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Verfasst: Sa, 01. Feb 2014 14:03
von Spielnase
Anchy, ich finde deinen Einwurf hier sehr berechtigt:
Und genau das soll man dann einfach auch umunwunden zugeben und nicht drumrumlavieren, man hat somit den klassichen Weg verlassen.

Leider findet so manch einer dann den Weg aber doch nicht mehr zurück, weil es einfach auch leichter erscheint, vielleicht auch schneller geht. Mancher kann es auch einfach nicht besser Wink Die wenigsten sind hier wohl Meister vor dem Herrn. Man sollte aber aufpassen, dass hier nicht als normales "Werkzeug" zu propagieren. So einfach ist es -wie man in den gefühlten 100 Seiten hier liest- dann wohl doch nicht
PROPAGIEREN, also verbreiten. Den neuen Trend, eine erfolgreiche Methode für alle zugänglich machen, genau hier sehe ich die Gefahr.

S&P du beschreibst ziemlich genau in welchen Fällen hdS deiner Meinung nach helfen kann/könnte. Ich bin sicher, dass du da ein ganz bestimmtes Pferd im Kopf hast und du es ja ausdrücklich nicht bei allen Pferden anwendest. Allerdings lesen sich deine (und so mach andere) Beiträge so, als ob ihr es bei einem Korrekturpferd erfolgreich ausprobiert und aufgrund dieser (in eurem Sinne positiven) Erfahrungen jetzt häufiger einsetzt. Ich vermisse an dieser Stelle immer den Hnwei darauf, dass es eine GEFÄHRLICHE METHODE ist, da die Übergänge aus den von maulfrei beschriebenen Szenen
1."gelegentlich aus Versehen vorkommendem hdS", 2."toleriertem hdS", 3."absichtlich kurzfristig eingesetzten hdS" und 4."auch über längeren Zeitraum aktiv gerittenem hdS"
fließend sind! Ich habe viel zu viele Bilder im Kopf von Reiter-Pferd-Paaren, die sich von dem hdS-Reiten eben nicht mehr trennen konnten und es dementsprechend schädlich fürs Pferd geworden sind (Folgen sind von maulfrei schon mehrfach korrekt hier beschrieben worden).

Was ich damit sagen will: Die wenigsten hier sind hauptberuflich Reitlehrer und Bereiter, die meisten hier sind Freizeitreiter. Es mag sein, dass du S&P bei einem von deinen 300 Pferden mit einem kurzzeitigen tief-einstellen Erfolge erreichst hat (ich kenne dich nicht und ich weiß nicht wie diese Korrektur ausgesehen hat, noch ob sie wirklich so "gefruchtet" hat, wie du sie beschreibst), aber dann ist es doch EINE AUSNAHME?! Ich vermisse dahinter immer den Zusatz: "Nicht zur Nachahmung empfohlen!"

Zu den anderen Beispielen:
Bilder und Beschreibungen können nur einen winzigen Einblick bieten, aber keinesfalls überzeugen oder schlimmsten Fall dazu aufrufen es salonfähig werden zu lassen.
Deswegen frage ich immer wieder nach Filmmaterial, idealerweise mit der Ausgangssituation, der Korrektur und dem heutigen Stand.

Auch der mehrfache Aufruf nach Literaturverweise zielt darauf ab.
Denn ich denke, keiner hier im Forum würde sich als "Reitmeister" betiteln, also sollte man nach FUNDIERTEN BELEGEN suchen und sich NICHT auf die Tipps 2 Reitlehrer aus dem Forum verlassen.
Und was kam bei der Suche heraus? (vervollständigt sie bitte, falls ich etwas unter den Tisch fallen lasse)

- William Cavendish, Duke of Newcastle, 16 bis 17 Jahrhundert – nur Stiche, keine schriftlichen Hinweise und noch dazu aus einer mehr als düsteren Zeit, in denen wirklich unmögliche Sachen mit Pferden ausprobiert wurden, wie das Beispiel mit der an den Stock gebunden wilden Katze, die das Pferd zum Vorwärtsgehen animieren soll

- Baucher in seiner ersten Manier und auch hier gibt es keine schriftlichen Belege (nur Berichte seiner Schüler) Nicht ohne Grund, verfasste er danach die 2. Manier!

- Kurd Albrecht von Ziegner "Elemente der Ausbildung" geht er auf die Möglichkeit ein Pferde hinter der Senkrechte zu reiten, um Muskeln zu lockern bzw. zu stärken. Er geht aber auch sehr deutlich auf die Gefahren ein. Ab Seite 38 Zur Anwenung kommen zwei Seiten Warnungen das ein über längeren Zeitraum so gerittenes Pferd seinen Charme und Selbstbewusstsein verliert usw. und dies nur Profis machen sollten. (Zitat Isomer)

- Ein Klaus Balkenhol- Zitat .. aus einem Interview?

(Manolo Oliva und Schüler von NO führe ich hier nicht auf. Würde ich einfach einfach nicht unter klassischen Reitmeister verbuchen (Schüler schon gar nicht!), und nein, dass soll jetzt keine Beleidigung sein)

Insgesamt sehr dürftig, findet ihr nicht? Egal, welches Buch man zur klassischen Reitlehre aufschlägt, überall gilt ein NhdS als reiterlicher Fehler, egal ob kurzfristig, langfristig ... ohne Zusatz und ohne Ausnahme! Auch in aktuelle FN-Lehrbüchern wurde, soweit ich weiß, kein toleriertes NhdS mit aufgenommen.

Noch dazu mir immer ein Teil des Gesprächs aus der DVD "Klassisch contra Classique " im Ohr: PK wirft Christoph Hess vor, seine Schülerin hätte ihr Pferd in der ganzen Stunde hdS geritten (nebenbei ein Grandprix-Pferd). Er fragt warum Hess dieses toleriert, da auf dem Turnier – eigentlich – ein konstantes NvdS gezeigt werden soll. Hess antwortet, es sei eine Trainigstunde gewesen auf einem Turnier würde sie natürlich die Nase vor lassen und dass Genick wäre während der gesamten Prüfung der höchste Punkt, korrekt wie es sein soll. PK kann diese Logik nicht verstehen, das Pferd in der Woche unkorrekt und konstant hdS laufen zu lassen nur um es dann einmal in der Woche – in der Prüfung – korrekt vorzustellen. Zumal er betont, dass dieses eben auf den Turnierplätzen nicht so zu sehen ist.
Das wäre in seinen Augen so, als ob man ein Springpferd in der Woche nicht rund im Rücken springen lassen würde und am Wochenende auf dem Turnier dann aber rund.

Verfasst: Sa, 01. Feb 2014 14:12
von esge
Grisu, danke für den Text mit dem Klassiktopos.

Verfasst: Sa, 01. Feb 2014 14:25
von Cubano
grisu hat geschrieben:
Famora hat geschrieben:Also wenn ich jetzt hier so richtig mitgelesen habe, dann ist eigentlich Cubano die Einzige, welche ihr Pferd extra hdS "einstellt" um es besser lösen zu können.
Oder?
Da hast du wohl nicht so richtig mitgelesen, da waren noch andere, Versuchs einfach nochmal, ist ja Wochenende :wink:
Merci. Übrigens auch für den von Dir eingestellten Text, den ich ziemlich gut fand.
Spielnase: Du verstehst offenbar nicht, was z.B. S&P geschrieben hat. Kaum jemand hat so oft und explizit darauf hingewiesen, dass man mit dieser Form des Reitens extrem achtsam und vorsichtig sein sollte. Von daher verbuche ich auch Deinen letzten Beitrag wieder mal unter Polemik. Oder muss konstatieren, dass Du wirklich nicht mal im Ansatz verstanden hast, warum und wie einige Leute tun, was sie bisweilen tun. Aber das ist generell ziemlich auffallend: Während die eine ”Fraktion“ genau erklären kann, wann und warum sie welches Mittel einsetzt und mit welchem Erfolg, bleibt die andere ausnahmslos in der grauen Theorie stecken. Nur: Mit guten Büchern allein bildet sich kein Pferd aus. Was schade ist, denn das wäre sicher einfacher: Drücke Knopf A und es passiert B… :wink:

Verfasst: Sa, 01. Feb 2014 14:30
von saltandpepper
grisu hat geschrieben:
saltandpepper hat geschrieben:Doch, Max, ich will verstehen !!!
"Nicht klassisch" ist aber so eine Sache, bei der ich selbst, kaum ist es meinem Mund entwichen ( ja, ich nehme diese Worte auch gerne mal in den Mund- allerdings immer zweifelnder) , nachdenklich gestimmt bin, was das denn nun genau heißen soll.... :?
Interessante Frage:
Antwort Nummer 1: Klassisch ist, was ich mache, alle anderen pfuschen. :wink:

Ne, im Ernst, über die "Klassikkeule" mache ich mir auch schon eine Weile Gedanken. Beim erneuten Versuch, das Buch "Die Rollkur. Die Überzäumung des Pferdes", meines ganz persönlichen Reitliteratur-Gottes Heinz Meyer zu lesen, bin ich auf Seite 52 über folgendes Zitat gestolpert:

"Klassik: ein phantastischer Legitimationstopos
Die invariant die Zeiten überdauernde "klassische" Lehre existiert nur als Wunschbild, vor allem erstrebt und beschrieben als die richtige "wahre" und unfehlbare Position, auf die man rekurrieren kann, um Unsicherheiten abzubauen, die eigene Position zu rechtfertigen und Alternativen begründet abzulehnen.

Das Konzept der die Zeiten überdauernden "klassischen" Lehre stellt einen fiktiven, utopischen bzw. "phnatastischen" Legitimationstopos dar, immer wieder entworfen und formuliert gegen rivalisierende Lehrmeinungen und gegen den offenbaren Wandel der Auffassungen.

Überspitzt formuliert heißt dies: Eine invariant die Zeiten überdauernde "klassische" Reitlehre gibt es nicht, will sagen, sie ist - anders als die Modifikationen der Theorie - historisch nicht nachweisbar. Die Charakterisierung des Legitimationstopos "klassische Reitlehre" mit dem mehrdeutigen Begriff "phantastisch" soll einerseits auf den Ursprung des Topos in der menschlichen Phantasie hinweisen und zugleich dessen außergewöhnliche Funktion bei der Rechtfertigung bestimmter Aussagen artikulieren."

Die restlichen 550 Seiten verbringt Meyer damit, die Geschichte der Überzäumung seit der Antike bis heute detailliert darzustellen, daraufhin die heutige Rollkur zu beschreiben und zu definieren, Stimmen von Kritikern und Befürwortern zusammenzustellen, um dann zu einer kritischen Analyse überzugehen.
Ein geniales Buch. Leider ist es, wie im wuwei-Verlag üblich, schlecht lektoriert und typographisch eine Zumutung.
:jump1: :jump1: :love: Dankäääää !
Genau das meine ich, wer will den "klassisch" definieren und wo genau verlaufen die Grenzen ?
"Unklassisch" ist so ein tolles Totschlagargument, ohne daß "klassisch" im Grunde wirklich greifbar ist.

Spielnase, ich schreibe nicht "Achtung nicht zur Nachahmung empfohlen" aus genau dem gleichen Grund, wie ich es im Zusammenhang mit Techniken der EdL- in der ich nun 8 -9 Jahre gelernt habe nicht tue und deswegen oft schon genau die selben Wünsche bzgl. der Warnung von "der Gegenseite" ( z.B. Motte oder Cubano oder auch grisu) zu hören bekam :

Ich beschreibe eine Ausführung die mit der Intention "für das Pferd " und mit innerer Achtsamkeit, Sorgfalt und dem Bemühen um den Partner Pferd erfolgt.
Ich gehe von einer "richtigen" Umsetzung aus und von einem gesunden Pferde-/ Menschenverstand, wenn ich beschreibe.
Damit bin ich in keinem Fall vor falscher / schädlicher Nachahmung gefeit, das stimmt, aber das ist hier niemand bei dem was er schreibt und berichtet. Und man muß sich immer vor Augen halten, daß jede Form der Beschäftigung mit dem Pferd Risiken birgt, dem Pferd schaden zuzufügen.
In dem Moment, in dem ich auf ein Pferd Einfluss nehme- sei es in Haltung oder anders gearteter Beschäftigung, kann ich - so ich es falsch tue, schaden.
Ein Beispiel :
ich sage : und heute habe ich meinem Pferd Karotten gefüttert.
Fatal kann sein : ein Nachahmer füttert seinem Pferd 20 Kg angefaulte Karotten.
Das ist falsch ! Und das Pferd bekommt in Folge eine Kolik.
"Klar!" - wird jeder sagen, aber es ist mit SICHERHEIT nicht JEDEM klar.

Nur, weil man Dinge falsch machen kann, soll man nichts darüber sagen ? Nein, diese Ansicht halte ich für falsch.

Ich kenne viele Formen von Techniken, die das Bestreben, das Pferd in einer optimalen Kopf-Hals-Position zu unterstützen, mit denen man jede Menge Unfug treiben kann- aber auch vieles Gutes, deswegen schreibe ich darüber- umgekehrt, sehe ich keinen Grund, es anders zu handhaben.

Ich kann dein Ansinnen gut nachvollziehen- und habe es vor rnd. 2 Jahren sogar in ähnlicher Form vertreten, aber ich habe diese Ansicht inzwischen geändert.
Dogmatismus ist - egal in welcher Färbung - ungut.

Verfasst: Sa, 01. Feb 2014 14:37
von maulfrei :o)
Hier kommt mein vorerst letzter Beitrag - ich weiß nicht, ob ich jemals wieder Lust dazu habe, hier im Forum zu schreiben.

Ich werde als arrogant hingestellt und mir wird Dogmatismus unterstellt und Inhaltslosigkeit und noch viel mehr....
...weil ich Wert darauf lege, die NvdS zu haben - und diesbezüglich meine Bauchweh bei vorgeschlagenen Kompromissen äußere.

Hier kommt ein Zitat aus dem Reglement der Internationalen Reiterlichen Vereinigung:
Ziel der FEI ist es, die Reitkunst vor den Veränderungen zu bewahren, denen sie ausgesetzt sein kann, und sie in ihrer Reinheit ihrer Grundsätze zu erhalten" (s. Kapitel "Ziel des Wettbewerbs").

Wie soll man hier diskutieren, wenn einem, sobald man auf den Grundsatz NvdS hinweist - DER NICHT VON MIR STAMMT!!! -Dogmatismus unterstellt wird?

Wenn man eine Meinung vertritt, macht es Sinn, sie mit Zitaten zu untermauern, da einem sonst unterstellt werden kann, dass ein fundierter theoretischer Hintergrund nicht vorliegt, sondern es sich lediglich um eine persönliche Meinung handelt.
Führt man aber Zitate an, wird einem unterstellt, man reite auf Büchern!

Und zum Thema Arroganz: WAS bitte ist arrogant daran, wenn man versucht, sich an klassische Prinzipien zu halten, WEIL MAN DEN ALTMEISTERN MEHR ZUTRAUT ALS SICH SELBST??
Ist es nicht viel arroganter, zu sagen, die klassischen Meister von damals haben zwar prinzipiell vielleicht Recht, ich mache es aber anders, weil ich denke, dass mein eigener Weg der erfolgreichere/bessere/fürs Pferd gesündere ist?? Und wenn man dies mal - ALS PROFI in AUSNAHMEFÄLLEN - gut für sich begründen kann, macht es dennoch Sinn, vorsichtig mit den Formulierungen PRO NhdS umzugehen, denn sonst ist der Weg zum legitimierten Reiten hdS ganz kurz...

Mir bringen Horsemanship, Springen, Ausreiten und Zirkuslektionen viel Spaß - Dressurreiten ist nur EINE Komponente. Dass weder der Spanischer Schritt noch der Spanischer Trab zu den klassischen Dressurbasics zuzuordnen sind, weiß hier denke ich jeder - eher zur Sparte "Zirkus-Dressur" bzw. "Zirzensische Lektionen".

Ich komme nicht aus der "klassischen Dressurecke", sondern bin quasi Quereinsteiger...mit klassischer Dressur beschäftige ich mich intensiv erst seit 2010.
Auf jedem Seminar (und ich war bei ganz unterschiedlichen Ausbildern als Zuschauer dabei...) und bei jedem Vortrag sitze ich mit Notizblock und Stift, höre zu, schreibe fleißig mit und versuche, die neu gewonnenen Erkenntnisse bei bzw. mit meinem Pferd umzusetzen. Bei Fragezeichen, die sich mir stellen, befrage ich dann meine RL dazu. Mich als unbelehrbar hinstellen zu wollen, ist schlicht...falsch.

Hier im Forum hagelt es immer wieder an Vorwürfen, die nicht stimmen - aber die Lust, ein Video einzustellen und damit vielleicht den ein oder anderen Vorwurf auszuräumen, ist gleich NULL, oder besser noch, im Minusbereich - dass hier keiner mehr persönliche Videos einstellen mag, ist wirklich nicht verwunderlich.

Auf der Suche nach Vertretern der klassichen Reitweise bin ich auch auf dieses Forum gestoßen. Die Diskussionskultur hier ist hart und kostet mir zu viele Nerven und zu viel Zeit - beides brauche ich für meine Familie/Kinder, meinen Job - und mein Pferd.

Ich wünsche euch noch viel Spaß hier im Forum - mir ist er vergangen.

PS: Großes Danke an diejenigen, die versucht haben, mich zu verstehen - und die lieben Worte per PN oder Mail.

Verfasst: Sa, 01. Feb 2014 14:53
von Max1404
Geschichtsunterricht:
Ich wiederhole mich gerne: der mit der Katze war Grisone !!(1507-1570).
Der garantiert gewaltfreie Pluvinel lebte von 1555 bis 1620.
Newcastle lebte von 1592-1676.

Ach ja, und Guerinere (1688-1751) erwähnt und bezieht sich in seinem Werk des öfteren mal auf Newcastle. So erwähnt er z. B. auf Seite 106 des 5. Nachdrucks der Marburger Ausgabe von 1817 (Olms-Verlag) im Kapitel "Warum es so wenig gute Reiter gibt" Newcastles "vortreffliche Werke".
Cubano hat geschrieben: Nur: Mit guten Büchern allein bildet sich kein Pferd aus.
Aber wie gesagt, um das alles zu wissen, müsste man die Bücher halt mal gelesen haben ... *seufz*

Verfasst: Sa, 01. Feb 2014 14:58
von esge
Das Zitat der FEI finde ich jetzt allerdings richtig bemerkenswert.

Leider ist es ein alter Hut, dass die ihre eigenen Schriften nicht lesen.

Maulfrei, wenn du dich erst seit 2010 mit klassischer Dressur beschäftigst, KÖNNTE dir da nicht die Idee kommen, dass andere Leute, die das hier schon 20 Jahre und länger tun, VIELLEICHT DOCH ETWAS weiter sein könnten als du? Also ich stelle das nur mal so in den Raum. Natürlich kann man auch über viele Jahre hin einfach betriebsblind werden. Darum finde ich es durchaus gut, wenn etwas extreme Newcomer mit ihren Idealen und Dogmen einen gemahnen, die praxisnahen Verschleifungen der Ideale immer wieder zu überprüfen. Nein, das meine ich jetzt NICHT ironisch! Also: Durchatmen!

Verfasst: Sa, 01. Feb 2014 15:02
von saltandpepper
maulfrei :o) hat geschrieben: Führt man aber Zitate an, wird einem unterstellt, man reite auf Büchern!

Nein, das war schlicht der Schuß, auf die treffliche Vorlage. Das "ich reite auf Büchern" stammt vom Zitierer selbst.
Und das wird auch nicht allgemein unterstellt bzw. derjenige der zitiert damit aufgezogen, sondern vielmehr in diesem Fall eine ganz bestimmte Person, die nahezu ausschließlich mit erhobenem Zeigefinger zitierte und diese Zitate teils unsinnig verknüpfte und deren Sinn völlig entstellte, so daß der Schluß des reinen Theoretikers - bereits mehrfach geäußert- nahelag.


Und zum Thema Arroganz: WAS bitte ist arrogant daran, wenn man versucht, sich an klassische Prinzipien zu halten, WEIL MAN DEN ALTMEISTERN MEHR ZUTRAUT ALS SICH SELBST??

Nein, die Arroganz liegt darin, zu behaupten, daß man es zum einen als einzge täte, und zum zweiten als einziger die Aussagen besagter Klassiker stimmig verstanden habe.

Ist es nicht viel arroganter, zu sagen, die klassischen Meister von damals haben zwar prinzipiell vielleicht Recht, ich mache es aber anders, weil ich denke, dass mein eigener Weg der erfolgreichere/bessere/fürs Pferd gesündere ist?? Und wenn man dies mal - ALS PROFI in AUSNAHMEFÄLLEN - gut für sich begründen kann, macht es dennoch Sinn, vorsichtig mit den Formulierungen PRO NhdS umzugehen, denn sonst ist der Weg zum legitimierten Reiten hdS ganz kurz...

Nein, das sehe ich nicht so. Bzw. die Gefahr, ein Pferd mit zwanghaftem NvordS zu plagen ist ähnlich hoch.

Mir bringen Horsemanship, Springen, Ausreiten und Zirkuslektionen viel Spaß - Dressurreiten ist nur EINE Komponente. Dass weder der Spanischer Schritt noch der Spanischer Trab zu den klassischen Dressurbasics zuzuordnen sind, weiß hier denke ich jeder - eher zur Sparte "Zirkus-Dressur" bzw. "Zirzensische Lektionen".

Wenn man sie zirzensisch erarbeitet, ja, wenn man sie erreitet, gehören sie zwar nicht in die "deutschen Dressurlektionen", aber sehr wohl zu den klassischen im Allgemeinen.

Ich komme nicht aus der "klassischen Dressurecke", sondern bin quasi Quereinsteiger...mit klassischer Dressur beschäftige ich mich intensiv erst seit 2010.
Das ist ja kein Problem, jeder fängt mal an ! :wink:
Allerdings sollte man dann vielleicht nicht ganz so vehemment auftreten, finde ich.

Auf jedem Seminar (und ich war bei ganz unterschiedlichen Ausbildern als Zuschauer dabei...) und bei jedem Vortrag sitze ich mit Notizblock und Stift, höre zu, schreibe fleißig mit und versuche, die neu gewonnenen Erkenntnisse bei bzw. mit meinem Pferd umzusetzen. Bei Fragezeichen, die sich mir stellen, befrage ich dann meine RL dazu. Mich als unbelehrbar hinstellen zu wollen, ist schlicht...falsch.

Das hat niemand. Aber deine Beiträge lassen erkennen, daß noch nicht viel Erfahrung dahintersteht - was nicht schlimm ist - nur im Zusammenhang mit der Vehemmenz der Beiträge etwas- sagen wir : verwundert.

Hier im Forum hagelt es immer wieder an Vorwürfen, die nicht stimmen - aber die Lust, ein Video einzustellen und damit vielleicht den ein oder anderen Vorwurf auszuräumen, ist gleich NULL, oder besser noch, im Minusbereich - dass hier keiner mehr persönliche Videos einstellen mag, ist wirklich nicht verwunderlich.

Da hast du allerdings recht. Das liegt u.a. aber auch daran, daß dann "Beurteilungen" aus kritischem Zerpflücken mit Geodreieck und Stopfunktion hier niedergeschrieben werden, bei denen man schon aus der Formulierung des Anspruches erkennt, daß kein große Fachwissen dahintersteckt. Und damit ist es zum einen uninteressant - weil Beurteilungen ohne Fachwissen nichts bringen und zum anderen ärgern.

Auf der Suche nach Vertretern der klassichen Reitweise bin ich auch auf dieses Forum gestoßen. Die Diskussionskultur hier ist hart und kostet mir zu viele Nerven und zu viel Zeit - beides brauche ich für meine Familie/Kinder, meinen Job - und mein Pferd.

Ich wünsche euch noch viel Spaß hier im Forum - mir ist er vergangen.

PS: Großes Danke an diejenigen, die versucht haben, mich zu verstehen - und die lieben Worte per PN oder Mail.
Es ist schade, daß du dich schon wieder zurückziehst. Ich kann das verstehen, aber schade finde ich es trotzdem. Vielleicht hast du ja doch mal wieder Lust vorbeizuschauen und dich einzubringen.

LG S&P

Verfasst: Sa, 01. Feb 2014 15:05
von Ulrike
Moin,


es entwickelt sich für mich langsam ein Gefühl dafür, wieviele Stunden z.B. Seunig mit anderen Offizieren vor dem Kamin gesessen, und über die Reiterei diskutiert hat, mit Freunden und Gegnern.

Daraus entstehen dann Bücher.



LG Ulrike

Verfasst: Sa, 01. Feb 2014 15:05
von saltandpepper
Max1404 hat geschrieben:Geschichtsunterricht:
Ich wiederhole mich gerne: der mit der Katze war Grisone !!(1507-1570).
Der garantiert gewaltfreie Pluvinel lebte von 1555 bis 1620.
Newcastle lebte von 1592-1676.

Ach ja, und Guerinere (1688-1751) erwähnt und bezieht sich in seinem Werk des öfteren mal auf Newcastle. So erwähnt er z. B. auf Seite 106 des 5. Nachdrucks der Marburger Ausgabe von 1817 (Olms-Verlag) im Kapitel "Warum es so wenig gute Reiter gibt" Newcastles "vortreffliche Werke".
Cubano hat geschrieben: Nur: Mit guten Büchern allein bildet sich kein Pferd aus.
Aber wie gesagt, um das alles zu wissen, müsste man die Bücher halt mal gelesen haben ... *seufz*
... und vielleicht auch noch verstanden...

Verfasst: Sa, 01. Feb 2014 15:09
von Cubano
esge hat geschrieben:
Maulfrei, wenn du dich erst seit 2010 mit klassischer Dressur beschäftigst, KÖNNTE dir da nicht die Idee kommen, dass andere Leute, die das hier schon 20 Jahre und länger tun, VIELLEICHT DOCH ETWAS weiter sein könnten als du?
Nein eigentlich nicht. Denn nach drei Jahren der Beschäftigung mit der klassischen Dressur geht Maulfreis Arab immerhin Dinge wie Passage oder Piaffe. Sorry, aber DAZU fällt mir jetzt genauso wenig ein, wie zu dem Zitat der FEI. Außer: Das fällt doch wirklich in die Kategorie „kleiner Scherz am Rande“. Und zwar beides!

Verfasst: Sa, 01. Feb 2014 15:09
von esge
Ich finde dieses Diskutieren wichtig. Man sortiert sich, man überdenkt und nimmt das mit in den nächsten Sattel. Wiederum nimmt man die Erfahrungen des Sattels dann mit in die nächste Diskutierrunde. Beides ist nötig, denke ich.

Verfasst: Sa, 01. Feb 2014 15:21
von grisu
... und man kann über ein paar Dinge schreiben, die in der "wirklichen Welt" kaum jemanden interessieren.

Beim Reiten ists so ein bisschen wie an der Uni, alle machen irgendwie irgendwas, aber tiefer einsteigen möchten nur wenige:
"Wie du möchtest mit mir über die Typographie des 20. Jahrhunderts, dann noch über Semantik und dann den viktorianischen Roman und seine Rahmenbedingungen sprechen?" Ist ja waaaahnsinnig interessant ... :roll:

Letztens habe ich ganz begeistert und aufgeregt im "wirklichen" Leben über die muskuläre Entwicklung angefangen. Glücklicherweise habe ich noch mitbekommen, wie die Augen des Gegenübers glasig wurden und schnell aufgehört ...

Verfasst: Sa, 01. Feb 2014 15:25
von Max1404
S&P: ich kann noch einen draufsetzen! :wink:
Paul Plinzner über Gustav Steinbrecht (Ein Leben für die Reitkunst), Vorwort zum "Gymnasium", Cadmos Verlag, Ausgabe 1998, Seite 14: (Anmerkung: PP schreibt zuvor über das Gefühl und die Freundschaft, die Steinbrecht im entgegenbrachte). "In welchem Maße dies der Fall war, geht schon daraus hervor, daß er wenige Tage vor seinem Tode in sein Exemplar des Newcastleschen Reitwerkes, welches er mir oft als Hauptquellen seiner Grundsätze genannt hatte, mit zitternder Hand eine Widmung einschrieb, durch welche er mir das Buch vermachte und zu fleißigem Studium empfahl. Ich habe in Erfüllung dieses Vermächtnisses das Newcastlesche Werk tatsächlich studiert und in der Tat in demselben - wenngleich verschleiert und verbrähmt durch die Zutaten altertümlicher Weitschweifigkeit und Ruhmredigkeit - jene unverrückbaren Wahrheiten gefunden, welche die Steinbrechtsche Reiterei charakterisieren (...) ... und dürfen somit in diesem wirklich großen Manne auf dem Gebiete der Reitkunst den Urahn unseres Steinbrechtschen Systems erblicken. Vor Newcastle herrschte Finsternis auf dem Gebiete der Reitkunst. Er war der erste, der durch ein naturgemä0es Aneinaderreihen sich steigernder Übungen die Dressur des Pferdes zu einer systematischen Gymnastik erhob, während vor ihm nur Abrichtung zu Kunststücken betrieben wurde."
Ach ja, der olle Newcastle aus dem finstersten Mittelalter ... *seufz*

Verfasst: Sa, 01. Feb 2014 15:52
von Max1404
Und der kleine Schelm in mir hat noch so'n fieses Ding auf Lager: :P
Baucher beschreibt in seiner 1. Manier, wie der Reiter das Pferd bewusst überzäumen soll (hdS einstellen), um den Hals geschmeidig zu machen und zu erreichen, dass das Pferd den Kopf an die Senkrechte stellt.
"... Lässt man das Pferd zu seiner ursprünglichen Stellung zurückkehren, so geschieht dieses nur, um es wieder zur Uebung des Herbeistellens zu veranlassen und ihm dadurch begreiflich zu machen, dass die einzige Stellung, die ihm gestattet bleibt, die senkrechte ist (Fig. 12)" Fig. 12 auf der Seite daneben zeigt ein eingerolltes Pferd bzw. eines, dem die Pferdenase von der Hand bewusst hinter die Senkrechte gezogen wurde - mit Winkelmaß.
Aus Francois Baucher, Methode der Reitkunst nach neuen Grundsätzen, Olms Verlag, 3. Nachdruck der Ausgabe Stockerau 1884, Seiten 46 und 47. Übersetzung der 8. Auflage (Auflagen 1 - 11 gelten als "erste Manier").