Auswahl aus vielen, vielen anderen. Gehörten grad zu meinem Vormittagsprogramm...
Ich verstehe den Satz, den von Neindorff gerne sagte : " Nimm erst die Zügel in die Hand, wenn du treiben kannst!" passend zu deiner Beschreibung, esge.esge hat geschrieben:Auch ich reihe mich ein die Riege derer, denen die Foren schon viele Jahre beim weiterdenken helfen! Und auch jetzt aktuell und gerade diese Box beeinflusst mich auch wieder beim reiten. Beim Halbblüter habe ich heute mehrfach gedacht: Hand vor, Hand vor, nicht festhalten sondern feste nachtreiben! Einfach außen rum, wenn jedes Abwenden zu Kopfschlagen und BähpfuilassmichinRuhe führt. Die ersten 20 min wars schwierig (0 Grad, 4,5 Jahre jung, Boxenhaltung ergibt eine etwas problematische Gleichung mit mehreren Unbekannten) aber siehe da, danach trug es Früchte: Hand vor, Hand vor, Genick auf, vorwärts, vorwärts! Abschnauben, loslassen im Rücken und damit mehr Spurtreue und mehr Akzeptanz auf reiterliche Einwirkungen (Und dann ließ jemand direkt hinter der Halle zwei tobende, schnaubende Monster auf die Weide die abgingen wie Luzi und mein Halbblüter gleich mit, halleluja. Na, zum Glück ist das Kerlchen fix auf den Füßen und wir kriegten die Kurve. Entspannung ade) na ja, kaum nochmal 20 min geritten und schon liefs Halbblüterlein echt nett.Aber ja: ich glaube, ohne die Diskussion hier hätte ich mehr verlangt und weniger gekriegt.
Ja, man sollte ständig per Video dokumentieren. Aber wie gesagt: Am Anfang siehts oft so grauenhaft aus, da traue ich mich immer gar nicht, eine Kamera drauf zu halten.
Das ist sicher auch eine Sache der Einstellung. Ichesge hat geschrieben:Da kann ich mich nicht beschweren, Grisu. Meine Kunden sind in der Regel sehr treu und arbeiten tapfer an sich und ihren Pferden. Entweder bleiben sie schon nach den ersten zwei, drei probestunden nicht bei mir oder ich kriege sie nicht mehr los. hatten wir ja früher schon mal: Ich kann in das allgemeine Gejammer über unmotivierte, faule Reitschüler nicht einstimmen. Die BEs der genannten drei Fälle gehen alle super mit´. Rückfälligkeiten in altes Tun habe ich sehr, sehr selten. Klar, Ausnahmen gibt's immer aber die kann ich nach 10 Jahren echt an einer Hand abzählen.